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Mord im alten Pfarrhaus (eBook)

Kriminalroman

(Autor)

eBook Download: EPUB
2018 | 1. Auflage
318 Seiten
DuMont Buchverlag
978-3-8321-8434-6 (ISBN)
Systemvoraussetzungen
9,99 inkl. MwSt
(CHF 9,75)
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In den Öfen prasseln die Holzscheite, draußen wirbeln dicke Schneeflocken ? die Bewohner des englischen Örtchens Byford freuen sich auf besinnliche Festtage. Doch mit der Besinnlichkeit ist es nicht weit her: Der heftige Schneefall droht das Dorf von der Außenwelt abzuschneiden und dann versetzt auch noch die Nachricht von einem Mord im Pfarrhaus die Gemeinde in Angst und Schrecken. Ein Mann wurde erschlagen aufgefunden, die Tatwaffe: ein Schürhaken. Bei dem Opfer handelt es sich um den Schwiegersohn des Pfarrers George Wheeler. Aber weder der Pfarrer noch dessen Frau Marian oder Tochter Joanna wirken sonderlich traurig angesichts ihres Verlusts. Für den ermittelnden Chief Inspector Lloyd und seine Partnerin Sergeant Judy Hill ein kniffliger Fall, denn das Mordopfer war ein gewalttätiger Tyrann, und alle in der Familie scheinen ein Motiv zu haben. Doch wer wäre tatsächlich so kaltblütig? Diese wunderbare Weihnachtswiederentdeckung ist zugleich eine stimmungsvolle Hommage an das Goldene Zeitalter des britischen Kriminalromans.

Jill McGown, 1947 im schottischen Campbeltown geboren, arbeitete als Sekretärin, bevor sie sich ganz der Spannungsliteratur verschrieb. Ihre Kriminalromane wurden von Presse und Publikum gleichermaßen begeistert aufgenommen. Jill McGown starb 2007 im englischen Kettering.

1

Lloyd las das letzte Kapitel, dann klappte er das Buch aus der Leihbücherei mit einem Seufzer der Erleichterung zu. Warum schaffte er es einfach nicht, nach der Hälfte aufzuhören? Doch auch wenn die Handlung noch so vorhersagbar und die Dialoge fürchterlich gestelzt waren – er fühlte sich wie durch eine Art Naturgesetz geradezu verpflichtet, jedes Buch zu Ende zu lesen. Je schlechter ein Roman war, desto schneller verschlang er ihn. Oft las er bis tief in die Nacht, bloß um es hinter sich zu bringen. Bei einem guten Buch konnte er sich entspannen, döste sogar ein beim Lesen – ein schlechtes hatte die gegenteilige Wirkung.

Lloyd legte die Lektüre auf seinen Nachttisch und strich sich mit der Hand über die Haare. Es war eine hartnäckige Angewohnheit, immer noch konnte er nicht glauben, dass sie jetzt kurz geschnitten waren. Aber ein Mensch, der allmählich seine Haare verlor, sollte sie besser nicht mehr lang tragen. Er selbst war der Meinung, dass sein Kurzhaarschnitt seltsam aussah; Judy hingegen fand, er stehe ihm gut. Lloyd hatte auch erwogen, sich einen Schnurrbart stehen zu lassen, um den Mangel an Kopfhaar auszugleichen. Er verrenkte sich den Hals, um sich im Kommodenspiegel betrachten zu können, und verzog das Gesicht. Vor der täglichen Rasur war allenfalls der Schatten eines Bartes zu sehen, außerdem glaubte er nicht, dass ihm ein Oberlippenbart stehen würde. Schnurrbärte waren etwas für hochgewachsene Männer von soldatischem Äußeren, aber nicht für einen Menschen wie ihn, der gerade die erforderliche Größe gehabt hatte, um bei der Polizei angenommen zu werden. Nein, für einen Schnauz war er zu klein und zu dunkel und würde überdies wie der Laufbursche eines Buchmachers aussehen.

Lloyd streckte sich auf dem Bett aus. Zu wissen, dass sein Arbeitspensum stetig anwuchs, während er untätig hier lag, hielt ihn wach. Da waren zunächst einmal die dreisten Einbrecher, die in eine Wohnung einstiegen und die Weihnachtsgeschenke unter dem Baum wegstahlen – manche sogar noch den Baum dazu. Hinzu kamen die vielen Betrunkenen und die heiter-besinnliche Weihnachtsstimmung, in der Taschendiebe, Scheckbetrüger und Bauernfänger Hochsaison feierten.

