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Der große Gatsby (eBook)

eBook Download: EPUB
2011 | 2. Auflage
215 Seiten
Insel Verlag
978-3-458-76160-0 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Der große Gatsby -  F. Scott Fitzgerald
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New York in den »Goldenen Zwanzigern«: Man tanzt Charleston und Black Bottom und begeistert sich für Duke Ellington und Louis Armstrong. Der geheimnisumwitterte Jay Gatsby hat alles, was man mit Geld kaufen kann, und führt ein Leben im Überfluß. Die rauschenden Feste auf seinem märchenhaften Anwesen auf Long Island sind berühmt und ein beliebter Treffpunkt der New Yorker High-Society. Dennoch ist Gatsby ein Einzelgänger, der zurückgezogen lebt. Niemand weiß etwas über seine Herkunft oder welchen dubiosen Geschäften er seinen Reichtum verdankt. Die Geschichte von Jay Gatsby, dem einsamen Millionär, der seiner längst verlorenen Liebe nachjagt, ist einer der größten und meistgelesenen Klassiker der amerikanischen Literatur. F. Scott Fitzgerald, der Dichter der »Roaring Twenties«, erzählt von der Glamourwelt der Reichen und von der Oberflächlichkeit und Sinnlosigkeit des mondänen Lebens. In der glanzvollen Neuübersetzung von Reinhard Kaiser ist dieser Roman neu zu entdecken - in seiner Dramatik, seiner Tragik, seiner Eleganz und nicht zuletzt auch in seiner Komik.

<p>F. Scott Fitzgerald wurde 1896 in St. Paul/Minnesota geboren. Mit seinem ersten Roman Diesseits vom Paradies (1920) wurde er schlagartig ber&uuml;hmt und bewegte sich fortan in gehobenen Kreisen. <em>Der gro&szlig;e Gatsby</em> erschien 1925 und ist bis heute sein erfolgreichster Roman. F. Scott Fitzgerald lebte verschwenderisch, verfiel dem Alkohol und litt an Depressionen. 1937 ging er als Drehbuchautor nach Hollywood, wo er 1940 starb.</p>

ERSTES KAPITEL

Als ich noch jünger und leichter zu beeindrucken war, gab mir mein Vater einen Rat, über den ich seither viel nachgedacht habe.

»Wenn du an jemandem etwas auszusetzen hast«, sagte er, »denk immer daran, dass es nicht alle Menschen auf dieser Welt so leicht hatten wie du.«

Mehr sagte er nicht, aber auf eine zurückhaltende Art verstanden wir uns immer ungemein gut, und ich wusste, dass er mir hiermit noch sehr viel mehr sagen wollte. Deshalb neige ich bei Urteilen über andere Menschen zur Zurückhaltung, eine Gewohnheit, die mir das Vertrauen vieler merkwürdiger Naturen erschlossen hat, die mich aber auch zum Opfer etlicher hartnäckiger Langweiler werden ließ. Der nicht alltägliche Verstand erkennt diese Art von Zurückhaltung rasch und greift nach ihr, wenn sie bei einem gewöhnlichen Menschen in Erscheinung tritt, und so kam es, dass ich während meines Studiums zu Unrecht bezichtigt wurde, ein Intrigant zu sein, weil ich in die geheimen Kümmernisse wildfremder, stürmischer Männer eingeweiht war. Die meisten dieser Vertraulichkeiten hatte ich nicht gesucht – oft schützte ich Müdigkeit oder eine dringende Arbeit vor oder gab mich abweisend nonchalant, wenn ich an irgendeinem unmissverständlichen Zeichen erkannte, dass mir eine intime Offenbarung aus der Ferne entgegenbebte – intime Offenbarungen junger Männer oder zumindest die Wörter, in denen sie ihnen Ausdruck verleihen, sind nämlich meist bloß Plagiate und von offensichtlichen Verdrängungen entstellt. Zurückhaltung beim Urteilen zeugt im Übrigen von grenzenloser Hoffnung. Noch heute überkommt mich bisweilen die Furcht, mir könnte etwas entgehen, wenn ich vergesse, dass ein elementarer Sinn für Anstand, wie mein Vater mit einem gewissen Snobismus andeutete und wie ich hier ebenso snobistisch wiederhole, schon bei der Geburt ungleichmäßig verteilt wird.

