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Der Portwein-Erbe (eBook)

Kriminalroman

(Autor)

eBook Download: EPUB
2009 | 2. Auflage
384 Seiten
dtv Deutscher Taschenbuch Verlag
978-3-423-40080-0 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Der Portwein-Erbe -  Paul Grote
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Ein gefährliches Erbe Der Tod seines Onkels bring den Berliner Architekten Nicolas Hollmann in Bedrängnis: Weshalb vererbt er gerade ihm sein Weingut am Rio Douro? Soll er seinen Beruf aufgeben und das Erbe annehmen? Wie gefährlich die Reise nach Portugal wird, ahnt er nicht. Kaum auf dem Weingut, hat Nicolas den ersten Unfall. Die Weggefährten des Onkels tauchen ab, unversöhnlich seine Mitarbeiter, und nach dem zweiten Unfall fragt sich der junge Architekt, woran der Onkel wirklich starb ...

Paul Grote ist Deutschlands bekanntester Weinkrimi-Autor. Als Reporter in Südamerika entdeckte er sein Interesse für Wein und Weinbau und machte ihn zu seinem Thema. Seitdem hat er die wichtigsten europäischen Weinbaugebiete bereist und 18 Weinkrimis veröffentlicht.

Paul Grote ist Deutschlands bekanntester Weinkrimi-Autor. Als Reporter in Südamerika entdeckte er sein Interesse für Wein und Weinbau und machte ihn zu seinem Thema. Seitdem hat er die wichtigsten europäischen Weinbaugebiete bereist und 18 Weinkrimis veröffentlicht.

1.

Der Brief


Wenn Nicolas Hollmann an jenem ungewöhnlich heißen Apriltag gewusst hätte, dass es Menschen gab, die eine Treppe ansägen würden, um ihn davon abzuhalten, ein Weingut zu besichtigen – er hätte den Brief des Rechtsanwalts, der mit den beiden anderen zusammen im Kasten war, als er nach Hause kam, nicht geöffnet. Aber er hatte nicht die geringste Ahnung, welche Katastrophen noch auf ihn zukommen sollten.

Hätte er sich überhaupt anders verhalten können, hätte er den neutral wirkenden Brief ignorieren, ihn wegwerfen oder besser noch, vorher zerreißen, in den Abfalleimer werfen sollen mit den vergammelten Salatblättern obendrauf, damit er ja nicht in Versuchung geriet, doch irgendwann nachzusehen, was eigentlich drin gestanden hatte? Das fragte er sich später, als er in schlaflosen Nächten daran zweifelte, ob seine Entscheidung richtig gewesen war. Doch was entschied man schon im Leben? Alles wurde entschieden oder entschied sich, Freiheit war eine Fiktion, pure Einbildung. So einfach war das. Nein, er hätte den Brief öffnen müssen, besonders bei einem Absender wie diesem: Rechtsanwalt Hassellbrinck, Bleibtreustraße.

Theoretisch wäre es möglich gewesen, den Brief zu ignorieren. Aber bei Post von Anwälten oder Behörden stellte sich immer ein ungutes Gefühl ein, es könnte sich um eine Schuld, eine Verfehlung, ein bevorstehendes Gerichtsverfahren handeln, langwierig und mit Ausgaben verbunden. Vielleicht hatte jemand ein Mahnverfahren gegen ihn angestrengt, weil er eine Rechnung übersehen hatte – das schlechte Gewissen lauerte immer darauf, sich hervorzutun, genährt von Staat, Eltern, Chefs und Sylvia. Etwas Gutes konnte der Umschlag nicht enthalten.

Im Hausflur am Briefkasten hatte er den Brief stirnrunzelnd angestarrt, ein schlichter, weißer, länglicher Umschlag. Beim Hinaufgehen in seine Wohnung hatte er sich gefragt, was dieser Anwalt wohl von ihm wollte. Der Weg in den fünften Stock war lang, da ging einem eine Menge durch den Kopf, besonders an einem so heißen Tag wie diesem. Vielleicht die Kündigung der Wohnung? Die vorzeitige Kündigung seines ohnehin befristeten Arbeitsvertrages als technischer Zeichner? Eine Festanstellung war nicht drin gewesen – man hatte es als Gnade hingestellt, dass er für einen berühmten Architekten arbeiten durfte.

Oben angekommen wischte Nicolas sich den Schweiß von der Stirn; als er die Wohnungstür aufschloss, quoll ihm die stickige Wärme seiner Dachwohnung entgegen. So heiß war es in Berlin sonst nur im Hochsommer – aber in diesem Jahr war nichts wie sonst.

Die Tragetasche mit dem neuen Zeichenblock und den weichen Bleistiften ließ er an der Garderobe stehen, hängte die viel zu warme Jacke auf – dann folgte der Blick durch die Wohnung. Was hätte jetzt, am späten Nachmittag, anders sein können als am Morgen, als er gegangen war? Er betrat die Küche, warf die Post auf den Küchentisch. Der Brief vom Anwalt landete mit der Anschrift nach oben, was Nicolas als Aufforderung verstand, ihn sofort zu öffnen. Neugier und Skepsis wechselten sich ab, er schob die Entscheidung noch hinaus. Hoffentlich verdarb ihm die Nachricht nicht den Abend, nachdem der Tag schon nicht besonders gewesen war. Er füllte ein Glas zur Hälfte mit Leitungswasser, gab zwei Löffel Nescafé hinein, der etwas klumpte, und goss die Mischung mit kalter Milch auf. Zwei Stückchen Eis brachten die nötige Frische, und die Milch verlor das Schleimige.

