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Der Kommissar und das Biest von Marcouf (eBook)

Philippe Lagarde ermittelt

(Autor)

eBook Download: EPUB
2018 | 1. Auflage
352 Seiten
Aufbau digital (Verlag)
978-3-8412-1597-0 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Der Kommissar und das Biest von Marcouf - Maria Dries
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Monsieur le Commissaire und die toten Liebenden.

Auf der einsamen Vogelinsel Île de Terre wird ein ermordetes Liebespaar aufgefunden. Jemand hat ihnen die Kehlen durchgeschnitten und mit dem Blut der Opfer eine Botschaft hinterlassen. Commissaire Philippe Lagarde tappt im Dunkeln, jede Spur scheint ins Leere zu führen. Kurz darauf werden zwei skelettierte Leichen gefunden. Auch an diesem Tatort entdecken die Ermittler eine zynische Botschaft des Mörders. Als ein weiteres Liebespaar plötzlich nicht mehr erreichbar ist, muss der Commissaire sich fragen: Ist er auf der Jagd nach einem Serienmörder?

Atemberaubende Landschaften und ein hochspannender Wettlauf gegen die Zeit.



Maria Dries wurde in Erlangen geboren und hat Sozialpädagogik und Betriebswirtschaftslehre studiert. Heute lebt sie mit ihrer Familie in der Fränkischen Schweiz. Schon seit vielen Jahren verbringt sie die Sommer in der Normandie. Im Aufbau Taschenbuch sind bisher ihre Krimis »Der Kommissar von Barfleur«, »Die schöne Tote von Barfleur«, »Der Kommissar und der Orden von Mont-Saint-Michel«, »Der Kommissar und der Mörder vom Cap de la Hague«, »Der Kommissar und der Tote von Gonneville«, »Der Kommissar und die Morde von Verdon«, »Der Kommissar und die verschwundenen Frauen von Barneville« und zuletzt »Der Kommissar und das Rätsel von Biscarrosse« erschienen.

Sainte-Mère-Église
Erster Tag


Sainte-Mère-Église war ein beschaulicher Ort mit gut zweitausend Einwohnern, der von Utah Beach zehn Kilometer entfernt im Landesinneren lag. Berühmtheit hatte er dadurch erlangt, dass es das erste Dorf war, das 1944 am D-Day von den Alliierten befreit worden war. Dabei blieb der amerikanische Fallschirmjäger John Steele mit seinem Fallschirm an einem der Ecktürme des Kirchturms hängen. An diesen ungewollten Landepunkt erinnerte eine Puppe, die am Glockenturm der Kirche hing, und ein Kirchenfenster zeigte die Mutter Gottes mit drei Fallschirmjägern zu ihren Füßen.

Das Rathaus erhob sich am östlichen Rand des Marktplatzes. Von dort aus führte eine breite Treppe zum Eingangsportal, das von blühenden Azaleen in Tontöpfen flankiert wurde. Das Granitsteingebäude war einstöckig und verfügte über bogenförmige weiße Sprossenfenster. Der Mittelbau hatte einen wuchtigen quadratischen Aufsatz, den ein sechseckiger Turm krönte, in dem sich früher die Feuerglocke befunden hatte. An der Fassade flatterte die Trikolore.

Das Büro der Bürgermeisterin befand sich im Erdgeschoss und war schlicht und geschmackvoll eingerichtet. An der Wand hinter dem Schreibtisch hing ein Porträt von Emmanuel Macron, Frankreichs neuem Staatspräsidenten. Alice Ferrand hatte vor einem Jahr überraschend die Wahl gewonnen und den langjährigen Gemeindechef abgelöst. Der Großbauer war in einen Umweltskandal verwickelt gewesen, hatte jedoch beharrlich seine Unschuld beteuert, und niemand hatte damit gerechnet, dass ihm diese Geschehnisse das Amt kosten würden.

Alice Ferrand war zweiundvierzig Jahre alt und eine sehr attraktive Frau. Ihre schulterlangen braunen Haare hellte sie mit blonden Strähnchen auf. Ihr ovales Gesicht war ebenmäßig, die Nase zart, die Lippen sinnlich. Besonders auffällig waren ihre weit auseinander stehenden smaragdgrünen Augen, über die sich feine Brauen wölbten. Wenn sie im Dienst war, trug sie entweder elegante Kostüme oder Hosenanzüge. Sie war mit François Ferrand, dem Inhaber des Dorfbistros, verheiratet und hatte mit ihm zwei Kinder.

