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Der Krieg der Welten (eBook)

Roman. Neu übersetzt von H.-U. Möhring

(Autor)

eBook Download: EPUB
2017 | 1. Auflage
304 Seiten
S. Fischer Verlag GmbH
978-3-10-403670-0 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Der Krieg der Welten -  H.G. Wells
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Von Wasser und Rohstoffmangel getrieben, fliegen die Marisaner zur Erde, um den Nachbarplaneten zu erobern. Ihren Raumschiffen, die im Vereinigten Königreich landen, entsteigen dreibeinige Kampfmaschinen, deren Todesstrahl niemand etwas entgegenzusetzen hat. Die Militärs müssen hilflos mitansehen, wie die Städte in Schutt und Asche gelegt werden. Voller Verzweiflung flieht die Bevölkerung auf Schiffe, um sich auf das Festland zu retten. Doch da kommt den Menschen die Natur zu Hilfe: Das Immunsystem der Marsianer ist den irdischen Bakterien nicht gewachsen, und nach und nach verstummt ihr Kriegsgeheul, bis sie alle dem unsichtbaren Gegner zum Opfer gefallen sind ... Der Band enthält neben einem Nachwort des Wells-Experten Elmar Schenkel zusätzlich die Meistererzählungen ?Das Land der Blinden?, ?Der außergewöhnliche Fall von Davidsons Augen? und ?Der gestohlene Bazillus?.

Herbert George Wells (1866-1946) gilt, neben Jules Verne, als »Vater der Science-Fiction«. Ihm verdanken wir die grundlegende Ausarbeitung zahlreicher Motive, die das Genre bis heute maßgeblich prägen: Zeitreise, Unsichtbarkeit, außerirdische Invasion und viele mehr. Darüber hinaus hat er sich als Historiker und Verfasser gesellschaftskritischer Werke einen Namen gemacht.

Herbert George Wells (1866-1946) gilt, neben Jules Verne, als »Vater der Science-Fiction«. Ihm verdanken wir die grundlegende Ausarbeitung zahlreicher Motive, die das Genre bis heute maßgeblich prägen: Zeitreise, Unsichtbarkeit, außerirdische Invasion und viele mehr. Darüber hinaus hat er sich als Historiker und Verfasser gesellschaftskritischer Werke einen Namen gemacht. Hans-Ulrich Möhring, geboren 1953, hat so unterschiedliche Autoren wie Zora Neale Hurston, J.R.R. Tolkien, James Hamilton-Paterson und William Blake übersetzt. 2008 erschien sein Roman ›Vom Schweigen meines Übersetzers‹, 2014 die Novelle ›Ausgetickt – Ein Exzess‹. Elmar Schenkel, geboren 1953, ist Professor für englische Literatur an der Universität Leipzig und leitete von 2005 bis 2015 das dortige Studium universale. Er ist freier Mitarbeiter bei der »Frankfurter Allgemeinen Zeitung« und war Mitherausgeber der Literaturzeitschrift »Nachtcafé«. Neben Büchern über das Fahrrad in der Literatur, über Exzentriker der Wissenschaft und Biographien von H.G. Wells und Joseph Conrad hat er Erzählungen, Gedichte und Reisebücher veröffentlicht. Für seine literarischen Arbeiten erhielt er u.a. den Förderpreis der Jürgen-Ponto-Stiftung und den Hermann-Hesse-Förderpreis.

Erstes Buch Die Ankunft der Marsianer


I. Am Vorabend des Krieges


Niemand hätte im ausgehenden neunzehnten Jahrhundert geglaubt, dass das Treiben auf der Erde scharf und genau von Wesen beobachtet wurde, die intelligenter waren als die Menschen und doch nicht minder sterblich; dass die Menschen bei allem, was sie so emsig betrieben, akribisch überwacht und erforscht wurden, vielleicht fast genauso akribisch, wie ein Mensch mit einem Mikroskop die kurzlebigen Kreaturen erforscht, die in einem Tropfen Wasser wimmeln und sich mehren. Mit unendlicher Selbstzufriedenheit gingen die Menschen überall auf diesem Erdball ihren kleinen Geschäften nach, in dem festen Glauben an ihre Herrschaft über die Materie durch nichts zu erschüttern. Gut möglich, dass es den Infusorien unterm Mikroskop nicht anders ergeht. Niemand dachte im Traum daran, die älteren Welten im Universum könnten die Menschen gefährden, und die Vorstellung, es könnte Leben auf ihnen geben, wurde allgemein als unmöglich oder unwahrscheinlich abgetan. Es ist ein merkwürdiges Gefühl, an das gewohnte Weltbild dieser verflossenen Zeit zurückzudenken. Im äußersten Fall malten die Erdenmenschen sich aus, es könnte auf dem Mars andere Menschen geben, die wohl auf einer niedrigeren Stufe ständen und eine Weltraummission freudig begrüßen würden. Doch über den Abgrund des Alls hinweg beobachteten Wesen, die geistig zu uns stehen wie wir zum lieben Vieh, ungeheure Intellekte, kalt und teilnahmslos, diese Erde mit missgünstigen Augen und schmiedeten langsam und sicher ihre Pläne gegen uns. Und am Anfang des zwanzigsten Jahrhunderts erfolgte die große Desillusionierung.

