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Sieh nichts Böses (eBook)

Spiegel-Bestseller
Kriminalroman

(Autor)

eBook Download: EPUB
2017 | 1. Auflage
368 Seiten
Ullstein (Verlag)
978-3-8437-1536-2 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Sieh nichts Böses -  Inge Löhnig
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Sieh nichts Böses. Hör nichts Böses. Tu nichts Böses. Der Münchner Kommissar Konstantin Dühnfort ist glücklich wie nie zuvor. Gerade ist er mit Gina von der Hochzeitsreise zurückgekehrt, die beiden freuen sich auf ihr erstes Kind. Doch ein überraschender Fund reißt Dühnfort aus seiner privaten Idylle. An einem nebligen Novembertag spüren Leichensuchhunde bei einer Polizeiübung den halb verwesten Körper einer jungen Frau auf. Neben ihr liegt eine kleine Messingskulptur - ein Affe, der seinen Unterleib bedeckt. Seine Bedeutung: Tu nichts Böses. Dühnfort findet heraus, dass es sich um eine seit Jahren vermisste Frau handelt. Er stößt auf einen weiteren ungeklärten Mord und kommt so einem niederträchtigen Rachefeldzug auf die Spur, der noch lange nicht beendet ist. Denn wieder verschwindet eine Frau.

Schon als Kind verfügte Inge Löhnig über so viel Fantasie, dass ihre Geschichten noch heute in der Familie legendär sind. Neben dem Beruf als Grafik-Designerin war Schreiben lange ein Hobby. Erst mit dem Erscheinen der Reihe um den Münchner Kommissar Konstantin Dühnfort wurde daraus die neue Profession. Die Kriminal-Romane von Inge Löhnig sind ebenso regelmäßig auf der Bestsellerliste zu finden, wie die spannenden Familien-Romane, die sie unter dem Pseudonym Ellen Sandberg veröffentlicht. Die Autorin lebt mit ihrer Familie in der Nähe von München.

Inge Löhnig war nach einer Karriere als Art-Direktorin in verschiedenen Werbeagenturen und machte sich dann mit einem Designstudio selbständig. Heute lebt sie als Autorin mit ihrer Familie und einem betagten Kater in der Nähe von München. Ihre Serie um Kommissar Konstantin Dühnfort machte sie zur Bestsellerautorin.

7


Wie immer verbrachte Dühnfort die ersten Minuten nach dem Aufstehen auf dem kleinen Balkon vor der Küche, von dem er einen Blick auf den Alten Südfriedhof hatte, den ehemaligen Pestfriedhof der Stadt. Fröstelnd zog er die Strickjacke enger um sich, die er rasch über seinen Schlafanzug gezogen hatte. Es war halb sieben und die Luft klar und frisch.

Bäume, Grabsteine und Gräser waren mit feinem Raureif bedeckt. Das trübe Licht des anbrechenden Tages ließ den Marmorengel, der drei Etagen tiefer seit über hundert Jahren das Grab eines Musikers bewachte, heute reichlich missmutig erscheinen.

Von drinnen hörte Dühnfort das Schlagen der Badezimmertür. Gina war aufgestanden. Er ging hinein, schob die Croissants zum Auftauen in die Mikrowelle und deckte den Tisch. Als die Espressomaschine aufgeheizt war, bereitete er zwei Cappuccini zu.

Er war gerade fertig, als Gina in die Küche kam und ihm den morgendlichen Kuss gab. Er mochte diese kleinen Rituale, die sich bei ihnen bereits eingeschlichen hatten wie bei einem alten Ehepaar. Für ihn waren sie keine Zeichen von Routine oder Langeweile, sondern von Beständigkeit. Und Beständigkeit war etwas, das er in dieser hektischen Zeit schätzte. Im Grunde war er konservativ und fand daran nichts auszusetzen. Als Blaupause für einen Fernsehkommissar würde er nicht taugen, dafür war sein Leben zu normal. Er war der Mann von nebenan, dem sein Beruf weder ein Trauma angehängt hatte, das ihn zum Säufer und Kettenraucher machte, noch reihenweise Beziehungen scheitern und ihn so zum einsamen Wolf werden ließ. Er war auch nicht der prügelnde Bulle, der notfalls mit Gewalt und unter Missachtung aller Regeln, die für Ermittler galten – und das waren nicht wenige – , dem Recht zur Geltung verhalf, indem er es mit Füßen trat. Im Gegenteil, er hielt sich daran, denn schließlich sollten alle Beweise, die sein Team und er zusammentrugen, am Ende vor Gericht standhalten und nicht von einem mit allen Wassern gewaschenen Verteidiger in der Luft zerrissen werden, weil sie auf illegale Weise erlangt wurden und somit ein prozessuales Verwertungsverbot galt.

