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Bitter Wash Road (eBook)

Kriminalroman. Ein Constable-Hirschhausen-Roman (1)

(Autor)

eBook Download: EPUB
2016 | 1. Auflage
352 Seiten
Unionsverlag
978-3-293-30918-0 (ISBN)
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(CHF 9,75)
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In der Nähe von Tiverton, einer Kleinstadt in Australiens Nirgendwo, wird ein Mädchen tot am Straßenrand gefunden. Constable Paul Hirschhausen, genannt Hirsch, übernimmt den Fall. Er glaubt nicht an einen Unfall mit Fahrerflucht. Einsam und isoliert durchquert der Constable die unwirtliche Landschaft, vorbei an mageren Schafen, schäbigen Höfen, stellt unbeirrt seine Fragen und lernt eine Kleinstadt kennen, unter deren Oberfläche Enttäuschung und Wut, Rassismus und Sexismus brodeln. Hirsch rüttelt an der trügerischen Stille und wirbelt nicht nur den Staub der ausgedörrten Straßen auf.

Garry Disher, geboren 1949, wuchs im ländlichen Südaustralien auf. Er schreibt Romane, Kurzgeschichten, Kriminalromane und Kinderbücher. Sein Werk wurde für den Booker Prize nominiert und mehrfach ausgezeichnet, u. a. viermal mit dem Deutschen Krimipreis sowie dreimal mit dem wichtigsten australischen Krimipreis, dem Ned Kelly Award. Garry Disher lebt an der Südküste von Australien in der Nähe von Melbourne.

Garry Disher, geboren 1949, wuchs im ländlichen Südaustralien auf. Er schreibt Romane, Kurzgeschichten, Kriminalromane und Kinderbücher. Seine Bücher wurden mit mehreren Preisen ausgezeichnet, darunter der wichtigste australische Krimipreis, der Ned Kelly Award, dreimal der Deutsche Krimi Preis sowie eine Nominierung für den Booker Prize. Garry Disher lebt an der Südküste von Australien in der Nähe von Melbourne.

1


Eines Montagmorgens im September, drei Wochen nach seinem Dienstantritt, nahm der neue Polizist in Tiverton einen Anruf seines Sergeants entgegen: Schüsse an der Bitter Wash Road.

»Wissen Sie, wo das ist?«

»Ungefähr, Sergeant«, sagte Hirsch.

»Ungefähr. Sie sollten sich doch umsehen. Oder sitzen Sie sich die ganze Zeit den Hintern platt?«

»Hab mich umgesehen, Sergeant.«

»In der Zeit müssten Sie doch schon einiges gesehen haben.«

»Jawohl, Sergeant.«

»Ich brauche keine Faulenzer, hatte ich Ihnen doch gesagt, nein?«

»Laut und deutlich, Sarge.«

»Ich dulde keine Faulenzer«, mahnte Sergeant Kropp, »und keine Klugscheißer.«

Dann schaltete er einen Gang zurück und berichtete Hirsch, dass eine Autofahrerin den Vorfall gemeldet habe. »Eine Touristin, hat keinen Namen genannt, wollte sich nur die Blümchen ansehen. Sie hat angehalten, wollte die alte Wellblechhütte fotografieren und hat Schüsse gehört.« Kropp schwieg. »Haben Sie verstanden, die alte Hütte?«

Hirsch hatte nicht die leiseste Ahnung. »Jawohl, Sarge.«

»Also bewegen Sie Ihren Hintern und melden Sie mir, was da los ist.«

»Sarge.«

»Wir sind hier auf dem Land«, fuhr der Sergeant fort, nur für den Fall, dass Hirsch noch nicht selbst draufgekommen war, »da ballern die Schafschänder gern mal auf Kaninchen. Aber man weiß ja nie.«

Hier draußen, drei Stunden nördlich von Adelaide, gab es tatsächlich nichts außer Weizen und Wolle. Hirschs neuer Posten war ein Ein-Mann-Revier in einem Kaff am Barrier Highway. Tiverton. Einmal geblinzelt, schon war man durch. Es gab noch ein paar von diesen kleinen Dienststellen im Bundesstaat South Australia, die Polizei war peinlich darauf bedacht, sie nicht Ein-Mann-Reviere zu nennen, nicht heutzutage, nicht in aller Öffentlichkeit, dennoch schickte sie keine Kolleginnen dorthin, vorgeblich aus betrieblichen und sicherheitstechnischen Gründen. Also besetzte man sie nur mit alleinstehenden Männern (die Frauen der verheirateten Kollegen hätten ohnehin sofort abgewinkt), am liebsten mit Kollegen, die Dreck am Stecken hatten.