Ein kleines, in gestreiftes Geschenkpapier gewickeltes Päckchen sowie eine einsame Grußkarte waren die einzigen Hinweise auf Weihnachten in der Wohnung vom stellvertretenden Chief Inspector Lloyd. Im Grunde hatte er gar nichts gegen Glitzerzeug und Lametta einzuwenden und musste sogar eine wahre Schwäche für Schlittenglöckchen einräumen. Aber er war allein, und ein ehernes Gesetz besagte, dass zu Weihnachten kein Mensch allein sein sollte. Also würde er wieder einmal von Jack Woodford und seiner netten, gemütlichen Frau in ihr nettes, gemütliches Heim eingeladen werden. Lloyd glaubte eigentlich nicht, dass sie großen Wert auf seine Gesellschaft legten, doch sie mussten ihn fragen, und er wusste, dass er die Einladung annehmen musste. Er würde ihren Enkeln Geschenke kaufen, die nach Ansicht von deren Eltern viel zu teuer waren. Dieses Spiel wiederholte sich seit drei Jahren, und jedes Mal hatte ihm der Woodford-Clan eine Flasche Maltwhisky verehrt.

Lloyd liebte es, kleine Kinder zu beschenken, denn seine eigenen waren inzwischen groß und bekamen Präsente für Erwachsene. Er genoss die neuerlichen Ausflüge in die magische Spielzeugwelt. Der Weihnachtsbesuch bei seinem eigenen Nachwuchs beschränkte sich auf eine oder zwei Stunden am zweiten Feiertag, die Barbara stets mit höflicher Konversation zu überbrücken pflegte. Achtzehn Jahre lang waren sie verheiratet gewesen, als ihre Ehe zerbrach. Die Freundlichkeit der Woodfords und ihr fröhliches, lautes Familienfest waren eine Erinnerung an glücklichere Zeiten. Und dieses Jahr war Lloyd ganz besonders darauf angewiesen, denn sein Vater, der sich allmählich in den Witwerstand hineinfand, wollte nun endlich nach Wales zurückkehren. Und Judy erwartete den Besuch ihrer Schwiegereltern.

Judy war mittlerweile Detective Sergeant. Er hatte sie vor fünfzehn Jahren kennengelernt und sieben davon mit ihr zusammengearbeitet. Damals war Lloyd ein verheirateter Mann gewesen, und die einundzwanzigjährige Judy hatte seine Avancen mit traurigem Blick zurückgewiesen. Dann hatte sie selbst geheiratet und war fortgezogen. Weil Barbara es so gewollt hatte und weil er hoffte, es werde ihre Ehe retten, hatte Lloyd darum gebeten, wieder nach Stansfield versetzt zu werden. Dennoch war die Scheidung unausweichlich gewesen. Und dann, plötzlich, vor anderthalb Jahren, war Judy wieder in sein Leben getreten, als frisch beförderter Detective Sergeant. Seitdem waren sie, weil es unvermeidbar schien, ein Liebespaar geworden. Ein sehr sporadisches Liebespaar, wie Lloyd sich jetzt mit hörbarem Seufzen eingestand. Äußerst sporadisch.

Wenn Michael zu Hause war, konnte Lloyd Judy nicht sehen. Und nun, da Michael befördert worden war, verbrachte er längere Zeiträume zu Hause. Michael, der ehemalige Computervertreter, war Verkaufsleiter geworden, und aus unerklärlichen Gründen wollte Judy mit ihm verheiratet bleiben.

Die Heimlichkeit ihrer Beziehung machte Lloyd zunehmend zu schaffen, auch wenn Judy mit dem Stand der Dinge ganz zufrieden zu sein schien. Jetzt, um drei Uhr morgens, während er schlaflos im Bett lag, wünschte er, sie wäre bei ihm. Doch selbst diese Freude wäre von Judys Fähigkeit, sich ihn – zumindest im übertragenen Sinne – vom Leib zu halten, getrübt. Lloyds Blick fiel auf das kleine Geschenk, das auf seiner Kommode lag. Eine schöne Schleife könnte nicht schaden. Außerdem gehörte ein Weihnachtsgeschenk unter einen Weihnachtsbaum. Morgen würde er einen besorgen. Und Lichterketten. Morgen – nein, heute war Heiligabend. Judy hatte extra Urlaub genommen, um für Michaels Eltern die Gastgeberin zu spielen. Vermutlich sah er sie erst nach den Feiertagen wieder, aber ihr Geschenk gehörte unter einen verdammten Baum, und wenn dieser bis März stehen musste!

Lloyd löschte das Licht und schloss die Augen. Ob es wohl immer noch schneite? Seit er sich in das grässliche Buch vertieft hatte, hatte er nicht mehr aus dem Fenster geschaut. Eine weiße Weihnacht war etwas Zauberhaftes – aber die Straßen waren nicht gestreut worden, und die Verkehrspolizei hatte bestimmt alle Hände voll zu tun. Lloyds Gedanken kreisten um die Arbeit, bis sein Kopf beschloss, sie für den Rest der Nacht auf ein ruhigeres Nebengleis zu rangieren. Durch den Dämmer des Schlafes drang der seufzende Wind an seine Ohren, und Lloyds letzter bewusster Gedanke galt der gebeutelten Verkehrspolizei und drohenden Schneeverwehungen.

