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Die Grausamen (eBook)

Thriller
eBook Download: EPUB
2017 | 1. Auflage
576 Seiten
Verlagsgruppe Droemer Knaur
978-3-426-44210-4 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Die Grausamen -  John Katzenbach
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Der erste Ermittler-Krimi von US-Bestseller-Autor John Katzenbach: genial geschrieben, abgründig, packend! Eigentlich sollte es nur ein kurzer Weg sein. Wie immer. Unzählige Male schon ist die dreizehnjährige Tessa Gibson in dem noblen Vorort, in dem sie lebt, von ihrer besten Freundin nach Hause gelaufen. Doch in dieser Herbstnacht kommt sie dort nicht an, verschwindet spurlos, wie vom Erdboden verschluckt. Die Stadt ist schockiert, Angst breitet sich aus, Tessas Familie zerbricht - der Fall wird nie aufgeklärt. Zwanzig Jahre später werden zwei abgehalfterte Ermittler auf den Fall angesetzt. Gabriel ('Gabe') ist Alkoholiker, traumatisiert von einer Familientragödie. Marta, eine ehemalige Drogenfahnderin, hat bei der Verfolgung eines Dealers versehentlich ihren Partner erschossen. Die beiden stoßen auf eine bislang unentdeckte Spur: Kurz nach Tessas Verschwinden ereigneten sich vier brutale Morde an jungen Männern, und offenbar besteht eine Verbindung zwischen diesen Verbrechen. Bei ihren Nachforschungen wird schnell klar, dass die Polizeiführung keinerlei Interesse an der Wahrheit hat. Wer nachbohrt, spielt mit seinem Leben. Und das gilt nicht zuletzt für Gabe and Marta ... 'Katzenbach ist einer der fesselndsten Autoren, die die Krimi-Branche derzeit zu bieten hat.' Hannoversche Allgemeine Zeitung

John Katzenbach, geboren 1950, war ursprünglich Gerichtsreporter für den »Miami Herald« und die »Miami News«. Bei Droemer Knaur sind inzwischen zahlreiche Kriminalromane von ihm erschienen, darunter die Bestseller »Die Anstalt«, »Der Patient«, »Der Professor« und »Der Bruder'. Zweimal war Katzenbach für den Edgar Award, den renommiertesten Krimipreis der USA, nominiert. Er lebt mit seiner Familie in Amherst im Westen des US-Bundesstaates Massachusetts. Weitere Informationen unter www.john-katzenbach.de und www.johnkatzenbach.com

John Katzenbach, geboren 1950, war ursprünglich Gerichtsreporter für den »Miami Herald« und die »Miami News«. Bei Droemer Knaur sind inzwischen zahlreiche Kriminalromane von ihm erschienen, darunter die Bestseller »Die Anstalt«, »Der Patient«, »Der Professor« und »Der Bruder". Zweimal war Katzenbach für den Edgar Award, den renommiertesten Krimipreis der USA, nominiert. Er lebt mit seiner Familie in Amherst im Westen des US-Bundesstaates Massachusetts. Weitere Informationen unter www.john-katzenbach.de und www.johnkatzenbach.com

1


Er war nicht tot, er wusste nur, dass sein Leben vorbei war.

 

 

An einem prächtigen Spätnachmittag. Im Nachhinein eine furchtbare Ironie. Ein ausgesprochen heiterer, warmer Septembermorgen, der auf einen strahlenden Mittag zuging. Ein makellos blauer Himmel. Die erste von zwei Urlaubswochen im ansehnlichen Ferienhaus am See, das seinen wohlhabenden Schwiegereltern gehörte, war für Gabriel Dickinson schon um. Der Tagesausflug war die Idee seiner Frau gewesen – eine ideale Gelegenheit, wie sie sagte. »Rede mit ihm. Wenn du ihm den einen oder anderen Ratschlag gibst, wird er auf dich hören. Er hat Hochachtung vor dir.« Es bedurfte keiner Überredungskünste. Er mochte seinen stets zur Witzelei aufgelegten jüngeren Schwager von Herzen gern, auch wenn dieser ein bisschen exzentrisch war und vielleicht ein wenig aus der Spur: abgebrochenes Medizinstudium; mehrere gescheiterte Geschäftsgründungen in Folge; zwei vielversprechende Liebesbeziehungen, die abrupt geendet hatten – die eine vor dem Scheidungsrichter, die andere in bitteren Tränen. Nach jedem Rückschlag erschien ihm der Bruder seiner Frau noch verletzlicher und noch liebenswürdiger. Insgeheim beneidete er seinen Schwager um seinen unbekümmerten Lebensstil – von der Hand in den Mund –, während er selbst immer häufiger das Gefühl bekam, dass seine Situation im Polizeiapparat der eines Kartenspielers glich, der zwangsläufig sein Blatt ausspielt. Seine Kollegen mochten in ihm den Senkrechtstarter sehen, doch wenn er ehrlich war, bot sein Leben wenig Abenteuer. Dafür jede Menge Papierkram.