Nachdem ich hier mit meiner Toleranz geprahlt habe, will ich aber auch einräumen, dass sie ihre Grenzen hat. Haltung und Betragen mögen auf hartem Fels oder in feuchtem Morast gründen – ab einem gewissen Punkt ist es mir egal, worauf sie gründen. Als ich im letzten Herbst von der Ostküste zurückkam, wünschte ich mir nur noch, die Welt sollte in einer Uniform stecken und gleichsam moralisch strammstehen – für immer. Ich hatte genug von wilden Ausflügen mit vertraulichen Blicken in das Herz des Menschen. Nur bei Gatsby, dem Mann, der diesem Buch seinen Namen gibt, machte ich eine Ausnahme – bei Gatsby, der alles verkörperte, was ich aus tiefster Überzeugung verachte. Wenn Persönlichkeit aus einer bruchlosen Abfolge gelingender Gebärden besteht, dann hatte er etwas Hinreißendes an sich, ein gesteigertes Gespür für die Verheißungen des Lebens, als wäre er an einen jener komplizierten Apparate angeschlossen, die aus zehntausend Meilen Entfernung ein Erdbeben registrieren. Diese Empfänglichkeit hatte nichts mit jener leicht zu beeindruckenden Beliebigkeit zu tun, die hochtrabend als »schöpferisches Temperament« gewürdigt wird – sie war vielmehr eine außerordentliche Begabung für die Hoffnung, eine Bereitschaft zur Romantik, wie sie mir bei keinem anderen Menschen je begegnet ist und wie sie mir wahrscheinlich nie wieder begegnen wird. Nein – Gatsby war letzten Endes in Ordnung; es war das, was Gatsby folgte und ihn verfolgte, der faulige Dunst im Kielwasser seiner Träume, was mir eine Zeitlang alles Interesse an den kümmerlichen Sorgen und den kurzatmigen Hochgefühlen der Menschen raubte.

Die Familie, aus der ich stamme, angesehene, wohlhabende Leute, lebt seit drei Generationen in dieser Stadt im Mittleren Westen. Die Carraways haben etwas von einem schottischen Clan, und nach einer Familienlegende sollen wir von den Herzögen von Buccleuch* abstammen, aber der eigentliche Begründer des Zweigs, dem ich angehöre, war der Bruder meines Großvaters, der 1851 hierherkam, im Bürgerkrieg einen Ersatzmann stellte und hier die Eisenwarengroßhandlung aufmachte, die mein Vater heute noch führt.

Ich habe diesen Großonkel nie gesehen, aber ich soll ihm ähneln – jedenfalls nach dem wenig vorteilhaften Gemälde zu urteilen, das in Vaters Büro hängt. Meinen Abschluss habe ich 1915 an der Yale University in New Haven gemacht, genau ein Vierteljahrhundert nach meinem Vater, und bald darauf nahm ich an jener verspäteten germanischen Völkerwanderung teil, die man den Weltkrieg nennt. Mir gefiel das Schlachtgetümmel so gut, dass ich nach der Heimkehr keine Ruhe fand. Der Mittlere Westen kam mir nicht mehr vor wie die wohlige Mitte der Welt, sondern wie der schroffe Abgrund am Rand des Universums – deshalb beschloss ich, in den Osten zu gehen und mich im Wertpapierhandel umzutun. Alle meine Bekannten waren im Wertpapierhandel, daher glaubte ich, auch für mich würde dort noch ein Plätzchen zu finden sein. Sämtliche Tanten und Onkel von mir beteiligten sich an den Beratungen, als ginge es um die Wahl einer Schule zur Vorbereitung auf die Universität, und schließlich sagten sie mit sehr ernsten, zögernden Mienen: »Na, guhut«. Vater erklärte sich bereit, mich ein Jahr lang finanziell zu unterstützen, und so kam ich nach ein paar weiteren Verzögerungen im Frühjahr zweiundzwanzig in den Osten – auf Dauer, wie ich glaubte.

Am praktischsten wäre es gewesen, eine Bleibe in New York zu suchen, aber die warme Jahreszeit war angebrochen, und ich kam aus einer ländlichen Gegend mit weiten Wiesen und freundlichen Bäumen, deshalb fand ich es großartig, als ein junger Mann aus dem Büro mir vorschlug, wir sollten gemeinsam ein Haus in einem Ort außerhalb mieten, von dem aus wir in die Stadt pendeln konnten. Auch das Haus machte er ausfindig, ein verwitterter, unscheinbarer Bungalow für achtzig Dollar im Monat, doch dann versetzte ihn die Firma im letzten Augenblick nach Washington, und ich zog allein aufs Land. Ich hatte einen Hund, jedenfalls für ein paar Tage, bis er weglief, und einen alten Dodge und außerdem eine Finnin, die mir das Bett machte, das Frühstück richtete und über dem Elektrokocher finnische Weisheiten murmelte.