Wie Hirsch.

Die Wache befand sich im Vorderzimmer eines kleinen Backsteinhauses direkt am Highway; Fliegen brummten, vergilbte Bekanntmachungen bewegten sich im trägen Wind. Hirsch wohnte dahinter: Bad, Wohnzimmer mit Kochnische, Schlafzimmer. Er kam zudem in den Genuss einer ausgedörrten Vorgartensteppe und einer schmalen Zufahrt für seinen eigenen klapprigen Nissan und den Dienstwagen der South Australia Police, einen Toyota HiLux mit Allradantrieb und Heckaufbau. Hinter dem Haus gab es einen Lagerraum, dessen vergittertes Fenster und verstärkte Tür aus den guten alten Tagen vor den Untersuchungen über ungeklärte Todesfälle in Haft stammten, als der Raum noch als Zelle gedient hatte. Für diese Luxusausstattung zog ihm sein Arbeitgeber eine horrende Miete vom Gehalt ab.

Nachdem Hirsch aufgelegt hatte, schaute er auf der Wandkarte nach der Bitter Wash Road, schloss ab, heftete seine Handynummer an die Vordertür und fuhr los. Kurz nach der Polizeistation, gegenüber der Grundschule mit dem verwaisten Spielplatz (es waren Ferien), kam er an dem Gemischtwarenladen vorbei. Dann kamen ein paar alte Steinhäuser, das Mechanics Institute mit der uralten Kanone und dem Gedenkstein für die Gefallenen der beiden Weltkriege, noch mehr Häuser, zwei Kirchen, ein Landwirtschaftsfachmarkt, ein Hinweisschild auf den Getreidehändler in einer Nebenstraße … das war schon ganz Tiverton. Keine Bank, keine Apotheke, kein Arzt, Anwalt, Zahnarzt oder Steuerberater und keine Highschool.

Hirsch fuhr südwärts durch ein flaches Tal, links von ihm sanfte, teils bestellte Hügel, rechts eine imposantere Landschaft. Vereinzelt warfen knorrige Bäume ihre Schatten auf die zerklüftete Felslandschaft und durchbrachen das Blau der Berge, die heute in der Ferne erstrahlten, erste Vorboten auf die Flinders Ranges, drei Stunden weiter. Ganz nach einheimischer Sitte hob Hirsch einen Finger vom Lenkrad, um die entgegenkommenden Autos zu grüßen. Beide. Sonst rührte sich nichts, dabei fuhr er durch eine Landschaft, die geradezu danach lechzte, dass sich etwas bewegte. Vögel, die wie aus Blech gestanzt wirkten, beobachteten ihn von den Stromleitungen aus. Farmhäuser kauerten stumm hinter Zypressen, Landmaschinen warteten reglos auf Koppeln, bis er vorbeigefahren war.

Fünf Kilometer südlich von Tiverton bog Hirsch links in die Bitter Wash Road ein und fuhr nach Osten in die Hügel; endlich bewegte sich etwas. Steine schlugen gegen den Unterboden. Ausgemergelte Schafe flohen, an einem Zaun knurrte ein Hund, Krähen ließen aufgeschreckt von einer platt gefahrenen Eidechse ab. Die gewundene Straße führte ihn immer tiefer in das karge Hügelland, das bereits im Regenschatten lag. Hirsch fuhr an einer eingefallenen Steinmauer aus den 1880ern und einem Windrad vorbei. Entlang der Bachsenken hatte jemand zum Schutz vor Erosion Bäume gepflanzt. Hirsch schaute auf den Kilometerzähler, um zu sehen, wie weit er seit der Abbiegung schon gekommen war, und fragte sich, wie weit es noch bis zu dieser Blechhütte war.

Er bremste, um eine Senke in der Straße zu durchqueren, über die das Wasser vom Gewitter in der vorigen Nacht strömte, gab hügelauf Gas, überquerte die Kuppe und nahm eine unübersichtliche Kurve. Er trat mit aller Kraft auf die Bremse. Kam in einem Schotterhagel schliddernd zum Stehen.

Der Ast eines Eukalyptusbaums von der Länge eines Strommastes lag quer über der Bitter Wash Road. Hirsch schaltete mit rasendem Herzen den Motor aus. Das war knapp gewesen. Hinter dem Ast fiel die Straße wieder bis zu der Stelle ab, wo ein Bach mit seiner schwachen, schlammigen Flut eine flache Senke in die Schotterpiste gegraben hatte, dann stieg sie wieder bis zu einer unübersichtlichen Kehre hoch. Und dort stand auf einer kleinen Lichtung jenseits des Zauns, am Rand einer Bachkehre die Hütte, von der Sergeant Kropp gesprochen hatte: Wellblechwände und -dach, ziemlich verrostet, ein windschiefer Kamin. Auf einer darüberliegenden Hochfläche entdeckte Hirsch Bäume und ein Eckchen grünen Farmhausdachs.

