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Wo der Teufel ruht (eBook)

Thriller
eBook Download: EPUB
2018 | 1. Auflage
448 Seiten
Aufbau Verlag
978-3-8412-1644-1 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Wo der Teufel ruht -  Craig Russell
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 '... und sie erfassten, dass der Teufel nur Gott in seinem Nachtgewand ist.'  

Prag in den dreißiger Jahren. Viktor, ein junger Arzt, möchte die Welt verändern, indem er in einer Anstalt hilft, hochgefährliche Kriminelle zu heilen. Doch noch bevor er den Zug besteigen kann, um seine neue Stelle als Mediziner anzutreten, schlägt ein Serienmörder wieder zu, der ganz Prag in Atem hält. Bald kommt Viktor ein düsterer Verdacht: Könnte es sein Studienfreund Filip sein, der all die Morde begangen hat? Eine alptraumhafte Reise beginnt.  

'Russell gelingt es meisterhaft, eine dichte, bedrückende Atmosphäre zu erschaffen, und die Auflösungen der verschiedenen Rätsel im Buch sind so überraschend wie überzeugend.' Westdeutsche Allgemeine Zeitung



Craig Russell, Jahrgang 1956, wurde mit vielen Preisen ausgezeichnet, seine Bücher wurden in 23 Sprachen übersetzt. Er hat sich schon als Student für deutsche Kultur interessiert und lebt in der Nähe von Edinburgh.

Im Aufbau Taschenbuch sind die Romane um den Hamburger Ermittler Jan Fabel lieferbar: »Blutadler«, »Wolfsfährte« und »Auferstehung« sowie »Wo der Teufel ruht«.

Bei Rütten & Loening erschien zuletzt: »Der geheimnisvolle Mr. Hyde«.

Die Jan-Fabel-Romane »Brandmal«, »Carneval«, »Walküre« und »Tiefenangst« sind als E-Books bei Aufbau Digital erhältlich.

1


Im Spätherbst 1935 war Dr. Viktor Kosárek ein großer, schlanker Mann von neunundzwanzig Jahren. Er sah gut aus, wenn auch nicht auf die Art, welche den meisten böhmischen Menschen eigen ist. Seine lange gerade Nase, die ausgeprägten Wangenknochen und die klaren blaugrünen Augen unter den geschwungenen dunklen Augenbrauen sowie sein pechschwarzes Haar verliehen ihm die Ausstrahlung alten Adels. In einem Alter, in dem sehr viele Männer noch etwas jungenhaft aussahen, machten Viktor Kosáreks strenge Gesichtszüge ihn älter, als er tatsächlich war. Sie verliehen ihm unterschwellige Reife und eine autoritäre Ausstrahlung, die ihm bei seiner Arbeit half. Als Psychiater war es Viktors tägliche Aufgabe, innere Geheimnisse aufzuspüren, Licht in die finstersten, am besten geschützten Ecken im Verstand seiner Patienten zu werfen. Diese Patienten würden ihre sorgsam gehüteten Geheimnisse, ihre schlimmste Verzweiflung und ihre dunkelsten Begierden schwerlich einem Jungen enthüllen.

Es war Nacht, und es regnete, ein kalter Regen, der den Wechsel der Jahreszeiten ankündigte, als Viktor seine Mietwohnung zum letzten Mal verließ. Weil er so viel Gepäck dabei hatte und sein Regionalzug vom Bahnhof Masaryk in der Hybernská Straße abfuhr und nicht vom Prager Hauptbahnhof, hatte er ein Taxi genommen. Wegen des großen Schrankkoffers und der zwei schweren Reisekoffer und auch weil er wusste, wie schwer es war, einen Gepäckträger zu ergattern, hatte er seine Ankunft im Bahnhof so geplant, dass er eine Dreiviertelstunde Zeit hatte. Wie sich herausstellte, war das auch gut so, denn nachdem er den mürrischen Taxifahrer bezahlt hatte, hatte der das Gepäck einfach auf dem Trottoir vor dem Haupteingang des Bahnhofs deponiert und war davongefahren.

Viktor hatte gehofft, dass sein Freund Filip Starosta da wäre und ihm beim Gepäck helfen würde. Aber der immer unzuverlässiger werdende Filip hatte in letzter Minute abgesagt. Also blieb Viktor keine andere Wahl, als sein Gepäck dort zu lassen, wo es war, und nach einem Träger zu suchen. Dafür brauchte er gut zehn Minuten. Er vermutete, dass das Fehlen von Gepäckträgern etwas mit der Unruhe im Bahnhof zu tun hatte. Viktor hörte aufgeregte Rufe und Schreie, aber er begriff den Anlass dafür noch nicht. Schließlich sicherte er sich die Dienste eines jungen Bahnhofsgehilfen von etwa sechzehn Jahren mit einem viel zu großen roten Käppi. Trotz seines zierlichen Körperbaus schwang der junge Mann den Schrankkoffer und die anderen Koffer jedoch mühelos auf den Kofferkuli.