Vor ihr auf dem Schreibtisch lag eine Liste mit den Themen für die morgige Gemeinderatssitzung, die sie noch einmal mit all ihren Anmerkungen konzentriert durchlas. Der Kindergarten benötigte eine weitere Kindertagesstätte für die Gruppe der Ein- bis Dreijährigen, »Die kleinen Strolche« genannt. Weiter lag ein Antrag für die Baugenehmigung eines Einfamilienhauses in der Nähe des Dorfweihers vor. Am ersten Wochenende im September sollte in Ravenoville-Plage das jährliche Fischerfest stattfinden, an dem sich auch andere umliegende Gemeinden beteiligten. Die Freiwillige Feuerwehr und der Sportverein von Sainte-Mère-Église waren für das leibliche Wohl zuständig. Unter dem Punkt Verschiedenes gab es eine Beschwerde über zwei Gemeindearbeiter, die während ihrer Arbeitszeit schon häufiger in einer Kneipe in Montebourg gesehen worden waren. Alice runzelte die Stirn und beschloss zunächst mit den beiden Männern, die sie bisher als sehr zuverlässig und engagiert erlebt hatte, zu sprechen. Als sie sich eine Notiz machte, klopfte es, und ihre Sekretärin Sophie steckte den Kopf durch den Türspalt.

»Monsieur Basson möchte sich verabschieden, er ist mit seiner Arbeit fertig.«

Alice Ferrand lächelte sie freundlich an. »Dann soll er doch bitte hereinkommen.«

»In Ordnung.«

Ein großer, athletisch gebauter Mann betrat das Zimmer. Seine dunklen Haare waren nach hinten gekämmt und ließen Geheimratsecken erkennen. Er hatte eine kräftige, leicht gebogene Nase, volle Lippen und rehbraune Augen. Ein gepflegter Bart betonte seine markanten Gesichtszüge. Er war leger mit einer grauen Cargohose und einem schwarzen T-Shirt bekleidet, sein rechtes Handgelenk zierten mehrere geflochtene Lederbändchen.

Pierre Basson war ein selbständiger Computerspezialist, der alle zwei Wochen in das Rathaus von Sainte-Mère-Église kam, um das Computersystem zu warten. Er strahlte sie an.

»Es ist alles in Ordnung mit der Anlage, Madame Ferrand, ich habe die PCs und den Server überprüft. Im Standesamt gab es ein kleines Problem mit den Mails, das habe ich behoben. Die Installierung der Cloud hat sich bewährt, seitdem können keine verwaltungsinternen Daten mehr auf Sticks gespeichert und mitgenommen werden.«

»Das beruhigt mich sehr, Monsieur Basson.«

Ein Mitarbeiter des Einwohnermeldeamtes hatte kürzlich Dateien auf einen Stick gespeichert, um sie mit nach Hause zu nehmen. Dort hatte er sie angeblich bearbeiten wollen, da er es zeitlich im Büro nicht geschafft hatte. Den Datenträger verlor er jedoch unterwegs in einem Straßencafé. Zum Glück wurde der Stick gefunden und wieder im Rathaus abgeliefert. Wer weiß, was sonst mit den vertraulichen Daten geschehen wäre. Der Mitarbeiter hatte eine Abmahnung bekommen.

»Danke für Ihre Arbeit, Monsieur Basson, dann sehen wir uns in zwei Wochen wieder.«

»Keine Ursache, bis in zwei Wochen. Falls es davor Probleme geben sollte, rufen Sie mich einfach an.«

»Das mache ich, einen schönen Tag noch, und kommen Sie gut nach Hause.«

»Merci, au revoir, Madame Ferrand.«

Sie sah ihm nach, wie er das Zimmer verließ und die Tür hinter sich zuzog. Dann schaute sie auf ihre Armbanduhr und lächelte versonnen. Dreizehn Uhr, eine Stunde noch. Diszipliniert arbeitete sie weiter, bis es schließlich Zeit war zu gehen. Sie packte ihre Tasche, verabschiedete sich von Sophie und verließ ihre Dienststelle. Gegenüber saßen vor einem Café einige Leute, die ihr zuwinkten. Gutgelaunt winkte sie zurück. Hinter dem Rathaus war für sie ein Parkplatz reserviert. Sie setzte sich in ihr Auto, startete den Motor und machte sich auf den Weg nach Ravenoville-Plage.

