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Tragödie auf einem Landfriedhof (eBook)

Kriminalroman

(Autor)

eBook Download: EPUB
2015
240 Seiten
btb (Verlag)
978-3-641-17126-1 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Tragödie auf einem Landfriedhof - Maria Lang
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Maria Lang, die schwedische Agatha Christie!
Schneeflocken fallen. Kamine prasseln. Im Dörfchen Västlinge wird Weihnachten gefeiert. Einzig die Leiche im örtlichen Lebensmittelladen stört die Idylle ...

Für alle Fans von Miss Marple und Hercule Poirot! Und natürlich Inspector Barnaby ... Schwedische Spannung zu Weihnachten.

Maria Lang (1914-1991, eigentlich Dagmar Maria Lange) gilt als erste Krimikönigin Schwedens. 1949 debütierte sie mit 'Nicht nur der Mörder lügt', danach veröffentlichte sie bis 1990 jedes Jahr ein weiteres Buch, insgesamt 42. 'Nicht nur der Mörder lügt' sowie 'Tragödie auf einem Landfriedhof' gehören zu den sechs Lang-Romanen, die 2013 in Schweden neu verfilmt wurden und gerade international neu entdeckt werden.

ERSTES KAPITEL

Das Pfarrhaus von Västlinge lag im Schatten der von einem kleinen Friedhof umgebenen Kirche. Von Tords Arbeitszimmer in der oberen Etage aus ließ ich meinen Blick über die Reihen von Gräbern, Kreuzen und Grabsteinen schweifen; dahinter, zwischen den schwarzen Zweigen der Bäume, konnte man hier und dort das mächtige graue Kirchengemäuer erahnen. An jenem wolkenverhangenen Dezembertag mutete alles trüb und tot und beklemmend an. Nur ein Motorrad, das mit voll geöffneter Drosselklappe über die Landstraße bretterte, und der Rauch aus dem Schornstein eines weißen Wohnhauses auf der anderen Straßenseite durchbrachen die Stille und Eintönigkeit der kargen Flachlandschaft.

Fröstelnd überlegte ich, wie es sich anfühlen mochte, tagein, tagaus, Jahr um Jahr an diesem Ort zu leben, und wandte mich dann vom Fenster ab, um meinen Onkel zu mustern.

Tord Ekstedt war achtundvierzig Jahre alt, hatte graue Augen, ein verschmitztes Lächeln, und sein dunkles Haar changierte an den Schläfen allmählich ins Weiße. Wäre er nicht so hager und schlaksig und sein scharf geschnittenes, asketisches Gesicht nicht so blass gewesen, hätte man ihn durchaus für gutaussehend halten können. Trotzdem war ich versucht zu behaupten, dass mein Vater mit seinen sechzig Jahren, dem silbergrauen Haar und dem professoralen Auftreten jünger und vitaler wirkte.

In diesem Augenblick befanden sich die beiden Brüder in einem halb ernst, halb scherzhaft gemeinten Streitgespräch, und ich horchte auf, als Tord mit für ihn ungewöhnlichem Nachdruck erklärte:

»Nein. Ich gedenke keineswegs, wieder zu heiraten. Ich bin die letzten zwei Jahre allein gewesen und damit gut klargekommen. Außerdem solltest du doch der Letzte sein, der vom Segen einer zweiten Ehe predigt, lieber Johannes! Irre ich mich oder bist du nicht seit mittlerweile achtzehn Jahren Witwer? Allzu sehr scheinst du unter deinem Junggesellendasein also nicht zu leiden.«

»Das«, entgegnete Professor Johannes M. Ekstedt, »ist doch etwas völlig anderes. Du bist nicht irgendein Privatmann, sondern verantwortlich für zwei Pfarreien und Herr über dieses herrliche Pfarrhaus – außerdem musst du an Lotta denken. So wie ich das sehe, braucht ein elfjähriges Mädchen ohne Mutter in einer solchen Umgebung jemand, der sich ordentlich um sie kümmert.«

Mit einer kaum merklichen Geste bedeutete Vater, dass er mit »einer solchen Umgebung« das imposante Pfarrhaus mitsamt seiner düsteren Umgebung meinte.

Einige Augenblicke saß Tord schweigend da. Als er sich dann äußerte, waren seine Worte mit Bedacht gewählt, dennoch verriet sein Tonfall, wie sehr ihn dieses Thema aufwühlte.