Hirsch stieg aus. Er wollte gerade den Ast von der Straße ziehen, als eine Kugel knapp an seinem Kopf vorbeizischte.

Sein erster Reflex ließ ihn ducken, sein zweiter, auf die abgewandte Seite des HiLux zu krabbeln und seine Dienstwaffe zu zücken, eine Smith & Wesson, Kaliber .40, Halbautomatik. Erst dachte er, Kropps anonyme Anruferin habe recht gehabt. Doch als Hirsch neben dem verdreckten Hinterrad kauerte, kamen ihm Zweifel: Vor zwei Tagen hatte ihm irgendein Arschloch eine Patrone in den Briefkasten geworfen. Erst jetzt ging ihm auf, dass es sich wohl weder um einen Scherz noch um eine Drohung gehandelt hatte, sondern um eine Ankündigung.

Hirsch wägte seine Möglichkeiten ab: Verstärkung holen; sich dem Schützen stellen; so schnell wie möglich verschwinden.

Möglichkeiten? Dort, wo sich die Straße zwischen einem Rapsfeld und einem Steinhügel senkte, hockte er in der Falle. Ließ er sich blicken – versuchte er also, sich hinters Lenkrad zu setzen, den Hügel hinaufzueilen oder über den Zaun zu steigen, um durch den Raps zu entkommen –, würden sie auf ihn schießen. Verstärkung saß in Redruth, vierzig Kilometer entfernt.

Moment mal. Nichts Verstärkung. Die Schützen, das waren genau die Beamten, die er als Verstärkung hatte holen wollen. Und die waren keine vierzig Kilometer entfernt, sondern vierzig Meter, oben auf dem Hügel, so positioniert, dass sie ihn ins Kreuzfeuer nehmen konnten, Funkgeräte natürlich ausgeschaltet. Redruth war mit drei Mann besetzt, Kropp und zwei Constables; als Hirsch vor drei Wochen dort aufgetaucht war, um sich vorzustellen, hatten sie ihn als Hund beschimpft, als Verräter. Ein stummer Knall, als sie sich einen Finger an die Schläfe hielten, ein Grinsen, während sie sich den Finger über die Kehle zogen.

Sie hatten Hirsch die Patrone in den Briefkasten geworfen, als er nicht hingeschaut hatte.

Hirsch dachte noch etwas länger darüber nach. Selbst wenn er es schaffte, wieder in den HiLux zu steigen, lag der Ast immer noch auf der Straße, und wenden konnte er nirgendwo. Sie würden ihn durch die Scheibe erschießen. Einen direkten Angriff den Hügel aufwärts konnte er streichen, blieb nur noch die wilde Flucht ins Rapsfeld, ein strahlend gelber Streifen, der sich bis zu den dunstigen Hügeln auf der anderen Seite des Tals erstreckte – doch um dorthin zu gelangen, musste er die Böschung hinaufsteigen und sich durch einen Drahtzaun zwängen. Und wie viel Deckung würde der Raps ihm bieten?

Hirsch wurde von einer unruhigen Dissonanz ergriffen. Es hätte Angst sein können, doch er wusste, wie Angst sich anfühlte. Kam das von dem Windpark? Hirsch war nicht weit von einer der Turbinen entfernt. Der Mast stand auf dem Hügel, auf dem sich der Schütze versteckte, der erste in einer ganzen zackigen Reihe, die sich diesseits des Tals erstreckte; die Rotorblätter schnitten mit einem steten, rhythmischen Rauschen durch die Luft, das einem tief in die Eingeweide drang. Es schien Hirsch mehr als passend, dass er hier, wo die Welt so lieblos war, sein Leben aushauchen sollte, am Fuße eines ungepflegten, mit Grasbüscheln bestandenen Hangs voller Kaninchenlöcher und flechtenbewachsener...

Erscheint lt. Verlag 15.2.2016
Übersetzer Peter Torberg
Verlagsort Zürich
Sprache deutsch
Original-Titel Bitter Wash Road
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror Krimi / Thriller
Schlagworte Amtsmissbrauch • Australien • Constable Hirschhausen • Kleinstadt • Kriminalroman • Polizeiroman • Rassismus • Spannung
ISBN-10 3-293-30918-6 / 3293309186
ISBN-13 978-3-293-30918-0 / 9783293309180
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