Das Dorfbistro von François Ferrand lag südlich der Kirche an der Hauptstraße, die nach Carentan führte. Es befand sich im Erdgeschoss eines Granitsteinhauses, auf dessen Schieferdach sich Gauben reihten. Das Lokal beherbergte einen Bar-Tabac-Laden mit einem Tresen und Barhockern, wo man einen Mokka oder ein Glas Wein trinken konnte. Im Speiseraum nebenan waren Tische eingedeckt. Auf dem Bürgersteig vor dem Lokal standen Bistrotische und Korbstühle unter einer blauen Markise. Dort hatte sich eine Gruppe durstiger Touristen niedergelassen, die gerade bei Beatrice ihre Bestellung aufgaben. Früher hatte auf dem Platz vor der Kirche der größte Viehmarkt der Region stattgefunden, deshalb hieß das Bistro Le Bœuf Rouge, Der Rote Ochse.

Der Eigentümer stand hinter der glänzenden Mahagonitheke, polierte Gläser und hörte mit einem Ohr der Unterhaltung der Männer am Stammtisch zu. Sie tranken Rotwein und diskutierten mit lauten Stimmen und lebhaften Gesten über die Politik des neuen Präsidenten. Einig waren sie sich nur darin, dass er für das tragende Staatsamt zu jung und unerfahren war. Außerdem spekulierten sie darüber, welche öffentlichen Aufgaben seine Frau Brigitte übernehmen werde.

François Ferrand war einundfünfzig Jahre alt, von kleinem Wuchs und hatte einen gewaltigen Bierbauch. Die welligen grauen Haare waren kurz geschnitten, die Nase grob, die Wangen fleischig. Er war kurzsichtig und trug eine randlose Brille. Früher, als aktiver Rugbyspieler, war er schlank und muskulös gewesen.

Nachdem er das letzte Glas auf einem Regal abgestellt hatte, rief er im Rathaus an und wollte seine Frau sprechen. Von ihrer Sekretärin Sophie erfuhr er, dass sie nicht mehr da war, also versuchte er es auf ihrem Handy. Sie nahm das Gespräch jedoch nicht entgegen, und er hinterließ verärgert eine Nachricht auf ihrer Mailbox. Er war sehr eifersüchtig und mochte es nicht, wenn er nicht wusste, wo sie war. Schließlich schenkte er eine Runde Calvados ein und setzte sich zu den Männern an den Stammtisch. Nachdem sie angestoßen und getrunken hatten, musterte sein Freund Jacques ihn. »Du schaust so mürrisch, was ist denn los?«

»Ich kann Alice nicht erreichen und frage mich, wo sie steckt. In der mairie ist sie nicht.«

»Alice ist unsere Bürgermeisterin und hat viel um die Ohren. Wahrscheinlich ist sie bei einem Außentermin. Mach dir keine Gedanken. Wenn sie Feierabend hat, wird sie kommen und ein Glas Wein mit uns trinken, wie immer.«

Der Wirt nickte, Jacques hatte recht.

Aber es wurde später und später, und Alice kam nicht.

Alice erreichte Ravenoville-Plage nach knapp fünfzehn Minuten. Vom Ort führte eine befestigte schmale Straße durch weites Marschland, das von Prielen durchzogen war, zur Küste. Hin und wieder kam sie an einem Gehöft vorbei. Sie fuhr an einer hüfthohen, verwitterten Mauer entlang, die die Straße vom Strand trennte. Dieser Strandabschnitt war schmal und von Muschelschalen übersät. Schließlich erreichte sie die bunten, liebevoll restaurierten Fischerhäuschen, die sich am Ufer aneinanderreihten. Früher hatten dort tatsächlich Fischer mit ihren Familien gewohnt, jetzt dienten sie als Ferienhäuser. Nicht weit hinter der Ansiedlung lag die kleine Marina. Dort parkte sie, griff nach ihrer Tasche und stieg aus. Da die helle Augustsonne sie blendete, setzte sie ihre Sonnenbrille auf. Vor ihr lagen der glitzernde Ozean und die Marcouf-Inseln, Möwengeschrei erfüllte die Luft. In dem kleinen Hafen lag ihr Boot, die Adrien I, ein robuster Einkieler mit Innenbordmotor und Steuerkabine, der für den rauen Ärmelkanal gut geeignet war. Es schaukelte sanft neben zwei weiteren Booten, weit und breit war kein Mensch zu sehen. Nicht einmal...

Erscheint lt. Verlag 7.12.2018
Reihe/Serie Kommissar Philippe Lagarde
Kommissar Philippe Lagarde
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror Krimi / Thriller
Literatur Romane / Erzählungen
Schlagworte Bannalec • Barfleur • Commissaire • Frankreich • Frankreichkrimi • Jean-Luc Bannalec • Krimi • Kriminalroman • Krimi-Reihe • Normandie • Philippe Lagarde • Sophie Bonnet
ISBN-10 3-8412-1597-1 / 3841215971
ISBN-13 978-3-8412-1597-0 / 9783841215970
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