Gina strich fingerdick Schokocreme auf ihr Croissant, das Glas war schon wieder halbleer. Er trank seinen Cappuccino, und nach dem Frühstück machten sie sich gemeinsam auf den Weg in die Arbeit.

In der Sendlinger Straße und in der Fußgängerzone war es noch relativ ruhig. Die Läden öffneten erst um zehn und bereiteten sich auf den Ansturm der Kundschaft vor. Schaufenster wurden dekoriert, Lieferwagen entladen und Sackkarren voller Kartons in die Geschäfte geschoben.

Auf dem Treppenabsatz zur zweiten Etage des Polizeipräsidiums trennten sich Dühnforts und Ginas Wege. »Habt einen schönen Tag, ihr zwei.« Er strich über ihren Bauch und setzte ihr einen Kuss auf die Nasenspitze; und für einen Moment streifte ihn der Gedanke, dass sie ab heute in den Akten blättern würde, die er vor Jahren angelegt hatte. Der Fall Ellen Reitmeier. Noch immer ungeklärt. Er lag ihm im Magen, und er hoffte, dass sie einen neuen Ansatz finden würde, um den Täter doch noch zu überführen, und im selben Moment wünschte sich ganz ungewollt ein Teil von ihm das Gegenteil. Denn wenn sie erfolgreich war, würde das bedeuten, dass er etwas übersehen hatte. Mit einem unmerklichen Kopfschütteln schob er dieses irritierende Gefühl beiseite.

Gina erwiderte seinen Kuss. »Wenn du mittags Zeit hast, könnten wir zusammen essen.«

»Um elf beginnt die Obduktion der Toten aus dem Forstenrieder Park. Ich weiß nicht, wie lange das dauern wird, und melde mich.«

Einen Augenblick sah er ihr noch nach, dann ging er nach oben in die dritte Etage. Alois und Kirsten waren schon da und saßen an ihren PCs. »Guten Morgen. Wir treffen uns in fünfzehn Minuten im kleinen Besprechungszimmer.«

In seinem Büro angekommen, lüftete er und schaltete wie immer die Pavoni an. Ohne seine tägliche Überdosis Espresso war er zu nichts zu gebrauchen. Ginas Bemerkung ging ihm durch den Kopf. Wenn er nach dir kommt, wird er bereits mit einem Espresso doppio in der Hand geboren. Lächelnd startete Dühnfort den PC und las die eingegangenen Mails.

Als er das Besprechungszimmer betrat, heftete Kirsten die Fotos vom Grab im Wald an die Magnettafel und Alois beendete ein Telefonat.

»Haben wir schon einen Anhaltspunkt, wer sie sein könnte?«

»Das Absuchen des Fundorts hat nicht viel gebracht«, sagte Alois. »Nur das Übliche. Kondome. Wein- und Bierflaschen. Ein Hundehalsband. Nichts, was wir bis jetzt der Toten zuordnen könnten.«

Kirsten wandte sich um. »Ich habe in der Vermisstendatei nach Frauen zwischen sechzehn und vierzig gesucht, die seit nicht mehr als zwei Jahren abgängig sind. Da kommen einige in Frage. Sobald wir die DNA unserer Toten haben, ist das Rätsel sicher gelöst.«

Dühnfort betrachtete die Aufnahmen, die Buchholz gestern noch von dem Wachstuch, der Kleidung und den Schmuckstücken angefertigt hatte. Das Wachstuch war vermutlich Massenware. Die Turnschuhe stammten von einem angesagten Label und waren teuer gewesen. Jeansrock und T-Shirt kamen von einem spanischen Hersteller, Made in China. Das BH-Etikett verriet nicht nur die Körbchengröße 75 C, sondern auch den Hersteller, Calvin Klein Underwear. Von derselben Marke stammten auch Slip und Sneakersocken. Keine Strümpfe oder Strumpfhose. Weder Jacke noch Pulli. Die Frau war im Sommer gestorben oder im frühen Herbst, und es würde ihn überraschen, wenn es ein Sexualdelikt war. Es sei denn, der Täter hätte die Leiche wieder vollständig bekleidet.

Der Ring war aus Silber. In der runden Fassung saß ein roséfarbener Stein. Kirsten stellte sich zu Dühnfort. »Das ist ein Rosenquarz mit Cabochonschliff.«

»Teuer?«

»Eher nicht. Mehr als achtzig bis hundert Euro muss man dafür nicht hinblättern. Ein Vintagestück aus den achtziger oder neunziger Jahren.«

»Wie kommst du darauf?«

»Ich hab’s gegoogelt. Die Art der Fassung war damals modern.«

»Und die Kette? Die Steine sind doch nicht echt.«

»Könnte man fast glauben. Ist aber Strass von Swarovski. Modell Cupidon. Preis: um die hundert Euro. Unsere Tote stammt vermutlich nicht aus prekären Verhältnissen, aber auch nicht aus der Oberschicht.«

Eine Weile ließ Dühnfort die Aufnahmen noch auf sich wirken. Wer war diese Frau? Was war ihr im Sommer oder Herbst vor zwei Jahren zugestoßen?

