Auf geht's, Jeeves! (eBook)
363 Seiten
Insel Verlag
978-3-458-75878-5 (ISBN)
Wodehouse-Fans können aufatmen! Weiter geht's mit Herrn Bertie und seinem getreuen und über die Maßen gebildeten Diener Jeeves - und der ganzen Entourage aus der zauberhaften Welt des degenerierten Adels.
Furcht und Schrecken in Brinkley Court: Der menschenscheue Molchfreund Gussie Fink-Nottle ist in Liebe zu der notorischen Schmalznudel Madeline Bassett entbrannt, bringt ihr gegenüber aber kein Wort über die Lippen. Tuppy Glossop überwirft sich mit seiner Verlobten Angela Travers. Und deren Mutter hat beim Bakkarat ihr letztes Hemd verspielt. Alles Fälle für den vielfach versierten Jeeves, doch da sich Bertie mit seinem Diener wegen einer Petitesse gestritten hat, nimmt Bertie die Sache selbst in die Hand - mit desaströsen Folgen ...
<p>P.G. Wodehouse, geboren 1881 in Guildford, Surrey, starb 1975 in Long Island, NY. 1902 veröffentlichte er seinen ersten Roman, 95 weitere folgten. Er hat »nicht ein einziges Buch geschrieben, das kein Vergnügen bereiten würde« (Philipp Blom, Neue Zürcher Zeitung). Kurz vor seinem Tod wurde der 94-jährige Wodehouse von der Queen in den Ritterstand erhoben. Seine Bücher erscheinen im Suhrkamp und im Insel Verlag.</p>
P.G. Wodehouse, geboren 1881 in Guildford, Surrey, starb 1975 in Long Island, NY. 1902 veröffentlichte er seinen ersten Roman, 95 weitere folgten. Er hat »nicht ein einziges Buch geschrieben, das kein Vergnügen bereiten würde« (Philipp Blom, Neue Zürcher Zeitung). Kurz vor seinem Tod wurde der 94-jährige Wodehouse von der Queen in den Ritterstand erhoben. Seine Bücher erscheinen im Suhrkamp und im Insel Verlag. Thomas Schlachter lebt und arbeitet seit 30 Jahren in Zürich. Neben seinen »kongenialen, virtuosen Übersetzungen« (NZZ) von einem guten Dutzend Büchern von P. G. Wodehouse hat er unter anderem Werke von Gilbert Adair und Francisco Goldman aus dem Englischen ins Deutsche gebracht.
2. Kapitel
»Hallihallo, Gussie«, rief ich.
Auch wenn ich mir nichts anmerken ließ, war ich doch ziemlich verstört. Das Schauspiel, das sich mir bot, hätte aber auch jeden verstört. Soweit ich mich erinnerte, war dieser Fink-Nottle einer jener angstschlotternden Hasenfüße, die wohl schon bei einer Einladung zum samstäglichen Kaffeekränzchen im Pfarrhaus wie Espenlaub erzittert wären. Und falls ich meinen Sinnen trauen durfte, stand er nun im Begriff, auf einen Maskenball zu gehen – eine Lustbarkeit also, die noch dem Tollkühnsten alles abverlangt hätte.
Und jenen Maskenball wollte er zu allem Überfluss nicht etwa – wie es jeder andere Engländer aus gutem Hause getan hätte – als Pierrot beehren, sondern als Mephisto, zu welchem, wie ich kaum ausführen muss, neben einem scharlachroten Trikot ein ziemlich furchterregender falscher Bart gehört.
Seltsam, keine Frage. Doch man verbirgt seine Gefühle. Ich zeigte kein ungehobeltes Erstaunen, sondern hallihallote, wie bereits erwähnt, mit höflicher Nonchalance.
Er grinste durchs Gestrüpp – und zwar reichlich belämmert, wie ich fand.
»Ach, grüß dich, Bertie.«
»Schon lange nicht mehr gesehen. Ein Tröpfchen gefällig?«
»Nein, danke, ich muss gleich los. Ich wollte nur kurz vorbeischauen, um Jeeves zu fragen, wie ich aussehe. Sag mal, Bertie, wie sehe ich aus?«
Die einzig korrekte Antwort hätte natürlich »unter aller Kritik« gelautet, doch wir Woosters besitzen Takt und kennen unsere Gastgeberpflichten. Wir sagen alten Freunden, die unter unserem Dach weilen, nicht, dass ihr Anblick das Auge beleidigt, und so wich ich der Frage aus.
