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Der Schlafmacher (eBook)

Spiegel-Bestseller
Psychothriller
eBook Download: EPUB
2016
416 Seiten
Goldmann (Verlag)
978-3-641-16658-8 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Der Schlafmacher - Michael Robotham
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'Michael Robothams Thrillerreihe um den an Parkinson erkrankten Psychotherapeuten Joe O'Loughlin ist ultraspannend.' Sebastian Fitzek
Ein abgelegenes Bauernhaus in Somerset wird zum Schauplatz eines brutalen Mordes: Zwei Frauen, Mutter und Tochter, werden eines Nachts von einem skrupellosen Mörder hingerichtet. Doch trotz gründlicher Untersuchungen steht die Polizei vor einem Rätsel. Chief Superintendent Ronnie Cray bittet daher den erfahrenen Psychologen Joe O'Loughlin um Hilfe, der gleich mit mehreren verdächtigen Personen konfrontiert ist. Motive hätten sie alle, der betrogene Exmann genauso wie die zahlreichen Liebhaber. Spätestens aber, als eine weitere Leiche gefunden wird, auf deren Stirn der Buchstabe 'A' eingeritzt ist, weiß O'Loughlin, dass er es mit einem verstörten und gefährlichen Täter zu tun hat. Jemand, der sich rächen will, für etwas, das ihm einst angetan wurde. Jemand, der vor niemandem haltmacht, auch nicht vor O'Loughlins Familie ...

Der zehnte Band der Erfolgsserie um den Psychologen Joe O'Loughlin.

Michael Robotham wurde 1960 in New South Wales, Australien, geboren. Er war lange als Journalist tätig, bevor er sich ganz der Schriftstellerei widmete. Mit seinen Romanen stürmt er regelmäßig die Bestsellerlisten und wurde bereits mit mehreren Preisen geehrt, unter anderem mit dem renommierten Gold Dagger. Michael Robotham lebt mit seiner Familie in Sydney.

1

»Sie dürfen nicht auf dem Rasen liegen.«

»Verzeihung?«

»Sie sind auf dem Rasen.«

Eine Gestalt steht über mir und verdeckt die Sonne. Ich kann nur ihre Umrisse erkennen, bis sie den Kopf bewegt, und dann bin ich geblendet.

»Ich habe kein Schild gesehen«, sage ich und schirme meine Augen ab. Meine Hand schimmert an den Rändern rosafarben.

»Das hat irgendjemand geklaut«, sagt der College-Pförtner, der eine Melone, einen Blazer und die obligatorische Krawatte seines Colleges trägt. Er ist Mitte sechzig mit grauem Haar, das ordentlich gestutzt ist bis auf seine Augenbrauen, die aussehen wie Raupenzwillinge, die sich über seine Stirn jagen.

»Ich hätte nicht gedacht, dass Oxford unter Kleinkriminalität leidet«, sage ich.

»Jugendlicher Übermut würde ich eher sagen«, meint der Pförtner. »Ein paar von den Studenten sind verflucht clever, wenn Sie meine Wortwahl entschuldigen, Sir.«

Er bietet mir eine Hand an und hilft mir auf. Wie bei einem Zaubertrick zieht er eine Fusselrolle aus der Tasche, streicht über Schultern und Rücken meines Hemdes und entfernt die Grashalme. Er hält mir mein Sakko hin. Ich komme mir vor wie Bertie Wooster, der von seinem Butler Jeeves angekleidet wird.

»Waren Sie Student hier in Oxford?«

»Nein, ich habe in London studiert.«

Der Pförtner nickt. »Ich in Durham. Mehr ein Gefängnis mit Freigang als eine höhere Lehranstalt.«

Die Vorstellung, dass dieser Mann jemals studiert hat, fällt mir schwer. Nein, das stimmt nicht. Ich kann ihn als herrschsüchtigen Aufsichtsschüler an einem unbedeutenden Internat in Hertfordshire in den 1960ern vor mir sehen, wo er einen bedauerlichen Spitznamen wie Fishy Rowe oder Crappy Cox hatte.

