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Nemesis (eBook)

Fachbuch-Bestseller
Thriller
eBook Download: EPUB
2019 | 1. Auflage
528 Seiten
Rowohlt Verlag GmbH
978-3-644-21771-3 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Nemesis -  Jilliane Hoffman
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Teil 4 der Cupido-Reihe. Ein Blitz in einem Kreis, eingebrannt in die Haut der Toten: Als Staatsanwältin CJ Townsend das Branding auf der Schulter der Frauenleiche sieht, ist sie sicher: Das ist die Handschrift des Snuff-Clubs, der vor einigen Jahren ganz Florida in Atem hielt. Die Mitglieder bezahlen viel Geld, um per Live-Stream zu beobachten, wie Frauen brutal vergewaltigt und getötet werden. CJ weiß alles über die perverse Inszenierung der Morde, von den Teilnehmern 'das Spiel' genannt. Und sie kennt die Namen der Mitglieder, zu reich und einflussreich, um jemals von der Justiz belangt zu werden. Wenn sie weitere Morde verhindert will, muss CJ das Gesetz in die eigenen Hände nehmen. Dann verschwindet erneut eine junge Frau...

Jilliane Hoffman war Staatsanwältin in Florida und unterrichtete jahrelang im Auftrag des Bundesstaates die Spezialeinheiten der Polizei - von Drogenfahndern bis zur Abteilung für Organisiertes Verbrechen - in allen juristischen Belangen. Ihre Thriller «Cupido», «Morpheus», «Vater unser», «Mädchenfänger», «Argus», «Samariter» und «Insomnia» waren allesamt Bestseller.

Jilliane Hoffman war Staatsanwältin in Florida und unterrichtete jahrelang im Auftrag des Bundesstaates die Spezialeinheiten der Polizei – von Drogenfahndern bis zur Abteilung für Organisiertes Verbrechen – in allen juristischen Belangen. Ihre Thriller «Cupido», «Morpheus», «Vater unser», «Mädchenfänger», «Argus», «Samariter» und «Insomnia» waren allesamt Bestseller. Sophie Zeitz lebt als Literaturübersetzerin in Berlin. Sie übersetzt unter anderem Werke von Joseph Conrad, John Green, Marina Lewycka und Lena Dunham und wurde dafür mehrfach ausgezeichnet. Katharina Naumann ist Autorin, freie Lektorin und Übersetzerin und lebt in Hamburg. Sie hat unter anderem Werke von Jojo Moyes, Anna McPartlin und Jeanine Cummins übersetzt.

5


«Anruf auf Leitung eins für Sie.»

Chief Assistant State Attorney C.J. Townsend von der Staatsanwaltschaft Miami-Dade blickte von dem Stapel der Verhaftungsprotokolle auf, den sie gerade durchging. Erwartungsvoll sah sie den Lautsprecher des Telefons an. Normalerweise folgten auf so eine Ansage die Information, wer anrief, und vielleicht die Frage: «Nehmen Sie den Anruf oder soll ich eine Nachricht aufnehmen?» Aber sie waren nicht in der freien Wirtschaft, sondern auf dem Amt. Aus dem Lautsprecher knisterte Stille.

«Wer ist es, Breanna?», fragte C.J. schließlich.

Nichts.

«Breanna? Wer ruft an?»

Immer noch nichts.

C.J. rollte den Stuhl zurück und warf einen Blick durch die halboffene Tür zum Sekretariat. Keine Spur von Breanna, der blutjungen Aushilfe, die man ihr als Schwangerschaftsvertretung für ihre Sekretärin geschickt hatte. Der Stuhl stand ordentlich am leeren Schreibtisch vor dem dunklen Bildschirm. Von Breannas oranger Handtasche und dem Trader-Joe’s-Beutel, den sie immer dabeihatte, fehlte jede Spur. C.J. sah auf die Uhr an der Wand: drei nach fünf. Das erklärte alles. Breanna McCrindle war bereits auf dem Heimweg, genau wie der Rest des Sekretariatspools. Offenbar hatte sie den Anruf entgegengenommen, bevor ihr auffiel, dass sie seit einer Minute Feierabend hatte, woraufhin sie fluchtartig ihre Sachen gepackt hatte und zum Fahrstuhl galoppiert war.

C.J. drückte die blinkende Taste. «Townsend, State Attorney’s Office.»