Einige Tage lang war es einsam, bis mich eines Morgens auf der Straße ein Mann ansprach, der noch kürzer da war als ich.

»Wie kommt man eigentlich nach West Egg* Village?«, fragte er ratlos.

Ich erklärte es ihm. Und als ich weiterging, war ich nicht mehr einsam. Ich war nun ein Wegweiser, ein Pfadfinder, ein echter Siedler. Ganz nebenbei hatte mich der Mann zu einem Bürger dieses Ortes gemacht.

Bei all dem Sonnenschein und den Blättermassen, die wie im Zeitraffer aus den Bäumen hervorbrachen, überkam mich die bekannte Überzeugung, dass mit dem Sommer auch das Leben wieder von vorn begänne.

Zum einen gab es so viel zu lesen, und dann ließ sich auch so viel Gesundheit aus der jungen, frischen Luft saugen. Ich kaufte mir ein Dutzend Bücher über das Bank- und Kreditwesen und über Anlagepapiere, und nachher standen sie in Rot und Gold wie frischgeprägtes Geld auf meinem Regal und versprachen, mir die glitzernden Geheimnisse zu offenbaren, mit denen sich nur Midas, Morgan und Maecenas* auskannten. Außerdem hatte ich mir fest vorgenommen, nebenher noch viele andere Bücher zu lesen. An der Universität war ich literarisch ziemlich aktiv gewesen – ein Jahr lang hatte ich eine ganze Reihe von sehr feierlichen und naheliegenden Leitartikeln für die »Yale News« geschrieben –, und nun wollte ich das alles in mein Leben zurückholen und wieder jener beschränkteste unter allen Spezialisten werden, der »vielseitig gebildete« Mann. Schließlich kann man – und das ist nicht bloß ein Bonmot – das Leben tatsächlich viel besser aus einem einzelnen Fenster beobachten.

Es war Zufall, dass ich ein Haus in einem der seltsamsten Gemeinwesen von ganz Nordamerika mietete. Es lag auf jener schlanken, turbulenten Insel, die sich von New York genau nach Osten erstreckt und auf der es neben anderen Merkwürdigkeiten der Natur zwei seltsame Landgebilde gibt. Zwanzig Meilen von der City entfernt ragen zwei riesige Eier mit identischen Umrissen, nur durch eine stets gefällige Bucht voneinander getrennt, in das zahmste Salzgewässer der westlichen Hemisphäre, den großen, nassen Scheunenhof des Long Island Sound. Sie bilden keine vollendeten Ovale, sondern sind, wie das Ei des Kolumbus, an dem Ende, mit dem sie ans Feste stoßen, flachgedrückt –, aber für die Möwen über ihnen müssen sie in ihrer äußeren Ähnlichkeit eine Quelle ständiger Verwirrung sein. Für flügellose Wesen besteht das größere Faszinosum wohl darin, dass sie in jeder anderen Hinsicht außer ihrer Form und Größe einander so unähnlich sind.

Ich wohnte in West Egg, dem – nun, sagen wir, weniger eleganten der beiden Eier, obwohl der bizarre und eigentlich auch unheimliche Kontrast zwischen ihnen hiermit nur sehr oberflächlich bezeichnet ist. Mein Haus lag direkt an der Spitze dieses Eies, keine fünfzig Meter vom Sund entfernt, eingezwängt zwischen zwei riesige Anwesen, die für zwölf- oder fünfzehntausend pro Saison zu...

Erscheint lt. Verlag 30.10.2011
Übersetzer Reinhard Kaiser
Verlagsort Berlin
Sprache deutsch
Original-Titel The Great Gatsby
Themenwelt Literatur Klassiker / Moderne Klassiker
Literatur Romane / Erzählungen
Schlagworte 20er Jahre • 50plus • Best Ager • Erzählungen • Generation Gold • Geschichte • Golden Ager • insel taschenbuch 4191 • IT 4191 • IT4191 • Netflix • New York • New York Geschichte • New York, Geschichte • Rentner • Rentnerdasein • Romane • Ruhestand • Senioren • Vereinigte Staaten von Amerika USA
ISBN-10 3-458-76160-8 / 3458761608
ISBN-13 978-3-458-76160-0 / 9783458761600
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