»Warum darf man nicht auf dem Rasen liegen?«, frage ich. »Es ist ein herrlicher Tag – die Sonne scheint, die Vögel singen.«

»Tradition«, sagt er, als ob das alles erklären würde. »Das Betreten, das Liegen und das Tanzen auf dem Rasen ist verboten.«

»Sonst bröckelt das Empire.«

»Dafür ist es ein bisschen spät«, räumt er ein. »Sind Sie sicher, dass wir uns noch nie begegnet sind, Sir? Ich kann mir Gesichter ziemlich gut merken.«

»Absolut.«

Er schnippt triumphierend mit den Fingern. »Sie sind der Psychologe. Ich habe Sie in den Nachrichten gesehen.« Er schwenkt einen Finger. »Professor Joseph O’Loughlin, stimmt’s? Sie haben geholfen, dieses vermisste Mädchen zu finden. Wie hieß sie noch? Sagen Sie es mir nicht. Es liegt mir auf … der Zun… Piper, das ist es. Piper Hadley.« Er strahlt mich an, als wollte er zu seinem Geistesblitz beglückwünscht werden. »Was führt Sie hierher? Werden Sie Vorlesungen halten?«

»Nein.«

Ich blicke über den Rasen zu dem Gebäude, wo bunte Fahnen über den Eingängen flattern und Luftballons aus dem Fenster hängen. Der Tag der offenen Tür ist in vollem Gange, Studenten stehen hinter Tischen und kleinen Ständen und verteilen Prospekte an potenzielle Erstsemestler, in denen verschiedene Seminare, Clubs und Aktivitäten beworben werden. Es gibt eine Real Ale Society, eine Rock Music Society und eine C. S. Lewis Society; und die Lesbian, Gay, Bisexual, Transgender and Queer/Questioning Society – ein Happen für jede Neigung.

»Meine Tochter wollte sich die Uni ansehen«, sage ich. »Sie und ihre Mutter sind drinnen.«

»Ausgezeichnet«, sagt der Pförtner. »Was will sie denn studieren?«

»Keine Ahnung.«

Er runzelt die Stirn, und seine Augenbrauen senken und verbeugen sich über seinen Augen.

»Ich glaube, sie hat sich noch nicht entschieden«, füge ich hinzu, bemüht, wie ein informiertes Elternteil zu klingen.

Diesen Moment wählt mein Körper, um zu versteifen, sodass ich in einer klassischen James-Bond-Hocke erwischt werde, ohne die Pistole natürlich, das Gesicht starr, der Körper in der Bewegung eingefroren, als würde ich Stopptanzen spielen.

»Alles in Ordnung?«, fragt der Pförtner, als ich mich zuckend wieder zu bewegen beginne. »Sie sind plötzlich ganz steif und unheimlich geworden.«

»Ich habe Parkinson.«

»Das ist bitter, ich habe Gicht«, sagt er, als ob die beiden Leiden irgendwie vergleichbar wären. »Mein Arzt meint, ich trinke zu viel, und meine Augen sind auch nicht mehr, was sie mal waren. Ich habe Schwierigkeiten, ein Kneipenschild von einem Hausbrand zu unterscheiden.«

Zwei ausgelassene Teenager jagen sich gegenseitig über den Rasen. Der Pförtner ruft ihnen zu, sie sollen aufhören. Er tippt an seine Melone und wünscht mir alles Gute, bevor er mit pendelnden Armen die Verfolgung der jungen Leute aufnimmt, als würde er einen flotten Marsch auf dem Exerzierplatz hinlegen.

Die Mittagstour des Colleges geht zu Ende. Ich halte unter der Menge der Menschen, die aus den Türen strömen und über die Wege laufen, Ausschau nach Charlie und Julianne. Ich hoffe, ich habe sie nicht verpasst.

Das sind sie! Charlie plaudert mit einem Studenten – einem Jungen, der auf irgendetwas hinter ihrer Schulter zeigt und ihre Nummer in sein Handy tippt. Ein anderer Junge beugt sich zu ihm und flüstert ihm etwas ins Ohr. Sie checken meine Tochter ab.

»Sie ist noch nicht mal im ersten Semester«, murmele ich.

Julianne nimmt Prospekte von einem Tisch. Sie trägt eine weiße Leinenhose, eine Seidenbluse, in ihrem Haar steckt eine rote Sonnenbrille. Sie sieht nicht so viel anders aus als bei unserer ersten Begegnung vor dreißig Jahren – ein bisschen kräftiger mit breiteren Hüften, sportlicher, aber zugleich kurviger. Groß. Dunkelhaarig. Getrennt lebende Ehefrauen sollten nicht so gut aussehen. Sie sollten unattraktiv und geschlechtslos sein, mit einem fetten Bauch und Hängebrüsten. Ich bin nicht sexistisch. Exmänner sollten genauso sein – übergewichtig mit schütterem Haar, leicht verwahrlost …

Charlie hat sich für ein weites Kleid und Doc Martens entschieden, eine wenig überraschende Kombination. Mutter und Tochter sind beinahe gleich groß mit den gleichen vollen Lippen, dichten Wimpern und einem in der Stirnmitte spitz zusammenlaufenden Haaransatz. Meine Tochter hat das neugierigere Gesicht und neigt zu Sarkasmus und gelegentlichem Fluchen, womit ich leben kann, solange es nicht in Beisein von Emma, ihrer jüngeren Schwester, passiert.