Am anderen Ende meldete sich ein Glucksen. «Und ich dachte, es wäre bloß ein Gerücht …»

C.J. legte das Formular auf den Tisch und starrte die zerschrammte graue Wand an. Am Boden lehnten ihre Bilder, Zeugnisse und gerahmten Motivationssprüche zum Thema Ehre, Erfolg und Integrität an den Pappkartons mit Gesetzestexten, Sekundärliteratur, Trophäen und Plaketten, die sie im Lauf der Jahre verliehen bekommen hatte. Das Regal war leer bis auf den Ich-einfach-unverbesserlich-Kaffeebecher und eine Plastikbox mit persönlichen Staubfängern – die Cowboystiefel-Schnapsgläser aus dem Geburtshaus von Billy the Kid in New Mexico. C.J. war seit zwei Monaten wieder beim SAO, der Staatsanwaltschaft Miami-Dade, und sie hatte noch keinen Nagel in die Wand geschlagen. Man musste kein Psychiater sein, um die Gründe dafür zu erahnen, auch wenn sie auf Nachfrage erklärte, die Gebäudeverwaltung habe versprochen, das Büro zu streichen, sobald das Geld genehmigt war, und es lohne sich nicht, sich vorher einzurichten. C.J. rollte den quietschenden Stuhl an den Schreibtisch zurück und blickte zur Decke. «Ich kenne die Stimme. Reden – oder lachen – Sie weiter. Ich komme schon noch drauf.»

Wieder ein heiseres Glucksen. «Hier spricht Ed Bowman, C.J. Wir haben mal zusammengearbeitet. Vor Ewigkeiten, als ich noch beim Miami-Dade Police Department war.»

«Vor Ewigkeiten – das klingt … alt. Was dann auch auf mich zuträfe, aber das kann nicht sein.»

«Na ja, ich bin kein Frischling mehr, das gebe ich zu.» Ed lachte wieder, gefolgt von einem üblen Hustenanfall. «Ich war mit Dom Falconetti bei der Cupido-Taskforce», sagte er, als er wieder Luft bekam.

«Ach ja, natürlich.» Das Karussell der Gesichter in ihrem Kopf hielt abrupt an. Eddie Bowman vom Morddezernat des Miami-Dade PD. Untersetzter Raucher Mitte vierzig mit buschigen Augenbrauen und Halbglatze. Eddie war ein alter Griesgram mit dauergerunzelter Stirn gewesen. Die untypische gute Laune am Telefon hatte sie in die Irre geführt – in den zwei Jahren ihrer Zusammenarbeit hatte C.J. Eddie Bowman nicht einmal lachen gehört. Aber er war hart im Nehmen, und er konnte sich wehren, wenn die anderen Detectives der Cupido-Taskforce sich über ihn lustig machten – die ihn Wuffi genannt und wegen seines schütteren Haars aufgezogen hatten. «Eddie! Jetzt erkenne ich Ihre Stimme. Ist lange her, auch wenn das nicht heißt, dass wir alt sind.»

An zwei Deckenfliesen über ihr entdeckte sie einen rostfarbenen Wasserfleck. Mist. Irgendwas war undicht da oben. Es ließ sich nicht sagen, wie lange der Fleck schon dort war, aber wo Wasserschäden waren, war vielleicht auch Schimmel. Doppelter Mist. Gestern Abend hatte sie eine Folge von Medical Detectives gesehen, in der sich in einer Villa in Texas Schimmelsporen ausgebreitet hatten, die bei den Bewohnern zu bleibenden Hirnschäden geführt hatten. Die Sporen waren so giftig, dass man das Haus nur mit Schutzanzug betreten konnte, und gleichzeitig konnte das Haus nicht abgerissen werden wegen der Gefahr, dass die Sporen über die Luft in den Rest der Welt gelangten. Jetzt sah C.J. überall Schimmel, beim vergessenen Toastbrot angefangen, das sie heute Morgen in der Brotschublade entdeckt hatte. Wenn sie nach Hause kam, würde sie Dominick bitten, den Kühlschrank von der Wand zu rücken und dahinter nachzusehen. Am besten, sie sprühte das ganze Haus mit Chlor ein. So ist Südflorida – wo man hinspuckt, keimt es.

Eddie lachte wieder. «Ich wette, Sie sehen keinen Tag älter aus, C.J. Als ich hörte, dass Sie nach Miami zurückkommen, konnte ich es erst gar nicht glauben. Nach allem, was passiert ist, dachte ich, wir sehen Sie hier nie wieder.»

Schlagartig hatte sie den Schimmel vergessen.

Ihr Blick fiel auf den Stapel Protokolle, die sie heute Abend noch durchgehen musste. Dann waren da die Zeugenvernehmungen, die sie für Donnerstag vorbereiten musste, und der Antrag auf Klageabweisung, den sie bearbeiten musste. Eddie hatte recht: Lange hatte sie selbst nicht geglaubt, dass sie je wieder einen Fuß nach Florida setzen würde, erst recht nicht in diese Behörde. Aber sie war wieder da – in Miami, beim SAO, nur eine Etage über ihrem alten Wirkungsbereich Major Crimes – Kapitalverbrechen. Ihr neues Büro war größer, entsprechend ihrer neuen Verantwortung als Chief Assistant State Attorney. Ansonsten sah das Graham Building noch genauso aus wie vor zehn Jahren, als sie es verlassen und sich geschworen hatte, niemals zurückzukehren. Bis hin zum deprimierenden Grau der Wände und dem abgetretenen lila Teppichboden. Nur von ihren früheren Kollegen war keiner mehr da, bis auf ein paar Ausnahmen in irgendwelchen Sondereinheiten, und der Verwaltungsstab hatte sich mehrmals runderneuert. Und genau wie sie nicht mehr viele Gesichter kannte, kannte der Großteil der Belegschaft C.J.s Gesicht nicht, auch wenn ihr Name ihnen ein Begriff war. Ihr Ruf eilte ihr voraus: Sie war die Staatsanwältin, die Floridas berüchtigtsten Serienmörder hinter Gitter gebracht hatte – William Rupert Bantling. C.J. griff nach ihrem Kugelschreiber und tippte nervös auf den Schmierzettel, auf den sie am Morgen notiert hatte: SCHIMMEL HINTERM KÜHLSCHRANK?????