»Wie ich höre, bist du in London«, sagte ich leichthin.
»O ja.«
»Ist bestimmt Jahre her, seit du das letzte Mal hier warst.«
»O ja.«
»Und nun stürzt du dich also ins nächtliche Vergnügen.«
Ein Schauer durchfuhr ihn. Mir entging nicht, dass er gehetzt wirkte.
»Vergnügen!«
»Ja, freust du dich denn nicht auf diese Feier oder Fete?«
»Tja, wird schon schiefgehen«, antwortete er mit tonloser Stimme. »Aber ich muss jetzt los. Der Ball beginnt um elf. Ich habe das Taxi unten warten lassen … Ach, Jeeves, schauen Sie doch bitte nach, ob es noch da steht.«
»Sehr wohl, Sir.«
Nachdem die Tür ins Schloss gefallen war, entstand eine kurze Pause. Betretenes Schweigen. Ich mixte mir einen Cocktail, während sich Gussie, ganz Masochist, im Spiegel betrachtete. Schließlich befand ich es für das Beste, ihn wissen zu lassen, dass ich über seine Liebesdinge im Bilde sei. Vielleicht würde es ihn ja erleichtern, wenn er sich einem ebenso wohlwollenden wie welterfahrenen Manne anvertrauen konnte. Ich habe oft festgestellt, dass liebeskranke Menschen nichts sehnlicher begehren als ein offenes Ohr.
»Tja, Gussie, alter Schwede«, sagte ich, »was höre ich da für Sachen?«
»Hm?«
»Na, über deine Liebeswirren. Jeeves hat mir alles haarklein erzählt.«
Seine Begeisterung hielt sich in Grenzen. Wenn ein Bursche hinter einem Mephistobart in Deckung geht, lässt sich das natürlich nicht so leicht sagen, aber ich glaube, er errötete.
»Ich wäre Jeeves wirklich verbunden, wenn er solche Dinge nicht an die große Glocke hängen würde. Das war doch streng vertraulich.«
Dies konnte ich nicht durchgehen lassen.
»Vor dem jungen Herrn dreckige Wäsche zu waschen und etwas an die große Glocke zu hängen, ist ja wohl nicht dasselbe«, sagte ich leicht tadelnd. »Doch wie dem auch sei: Ich weiß Bescheid. Als Erstes will ich dir versichern«, sagte ich unter Verheimlichung meiner persönlichen Ansicht, dass es sich beim fraglichen Frauenzimmer um eine gefühlsduselige Pestbeule handelte, schließlich wollte ich ihn nach Kräften aufmöbeln, »dass Madeline Bassett ein liebreizendes Geschöpf ist. Ein Volltreffer und genau die Richtige für dich.«
»Du kennst sie doch nicht etwa?«
»Und ob ich sie kenne! Mir will bloß nicht in den Kopf, was euch zusammengebracht hat. Wo habt ihr euch denn kennengelernt?«
»Sie war vorletzte Woche in Lincolnshire zu Gast bei Leuten, die ganz in meiner Nähe wohnen.«
»Verstehe, aber mir war gar nicht bewusst, dass du bei den Nachbarn Visite machst.«
»Mach’ ich ja auch nicht. Ich traf sie draußen mit ihrem Hund an. Dieser hatte sich einen Dorn in die Pfote getreten, und als sie ihn herausziehen wollte, schnappte das Tier nach ihr. Da eilte ich ihr natürlich zu Hilfe.«
»Du hast den Dorn herausgezogen?«
»Ja.«
»Und dich auf den ersten Blick in sie verliebt?«
»Ja.«
»Also ehrlich, warum hast du nach einem solchen Traumstart nicht zugeschlagen?«
»Mir fehlte der Mumm.«
»Und wie ging’s weiter?«
»Wir plauderten ein Weilchen.«
»Worüber?«
»Über Vögel.«
»Vögel? Über was für Vögel denn?«
»Na, über die Vögel, die gerade herumflatterten. Und über die Landschaft und Ähnliches. Schließlich meinte sie, sie fahre bald nach London und ich solle doch vorbeischauen, falls ich in der Stadt sei.«
»Und du hast ihr nicht mal das Händchen getätschelt?«
»Wo denkst du hin!«
Was sollte man da noch sagen? Wenn ein Mann ein solcher Angsthase ist, dass er nicht einmal einen Stier, der ihm auf dem Silbertablett serviert wird, bei den Hörnern packt, besteht zu Hoffnung wenig Anlass. Gleichwohl rief ich mir in Erinnerung, dass ich mit diesem Rohrkrepierer einst die Schulbank gedrückt hatte. Für einen alten Schulfreund darf man sich schon ein bisschen ins Zeug legen.