In elf Wochen wird Charlie ihr Zuhause verlassen, um zu studieren. In letzter Zeit habe ich mich bei dem Wunsch ertappt, dass sie ihre Abi-Prüfung vergeigt hat und wiederholen muss. Ich weiß, das ist ein schrecklicher Wunsch für einen Vater, obwohl ich den Verdacht habe, dass ich nicht der Erste bin, dem es so ergeht.

Charlie entdeckt mich und winkt. Sie trottet los wie ein reinrassiger Hund bei einer Hundeshow. Seine halbwüchsige Tochter mit einem Hund zu vergleichen gehört sich eigentlich nicht, doch Charlie verfügt auch über viele andere lobenswerte Eigenschaften eines Hundes wie Treue, Intelligenz und traurige braune Augen.

Julianne hakt sich bei mir unter. Sie wippt beim Gehen leicht auf den Zehen wie eine Balletttänzerin. Das hat sie schon immer getan.

»Und was hast du gemacht?«

»Mich mit den Einheimischen unterhalten.«

»War das ein College-Pförtner?«

»Ja.«

»Wie schön, dass du dich so rasch anfreundest.«

»So ein Typ bin ich halt.«

»Normalerweise beurteilst du Menschen eher, als dich mit ihnen anzufreunden.«

»Was soll das heißen?«

»Du bist wie ein Mechaniker, der kein Auto angucken kann, ohne sich zu fragen, was es unter der Haube hat.«

Julianne lächelt, und ich staune, wie sie es schafft, Kritik wie ein Kompliment klingen zu lassen. Ich war zweiundzwanzig Jahre mit dieser Frau verheiratet, und wir sind seit sechs Jahren getrennt. Nicht geschieden. Es heißt, die Hoffnung würde ewig sprudeln, doch ich spüre, dass ich in diesem speziellen Fall einen trockenen Brunnen gegraben habe.

»Und was denkst du?«, frage ich Charlie.

»Es ist wie Hogwarts für Erwachsene«, erwidert sie. »Sie tragen sogar Roben zum Abendessen.«

»Was ist mit dem Sprechenden Hut und schwebenden Kerzen?«

Sie verdreht die Augen.

Ich weiß nicht, was überholter ist – Harry Potter oder meine Witze.

»Unten am Fluss spielt eine Band«, sagt Charlie. »Kann ich da hingehen?«

»Willst du nicht etwas zu Mittag essen?«

»Ich hab keinen Hunger.«

»Wir sollten über die Colleges reden.«

»Vielleicht später.«

»Irgendwelche neuen Ideen, was du vielleicht studieren möchtest?«

»Keine einzige.«

Sie neckt mich. Behält ihre Pläne für sich. Ich werde es als Letzter erfahren, falls nicht väterlicher Rat oder Geld gebraucht wird, worauf ich unvermittelt zum Quell aller Weisheit und Herr der Brieftasche werden würde.

»Wo sollen wir uns treffen?«, fragt Julianne.

»Ich ruf dich an«, antwortet Charlie und hält mir ihre offene Hand hin. Ich tue so, als würde ich woanders hingucken. Sie macht eine lockende Geste mit den Fingern. Ich zücke meine Brieftasche, und bevor ich die Scheine zählen kann, hat sie mir einen Zwanziger aus den Fingern gezupft und mich auf die Wange geküsst. »Danke, Daddy.«

Sie wendet sich Julianne zu. »Hast du ihn gefragt?«, flüstert sie.

»Pst.«

»Hast du mich was gefragt?«

»Ist nicht so wichtig.«

Offensichtlich führen sie irgendwas im Schilde. Charlie war schon den ganzen Tag besonders aufmerksam, hat meine Hand gefasst – die linke...

Erscheint lt. Verlag 11.1.2016
Reihe/Serie Joe O'Loughlin und Vincent Ruiz
Joe O'Loughlin und Vincent Ruiz
Übersetzer Kristian Lutze
Verlagsort München
Sprache deutsch
Original-Titel Close your Eyes
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror Krimi / Thriller
Schlagworte eBooks • Joe O'Loughlin • Psychologe • Psychothriller • Somerset • spiegel bestseller • Thriller • Vincent Ruiz
ISBN-10 3-641-16658-6 / 3641166586
ISBN-13 978-3-641-16658-8 / 9783641166588
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