Der Planet Mars, das muss ich dem Leser wohl kaum ins Gedächtnis rufen, umkreist die Sonne in einer mittleren Entfernung von 140000000 Meilen, und was er von der Sonne an Licht und Wärme empfängt, ist kaum die Hälfte dessen, was diese Welt empfängt. Er muss, sofern an der Nebularhypothese etwas dran ist, älter als unsere Welt sein, und lange bevor diese Erde ihren Schmelzzustand hinter sich gelassen hatte, muss auf seiner Oberfläche das Leben schon seinen Lauf angetreten haben. Die Tatsache, dass er nur knapp ein Siebtel des Erdumfangs besitzt, muss die Abkühlung auf die Temperatur, bei der Leben beginnen konnte, beschleunigt haben. Er hat Luft und Wasser und alles, was ein lebendiges Dasein zu seinem Unterhalt benötigt.

Jedoch so eitel ist der Mensch und so verblendet von seiner Eitelkeit, dass bis kurz vor dem Ende des neunzehnten Jahrhunderts kein Autor irgendwie den Gedanken äußerte, intelligentes Leben könnte sich dort weit – oder überhaupt – über das irdische Niveau hinausentwickelt haben. Ferner wird daraus, dass der Mars älter ist als unsere Erde, kaum ein Viertel der Oberfläche hat und weiter von der Sonne entfernt ist, nicht der notwendige Schluss gezogen, dass auf ihm nicht nur der Anfang des Lebens ferner, sondern auch sein Ende näher ist.

Die langfristig zu erwartende Abkühlung, die unseren Planeten eines Tages ereilen muss, ist bei unserem Nachbarn in der Tat schon weit fortgeschritten. Die physikalischen Bedingungen dort sind größtenteils noch ein Rätsel, doch wir wissen heute, dass selbst in seiner Äquatorialzone die Mittagstemperatur kaum unsere kältesten Wintertemperaturen erreicht. Die Luft ist viel dünner als bei uns, die Ozeane sind zurückgegangen, so dass sie nur noch ein Drittel seiner Oberfläche bedecken, und im langsamen Lauf seiner Jahreszeiten bilden sich und schmelzen an beiden Polen gewaltige Eiskappen und überschwemmen periodisch die gemäßigten Zonen. Das letzte Erschöpfungsstadium, das für uns noch in unvorstellbarer Ferne liegt, ist für die Bewohner des Mars zu einem brandaktuellen Problem geworden. Der unmittelbare Druck der Notwendigkeit hat ihren Verstand geschärft, ihre Fähigkeiten vergrößert und ihre Herzen verhärtet. Und wenn sie mit Instrumenten und einer Intelligenz, die wir noch kaum erträumen, durch den Weltraum schauen, erblicken sie in nächster Entfernung, nur 35000000 Meilen sonnenwärts, einen Morgenstern der Hoffnung, unseren wärmeren Planeten, pflanzengrün und wassergrau, mit einer Fruchtbarkeit verheißenden Wolkenatmosphäre, und hinter den treibenden Wolkenfetzen Ahnungen von ausgedehnten, dichtbevölkerten Landmassen und vielbefahrenen Meeren und Engen.

Und wir Menschen, die Geschöpfe, die diese Erde bewohnen, müssen für sie mindestens so fremdartig und niedrigstehend sein wie für uns die Affen und Halbaffen. Theoretisch erkennen die Menschen bereits an, dass das Leben ein unablässiger Kampf ums Dasein ist, und wie es scheint, ist dies auch die Auffassung der Marsbewohner. In ihrer Welt ist die Abkühlung schon weit vorangeschritten, und unsere Welt wimmelt noch von Leben, aber was da wimmelt sind in ihren Augen niedere Tiere. Ein Feldzug in Richtung Sonne wäre in der Tat das Einzige, was die Vernichtung abwenden könnte, die ihnen mit jeder Generation näher rückt.

Und bevor wir zu hart über sie urteilen, sollten wir uns daran erinnern, welche gnadenlose und totale Vernichtung unsere Spezies nicht nur über Tiere wie den dahingeschwundenen Bison und den Dodo gebracht hat, sondern auch über ihre eigenen niedriger stehenden Rassen. In einem Ausrottungskrieg der europäischen Einwanderer wurden die Tasmanier trotz ihrer Zugehörigkeit zur Menschheit im Zeitraum von fünfzig Jahren vollständig vom Antlitz der Erde getilgt. Sind wir solche Apostel der Barmherzigkeit, dass wir uns beklagen dürften, wenn die Marsianer uns im selben Geiste bekriegten?