«Wie heißt es so schön, Eddie? Sag niemals nie.»

«Und jetzt sind Sie Häuptling, was?»

«Häuptling ist der Oberstaatsanwalt. Ich bin hier bloß der Babysitter – ich habe die Verantwortung für die Küken auf dem Parkett.» Sie seufzte «O Gott, habe ich Küken gesagt? Jetzt klinge ich wirklich alt.»

Das «Parkett», wie die zwanzig Unterabteilungen des Bezirksgerichts auch genannt wurden, war mit einem Heer unterbezahlter Mittzwanziger frisch von der Uni besetzt, die freiwillig Zwölf-Stunden-Schichten einlegten, um für ihren Lebenslauf Gerichtssaal-Erfahrung zu sammeln. Die meisten suchten früher oder später ihr Glück auf der anderen Seite, in privaten Kanzleien, aber ein paar wenige machten Karriere bei der Staatsanwaltschaft – so wie C.J. vor langer Zeit. Sie hatte fünfzehn Jahre lang im Dienst der Anklage gestanden, die meisten davon bei Major Crimes, wo sie es mit scheußlichen Mordfällen zu tun hatte, die die Medien in Atem hielten. Dann brauchte sie eine zehnjährige «Auszeit». Aber letzten November war ihr alter Freund Lou Todd zum leitenden Oberstaatsanwalt gewählt worden, und er hatte sie gefragt, ob sie nicht zurückkommen wolle. Als seine Stellvertreterin, als Chief Assistant State Attorney, hatte C.J. die Aufsicht über die frischgebackenen Anklägerinnen und Ankläger. Außerdem betreute sie die Prozesse verschiedener Sondereinheiten: Häusliche Gewalt, Drogen, Sexualdelikte, Raubüberfälle, Terrorismus, Korruption, Wirtschaftsverbrechen. Rund 250 Anwälte zu managen und gleichzeitig ihre eigenen komplexen Fälle zu verhandeln schlug sich in langen Arbeitstagen nieder. Eddie stellte zu Recht in Frage, welcher gesunde Mensch freiwillig zur Staatsanwaltschaft von Miami zurückkam.

Vor allem nach den damaligen Ereignissen.

«Ich wette, Sie sind immer noch so hübsch wie früher, C.J.»

Unangenehm, aber sie hatte das Kompliment selbst provoziert. Höchste Zeit, das Thema zu wechseln, bevor das Gespräch eine falsche Richtung einschlug. «Wo sind Sie in der Zwischenzeit gelandet, Eddie? Immer noch beim Miami-Dade Police Department?»

«Nee, da habe ich vor ein paar Jahren aufgehört. Ich bin jetzt Ermittler bei der Staatsanwaltschaft drüben in Collier County.» Collier war ein ruhiger Bezirk an der Westküste von Florida, dessen zweitgrößte Siedlung Naples dafür bekannt war, dass die Leute ihre Yachten im Garten ihres dritten oder vierten Wohnsitzes parkten. «Sie wissen, wie’s läuft», fuhr Eddie fort. «Das County zahlt mir ein nettes Gehalt und eine gute Rente, und ich stehe nicht mehr im Kugelhagel. Nicht dass mir das in Miami täglich passiert wäre. Die meisten Dreckskerle, mit denen ich zu tun hatte, waren schon tot. Aber mein Job hier ist ein Kinderspiel. Ich muss bloß Zeugen aufspüren und Vorladungen zustellen....

Erscheint lt. Verlag 26.3.2019
Reihe/Serie Die C.-J.-Townsend-Reihe
Die C.-J.-Townsend-Reihe
Übersetzer Sophie Zeitz, Katharina Naumann
Verlagsort Hamburg
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror Krimi / Thriller
Schlagworte Amerikanischer Thriller • Argus • CJ Townsend • Cupido • Florida • Morpheus • Rache • Serienkiller • Snuff Videos • Staatsanwältin • Thriller • Thriller aus den USA • USA
ISBN-10 3-644-21771-8 / 3644217718
ISBN-13 978-3-644-21771-3 / 9783644217713
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