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Todesspiel im Hafen (eBook)

Sommerfeldt räumt auf
eBook Download: EPUB
2019 | 1. Auflage
384 Seiten
S. Fischer Verlag GmbH
978-3-10-490482-5 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Todesspiel im Hafen -  Klaus-Peter Wolf
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Er ist charmant. Er ist intelligent. Und er kann töten. 'Todesspiel im Hafen' ist der dritte Band mit Dr. Bernhard Sommerfeldt von Nummer-1-Bestseller-Autor Klaus-Peter Wolf. 'Nur, wer sich selbst aufgibt, ist verloren. Man kann im Leben verdammt tief fallen. Aber man kann auch wieder aufstehen und das Spiel von vorn beginnen. Als Johannes Theissen war ich ein Opfer. Unglücklich. Eine traurige Gestalt. Als Dr. Bernhard Sommerfeldt stieg ich in Ostfriesland zu einem geachteten, beliebten Mann auf. Nun, da Ann Kathrin Klaasen mich verhaftet hat, wähle ich einen anderen Weg, um aus diesem Gefängnis herauszukommen: Ich werde krank werden. Mit meinen guten Kenntnissen des menschlichen Körpers dürfte es mir nicht schwer fallen, eine Krankheit vorzutäuschen. Denn ich habe noch einige Rechnungen offen, die ich begleichen möchte...' 'Manchmal macht Sommerfeldt mir Angst, dann wieder möchte ich gern mit ihm befreundet sein und wäre sogar bereit, ihn zu verstecken. Er ist der typische Antiheld unserer Tage, sympathisch, belesen, ein Feinschmecker, und doch überaus gefährlich. Genau deshalb lesen so viele Menschen gern von ihm.' Klaus-Peter Wolf

Klaus-Peter Wolf, 1954 in Gelsenkirchen geboren, lebt als freier Schriftsteller in der ostfriesischen Stadt Norden, im selben Viertel wie seine Kommissarin Ann Kathrin Klaasen. Wie sie ist er nach langen Jahren im Ruhrgebiet, im Westerwald und in Köln an die Küste gezogen und Wahl-Ostfriese geworden. Seine Bücher und Filme wurden mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet. Bislang sind seine Bücher in 26 Sprachen übersetzt und über fünfzehn Millionen Mal verkauft worden. Mehr als 60 seiner Drehbücher wurden verfilmt, darunter viele für »Tatort« und »Polizeiruf 110«. Der Autor ist Mitglied im PEN-Zentrum Deutschland. Die Romane seiner Serie mit Hauptkommissarin Ann Kathrin Klaasen stehen regelmäßig mehrere Wochen auf Platz 1 der Spiegel-Bestsellerliste, derzeit werden mehrere Bücher der Serie prominent fürs ZDF verfilmt und begeistern Millionen von Zuschauern.

Klaus-Peter Wolf, 1954 in Gelsenkirchen geboren, lebt als freier Schriftsteller in der ostfriesischen Stadt Norden, im selben Viertel wie seine Kommissarin Ann Kathrin Klaasen. Wie sie ist er nach langen Jahren im Ruhrgebiet, im Westerwald und in Köln an die Küste gezogen und Wahl-Ostfriese geworden. Seine Bücher und Filme wurden mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet. Bislang sind seine Bücher in 26 Sprachen übersetzt und über fünfzehn Millionen Mal verkauft worden. Mehr als 60 seiner Drehbücher wurden verfilmt, darunter viele für »Tatort« und »Polizeiruf 110«. Der Autor ist Mitglied im PEN-Zentrum Deutschland. Die Romane seiner Serie mit Hauptkommissarin Ann Kathrin Klaasen stehen regelmäßig mehrere Wochen auf Platz 1 der Spiegel-Bestsellerliste, derzeit werden mehrere Bücher der Serie prominent fürs ZDF verfilmt und begeistern Millionen von Zuschauern.

hochspannend.

Ganz und gar oldschool darf man bei ihm mitraten, wer der Täter ist [...] und ertappt sich zwischendurch dabei, dass man freie Zimmer in Norddeich googelt.