Die Marsianer, deren mathematische Bildung unserer augenscheinlich weit überlegen ist, scheinen ihren Anflug mit erstaunlicher Präzision berechnet und ihre Vorbereitungen mit nachgerade vollkommener Einmütigkeit getroffen zu haben. Hätten unsere Instrumente es gestattet, hätten wir die Bedrohung im neunzehnten Jahrhundert vielleicht schon längst aufziehen sehen. Männer wie Schiaparelli beobachteten den roten Planeten – merkwürdig übrigens, dass der Mars seit zahllosen Jahrhunderten als Kriegsstern gilt –, versäumten es aber, die Veränderlichkeit der Geländemerkmale zu deuten, die sie so gut kartierten. In dieser ganzen Zeit müssen die Marsianer sich gerüstet haben.

Während der Opposition von 1894 wurde auf dem beleuchteten Teil der Marsscheibe ein großes Licht gesichtet, zuerst im Lick-Observatorium, dann von Perrotin in Nizza und danach noch von anderen Beobachtern. Englische Leser erfuhren erstmals in der Nature vom 2. August davon. Meines Erachtens könnte diese Lichterscheinung daher rühren, dass in der ungeheuer großen und tiefen Grube in ihrem Planeten, aus der sie ihre Schüsse auf uns abgaben, die riesige Kanone gegossen wurde. Eigenartige, bis jetzt noch unerklärte Geländemerkmale wurden während der nächsten beiden Oppositionen nahe dem Ursprungsort dieses Ausbruchs gesichtet.

Der Sturm brach vor sechs Jahren über uns herein. Während der Mars sich der Gegenstellung näherte, brachte Lavelle aus Java die Telegraphenleitungen der Astronomischen Gesellschaften mit der erstaunlichen Meldung einer gewaltigen Leuchtgasexplosion auf dem Planeten zum Sirren. Sie sei gegen Mitternacht des zwölften erfolgt, und das Spektroskop, zu dem er sofort gegriffen habe, habe eine Masse flammender Gase angezeigt, hauptsächlich Wasserstoff, die sich mit enormer Geschwindigkeit auf die Erde zubewegte. Dieser Feuerstrahl sei ungefähr um Viertel nach zwölf unsichtbar geworden. Er verglich ihn mit einer kolossalen Stichflamme, die mit jäher Heftigkeit aus dem Planeten geschossen sei »wie brennendes Gas aus einer Kanone«.

Dies erwies sich als singulär zutreffende Beschreibung. Am nächsten Tag jedoch stand nichts davon in den Zeitungen außer einer kleinen Notiz im Daily Telegraph, und die Welt blieb in Unkenntnis über eine der größten Gefahren, die der Menschheit jemals drohten. Ich hätte von der Eruption möglicherweise gar nichts erfahren, wäre mir nicht in Ottershaw Ogilvy begegnet, der bekannte Astronom. Er zeigte sich ungemein erregt von der Nachricht, und im Überschwang der Gefühle lud er mich ein, die Nacht im Wechsel mit ihm mit der Beobachtung des roten Planeten zu verbringen.

Trotz allem, was seither geschehen ist, ist mir diese Nachtwache noch sehr deutlich in Erinnerung: das stille schwarze Observatorium, der schwache Schein, den die Schirmlampe in der Ecke auf den Boden warf, das stetige Klicken des Teleskopräderwerks, der kleine Schlitz im Dach – ein rechteckiger Ausschnitt der Weltraumtiefe, darüber die Schlieren des Sternennebels. Es war nicht zu sehen, aber gut zu hören, wie Ogilvy umherging. Beim Blick durch das Teleskop sah man einen dunkelblauen Kreis und in dem Feld den kleinen runden Planeten schwimmen. Er wirkte so zwergenhaft, so hell und winzig und still, schwach mit Querstreifen gezeichnet, die Rundung leicht abgeplattet. Aber wie winzig er war, wie silbrig warm, ein Stecknadelkopf aus Licht! Es war, als zitterte er ein wenig, in Wirklichkeit aber vibrierte das Teleskop von dem Räderwerk, durch dessen Justiertätigkeit der Planet im Blick blieb.

Während ich schaute, schien der Stern größer und kleiner zu werden, näher und ferner zu rücken, doch das lag schlicht daran, dass mein Auge ermüdete. Vierzig Millionen Meilen war er von uns entfernt – mehr als vierzig Millionen Meilen mit nichts darin. Nur wenige Menschen machen sich die ungeheure Weite der Leere klar, in welcher der Staub des materiellen Universums schwimmt.

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Erscheint lt. Verlag 26.1.2017
Reihe/Serie Fischer Klassik Plus
Fischer Klassik Plus
Nachwort Elmar Schenkel
Übersetzer Hans-Ulrich Möhring
Verlagsort Frankfurt am Main
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Klassiker / Moderne Klassiker
Literatur Romane / Erzählungen
Schlagworte Außerirdische • Bakterien • Bazillus • Blinde • Davidsons Augen • Erde • Immunsystem • Kampfmaschinen • Klassiker • Mars • Marsianer • Planet • Raumschiff • Science-fiction • Todesstrahl
ISBN-10 3-10-403670-5 / 3104036705
ISBN-13 978-3-10-403670-0 / 9783104036700
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