Unter der frühen Morgensonne strahlte der Schnee so hell, dass George Wheeler sich die Augen reiben musste. Dann wurde ihm bewusst, dass es so früh gar nicht mehr war, sondern bereits zehn Uhr – und er hatte noch kein einziges Wort geschrieben.

»Ich bin sicher, dass gerade Sie das verstehen werden, Herr Pfarrer. Als Christ.«

Vielleicht damals, als er dies von jemandem gehört hatte – von jemandem, dessen Motive er nicht zu ergründen wünschte, jemandem, mit dessen Werten er nicht konform gehen wollte –, vielleicht hatte er da seinen Glauben verloren. Nicht den Glauben an Gott; George Wheeler war sich dessen bewusst, dass er Gott nie als ein Wesen betrachtet hatte, an das er glauben konnte. Vielleicht war Gott die Kraft, die den Menschen zum Guten trieb – eine Eigenschaft, die ihm ohnehin angeboren ist –, aber er war keinesfalls der Oberhausmeister von Himmel und Erde.

Hatte er den Glauben an sich selbst verloren? Nein, das war es auch nicht. George glaubte an sich, er war sich seiner Existenz in Fleisch und Blut wohl bewusst. Ebenso seiner Gelüste: War es nur leicht verdreht, wenn er sich dabei ertappte, wie er die jungen Mütter in der kirchlichen Kinderspielgruppe betrachtete, oder war das schon eine Perversion? War es die Arroganz der mittleren Jahre, dass er sich einbildete, die junge Mrs Langton würde unter dem Priesterkragen den Mann in ihm erkennen, oder würde er schon bald die Straßen von Soho unsicher machen, als »gescheiterter Priester«, wie die Schlagzeilen der News of the World dann hämisch verkünden würden?

George legte die Feder hin und lehnte sich in seinem Sessel zurück, um über diese Zukunftsaussicht nachzudenken. In seinen Jugendjahren hatte er Fußball gespielt und gab immer noch den Schiedsrichter, wenn er die Zeit dazu fand. Er hatte sich mehr oder weniger in Form gehalten. Aber war diese Form auch für die bezaubernde Mrs Langton gut genug? Der Gedanke ließ ihn schmunzeln. Es wäre natürlich schön, wenn sich eine Gelegenheit ergäbe. Immerhin besaß er noch sein gesamtes Haupthaar, dessen Sandfarbe zwar hier und da mit ein paar Silbersträhnen durchsetzt war, doch sie verliehen ihm ein distinguiertes Aussehen, wie seine Frau sagte. Und George Wheeler glaubte ihr, eitel genug war er.

Nein, das Problem lag tiefer. Er hatte aufgehört, an den Glauben zu glauben. Dieser Gedanke kam ihm jetzt zum ersten Mal. George Wheelers Familie hatte immer schon Kirchenmänner gestellt, sein Großvater war sogar Bischof geworden. Angeblich hätte er es eines Tages zum Erzbischof von Canterbury bringen sollen; George allerdings glaubte, dass der Alte das Gerücht selbst gestreut habe. Erzbischof war er jedenfalls nicht geworden. In der Familie hatte es als selbstverständlich gegolten, dass George die kirchliche Laufbahn einschlug. Es war daher eine berufliche Entscheidung gewesen – wenn man denn von einer Entscheidung sprechen wollte –, keine spirituelle Überzeugung. Die Kirche, die Armee und das Beamtentum versprachen eine sichere Karriere. George hatte sich für die Kirche...

Erscheint lt. Verlag 17.9.2018
Reihe/Serie Wohlige Weihnachtskrimis
Wohlige Weihnachtskrimis
Übersetzer Barbara Först
Sprache deutsch
Original-Titel ›Murder at the Old Vicarage‹
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror Krimi / Thriller
Schlagworte Agatha Christie • britischer Kriminalroman • Byford • cherringham • Cosy Crime • Detektiv • Duncan • eBook Krimi • eingeschneit • Ein Mord zu Weihnachten • Englisches Dorf • Ermittler • Geschenkbuch • Häusliche Gewalt • Kommissarin • Krimi Klassiker • Kriminalroman • Krimis • London • Mord • Mörder • murder at the old vicarage deutsch • Pfarrer • Polizei • Polizist • Privatdetektiv • Privatermittler • Spannungsroman • Verbotene Liebe • Verbrechen • Weihnachten • Weihnachtskrimi • Whodunit • Wiederentdeckung
ISBN-10 3-8321-8434-1 / 3832184341
ISBN-13 978-3-8321-8434-6 / 9783832184346
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