2


Ich komme mir vor, als hätte mir jemand Drogen ins Essen gemischt. Es gab heute Chili con Carne und zum Nachtisch Quark mit Kirschen.

Gut, im Smutje oder im Dock N°8 schmeckt es besser, aber das Essen ist recht erfreulich. Lange nicht so, wie man sich »Knastfraß« vorstellt. Vielleicht liegt es daran, dass der Küchenjob von Häftlingen erledigt wird, natürlich unter der Anleitung von richtigen Köchen.

Sehr gerne würde ich mich in die Küche versetzen lassen. Von gutem Essen und der Zubereitung verstehe ich ja doch einiges, aber meine Chancen sind sehr gering. Man muss besonders geeignet für den Job sein, und damit sind zunächst nicht die Kochkünste gemeint, sondern der Gefangene braucht eine Genehmigung für den Umgang mit scharfen Messern. Hinterher werden die Messer natürlich trotzdem jedes Mal penibel gezählt, damit keiner eins mitnimmt. Aber ich fürchte, als jemand, der mehrere Menschen mit einem Messer ins Jenseits befördert hat, ist meine Chance nicht sehr groß, hier als unproblematisch eingestuft zu werden.

Jetzt sitze ich vor dem Fernseher. Ich sehe mich selbst, höre mich reden, und alles, was ich sage, stimmt. Aber es hört sich trotzdem falsch an. Gelogen.

Kommentare werden reingeschnitten. Gutachter befragt. Wieder – zum wievielten Mal eigentlich – sehe ich meine Gelsenkirchener Therapeutin Bärbel, die behauptet, mich sehr gut zu kennen. Ich sei zu solchen Taten gar nicht fähig.

Meine Blicke und Gesten werden gedeutet. Der Journalist Holger Bloem dreht voll auf. Er wirkt, als sei er total auf meiner Seite. Er erzählt, wie übel man mir in Bamberg mitgespielt habe. Ich sei um mein Erbe gebracht worden, und man habe mich als Sündenbock für den Firmenzusammenbruch konsequent aufgebaut.

Er fragt: »Wenn er der gesuchte Serienkiller ist, warum hat er dann diese Menschen verschont und stattdessen scheinbar wahllos Opfer gesucht? Ich selbst habe mich viele Stunden in seiner Gewalt befunden. Er hat mich höflich, ja zuvorkommend behandelt. Wir haben über Kunst und Literatur diskutiert. Nein, wenn Sie mich fragen, er ist tief in seinem Herzen ein gebildeter, hochintelligenter Menschenfreund. Kein Wunder, dass er als Hausarzt in Norddeich so beliebt war.«

Monika und Jörg Tapper vom Café ten Cate schildern mich als ruhigen, freundlichen Stammgast, der gern bei ihnen im Café saß und Romane las.

Im Anschluss spricht noch einmal meine Therapeutin Bärbel. Sie halte es für möglich, dass ich sogar selbst glauben würde, die Morde begangen zu haben. Es gäbe ja Äußerungen von mir, die dies vermuten ließen. Ich sei schließlich ein verhinderter Künstler, der mit diesen Ausführungen seinen Durchbruch schaffen wolle. Es seien aber reine Hirngespinste. Sie nennt es »Allmachtsphantasien«. Das könne so stark werden, dass ein Mensch die eigenen Phantasien am Ende für Realität halten würde. Für wahrer als die Wirklichkeit.

Der eine – sagt sie – hält sich für Napoleon, der andere eben für einen Serienkiller. »Es gibt auch Leute«, formuliert sie lächelnd in die Kamera, »die halten sich für unwiderstehlich, sie sind es aber ganz und gar nicht. Von der Sorte kennt doch jeder von uns ein paar …«

Mit diesen Worten, schlagfertig und mit dem ironischen Unterton, der für die Leute aus dem Ruhrpott so typisch ist, hebelt sie im Grunde alles aus, was ich gestanden habe. Genau so habe ich diesen Menschenschlag in Gelsenkirchen kennengelernt. In jedem Satz, den sie sprechen, liegt das Wissen darum, dass die Welt verrückt ist, völlig kopfsteht und man nicht alles ernst nehmen darf. Das haben die Ruhris, die Rheinländer und die Ostfriesen wohl gemeinsam: dieses stille Einverständnis darüber, dass alle anderen spinnen.

