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Der Spion, der aus der Kälte kam (eBook)

Ein Smiley-Roman
eBook Download: EPUB
2013 | 1. Auflage
288 Seiten
Ullstein (Verlag)
978-3-8437-0511-0 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Der Spion, der aus der Kälte kam -  John le Carré
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'Wenn es einen Klassiker der Spionageliteratur gibt, dann John le Carrés Der Spion, der aus der Kälte kam.' Focus Der britische Agent Alec Leamas ist für Ostdeutschland zuständig. Undercover wechselt er die Seiten, um seine Informanten zu schützen. Zu spät erkennt er, dass er Spielball einer Intrige geworden ist. Als die Frau, die er liebt, in Gefahr gerät, kommt es zum dramatischen Showdown an der Berliner Mauer. Der Spion, der aus der Kälte kam begründete John le Carrés Weltruhm. Neuübersetzt von Sabine Roth. Große TV-Doku 'Der Taubentunnel' ab 20. Oktober 2023 auf Apple TV+

John le Carré wurde 1931 in Poole, Dorset geboren. Nach einer kurzen Zeit als Lehrkraft in Eton schloss er sich dem britischen Geheimdienst an. 1963 veröffentlichte er Der Spion, der aus der Kälte kam. Der Roman wurde ein Welterfolg und legte den Grundstein für sein Leben als Schriftsteller. Die Veröffentlichung von Tinker, Tailor, Soldier, Spy markiert den nächsten Höhepunkt seiner Karriere. Seine Figur des Gentleman-Spions George Smiley ist legendär. Nach Ende des Kalten Krieges schrieb John le Carré über große internationale Themen wie Waffenhandel, die Machenschaften der Pharmaindustrie und den Kampf gegen den Terror. Der in Deutschland hochgeschätzte Autor wurde mit der Goethe-Medaille ausgezeichnet. John le Carré verstarb am 12. Dezember 2020. johnlecarre.com

John le Carré, 1931 geboren, studierte in Bern und Oxford. Er war Lehrer in Eton und arbeitete während des Kalten Kriegs kurze Zeit für den britischen Geheimdienst. Seit nunmehr fünfzig Jahren ist das Schreiben sein Beruf. Er lebt in London und Cornwall.

1. Checkpoint

Der Amerikaner gab Leamas noch einen Kaffee und sagte: »Gehen Sie doch heim, schlafen Sie ein bisschen. Wir rufen Sie an, wenn er kommt.«

Leamas antwortete nicht. Er starrte durch das Fenster der Kontrollbaracke auf die leere Straße hinaus.

»Sie können nicht ewig warten, Sir. Vielleicht kommt er irgendwann später. Die Polizei soll einfach der Agency Bescheid sagen, dann sind Sie in zwanzig Minuten wieder hier.«

»Nein«, sagte Leamas, »es wird gleich dunkel.«

»Aber Sie können nicht ewig warten. Er ist jetzt neun Stunden überfällig.«

»Wenn Sie wegwollen, gehen Sie ruhig. Sie haben mir sehr geholfen«, fügte Leamas hinzu. »Ganz prima, ich werd’s Kramer sagen.«

»Aber wie lange wollen Sie warten?«

»Bis er kommt.« Leamas ging zu dem Beobachtungsfenster und stellte sich zwischen die beiden regungslos dastehenden Polizisten. Ihre Feldstecher waren auf den ostzonalen Kontrollpunkt gerichtet.

»Er wartet, bis es dunkel ist«, murmelte Leamas. »Ich weiß es.«

»Heute Morgen dachten Sie noch, er würde mit den Arbeitern rüberkommen.«

Leamas drehte sich heftig zu ihm um.

»Agenten sind keine Flugzeuge, die nach Fahrplan verkehren. Er ist enttarnt, er muss fliehen, er hat Angst. Mundt ist hinter ihm her, er macht Jagd auf ihn. Ihm bleibt nur die eine Chance. Da muss er den Zeitpunkt schon selbst wählen.«

Der Jüngere zögerte; er wollte gehen, fand aber nicht den rechten Moment.

In der Baracke schlug eine Glocke. Sie warteten, mit einem Mal angespannt. Ein Polizist sagte auf Deutsch: »Schwarzer Opel Rekord, bundesdeutsches Kennzeichen.«

»So weit kann er bei dem Licht nicht sehen, er rät«, flüsterte der Amerikaner, und dann: »Wie ist Mundt ihm draufgekommen?«

»Ruhe«, sagte Leamas vom Fenster.