»Na schön«, sagte ich, »mal schauen, was sich da tun lässt. Vielleicht bessert sich ja die Lage. Jedenfalls wirst du mit Freude vernehmen, dass ich voll hinter dir stehe, Gussie. Bertram Wooster leistet dir Schützenhilfe.«
»Danke, altes Haus. Und Jeeves tut es natürlich auch, und das ist ja die Hauptsache.«
Ich will nicht verschweigen, dass ich zusammenzuckte. Wahrscheinlich meinte er es gar nicht böse, doch seine taktlosen Worte gingen mir empfindlich gegen den Strich. Ständig triezen mich die Leute, indem sie mir zu verstehen geben, dass Bertram Wooster in ihren Augen eine quantité négligeable und Jeeves das einzige Haushaltsmitglied ist, das über Grips und Geistesgegenwart verfügt.
So was fuchst mich.
Und an diesem Abend fuchste es mich umso mehr, als Jeeves mir wegen des Messejäckchens bis hierhin stand. Zwar hatte ich ihn Kraft meiner Persönlichkeit von seinem hohen Ross geholt und in die Schranken gewiesen, doch ich war weiterhin sauer auf ihn, weil er die Sache überhaupt aufs Tapet gebracht hatte. Wonach es Jeeves meines Erachtens verlangte, war die eiserne Hand.
»Und wie sieht sein Vorgehen aus?«, erkundigte ich mich kühl.
»Er hat sich die Sache gründlich durch den Kopf gehen lassen.«
»Was du nicht sagst!«
»Es war seine Idee, dass ich auf den Ball gehe.«
»Und wozu?«
»Weil sie ebenfalls dort sein wird. Die Einladungskarte ist mir von ihr persönlich zugegangen. Und Jeeves hat sich nun überlegt …«
»Und warum nicht als Pierrot?«, wollte ich wissen. Damit legte ich den Finger just auf den Punkt, an dem ich vorher schon Anstoß genommen hatte. »Wieso dieser Bruch mit einer guten alten Tradition?«
»Er wollte ausdrücklich, dass ich als Mephisto gehe.«
Ich schreckte auf.
»Ach, wollte er das? Er hat dieses Kostüm explizit empfohlen?«
»Ja.«
»Ha!«
»Wie bitte?«
»Nichts. Nur ›Ha!‹.«
Und ich will den Grund für mein »Ha!« auch gleich verraten. Da machte Jeeves einerseits ein Riesentamtam, weil ich ein stinknormales weißes Messejäckchen tragen wollte – ein Kleidungsstück wohlgemerkt, das nicht nur tout ce qu’il y a de chic, sondern schlechterdings de rigueur war –, nur um im gleichen Atemzug Gussie Fink-Nottle anzustacheln, in London als scharlachrot trikotierter Schandfleck in Erscheinung zu treten. Ganz schön paradox, wie? Über so viel Hü und Hott muss man doch einfach die Nase rümpfen.
»Und was hat er gegen Pierrots?«
...Erscheint lt. Verlag | 16.4.2018 |
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Übersetzer | Thomas Schlachter |
Verlagsort | Berlin |
Sprache | deutsch |
Original-Titel | Right Ho, Jeeves |
Themenwelt | Literatur ► Klassiker / Moderne Klassiker |
Literatur ► Romane / Erzählungen | |
Schlagworte | Angela Travers • Brinkley Court • Bücher Humor • Butler Jeeves • England • Englische Gegenwartsliteratur • Englischer Adel • Gussie Fink-Nottle • heitere bücher • Herr Bertie • Humor • humorvolle Bücher • insel taschenbuch 4686 • IT 4686 • IT4686 • Jeeves • Lustige Bücher • Madeline Bassett • Neuübersetzung • Right Ho • right ho jeeves • Right Ho, Jeeves • Romane • Tuppy Glossop • Vereinigtes Königreich Großbritannien • Westeuropa • witzige Bücher |
ISBN-10 | 3-458-75878-X / 345875878X |
ISBN-13 | 978-3-458-75878-5 / 9783458758785 |
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