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Odins Söhne (eBook)

Roman
eBook Download: EPUB
2015 | 1. Auflage
528 Seiten
Verlagsgruppe Droemer Knaur
978-3-426-42652-4 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Odins Söhne -  Harald Gilbers
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Kommissar Oppenheimer ist untergetaucht und muss sich mit Schwarzmarktgeschäften über Wasser halten. Als dabei ein brutaler Mord geschieht, wird seine Unterstützerin Hilde verhaftet, denn der Tote ist ihr Ehemann, SS-Hauptsturmführer Erich Hauser. Zwar sind die beiden seit Jahren getrennt, doch Hilde als Regimegegnerin hätte ein Motiv: Der skrupellose Mediziner Hauser war KZ-Lagerarzt im Osten und hat dort Versuche an Menschen durchgeführt. Oppenheimer muss alles riskieren, um Hilde aus den Fängen der NS-Justiz zu retten. Schon bald findet er Hinweise darauf, dass ein mysteriöser Kult in den Mordfall verstrickt ist ...

?Harald Gilbers, geboren 1969, stammt aus Moers am Niederrhein und lebt derzeit in Ostrhauderfehn. Er studierte Anglistik und Geschichte in Augsburg und München. Anschließend arbeitete er zunächst als Feuilleton-Redakteur beim Fernsehen, bevor er als freier Theaterregisseur tätig wurde. Sein Romandebüt »Germania«, der erste Fall für Kommissar Oppenheimer, erhielt 2014 den Friedrich-Glauser-Preis und wurde bislang in acht Sprachen übersetzt. In Japan schaffte es der Roman gleich auf zwei Jahres-Bestenlisten mit ausländischen Krimis. Die Fortsetzung, »Odins Söhne«, wurde 2016 in Frankreich mit dem Prix Historia als bester historischer Kriminalroman ausgezeichnet.

​Harald Gilbers, geboren 1969, stammt aus Moers am Niederrhein und lebt derzeit in Ostrhauderfehn. Er studierte Anglistik und Geschichte in Augsburg und München. Anschließend arbeitete er zunächst als Feuilleton-Redakteur beim Fernsehen, bevor er als freier Theaterregisseur tätig wurde. Sein Romandebüt »Germania«, der erste Fall für Kommissar Oppenheimer, erhielt 2014 den Friedrich-Glauser-Preis und wurde bislang in acht Sprachen übersetzt. In Japan schaffte es der Roman gleich auf zwei Jahres-Bestenlisten mit ausländischen Krimis. Die Fortsetzung, »Odins Söhne«, wurde 2016 in Frankreich mit dem Prix Historia als bester historischer Kriminalroman ausgezeichnet.

2


Berlin, Samstag, 20. Januar 1945 – Sonntag, 21. Januar 1945

Herr Meier, nehme ich an?«

Oppenheimer erstarrte. Sein Herz pochte bis in den Hals. Jemand stand dicht hinter ihm. Jemand hatte ihn angesprochen.

Meier? Da war doch was. Ja, das war jetzt sein Name. Er hieß nicht mehr Richard Oppenheimer, sondern Herrmann Meier. Obwohl er den neuen Namen schon seit fast einem halben Jahr führte, hatte er sich noch immer nicht an ihn gewöhnt.

Er hielt die Henkel der beiden Eimer so fest umschlossen, dass die Fingerknöchel weiß hervortraten. Hatte er sich verdächtig gemacht? Hatte er sich verraten? Er wusste, dass er aufgeschmissen war, wenn es sich um einen Beamten vom SD oder von der Gestapo handelte. Auf dem mit Glatteis überzogenen Gehweg konnte er nicht einmal fortlaufen.

Viel zu spät wandte sich Oppenheimer um, doch als er die gedrungene Gestalt des Fragestellers erkannte, atmete er auf.

