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Ich schweige für dich (eBook)

Spiegel-Bestseller
Thriller

(Autor)

eBook Download: EPUB
2016
432 Seiten
Goldmann (Verlag)
978-3-641-17846-8 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Ich schweige für dich - Harlan Coben
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In jeder Ehe gibt es dunkle Geheimnisse - das muss auch Adam Price erfahren, stolzer Vater zweier Söhne und seit vielen Jahren glücklich verheiratet mit der scheinbar perfekten Corinne. Bis ihn eines Tages ein völlig Fremder anspricht. Ein Fremder, der Dinge weiß über Corinne, die Adams amerikanischen Vorstadttraum abrupt zerplatzen lassen - und ihn in einen wilden Zwiespalt stürzen: Soll er seine Frau mit dem konfrontieren, was er erfahren hat? Oder soll er schweigen für sie und für ihre Kinder? Und wer ist überhaupt dieser geheimnisvolle Fremde, warum will er Adams Familie zerstören? Dann verschwindet Corinne spurlos. Und während Adam sich auf eine verzweifelte Suche macht, wird aus einer Familienangelegenheit ein düsteres Komplott, bei dem eine einfache Wahrheit Leben kosten kann ...

Harlan Coben wurde 1962 in New Jersey geboren. Nachdem er zunächst Politikwissenschaft studiert hatte, arbeitete er später in der Tourismusbranche, bevor er sich ganz dem Schreiben widmete. Seine Thriller wurden bisher in 45 Sprachen übersetzt, erobern regelmäßig die internationalen Bestsellerlisten und wurden zu großen Teilen verfilmt. Harlan Coben, der als erster Autor mit den drei bedeutendsten amerikanischen Krimipreisen ausgezeichnet wurde - dem Edgar Award, dem Shamus Award und dem Anthony Award -, gilt als einer der wichtigsten und erfolgreichsten Thrillerautoren seiner Generation. Er lebt mit seiner Familie in New Jersey.
Spiegel-Bestseller

ZWEI

Als Adams Knie nicht mehr nachzugeben drohten, folgte er dem Fremden.

Zu spät.

Der Fremde setzte sich auf den Beifahrersitz eines grauen Honda Accord. Der Wagen fuhr los. Adam rannte hinterher, um sich den Wagen genauer anzusehen und sich vielleicht das Nummernschild zu merken, doch er konnte nur noch erkennen, dass es aus seinem Heimatstaat New Jersey war. Als das Auto die Kurve zur Ausfahrt nahm, fiel ihm noch etwas auf.

Am Steuer saß eine Frau.

Sie war jung und hatte lange blonde Haare. Als das Licht der Straßenlampe auf ihr Gesicht fiel, erkannte er, dass sie ihn ansah. Ihre Blicke begegneten sich für einen Moment. In ihrer Miene lagen Sorge und Mitleid.

Mitleid mit ihm.

Das Auto raste davon. Hinter ihm rief jemand seinen Namen. Adam drehte sich um und ging zurück in den Saal.

Sie fingen mit der Auswahl der House-Teams an.

Adam versuchte zuzuhören, aber es war, als müssten alle Geräusche die akustische Version einer Duschkabinentür aus Milchglas durchdringen. Dabei hatte Corinne Adam die Arbeit leicht gemacht. Sie hatte alle Jungen aufgelistet, die für das Team der sechsten Klasse in Frage kamen, sodass er nur zwischen denen wählen musste, die noch übrig waren. Der wahre Grund für seine Anwesenheit war jedoch banaler: Er sollte aufpassen, dass Ryan, ihr Sechstklässler, in die Schulmannschaft kam. Ihr älterer Sohn Thomas, der jetzt in seinem zweiten Highschool-Jahr war, hatte es in Ryans Alter nicht in die Schulmannschaft geschafft, was, wie Corinne vermutete, daran lag, dass seine Eltern sich damals nicht genug engagiert hatten. Adam teilte diese Vermutung. Viel zu viele Väter waren heute Abend weniger aus Liebe zum Spiel hier als vielmehr, um die Interessen ihrer Kinder zu wahren.

Einschließlich Adam. Traurig, aber was sollte man machen?