Sie betraten den Bahnhof, als ein Praga Alfa in Polizeilackierung auf den Platz raste, den Viktors Taxi kurz zuvor freigemacht hatte. Zwei uniformierte Beamte sprangen aus dem Wagen und liefen vor Viktor und dem Träger in den Bahnhof.

»Was ist denn da los?«, fragte Viktor den jungen Mann, der unter seiner zu weiten Uniformjacke mit den Schultern zuckte.

»Ich habe Schreie gehört«, antwortete er, »bevor Sie mich gerufen haben, konnte aber nicht mehr sehen, was los war.«

Viktor folgte dem Jungen und seinem Gepäck in den Bahnhof und erkannte sofort, dass sich dort ein Drama abzuspielen schien. In einer entfernten Ecke der Halle drängte sich eine große Menge Menschen, als würden sie wie Metallspäne von einem Magneten angezogen, so dass die Haupthalle fast leer war. Viktor sah, dass die beiden Polizisten, die an ihnen vorbeigelaufen waren, sich einer Gruppe von anderen Beamten anschlossen, die versuchten, diese Menschentraube zu zerstreuen.

Irgendjemand schrie, ein Mann, aber er wurde von den Leibern der Menschen verborgen. Dann kreischte eine Frau, die ebenfalls nicht zu sehen war, voller Entsetzen.

»Sie ist ein Dämon!«, brüllte der Mann hinter dem Vorhang der Zuschauer. »Sie ist ein Dämon, den der Teufel geschickt hat. Satan!« Nach einer kleinen Pause ertönte die männliche Stimme wieder, drängend und in einem furchtsamen, warnenden Tonfall. »Er ist hier – Satan ist hier! Satan ist unter uns gekommen!«

»Warten Sie hier!«, befahl Viktor dem Gepäckträger. Er ging zügig durch den Bahnhof und drängte sich durch die Menschenmenge nach vorn. Die Leute hatten, zurückgehalten von den Polizisten, einen Halbkreis gebildet. Als Viktor sich zwischen den Leibern hindurchdrängte, hörte er, wie eine Frau ihrem Freund furchtsam und aufgeregt etwas zuflüsterte. »Glaubst du, dass er es wirklich ist? Meinst du, dass es tatsächlich Lederschürze ist?«

Schließlich sah Viktor die Quelle der Schreie: einen Mann und eine Frau. Beide wirkten vollkommen verängstigt. Die Frau, weil der Mann sie von hinten umklammerte und ihr ein großes Küchenmesser an die Kehle presste. Der Mann schien aus Gründen verängstigt zu sein, die nur er kannte.

»Sie ist ein Dämon!«, schrie er erneut. »Ein Dämon aus der Hölle! Seht doch, wie sie brennt!«

Viktor sah jedoch nur, dass die Frau gut gekleidet war und wohlhabend zu sein schien, wohingegen ihr Häscher Arbeiterkleidung trug. Eine schmuddelige Mütze, ein kragenloses Hemd, dazu eine Jacke aus grobem Serge und eine ausgebeulte Cordhose. Es war auf den ersten Blick offenkundig, dass die beiden kein Paar waren. Viktor nahm an, dass der Mann die Frau willkürlich gepackt hatte. Der wilde, umherzuckende Blick des jungen Mannes sowie seine weit aufgerissenen Augen deuteten darauf hin, dass er unter dem existenziellen Horror irgendeines schizophrenen Anfalls litt.

Ein einzelner Polizeibeamter stand etwas näher an dem Paar als die anderen. Er hatte die Hand auf den Griff seiner Pistole gelegt, die im Lederhalfter steckte. Zück die Waffe nicht!, dachte Viktor. Das verstärkt nur das Gefühl des Mannes, bedroht zu werden.Er schob sich bis in die erste Reihe der Zuschauer und wurde sofort grob von zwei Polizisten gepackt und festgehalten.