»Herr Nowak? Was führt Sie denn hierher?«

»Entschuldigung, aber Sie müssen mir helfen«, sagte Nowak. Er zitterte am ganzen Leib, doch sein unruhiger Blick verriet, dass es nicht an der kühlen Temperatur lag. Irgendetwas hatte ihn aufgewühlt. Es musste schon sehr ernst sein, denn sonst hätte er nicht das Risiko auf sich genommen, ausgerechnet ihn zu kontaktieren, einen Juden, der unter falschem Namen untergetaucht war.

Oppenheimer führte Nowak in die Einfahrt eines zerstörten Gebäudes. In seiner zweiten Existenz hatte Oppenheimer gelernt, extrem vorsichtig zu sein. Er wusste, was geschehen würde, wenn ihn jemand entlarvte. Sie würden ihn ins KZ schicken, in den sicheren Tod. Immer wieder tauchten Gerüchte über Vernichtungslager im Osten auf. Und die Äußerungen von Soldaten auf Fronturlaub bestätigten die schauerlichen Vermutungen. Erst vor ein paar Wochen hatten zwei aus Auschwitz entkommene Tschechen im Schweizer Rundfunk von riesigen Waschräumen berichtet, in denen die Häftlinge systematisch vergast wurden. Für Oppenheimer gab es keinen Zweifel, dass diese Schilderungen der Wahrheit entsprachen.

Sowie sie um die Hausmauer gebogen waren und Nowak sich unbeobachtet fühlte, platzte es aus ihm heraus: »Bei mir daheim ist ein Toter. Ich weiß nicht, was ich tun soll. Sie müssen mir helfen. Zur Polizei kann ich ja nicht.«

Oppenheimer fragte sich, welche Komplikationen es da geben mochte. Selbst für Zivilisten war der Tod mittlerweile zur Routinesache geworden. Doch schließlich verstand er. »Sie meinen, die Leiche ist bei Ihnen … da oben in der Kammer?«

Nowak nickte beklommen. Der Tote befand sich also in dem für Untergetauchte reservierten Geheimversteck. Das war tatsächlich ein Notfall, bei dem man die Polizei nicht gut hinzuziehen konnte.

»Aber woher haben Sie meine Adresse?«, fragte Oppenheimer.

»Frau von Strachwitz hat sie mir gegeben.«

Das hieß, dass Hilde sicher bereits vor Ort war. Das war gut. Als Ärztin würde sie wissen, was zu tun war.

»Natürlich«, murmelte Oppenheimer, »natürlich helfe ich Ihnen. Leider kann ich Sie nicht zu mir hereinbitten. Es würde auffallen. Die Nachbarn, wissen Sie.«

Nowak nickte betreten. Oppenheimer wies auf seine beiden Eimer, die randvoll mit dem sogenannten Oberflöz waren, einem Heizmaterial, das im Gegensatz zu Kohle ohne Marken erhältlich war. Oppenheimer hatte heute früh das Glück gehabt, zufällig beim Kohlenhändler vorbeizuschlendern, als eine neue Ladung geliefert wurde. Die letzten zwei Tage über hatte zwar Tauwetter geherrscht, doch tagsüber waren die Temperaturen wieder rapide gefallen. Zweifellos kam eine neue Kältewelle auf Berlin zu, und Oppenheimer wollte Vorsorge treffen.

»Machen wir es so«, schlug Oppenheimer vor, »ich bringe meine Eimer hoch, dann bin ich wieder da. Am besten, wir treffen uns am Zeitungsstand an der S-Bahn. Wir werden schon einen Modus finden.«

Damit ließ Oppenheimer Nowak zurück. Ohne große Anstrengung drückte er mit seiner Schulter die Haustür auf. In dem Mietshaus, das zwischen der Ringbahnstraße und den Gleisen der S-Bahn lag, waren die Grundfesten durch die Bombardierungen mittlerweile so verschoben, dass man die Tür nicht mehr verschließen konnte. Doch als Schutz vor der Kälte und dem Staub der Straße besaß sie noch einen gewissen Nutzen. Auch sonst war das Gebäude sehr marode. Selbst die massiven Steinbalkone auf der Straßenseite begannen schon zu bröckeln.