An diesem prächtigen Morgen hatte er einige Sixpacks Bier sowie ein paar hastig geschmierte Schinken- und Käsestullen in eine alte rote Kühlbox gepackt und dann das Catboot aufgeriggt. Nichts sprach dagegen, mit der kleinen Jolle loszugondeln und unter einer leichten Brise die einsame Küste entlang in unbekannte Buchten zu segeln. Sie glitten unter hohen grünen Pinien hindurch, umschifften zerklüftete Felsenvorsprünge, auf denen sich unberührte Wälder bis tief in die Adirondack Mountains im Norden des Bundesstaates New York erstreckten. Die grauen Gipfel reckten sich in den blauen Himmel empor, als gelte es, urzeitlichen Tribut einzufordern. Später sollten sie in seiner Erinnerung zu den kolossalen Grabsteinen eines gigantischen Friedhofs werden.

 

 

Eigentlich war nur ein kleiner, unbeschwerter Ausflug geplant, nichts weiter als ein geruhsamer Tag, ein bisschen Spaß und eine zwanglose Plauderei über Zukunftspläne. Sie hatten das familiäre Feriendomizil rasch hinter sich gelassen, waren an ein paar abgelegenen Häusern vorbeigekommen, die hier und da das Seeufer säumten, hatten ein paar anderen Seglern zugewinkt, sich miteinander über Football und Baseball unterhalten, über Mädchen, die sie beide aus jungen Jahren kannten, mit Erfolgsgeschichten geprahlt, von denen sie beide wussten, dass sie zu dick aufgetragen waren, sich über den Job, über nervige Vorgesetzte und inkompetente Kollegen ausgelassen. In der Mittagszeit waren sie abwechselnd über die Reling in den See getaucht und im kühlen schwarzen Wasser geschwommen, bevor sie sich zitternd wieder hochhievten, in der Sonne aufwärmten und zum nächsten Bier die mitgebrachten Stullen verschlangen.

Er hatte sich so jung und unbeschwert gefühlt wie in alten College-Zeiten.

Das erste Warnzeichen, dass etwas nicht stimmte, war eine plötzliche Brise aus nördlicher Richtung, als der Nachmittag zur Neige ging und er gerade vorschlagen wollte, zurückzusegeln. Die Kälte setzte so unvermittelt ein, dass er eine Gänsehaut bekam. »Du meine Güte«, murmelte er und blickte besorgt zu den dunklen Gewitterwolken hoch, die sich in der Senke zwischen zwei hohen, zerklüfteten Bergen zusammenbrauten. Die unheilvolle schwarzgraue Wetterfront schien sich unaufhaltsam in ihre Richtung zu wälzen, noch dazu so schnell, als sei sie über die Klippen gestürzt und rolle nun ungebremst genau auf sie zu.

»Oha!«, sagte sein Schwager, als auch er die Warnzeichen entdeckte.

»Bloß weg hier, da kommt gleich was runter.«

»Ree!«, hatte Gabe erwidert, während er die Pinne wegdrückte, um eine Wende einzuleiten. »Vergesst die Torpedos! Volle Kraft voraus! Obwohl – nass werden wir so oder so.« Er meinte den Regen, doch da irrte er. Er holte das Großschot dicht, doch das einzige Segel des Catboots blähte sich schon so heftig im Wind, dass es an den Kanten knatterte und sich stärker spannte, als es verkraftete.

Sie kamen nicht weit.

In starker Seitenlage jagte das Boot hart am Wind, und jedes Tau, jede Talje ächzte und knarrte, ein beängstigendes, unheilvolles Getöse. In rasender Fahrt, in bedenklich flachem Winkel hüpften sie über die aufgepeitschten Wellen. Binnen Sekunden brodelte der eben noch spiegelglatte See, und die sommerliche Temperatur war empfindlich gesunken. Über dem bleigrauen Wasser und an den Steilhängen der Berge folgte das Stakkato der Donnerschläge auf die zuckenden Blitze.

Als kurz darauf der Regen niederprasselte, beschränkte sich ihre Sicht auf nur noch wenige Meter. Er hörte das nervöse Lachen seines Schwagers. Sie wussten beide, dass die Lage ernst war, doch wie ernst, war nur schwer abzuschätzen. Der Regen stach wie tausend Nadelstiche auf sie nieder, drang ihnen in die Augen und irritierte sie so sehr, dass keiner von ihnen mit der plötzlichen seitlichen Böe rechnete, die mit dreißig, vierzig Meilen pro Stunde auf sie zujagte. Es fühlte sich an wie ein mächtiger Stoß – vielleicht auch schlimmer, dachte er im Nachhinein, wie ein Schuss aus dem Hinterhalt. Jedenfalls war das kleine Boot in ihren unerfahrenen Händen gegen diese Wucht machtlos.

Es blieb nicht einmal Zeit für einen Warnruf. Die Pinne schlug aus, er konnte sie ebenso wenig halten wie die Hauptstagleine, das Boot schlingerte heftig vom Bug bis zum Heck, und schon tauchte das Segel ins Wasser. Kaum ging die erste Welle über das Tuch hinweg, drehte sich der Rumpf in die Höhe – als richtete sich der See plötzlich senkrecht auf und packte das Boot an der Kehle.