Einer der Polizisten ging hinaus, zu der Stellung aus Sandsäcken einen knappen Meter vor der weißen Grenzlinie, die quer über die Straße gezogen war wie die Grundlinie beim Tennis. Der andere wartete, bis sein Kamerad in der Stellung hinterm Fernrohr kauerte, dann legte er den Feldstecher beiseite, nahm seinen schwarzen Helm vom Haken bei der Tür und rückte ihn sorgfältig auf seinem Kopf zurecht. Irgendwo hoch über dem Kontrollpunkt flackerten die Bogenlampen auf und tauchten die Straße vor ihnen in einen theatralischen Lichtschein.

Der Polizist begann seinen Kommentar. Leamas kannte ihn auswendig.

»Wagen hält bei der ersten Kontrolle. Nur ein Insasse, weiblich. Wird zur Ausweiskontrolle in die Vopo-Baracke geführt.«

Schweigen, während sie warteten.

»Was sagt er?«, fragte der Amerikaner. Leamas antwortete nicht. Er hatte nach einem herumliegenden Feldstecher gegriffen und sah unverwandt in Richtung der ostdeutschen Kon­trollstellen.

»Ausweiskontrolle abgeschlossen. Darf weiter zur zweiten Kontrolle.«

»Mr. Leamas, ist das Ihr Mann?« Der Amerikaner ließ nicht locker. »Ich muss die Agency verständigen.«

»Warten Sie noch.«

»Was macht der Wagen jetzt? Was passiert da?«

»Devisenkontrolle, Zoll«, sagte Leamas barsch.

Leamas wandte den Blick nicht von dem Auto. Zwei Vopos standen bei der Fahrertür, der eine stellte die Fragen, der ­andere hielt sich abwartend im Hintergrund. Ein dritter schlenderte um das Auto herum. Beim Kofferraum hielt er an, ging dann zu der Fahrerin. Er verlangte den Schlüssel. Er ­öffnete den Kofferraum, sah hinein, schlug den Deckel wieder zu, gab den Schlüssel zurück und ging die dreißig Meter vor zu der Stelle, wo auf halber Strecke zwischen den beiden gegnerischen Kontrollpunkten ein einsamer ostdeutscher Wachposten stand, eine gedrungene Silhouette in Stiefel­hosen. Die beiden beratschlagten miteinander, von den Bogenlampen angestrahlt wie von einem Bühnenschein­werfer.

Mit mechanischer Geste wurde das Auto weitergewinkt. Es erreichte die beiden Posten in der Mitte der Straße und hielt erneut an. Sie umrundeten den Wagen, gingen ein paar Schritte zur Seite und berieten sich wieder; schließlich – widerwillig, so schien es – ließen sie ihn die Grenzlinie zum Westsektor passieren.

»Warten Sie denn auf einen Mann, Mr. Leamas?«, erkundigte sich der Amerikaner.

»Ja, auf einen Mann.«

Leamas schlug den Mantelkragen hoch und trat hinaus in den eisigen Oktoberwind. Erst da kamen ihm die Zuschauer wieder zu Bewusstsein. Es war etwas, was man im Innern der Baracke vergaß, dieses Häuflein verwirrter Umstehender. Die Gesichter wechselten, aber der Ausdruck darauf blieb der gleiche. Es war wie der hilflose Menschenauflauf, der sich um einen Verkehrsunfall bildet, wenn keiner weiß, wie es passiert ist und ob man das Opfer bewegen soll oder nicht. Rauch oder Staub trieb durch den Schein der Bogenlampen, ein stetig ziehender Schleier zwischen den Lichträndern.

Leamas trat an das Auto und fragte die Frau: »Wo ist er?«

»Sie wollten ihn holen, er kam gerade noch weg. Er hat das Fahrrad genommen. Von mir können sie nichts gewusst haben.«

»Wo ist er hin?«

»Wir hatten ein Zimmer in der Nähe von Brandenburg, über einer Kneipe. Da hat er ein paar Sachen aufbewahrt, Geld, Papiere. Wahrscheinlich ist er erst dahin gefahren. Danach kommt er rüber.«

»Heute noch?«

»Das hat er gesagt, ja. Die anderen haben sie alle erwischt – Paul, Viereck, Ländser, Salomon. Viel Zeit hat er nicht.«

Leamas musterte sie einen Moment lang schweigend.

»Ländser auch?«

»Gestern Nacht.«

Ein Polizist tauchte neben Leamas auf.

»Hier dürfen Sie nicht stehen bleiben«, sagte er. »Es ist verboten, den Übergang zu blockieren.«

Leamas drehte sich nur halb nach ihm um. »Ach, hauen Sie doch ab.«

Der Deutsche holte Luft, aber die Frau sagte: »Steigen Sie ein. Wir fahren bis zur Ecke vor.«

Er setzte sich neben sie, und sie rollten bis zur nächsten Seitenstraße.

»Ich wusste nicht, dass Sie ein Auto haben«, sagte er.