»Lotta fehlt es an nichts, das versichere ich dir. Das Jahr nach Gudruns Tod war nicht leicht für sie, aber jetzt haben wir zum Glück eine patente Haushälterin gefunden. Hjördis Holm kümmert sich ausgezeichnet um sie, und Lotta hat sie sehr ins Herz geschlossen. Dass Lotta ein wenig altklug und verschlossen ist und die meiste Zeit in ihrer Fantasiewelt lebt, dagegen kann man nichts tun. So war sie übrigens schon, als Gudrun noch lebte.«

Vater antwortete nur mit einem vieldeutigen »Hm«. Weil das Gespräch danach immer wieder ins Stocken geriet und ich mir überlegte, dass es womöglich wieder in die Gänge käme, wenn ich die Brüder unter sich ließe, zog ich mich diskret zurück und ging meine kleine Cousine suchen.

Sie war nicht in ihrem Zimmer und auch sonst nirgendwo in der geräumigen oberen Etage. Also stieg ich die mit Teppich belegte Treppe in der Mitte des Hauses hinunter, zögerte einen Moment und öffnete dann die Tür zu einem der größten und behaglichsten Zimmer, die ich je gesehen habe. Der Salon, wie es genannt wurde, erstreckte sich über die gesamte Längsseite des Hauses, hatte hohe, in drei Himmelsrichtungen hinausgehende Fenster und mutete sogar an einem ungemütlichen Wintertag wie diesem hell und heimelig an. Mit ihrem so unkonventionellen wie untrüglichen Geschmack hatte meine Tante das imposante Zimmer mit einer Mischung aus Erbstücken, vor allem antiken Sekretären und Sofas, sowie modernen, zweckdienlichen Sesseln und Chaiselongues ausgestattet. In einer Ecke stand ein großer Weihnachtsbaum; so frisch geschlagen, dass er noch immer einen frischen, belebenden Tannenduft verströmte. In einer anderen Ecke des Salons entdeckte ich die Person, nach der ich gesucht hatte.

Sie hockte auf einem blau gemusterten Flickenteppich, die dünnen Beine unter ihrem ebenso mageren Körper zum Schneidersitz gekreuzt. Das Gesicht, das sie mir zuwandte, schien nur aus Augen und windzerzausten dunkelblonden Haaren zu bestehen. Als sie mich erblickte, hellte sich ihre Miene auf.

»Ich hab Eje geholfen, ein Geschenk für dich einzupacken«, verkündete sie stolz. »Rat mal, was es ist!«

Ich vergegenwärtigte mir den Pragmatismus meines Mannes und tippte dann der Reihe nach auf ein Nachthemd aus Nylon, eine Flasche Badesalz oder einen Toaster. Lotta grinste breit, und die kindliche Freude an ihrem Geheimnis war geradezu ansteckend.

»Es ist so schön, dass du, Eje und Onkel Johannes hergekommen seid, um mit uns Weihnachten zu feiern«, sagte sie vergnügt. »Es ist viel weihnachtlicher, wenn viele Leute beisammen sind, findest du nicht?«

Ich setzte mich auf den nächstbesten Hocker. Auf dem niedrigen Tisch vor uns weideten einige weißwollige Lämmer in lichtem, leuchtend grünem Gras. Die Hirten hatten sie vorübergehend ihrem Schicksal überlassen, um Maria und dem Jesuskind in der Krippe ihre Aufwartung zu machen. Von der rechten Seite näherten sich zwei Weise in bunten, orientalischen Gewändern. Der Dritte im Bunde, der ziemlich ausgebleicht und altersschwach wirkte, baumelte zwischen Lottas Zeigefinger und Daumen. Sie besah ihn sich gründlich und bemerkte dann kritisch und liebevoll zugleich:

»Armer Melchior! Lange wird er es nicht mehr machen. Sein Kopf fällt bald ab. Und ohne Kopf kann man kaum leben, nicht?«

Achtsam stellte sie ihn zurück und blickte mich dann aus ihren grauen Augen an.

»Heiligabend!«, sagte sie nachdenklich. »So ein dummes Wort! Heiliger Vormittag würde viel besser passen. Mir fällt nämlich kein anderer Tag ein, der so sehr Vormittag ist, wenn du verstehst, was ich meine. Immer, wenn man auf die Uhr schaut, ist es zwölf, und es dauert noch eine Ewigkeit bis zum Abend

Dem konnte ich nicht widersprechen. Västlinge schlummerte in so tiefer Stille und weihnachtlichem Frieden, dass man tatsächlich meinen konnte, die Zeit stünde still.