Er erinnerte sich genau: zwei Schreie, als sie beide aus dem Boot ins Wasser geschleudert wurden, dann nur noch gurgelnde Laute; unmittelbar darauf das wütende Bersten, Kreischen und Heulen, als das Boot kenterte. Er konnte nicht sagen, ob dieses Heulen von ihm oder von dem Scherwind kam, der ihnen zum Verhängnis wurde. Das eisige Wasser war ein Schock, die Strudel rings um das umgekippte Boot schienen ihn in die Tiefe zu reißen. Zumindest war ihm instinktiv klar, dass er mit aller Kraft schwimmen musste, um nicht unter das Segel zu geraten und zu ertrinken. Als er auftauchte, sah er ringsum nur ein bleigraues Einerlei, hörte das ohrenbetäubende Brausen des Windes, das Wüten der Wellen gegen den Bootsrumpf. Das Wasser brannte ihm in den Augen, er schnappte nach Luft und kämpfte sich mit aller Macht zum Boot zurück. Noch war er am Leben, doch er wusste, dass der Tod auf ihn lauerte.

Unerbittlich.

 

 

Er rief nach seinem Schwager:

Teddy! Teddy! Wo bist du?

Hier, Gabe. Auf der anderen Seite.

Erste Reaktion: Gott sei Dank! Aber die schwache Stimme … Vor Angst? Nein. Nur durcheinander.

Alles klar bei dir?

Der Mast hat mich am Kopf erwischt, als wir uns überschlagen haben. Aber ich bin okay. Ein bisschen benommen. Es blutet, glaube ich.

Ich komm rüber.

Nein, geht schon. Bleib da drüben. Besser fürs Gleichgewicht. Ich halt mich am Dollbord fest.

Bleib am Boot.

Sicher. Immer am Boot bleiben. Regel Nummer eins. Das weiß sogar ich.

Sein Schwager versuchte zu lachen, als sei das Ganze ein Scherz.

Meine Schwester bringt dich um, wenn wir nach Hause kommen.

Es klang nicht überzeugend, als er über seinen eigenen Witz zu lachen versuchte.

Ich meine, was bist du denn für ein Kapitän? Im Segelhandbuch hab ich von so was hier jedenfalls nichts gelesen.

Sein erneutes Lachen kam kaum gegen den peitschenden Wind an.

Teddy, nur nicht loslassen! Rede weiter!

Auch wenn es nicht lustig ist?

Nur festhalten!

Okay.

Nur ein Wort, in angespanntem Ton.

 

Zwanzig Minuten:

Teddy? Wie geht’s?

Halte mich, so gut ich kann. Buchstäblich.

Was macht dein Kopf?

Tut höllisch weh. Meinst du, die suchen nach uns?

Klar, sobald sich das Unwetter ein bisschen legt.

Ja. Fragt sich nur, wann.

 

Dreißig Minuten: Der Himmel über ihnen war so schwarz wie das Wasser, als verhöhnte er ihre Hoffnung.

 

Gabe? Gabe!

Ich bin noch da, Teddy. Nur nicht loslassen.

Mir wird verdammt kalt. Die Körpertemperatur sinkt. Hypothermie. Weiß ich noch vom Medizinstudium.

Halte dich nur weiter fest.

Siehst du das Ufer, Gabe? Was meinst du? Hundert Meter? Nicht mal, eher um die fünfzig. Schaffen wir locker.

Bleib beim Boot, Teddy.

Ich weiß, ich kann das schaffen. An der Highschool war ich ein guter Schwimmer. Der beste. Mein Gott, das ist ein Klacks.

Gabe appellierte an die Vernunft seines Schwagers.

Teddy, du bist verletzt, deine nassen Sachen sind tonnenschwer. Es ist immer weiter, als man denkt. Bleib beim Boot. Sie werden uns finden.

Mir ist kalt, Gabe. Ich weiß nicht, ob ich länger durchhalten kann. Wenn ich schwimme, kommt die Durchblutung zurück,...

Erscheint lt. Verlag 1.4.2017
Übersetzer Anke Kreutzer, Dr. Eberhard Kreutzer
Verlagsort München
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror Krimi / Thriller
Schlagworte amerikanische Psychothriller • Bestseller-Autor • Cold Case • entführtes Kind • Entführung • Ermittler • Ermittler-Duo • Ermittler-Krimi • Familientragödie • Gabe Dickinson • John Katzenbach • John Katzenbach Bücher • Katzenbach Bücher • Marta Rodriguez-Johnson • Polizei-Krimi • Polizei Krimis/Thriller • Polizeithriller • Psychothriller • Psycho-Thriller • Psychothriller Familie • Psychothriller Romane • Spurensuche • Tessa Gibson • Thriller • thriller entführung • Thriller USA • USA-Krimi • vermisstes Mädchen • Verschwinden • Vertuschung
ISBN-10 3-426-44210-8 / 3426442108
ISBN-13 978-3-426-44210-4 / 9783426442104
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