Adam versuchte, nicht mehr an das zu denken, was man ihm gerade gesagt hatte – wer war der Kerl überhaupt? –, aber es gelang ihm nicht. Als er auf Corinnes »Vorauswahl« starrte, verschwamm ihre Schrift vor seinen Augen. Seine Frau war so unglaublich, fast schon zwanghaft ordentlich. Sie hatte die Jungen in absteigender Reihenfolge vom Besten bis zum Schlechtesten aufgeführt. Wenn einer dieser Namen genannt wurde, strich Adam ihn geistesabwesend durch. Er musterte die perfekte Handschrift seiner Frau, die wie die Beispielbuchstaben wirkten, die die Lehrerin in der dritten Klasse oben an der Tafel anbrachte. So war Corinne. Sie war das Mädchen, das in die Klasse kam und jammerte, weil sie ganz bestimmt durchfallen würde, den Test als Erste abgab und die Bestnote bekam. Sie war klug, ehrgeizig, schön und …

Eine Lügnerin?

»Dann kommen wir jetzt zu den Schulmannschaften«, sagte Tripp.

Wieder wurden im Saal Stühle gerückt. Wie betäubt setzte sich Adam zu den vier Männern, die die Spieler für die erste und zweite Schulmannschaft auswählten. Jetzt ging es ans Eingemachte. Die House-Teams traten in der städtischen Liga an. Die besten Spieler kamen in die erste oder zweite Schulmannschaft, die bei Wettbewerben im ganzen Staat antraten.

Novelty Funsy. Warum kam ihm der Name bekannt vor?

Der Trainer der sechsten Klassen hieß Bob Baime, aber für Adam war er Gaston, die Zeichentrickfigur aus dem Disneyfilm Die Schöne und das Biest. Bob war eine große Blätterteigpastete von einem Mann mit diesem breiten Lächeln, das man eigentlich nur bei den leicht Unterbelichteten findet. Er war laut, eingebildet, dumm und gemein, und wenn er mit durchgedrückter Brust und schwingenden Armen vorbeimarschierte, hörte Adam den Soundtrack »Niemand kämpft … haut uns um … schießt wie Gaston …«.

Lass gut sein, sagte er sich. Dieser Fremde hat sich nur einen Scherz auf deine Kosten erlaubt …

Eigentlich dürfte das Zusammenstellen der Teams nur eine Sache von Sekunden sein. Jedes Kind hatte in den unterschiedlichen Kategorien einen Punktwert zwischen 1 und 10 erhalten: Schlägerführung, Geschwindigkeit, Kraft, Passen und so weiter. Die Zahlen wurden addiert und ein Durchschnitt gebildet. Theoretisch brauchte man nur die ersten achtzehn auf der Liste in die erste Mannschaft und die nächsten achtzehn in die zweite Mannschaft zu stecken, und der Rest war halt raus und kam in die House-Teams. Ganz einfach. Aber natürlich mussten sich die Trainer vergewissern, dass ihre eigenen Söhne in den Teams waren, die sie trainierten.

Okay, erledigt.

Dann gingen sie die Ranglisten durch. Alles lief reibungslos bis zur letzten Nominierung für die zweite Mannschaft.

»Jimmy Hoch muss da rein«, verkündete Gaston. Es kam selten vor, dass Bob Baime etwas einfach nur sagte. Meistens verkündete er es.

Einer seiner unscheinbaren Assistenztrainer – Adam kannte seinen Namen nicht – sagte: »Aber Jack und Logan haben höhere Punktzahlen.«

»Ja, das stimmt«, verkündete Gaston. »Aber ich kenne den Jungen. Jimmy Hoch. Er spielt besser als die anderen beiden. Er hatte bloß Pech beim Vorspielen.« Er hustete in seine Faust und fuhr dann fort: »Jimmy hat ein hartes Jahr hinter sich. Seine Eltern haben sich scheiden lassen. Wir müssen ihm eine Chance geben und ihn ins Team holen. Wenn also niemand etwas dagegen hat …«

Er wollte Jimmys Namen aufschreiben.

Adam hörte sich sagen: »Doch, hab ich.«

Alle sahen ihn an.

Gaston reckte das Kinn mit dem Grübchen in Adams Richtung. »Wie bitte?«

»Ich hab was dagegen«, sagte Adam. »Jack und Logan haben einen besseren Score. Wer von den beiden steht höher auf der Liste?«

»Logan«, sagte einer der Assistenztrainer.

Adam überflog seine Liste und sah die Punkte. »Ah, dann muss Logan ins Team. Er hat mehr Punkte und steht weiter oben auf der Liste.«

Die Assistenztrainer hielten für einen Moment die Luft an. Gaston war es nicht gewöhnt, dass seine Entscheidungen in Frage gestellt wurden. Er beugte sich vor und bleckte seine großen Zähne. »Nichts für ungut, aber Sie sind nur als Vertretung für Ihre Frau hier.«

Er sprach das Wort Frau mit einem herablassenden Tonfall aus, als sei man in Vertretung einer Frau kein echter Mann.