Kaum hatte Oppenheimer seinen Fuß auf die knarzende Treppe gesetzt, um zu seiner Bude hinaufzusteigen, als im ersten Stock auch schon Beate Dargus aus ihrer Wohnung herausschaute.

»Ah, Herr Meier!«, flötete sie. »Müssen Sie dieses Wochenende nicht zur Arbeit?«

Oppenheimer bemühte sich, freundlich zu bleiben, obwohl er unter der Last der Brennvorräte schwer atmete. »Dieses Wochenende nicht. Ich bin erst am nächsten wieder eingeteilt.«

Frau Dargus trat auf den Treppenabsatz. Oppenheimer schätzte, dass sie etwas jünger als er selbst war. Vielleicht Anfang vierzig. Normalerweise hätte sie im Arbeitseinsatz stehen müssen, denn vor einigen Monaten hatte Propagandaminister Goebbels in seiner Funktion als Reichsbevollmächtigter für den totalen Kriegseinsatz eine Urlaubssperre verhängt, von der nur Frauen über fünfzig Jahren und Männer über fünfundsechzig Jahren ausgenommen waren. Zuvor hatte die Regierung die Wirtschaft vollständig umgekrempelt. Die meisten Unternehmen stellten jetzt nicht mehr ihre angestammten Waren her, sondern fertigten – von Gummistiefeln bis hin zu schwerer Kriegsmaschinerie – alles an, was an der Front benötigt wurde. Doch weil die Rohmaterialien immer knapper wurden, hatte die Belegschaft in den Betrieben auch immer weniger zu tun. Zwar war es ihre Pflicht, sich zu Schichtbeginn an ihrer Arbeitsstelle zu melden, doch dort warteten sie zumeist untätig an stillstehenden Bändern auf den Feierabend.

Nur Frau Dargus konnte bis auf weiteres zu Hause bleiben, weil auf das Gebäude der Firma, für die sie gearbeitet hatte, vor einigen Wochen Bomben gefallen waren und man sie noch nicht neu eingeteilt hatte. Seitdem verdiente sie sich nebenbei ein paar Mark mit Näharbeiten.

Als Oppenheimer vor ihr stand, kam er nicht umhin, ihre lockere Bekleidung zu bemerken. Wie üblich trug sie nur ihren hellbraunen Morgenmantel aus einem seidenartig schimmernden Material. Möglicherweise kleidete sich Frau Dargus so leger, weil sie meistens in ihrer Wohnung an der Nähmaschine saß, aber Oppenheimer ahnte aufgrund ihrer wiederholten Annäherungsversuche, dass sie ihr Dekolleté nur deshalb entblößte, um seine Aufmerksamkeit zu erregen.

Und tatsächlich waren alle Voraussetzungen für eine schnelle Affäre gegeben. Oppenheimer hatte ein Zimmer gemietet, das bereits mit Mobiliar ausstaffiert war, und Möblierte Herren wie er galten in der Regel als alleinstehend. Zu seiner neuen Identität als Herr Meier gehörte leider auch, dass niemand im Haus von seiner Ehefrau wissen durfte. Seit er vor einigen Monaten offiziell für tot erklärt worden war, lebten sie gezwungenermaßen getrennt voneinander. Weil Lisa eine sogenannte Arierin war, hatte die Ehe mit ihr Oppenheimer lange Zeit vor dem Abtransport ins KZ geschützt. Trotz unzähliger Schikanen war Lisa nie der Gedanke gekommen, sich scheiden zu lassen. Selbst die letzten Jahre, als sie mit anderen Leidensgenossen in einem Judenhaus untergebracht waren, hatte sie stoisch ertragen. Oppenheimer hoffte, dass er irgendwann die Möglichkeit bekommen würde, all die Nachteile, die Lisa wegen ihm in Kauf nehmen musste, wiedergutzumachen.