All diese Menschen, mein Anwalt, meine Therapeutin, Holger Bloem, dieses ganze Fernsehteam, sie meinen es im Grunde gut mit mir, wollen mir helfen, mir beistehen.

Warum werde ich trotzdem so fassungslos wütend auf sie?

Sie mögen mich. Sie stehen in schwierigster Zeit an meiner Seite, und ich werde nur sauer. Ich kann mich kaum bewegen vor Zorn. Mein Kopf schmerzt. Ich möchte brüllen, bleibe aber stumm.

Ich habe eine halbvolle Tasse kalten Anstaltskaffee vor mir stehen. Ich trinke aus. Immerhin. Ich schaffe es, die Tasse zum Mund zu führen und zu trinken. Ich kann schlucken. Es kommt mir vor wie ein Wunder.

Obwohl ich im Knast sitze, würde ich mich am liebsten verkriechen. Der Gedanke treibt mir Tränen in die Augen. Kann ich es so wenig ertragen, dass Leute zu mir halten, dass ich Unterstützer, ja Freunde habe?

Was habe ich in meinem vorherigen Leben nicht alles getan, um gemocht zu werden?! Es war doch geradezu eine Sucht von mir. In Ostfriesland, als Hausarzt, ist es mir zum ersten Mal gelungen. Aber in meiner Kindheit, da habe ich Liebe als Verachtung kennengelernt oder, besser, damit verwechselt. Dieses kalte Kritisiertwerden, diese Notenverteilerei meiner Mutter – wie sehr habe ich das verinnerlicht. Jeden noch so kleinen Fehler, den ich gemacht habe, hat sie mir aufs Brot geschmiert. Ich war ständig strengen Urteilen unterworfen. Hart und ungerecht.

Ich habe versucht, vorausschauend alles zu ihrer Zufriedenheit zu erledigen, und bin doch immer wieder an ihren Ansprüchen gescheitert. Sie hat mich mit Blicken und Gesten spüren lassen, dass ich für sie ein Nichts war. Für jeden unwichtigen Scheiß sprach sie mich schuldig. In jedem kleinen Versagen von mir wurde gleich deutlich, dass meine gesamte Persönlichkeit verurteilenswert war. Mickrig. Unterentwickelt. Peinlich.

Jetzt, da ich wirklich Schuld auf mich geladen habe, spricht man mich öffentlich frei, ja redet von mir, als sei ich ein besonders liebenswerter Mensch.

Es ist schwer für mich, das auszuhalten.

Sabine Hiller guckt in meine Zelle. Sie ist Sozialarbeiterin und gehört zu der Truppe, die die Häftlinge hier psychologisch betreut. Sie lächelt mich an. Sie hat die Sendung im Fernsehen gesehen und ist ganz beseelt davon.

Sie strahlt: »Jetzt werden Sie bestimmt bald freigelassen.«

Sie behauptet, sie habe den guten Kern in mir immer gespürt. Einer wie ich gehöre einfach gar nicht hierhin.

Sie fragt mich, ob ich Lust habe, mit ihr im Sozialraum einen Kaffee zu trinken. Es hört sich mehr nach einem Rendezvous als nach einem offiziellen Gespräch über meine weitere Zukunft an.

Sabine Hiller ist Mitte vierzig. Sie hat etwas von Bärbel. Diesen verständnisvollen Ton zwischen Kindergärtnerinnensingsang und Unischnack finde ich eigentlich zum Grinsen. Sie ist schlank, sportlich, mit langen, glatten Haaren, aber an ihren Fingern sehe ich Nikotinspuren. Bestimmt ist es ihr peinlich, dass sie als intelligente Frau raucht, obwohl sie weiß, wie schädlich es ist. Ihre Zähne sehen zu makellos aus, um echt zu sein.

Nein, sie will kein Selfie mit mir machen. Sie versucht auch nicht, mich zu irgendeiner Aussage zu bewegen. In letzter Zeit bin ich ständig Leuten begegnet, die sich nur zu gern damit brüsten würden, ihnen habe der gefährlichste Mann Deutschlands sein Innerstes geöffnet. So eine ist Sabine Hiller überhaupt nicht.