»Sie sind ja nicht mal Assistenztrainer«, fuhr er fort.

»Das stimmt«, sagte Adam. »Aber ich kann Zahlen lesen, Bob. Logans Durchschnitt liegt bei sechs Komma sieben Punkten. Jimmys nur bei sechs Komma vier. Selbst in der modernen Mathematik ist sechs Komma sieben mehr als sechs Komma vier. Ich kann es auch in einem Diagramm darstellen, wenn das hilft.«

Gaston war nicht angetan von der Ironie. »Wie ich schon sagte, gibt es da besondere Umstände.«

»Die Scheidung?«

»Genau.«

Adam sah die Assistenztrainer an. Die hatten plötzlich etwas Faszinierendes auf dem Fußboden vor ihren Füßen entdeckt. »Na dann, wissen Sie denn, wie es bei Jack oder Logan zu Hause aussieht?«

»Ich weiß, dass die Eltern noch zusammen sind.«

»Das ist jetzt also der ausschlaggebende Faktor?«, fragte Adam. »Sie führen doch eine wirklich gute Ehe, oder, Ga…« Fast hätte er ihn Gaston genannt. »Bob?«

»Ja?«

»Sie und Melanie. Sie sind doch das glücklichste Paar, das ich kenne, oder etwa nicht?«

Die kleine, blonde, kesse Melanie blinzelte, als hätte sie eine Ohrfeige bekommen. Gaston legte ihr gern in der Öffentlichkeit die Hand auf den Hintern, weniger, um seine Zuneigung oder sein Begehren zu zeigen, als vielmehr um zu demonstrieren, dass sie ihm gehörte. Jetzt lehnte er sich zurück und versuchte seine Worte vorsichtig abzuwägen. »Ja, wir führen eine gute Ehe, aber …«

»Dann müssten wir Ihrem Sohn doch mindestens einen halben Punkt abziehen, oder? Damit hätte Bob Junior noch, Moment, sieben Komma drei. Also zweite Mannschaft. Ich meine, wenn wir Jimmy mehr Punkte geben, weil seine Eltern Probleme haben, dann müssen wir Ihrem Sohn doch eigentlich welche abziehen, weil Sie beide so verdammt perfekt sind?«

Einer der anderen Assistenztrainer fragte: »Adam, ist alles okay mit Ihnen?«

Adam fuhr herum. »Alles bestens.«

Gaston öffnete und schloss die Fäuste.

»Corinne hat das alles erfunden. Sie war nicht schwanger.«

Adam begegnete dem Blick des Größeren und erwiderte ihn. Komm schon, du Held, dachte Adam. Komm mir ausgerechnet heute Abend dumm. Gaston war einer von diesen großen, muskelbepackten Kerlen, denen man sofort ansah, dass alles nur Show war. Über Gastons Schulter hinweg sah Adam, dass Tripp Evans überrascht zu ihnen herüberguckte.

»Wir sind hier nicht vor Gericht«, sagte Gaston und zeigte die Zähne. »Das geht zu weit.«

Adam hatte seit vier Monaten kein Gericht mehr von innen gesehen, machte sich aber nicht die Mühe, Gaston zu korrigieren. Er hielt seine Zettel hoch. »Die Bewertungen wurden nicht zum Spaß erstellt, Bob.«

»Und wir sind auch nicht zum Spaß hier«, sagte Gaston und fuhr sich durch die schwarze Mähne. »Sondern als Trainer. Als diejenigen, die die Jungs seit Jahren kennen. Die letzte Entscheidung liegt bei uns. Die letzte Entscheidung liegt bei mir als Cheftrainer. Jimmy hat die richtige Einstellung. Auch das ist wichtig. Wir sind keine Maschinen. Wir nutzen alle verfügbaren Mittel und wählen die Jungs aus, die es am meisten verdienen.« Er breitete die riesigen Hände aus und versuchte, Adam wieder in den Schoß der Familie zurückzuholen. »Und mal ehrlich, es geht um den letzten freien Platz in der zweiten Mannschaft. So wichtig ist das auch wieder nicht.«

»Für Logan ist...

Erscheint lt. Verlag 8.3.2016
Übersetzer Gunnar Kwisinski
Verlagsort München
Sprache deutsch
Original-Titel The Stranger
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror Krimi / Thriller
Schlagworte eBooks • New-York-Times-Besteller • New-York-Times-Bestseller • Schatten der Vergangenheit • Spiegelbestseller • Spiegel-Bestseller-Autor • SpiegelBestsellerliste • Thriller
ISBN-10 3-641-17846-0 / 3641178460
ISBN-13 978-3-641-17846-8 / 9783641178468
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