»Zurück!«, befahl einer in einem starken slowakischen Akzent. »Warum könnt ihr widerlichen Gaffer nicht einfach …?«

»Ich bin Dr. Viktor Kosárek von der Psychiatrie in Bohnice!«, protestierte Viktor und versuchte, sich aus dem Griff der Polizisten zu befreien. »Ich bin klinischer Psychiater, und ich glaube, ich kann hier helfen.«

»Oh …« Der Slowake nickte seinen Kameraden zu, woraufhin die beiden Viktor losließen. »Ist er einer von Ihren Insassen? Ein entflohener Patient?«

»Nicht dass ich wüsste. Jedenfalls ist der Mann keiner meiner Patienten. Aber woher auch immer er kommt, er hat eindeutig einen psychotischen Anfall. Er leidet unter paranoiden Wahnvorstellungen. Unter Schizophrenie.«

»Pavel!« Der Slowake wandte sich an den Polizisten, der immer noch mit der Hand auf dem Pistolengriff dastand. »Hier ist ein Irrenarzt …«

»Schick ihn her.« Der Beamte löste seinen Blick nicht von dem Mann und seiner Gefangenen.

Der Slowake ließ Kosárek durch.

»Sie müssen diese Leute wegschicken«, sagte Viktor leise zu dem Beamten, als er sich von der Menschenmenge entfernte. »Sie bedrängen ihn. Und je ängstlicher er wird, je bedrohter er sich fühlt, desto größer wird die Gefahr für die junge Frau.«

Der Mann nickte und machte sich zusammen mit seinen Kollegen entschlossen daran, die Menge zurückzudrängen.

Viktor ging zu dem Polizisten, den der Slowake mit Pavel angesprochen hatte.

»Sie sind der Seelenklempner?«, fragte der Beamte, ohne den Blick von dem Mann mit dem Messer zu nehmen.

»Dr. Viktor Kosárek. Ich bin Arzt in der Psychiatrie in Bohnice, das heißt, ich war dort Arzt«, verbesserte er sich. »Eigentlich bin ich gerade nach Hrad Orlů unterwegs, in die Psychiatrische Klinik für geisteskranke Straftäter, um meine neue Stelle anzutreten. Deshalb bin ich überhaupt hier im Bahnhof.«

»Danke für Ihren Lebenslauf, Doktor, aber die Situation hier ist ein bisschen heikel.« Seine Stimme troff vor Sarkasmus. »Moment – Hrad Orlů? Sind dort nicht die Satanischen Sechs eingesperrt? Dann dürfte das hier ja wohl genau Ihre Kragenweite sein. Können Sie helfen?«

»Ich versuche mein Bestes, aber wenn der Mann ernsthafte Wahnvorstellungen hat, weiß ich nicht, ob ich bis zu ihm durchdringen kann.«

»Wenn Sie nicht zu ihm durchdringen, dann, fürchte ich, muss ich das tun.« Der Polizist klopfte mit der Hand auf sein Lederhalfter.

Kosárek nickte und stellte sich breitbeinig vor die Frau und ihren Häscher. Dann sah er zuerst der Frau direkt in die Augen.

»Versuchen Sie, Ihre Angst zu beherrschen.« Er sprach ruhig und gelassen. »Ich weiß, dass das sehr schwer ist, aber was auch immer Sie tun, wehren Sie sich nicht und schreien Sie nicht. Ich will nicht, dass dieser Mann sich noch mehr aufregt, als er es im Moment schon tut. Sie müssen tapfer sein, für mich. Verstehen Sie das?«

Die Frau hatte die Augen vor Entsetzen weit aufgerissen, nickte jedoch.

»Gut.« Viktor bemerkte, dass die Schneide des Messers sich in die Haut ihres Halses unmittelbar über der Halsschlagader grub. Es fehlte nicht viel, nur ein bisschen mehr Druck, und ihr Häscher würde ihr die Ader durchtrennen. Wenn er das tat, würde ihr Leben so schnell aus ihr herausrinnen, dass niemand sie mehr würde retten können.

Dann wandte er sich an ihren Häscher. Er fixierte den Blick des Mannes über die Schulter der Frau hinweg. Er war jung, möglicherweise sogar zwei, drei Jahre jünger als Viktor. Seine Augen waren genauso weit aufgerissen und verrieten nicht weniger Angst als die seines Opfers. Sein Blick zuckte wild umher, ohne sich jedoch auf die Polizisten und die aufgeregte Menge...

Erscheint lt. Verlag 14.9.2018
Übersetzer Wolfgang Thon
Sprache deutsch
Original-Titel Where The Devil Hides
Themenwelt Literatur Historische Romane
Literatur Krimi / Thriller / Horror Krimi / Thriller
Literatur Romane / Erzählungen
Schlagworte 30er Jahre • 30erJahre • Anstalt • Blutadler • craig russell • Forscher • Lovecraft • Mörder • Prag • Psychiatrische Anstalt • Psychologe • Psychologie • Psychothriller • Serienmörder • Thriller • Zweiter Weltkrieg
ISBN-10 3-8412-1644-7 / 3841216447
ISBN-13 978-3-8412-1644-1 / 9783841216441
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