Eine ganze Galerie von Psychologen und pensionierten Kriminalbeamten möchte Interviews mit mir machen oder will Bücher über mich schreiben. Das Böse scheint Hochkonjunktur zu haben. Mein Agent – oder sollte ich besser sagen, mein Möchtegernagent – hat mir, genau wie mein Anwalt Berendes, geraten, sie alle abblitzen zu lassen. Berendes hat Sorge, ich könne mich um Kopf und Kragen reden und im Gespräch hereingelegt werden. Vor dem Prozess solle ich überhaupt nichts sagen. Mein Agent hat Angst um die Exklusivrechte.

Sabine Hiller ist ganz anders. Sie will mir von sich erzählen. Ihre Schwester, sagt sie, also eigentlich ihre Stiefschwester, habe ständig Mist gebaut.

»Sie hat im Laden geklaut. Lippenstifte. Nagellack …« Frau Hiller winkt ab. »Kosmetika. So Mädchensachen halt …« Sie hebt eine Zigarettenpackung hoch. Filterlose Camel. »Zigaretten und auch Alkohol. Alles, was nicht niet- und nagelfest war. Je verbotener, desto besser …«

Sie schaut mich über den Tisch hinweg an. Die Frage hängt unausgesprochen in der Luft, ob ich mit ihr eine rauchen möchte. Will ich nicht. Auch wenn ich hier einsitze, achte ich weiterhin auf meine Gesundheit. Bei mir kann sie also damit nicht punkten. Aber ich wette, bei den meisten anderen Insassen schon. Zumal sie diese doch recht männliche Sorte bevorzugt.

Wir sind nicht in den Sozialraum gegangen, sondern sitzen bei ihr im Büro. Das klingt ungemütlicher, als es ist. Manchen Menschen gelingt es, jeden Raum wohnlich zu gestalten. So eine Person ist sie.

An den Wänden hängen Bilder. Ich weiß nicht, ob Gefangene sie gemalt haben oder sie selbst. Einige Bilder gefallen mir durchaus. Sie sind mit Wasserfarben gepinselt worden. Nichts davon wird später mal im Louvre landen, aber kitschiger Schrott ist es nicht.

Ich sehe eine Menge Herzen, Messer, Kreuze. Da haben Menschen versucht, ihren Gefühlen Ausdruck zu verleihen.

Ich bin mir gar nicht so sicher, ob es überhaupt erlaubt ist, dass wir zu zweit hier sitzen. Es soll meine Sorge nicht sein. Aber für mich gelten besondere Regeln. Da man in mir eine hochgefährliche Person mit außerordentlichem Gewaltpotential sieht, werde ich immer wieder von den anderen Gefangenen abgesondert, als müssten sie vor mir geschützt werden. Verglichen mit mir sind selbst die ganz schweren Jungs hier im Grunde Eierdiebe. Pfadfinder, die sich verlaufen haben.

Sabine Hiller schaut mich nicht an, als wolle sie mir sagen: Ich versteh dich. Nein! Sie tut, als...

Erscheint lt. Verlag 26.6.2019
Reihe/Serie Sommerfeldt
Sommerfeldt
Verlagsort Frankfurt am Main
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror Krimi / Thriller
Schlagworte Ann Kathrin Klaasen • Bestseller-Autor • Café Ten Cate • Dangast • Dr. Bernhard Sommerfeldt • Dr. Bernhard Sommerfeldt Ann Kathrin Klaasen • Gefängnisausbruch • Hochstapler • Identitätswechsel • Kriminalroman • Kriminalroman Identitätswechsel • Langeoog • Lingen • Meppen • Neuerscheinung 2019 • Norddeich • Norden • Nordsee-Krimi • Oldenburg • Ostfriesland • Ostfriesland-Krimi • Rachefeldzug • Rupert • Smutje • Wattenmeer
ISBN-10 3-10-490482-0 / 3104904820
ISBN-13 978-3-10-490482-5 / 9783104904825
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