»Es gehört meinem Mann«, sagte sie gleichgültig. »Karl hat Ihnen gar nicht erzählt, dass ich verheiratet bin, oder?« Leamas schwieg. »Mein Mann und ich arbeiten in einem Optikbetrieb. Deshalb dürfen wir geschäftlich rüber. Karl hat Ihnen nur meinen Mädchennamen gesagt. Er wollte nicht, dass ich … mit hineingezogen werde.«

Leamas holte einen Schlüssel aus seiner Tasche.

»Sie werden ein Dach überm Kopf brauchen«, sagte er. Seine Stimme klang unbeteiligt. »Die Wohnung liegt in der Albrecht-Dürer-Straße, gleich neben dem Museum. Nummer 28 a. Sie werden alles finden, was Sie brauchen. Ich rufe Sie an, wenn er kommt.«

»Ich bleibe lieber hier bei Ihnen.«

»Ich bleibe aber nicht hier. Fahren Sie in die Wohnung. Ich ruf Sie an. Hier zu warten ist jetzt ja zwecklos.«

»Aber er kommt hier rüber.«

Leamas sah sie überrascht an.

»Das hat er Ihnen gesagt?«

»Ja. Er kennt einen von den Vopos hier, den Sohn seines Vermieters. Vielleicht hilft das ja. Deshalb hat er sich für diesen Weg entschieden.«

»Und das erzählt er Ihnen

»Er vertraut mir. Er hat mir alles erzählt.«

»Das darf doch …«

Er gab ihr den Schlüssel und ging zurück in die Kontrollbaracke, ins Warme. Die Polizisten murmelten miteinander, als er hereinkam; der stämmigere kehrte ihm demonstrativ den Rücken zu.

»Tut mir leid«, sagte Leamas. »Tut mir leid, dass ich Sie angeschnauzt habe.« Er öffnete eine abgewetzte Aktentasche und fand nach einigem Wühlen das, was er suchte: eine kleine Flasche mit Whisky. Mit einem Nicken nahm der ­ältere der beiden sie an, goss alle Kaffeebecher bis zur Hälfte damit voll und gab einen Schwapp schwarzen Kaffee dazu.

»Wo ist der Amerikaner hin?«, fragte Leamas.

»Wer?«

»Der Knabe von der CIA. Der mit mir da war.«

»In die Heia«, sagte der Ältere, und sie lachten alle.

Leamas stellte seinen Becher hin und sagte: »Wenn jemand rüberzukommen versucht, auf der Flucht – wie lauten da Ihre Vorschriften für den Schusswaffengebrauch?«

»Wir dürfen nur dann Feuerschutz geben, wenn die Vopos in unseren Sektor schießen.«

»Das heißt, Sie können erst schießen, wenn der Mann schon über die Grenze ist?«

Der Ältere sagte: »Wir dürfen keinen Feuerschutz geben, Herr …«

»Thomas«, sagte Leamas. »Thomas.« Sie schüttelten sich die Hand, und die beiden Polizisten stellten sich ihrerseits vor.

»Wir dürfen keinen Feuerschutz geben, das ist so. Sonst haben wir hier gleich den nächsten Krieg, sagen sie.«

»Schwachsinn«, sagte der jüngere Polizist, den der Whisky kühn machte. »Wenn die Alliierten nicht hier wären, würde es die Mauer schon nicht mehr geben.«

»Aber Berlin auch nicht«, murmelte der Ältere.

»Einer von meinen Männern kommt heute rüber«, sagte Leamas unvermittelt.

»Hier? An diesem Übergang?«

»Es hängt viel daran, ihn rauszukriegen. Mundts Leute sind hinter ihm her.«

»Es gibt immer noch Stellen, wo man rüberklettern kann«, sagte der jüngere Polizist.

»So einer ist er nicht. Er blufft sich durch; er hat Ausweispapiere, vorausgesetzt, sie sind noch gültig. Er hat ein Fahrrad.«

Es gab nur ein Licht in der Baracke, eine Leselampe mit grünem Schirm, aber der Schein der Bogenlampen füllte...

Erscheint lt. Verlag 12.4.2013
Reihe/Serie Ein George-Smiley-Roman
Ein Smiley-Roman
Übersetzer Sabine Roth
Verlagsort Berlin
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror Krimi / Thriller
Schlagworte Agent • Antiheld • Berlin • Berliner Mauer • Britisch • DDR • Deutschland • Doppelagent • Doppelspion • England • Gefangenenaustausch • Geheimdienst • Kalter Krieg • KGB • Klassiker • Krimi • Liebe • Mauer • MI6 • Ostdeutschland • Politik • Putin • Smiley • Spion • Spionage • Spionageroman • Spionagethriller • Taubentunnel • Thriller • Tiergartenmörder • Verrat
ISBN-10 3-8437-0511-9 / 3843705119
ISBN-13 978-3-8437-0511-0 / 9783843705110
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