Doch vermutlich hätte die Tatsache, dass er insgeheim ein verheirateter Mann war, für Frau Dargus keinen großen Unterschied gemacht, denn in Berlin waren die Sitten unter dem Eindruck der täglichen Bombardements deutlich lockerer geworden. In den letzten Monaten hatte man unzählige Ehefrauen mit ihren Kindern auf dem verhältnismäßig sicheren Land untergebracht. Gleichzeitig waren die meisten Ehemänner, wie auch der Gatte von Frau Dargus, als Soldaten an der Front eingesetzt. Viele der alleingelassenen Ehepartner spürten angesichts des täglichen Sterbens einen großen Lebenshunger und waren allzu gern dazu bereit, die ständige Unsicherheit und Gefahr in den Armen eines Partners auf Zeit zu vergessen.

»Machen Ihnen diese ewigen Nachtschichten denn nichts aus?«, wollte Frau Dargus wissen.

Weil Oppenheimer es eilig hatte, antwortete er kurz angebunden: »Man kann es sich leider nicht aussuchen. Aber entschuldigen Sie.«

Er versuchte, sich mit den beiden Eimern um Frau Dargus herumzuschlängeln, ohne dabei auf ihren wogenden Busen zu schauen.

Es gelang ihm nicht.

»Ja, ähm, vielen Dank, Frau Dargus.«

»Aber Sie können mich doch Beate nennen.«

Oppenheimer nickte nochmals und brummelte etwas vor sich hin. Doch als er die letzten Stufen zu seiner Wohnung emporstieg, beschäftigte ihn bereits wieder der Gedanke an den Toten.

Eines war ihm bewusst: Obwohl er heute zur Abwechslung keine Nachtschicht hatte, würde er vermutlich erst sehr spät ins Bett kommen.

Und das lag nicht an Frau Dargus.

 

»Eine schöne Scheiße hat er uns da eingebrockt!«

Hilde blickte auf den in Decken gewickelten Leichnam hinab. Oppenheimer stand ebenfalls vor der Matratze und versuchte erfolglos, Nowak gegenüber Zuversicht auszustrahlen. Es ließ sich nur schwer überspielen, dass beim Anblick des engen Zimmers wieder die alte Beklemmung von ihm Besitz ergriffen hatte. Oppenheimer kannte diese Kammer nur allzu gut. Er konnte kaum glauben, dass er es fast neun Wochen hier drinnen ausgehalten hatte.

Der fensterlose Raum maß zwei mal drei Meter und war ursprünglich als...

Erscheint lt. Verlag 27.8.2015
Reihe/Serie Ein Fall für Kommissar Oppenheimer
Ein Fall für Kommissar Oppenheimer
Verlagsort München
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror Krimi / Thriller
Schlagworte 1945 • 2. Weltkrieg • Berlin • Drittes Reich Romane/Erzählungen • Endkampf • Erich Hauser • Friedrich Oppenheimer • geschmuggelte Medikamente • Gestapo • Harald Gilbers Oppenheimer • Historische Kriminalromane • Historische Krimis • historische Krimis 20. Jahrhundert • historische romane 20. jahrhundert • historische Romane 2. Weltkrieg • Kommissar Oppenheimer • Konzentrationslager • Kriegsende • Kriegszeit Deutschland • Kriegszeit Krimis/Thriller • krimi berlin • Krimi deutsche Autoren • Krimi Deutschland • Krimi historisch • Kriminalromane Serien • krimi reihen • Krimis für Männer • KZ • KZ-Arzt • Menschenversuche • Mord • Mordfälle • München • Nationalsozialismus • Nationalsozialismus Roman • Nazis • NSDAP • NS-Kult • Pankow • Paula Oppenheimer • Paule Oppenheimer • Polizei Krimis/Thriller • Potsdam • Revolution • Romane Kriegszeit • Schöneberg • Schuld • Schwarzmarkt • Spannung • SS • Tempelhof • Thorwald • Trygve Larsen • Zweiter Weltkrieg
ISBN-10 3-426-42652-8 / 3426426528
ISBN-13 978-3-426-42652-4 / 9783426426524
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