Lotta rückte ein Stückchen näher und verschränkte die Arme vor dem Latz ihres Trägerkleids.

»Erzähl mir was, Puck«, bettelte sie. »Von einem spannenden Buch oder davon, wie du Eje kennengelernt hast … Nein, jetzt weiß ich! Erzähl mir vom Fliegen. Wenn ich groß bin, werde ich nämlich Stewardess. Mama hat gesagt, ich darf das nicht, aber jetzt, wo sie sich keine Sorgen mehr um mich machen muss, da werde ich es doch. Und dann fliege ich bis nach Damaskus und Hollywood und Jerusalem und Samarkand und komme mindestens fünfzehn Jahre nicht nach Västlinge zurück.«

»Und was wird aus deinem Vater? Soll er denn ganz allein hierbleiben?«

Sie verzog ihr Gesicht zu einer putzigen und schwer zu deutenden Grimasse.

»Ach, der kommt schon zurecht. Es gibt auch genug, die sich sooo gerne um ihn kümmern würden.«

Also sog ich mir die packende Schilderung einer an und für sich recht unspektakulären Flugreise aus den Fingern und studierte dabei meine elfjährige Cousine und Zuhörerin. Schon zu Gudruns Lebzeiten war mir Lotta ein bisschen eigen und auf dem großen Pfarrhof schrecklich einsam vorgekommen; seit der Beerdigung waren zwei Jahre verstrichen, und Lottas Frühreife und Einsamkeit schienen sich noch verstärkt zu haben. Wie ein kleiner, großäugiger, wenn auch sehr schmaler Buddha saß sie zu meinen Füßen, weckte meine Neugier und meinen Mutterinstinkt. Gleichzeitig überfiel mich das sonderbare Gefühl, sie sei die Ältere und Erfahrenere von uns beiden.

Ziemlich abrupt beendete ich meine Flugreportage und wechselte das Thema, um das grüblerische Mädchen besser kennenzulernen.

»Wie vertreibst du dir eigentlich die Zeit, wenn du nicht zur Schule musst? Wohnen ein paar deiner Schulfreunde in der Nachbarschaft?«

»Nein«, sagte sie gleichgültig. »Um die Kirche herum gibt es ja nur drei Höfe … außer dem Pfarrhof, meine ich. Aber weder Küster Lundgren noch die Sandells haben Kinder. Und Susann Motander ist uralt, mindestens schon zwanzig. Und sterbenslangweilig ist sie auch … Da spiele ich lieber allein. Oder lese. Papas Bücher sind allerdings zu nichts zu gebrauchen. Die handeln nur von Predigten, Bischöfen, Missionaren und so Zeug.«

Plötzlich kam Leben in ihr schmales Gesicht, und sie platzte heraus: »Dafür darf ich mir jedes Buch aus Barbaras Bücherregal leihen. Sie hat die wunderbarsten Bücher, sag ich dir. Vom Winde verweht und Rebecca und Der Scheich … Hast du Der Scheich gelesen?«

So unangenehm es mir auch war, ich hatte das Buch in der Tat gelesen. Doch im Augenblick war ich mehr an jener Frau interessiert, die ihre Liebesromane so freigebig an eine minderjährige Pfarrerstochter verlieh. Und Lotta ließ sich nicht zweimal bitten, mir von Barbara Sandell zu erzählen.

»Oh, sie ist bezaubernd, wirklich. Und wunderschön. So etwas Schönes hab ich noch nie gesehen. Findet Papa auch, das weiß ich. Wenn sie in der Nähe ist, lässt er sie kaum aus den Augen, und Susann platzt dann fast...

Erscheint lt. Verlag 9.11.2015
Übersetzer Stefan Pluschkat
Verlagsort München
Sprache deutsch
Original-Titel Tragedi på en Lantkyrkogård
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror Krimi / Thriller
Schlagworte Dagmar Maria Lange • eBooks • Krimi • Kriminalromane • Krimis • Nicht nur der Mörder lügt • Schweden • Weihnachten • Weihnachtsbuch
ISBN-10 3-641-17126-1 / 3641171261
ISBN-13 978-3-641-17126-1 / 9783641171261
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