Bis es Zeit war, sich auf den Weg zum Institut für Rechtsmedizin zu machen, erledigte Dühnfort Schreibtischarbeit. Um zwanzig vor elf sicherte er das Dokument eines Abschlussberichts und griff nach Mantel und Schal. Die Rechtsmedizin war in fünfzehn Minuten zu Fuß zu erreichen. Mit dem Auto war er im dichten Innenstadtverkehr nicht wesentlich schneller. Er ging bei Kirsten und Alois vorbei. »Ich gehe zu Fuß. Kommt jemand mit?«

»Bei diesem Wetter fahre ich lieber.« Alois sah zum Fenster. Davor blies der Wind das letzte Laub aus den Bäumen.

»Zu ungemütlich da draußen«, meinte Kirsten. »Kathi liegt mit Fieber im Bett, da muss ich nicht auch noch krank werden. Ich lass mich von Alois kutschieren.«

»Dann bis gleich.« Dühnfort verließ das Präsidium. Er mochte den kalten Wind, der ihn an Sylt erinnerte, an das Ferienhaus seines Vaters, Gischt und Brandung, das Feuer im Kamin und all die Geschichten, die sein Vater ihm und seinem Bruder vorgelesen hatte. Die komplette Odyssee, aber auch die Herr-der-Ringe-Saga. Für einen Moment malte er sich aus, wie er sie seinem Sohn vorlas, und allein die Vorstellung hob seine Stimmung.

Alois’ Mini stand bereits auf dem Parkplatz vor dem Institut, als Dühnfort eintraf. In dem Gebäude aus der Gründerzeit war es kalt, und die Flure waren nur spärlich beleuchtet. Unzählige feuchte Schuhspuren bedeckten den Steinboden im Eingangsbereich. Er überholte eine Gruppe Studenten. Die Putzfrau kam ihm mit ihrem Wagen entgegen und schimpfte halblaut vor sich hin. Schlag elf Uhr zog Dühnfort die Tür zum Sektionssaal auf und trat ein.

An allen drei Stahltischen waren Sektionen im Gange. Obduzenten und Gehilfen arbeiteten Hand in Hand und unterhielten sich. Befunde wurden diktiert, Instrumente klapperten, und plötzlich legte sich das Sirren der Oszillationssäge über alle Geräusche

Dühnfort entdeckte Dr. Weidenbach am letzten Tisch. Kirsten und Alois standen neben ihr. Alle drei blickten auf die Wachsleiche, die im neonhellen Licht und entkleidet noch grauenhafter aussah als am Vortag im Wald.

»Guten Tag, Herr Dühnfort.« Die Rechtsmedizinerin schob die silbergefasste Brille ins Haar. Aus ihrem Kittel stieg der Geruch einer heimlich gerauchten Zigarette, und vom Tisch drang der Gestank der Leiche in seine Nase. Er atmete flacher.

»Guten Tag. Wie sieht es aus? Haben Sie schon ein paar Informationen für uns?«

Weidenbachs Tonfall wurde ironisch. »Die Todesursache und den genauen Zeitpunkt? Am besten auf die Minute genau?«

»Eine Zeitspanne haben wir uns aufgrund der Bekleidung schon selbst zusammengereimt. Vermutlich ist sie im Sommer oder Herbst 2013 gestorben. Kommt das hin?«

»Ja, das könnte passen. Aber vieles andere auch.«

Die Röntgenaufnahmen der Toten hingen hinter Weidenbach an der Leuchtwand. »Und die Todesursache? Eine Vermutung?«

»Ach, Herr Dühnfort. Ich muss erst reingucken, deswegen sind wir ja hier. Was ich bis jetzt sagen kann: Es gibt zahlreiche Frakturen, von denen ich nicht annehme, dass sie postmortal entstanden...

Erscheint lt. Verlag 16.6.2017
Reihe/Serie Ein Kommissar-Dühnfort-Krimi
Ein Kommissar-Dühnfort-Krimi
Verlagsort Berlin
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror Krimi / Thriller
Literatur Romane / Erzählungen
Schlagworte Buch 2017 • Elisabeth Herrmann • Ellen Sandberg • Krimi • Leiche • Mord • München • Nele Neuhaus • Neu 2017 • Neuerscheinung 2017 • Neuerscheinungen 2017 • Spannung • Tod
ISBN-10 3-8437-1536-X / 384371536X
ISBN-13 978-3-8437-1536-2 / 9783843715362
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