Er sah sich nach seinem Brieföffner um; Couverts mit dem Finger aufzureißen, empfand er als stillos. Leider waren Brieföffner aus Elfenbein, aus Metall oder Holz, im jahrzehntelangen Gebrauch patiniert, längst aus der Mode, ein Finger tat es schließlich auch. Technisch gesehen hätte es die Zinke einer Gabel sein können, der Dorn zum Spicken des Bratens aus der Küchenschublade, aber Nicolas legte Wert auf Rituale, wie zum Beispiel das Öffnen seiner Post mit der Nachbildung eines Schwertes von Karl V., kaum länger als eine Handspanne. Er bewahrte es in der Schublade unter seinem Zeichentisch auf. Er hatte es als Schüler auf einer seiner Tramptouren auf einem Flohmarkt in Südfrankreich erstanden, der reine Plunder, aber er liebte es. Als er nach dem Abitur ein Jahr lang in Südamerika unterwegs gewesen war, hatte es allerdings in Frankfurt in einem Umzugskarton gewartet, war dann zum Studium mit nach Berlin gekommen und hatte nach dem Examen, das er als einer der Jüngsten bestanden hatte, auch den Umzug nach Holland mitgemacht. Jetzt wieder in Berlin wartete es auf Briefe, die hoffentlich wichtiger waren als Benachrichtigungen der Krankenkasse, Telefonrechnungen oder Angebote irgendeiner Bank mit 5 000 Euro Sofortkredit, die Nicolas allerdings gut hätte gebrauchen können.

Er wusste nicht, dass dieser Brief zu den wichtigsten gehörte, ja vielleicht war es sogar der wichtigste, den er jemals erhalten hatte, und doch ahnte er etwas. Dieser Brief war anders, und er schob das Öffnen vor sich her. Der Umschlag, wahrscheinlich mit nicht mehr als einem einzelnen Blatt darin, wog schwer. Nicolas schob das Schwert unter die Lasche, die scharfe Schneide fuhr mit einem  feinen Laut durchs Papier. Es befand sich tatsächlich nur ein Blatt im Umschlag, er zog es heraus, legte es auf den Küchentisch und strich es glatt.

Sehr geehrter Herr Hollmann,

wir möchten Sie bitten, sich möglichst bald mit uns in Verbindung zu setzen. Unser Korrespondenzanwalt in Porto/Portugal, Dr. Dr. Pereira, teilte uns mit, dass Sie im Testament Ihres Onkels, Herrn Friedrich Ernst Hollmann, der am 18. April leider verstorben ist, als Erbe genannt sind. Bitte rufen Sie uns an, damit wir bei einem persönlichen Gespräch das weitere Vorgehen klären.

 

Mit freundlichen Grüßen ...

Es folgte die unleserliche Unterschrift einer Mitarbeiterin der Kanzlei – und für Nicolas der Schock. Er ließ die Hand mit dem Brief auf die Tischplatte sinken und starrte aufs Papier.

Friedrich war tot? Dieser kräftige, lebenslustige und fast 1,90 Meter große Mann sollte nicht mehr leben? Unmöglich, so jemand starb nicht. Er war gar nicht alt, Jahrgang 1947. Unvorstellbar. Nicolas sah ihn vor sich, ganz deutlich, seinem Vater ein wenig ähnlich, aber feiner, ohne das eckige Durchsetzerkinn, aber doch entschieden und dabei auch ziemlich feinsinnig. Nicolas hatte ihn vier oder fünf Mal zu Gesicht bekommen hatte, trotzdem war er immer präsent gewesen. Die Familie hatte über ihn gesprochen, selten mit guten Worten. Er musste sie ziemlich geärgert oder geängstigt haben, und Nicolas huschte ein Lächeln übers Gesicht. Sprachen sie nicht auch von ihm längst in ähnlicher Weise im abfälligsten Ton, nannten ihn aus der Art geschlagen, einen Spinner und Weltverbesserer – als ob die Welt nicht dringend eine Verbesserung nötig hätte ...

Friedrich hatte nie getan, was man von ihm verlangt hatte, hatte sich nie konform verhalten. Er war ein Totalverweigerer. Bei Nicolas selbst zeichnete sich eine ähnliche Entwicklung ab, aber anders als bei Friedrich hatte die Familie bei ihm die Hoffnung noch nicht aufgegeben, dass er sein Erbe antreten würde, zumindest seine Mutter nicht, die sicher an einem dieser schwülheißen Frankfurter Frühlingstage an ihren unausgesprochenen Vorwürfen ersticken würde. Egal was er tat, sie empfand es als gegen sich gerichtet, als Schande oder Provokation. Sie hatte sich nie entscheiden können, für nichts richtig, hatte mit der Ehe gehadert, danach mit der Scheidung von seinem Vater, mit seiner herrischen Art, mit dem Vermögen, mit ihrem ehemaligen Schwager und dem neuen Ehemann.

Vor zehn Jahren hatte sie wieder geheiratet, diesen Fritzen vom Baudezernat – wo der seine Finger überall drin hatte –, und Nicolas hatte sich aus dem Staub gemacht, um Friedrich in Portugal zu besuchen. Knapp zwanzig war er damals gewesen und hatte drei Wochen bei ihm auf seinem Weingut am Rio Douro rumgelungert. Es war eine großartige Zeit gewesen. Bilder tauchten auf, ein Fluss, eingerahmt von hohen Bergen, grün-blaues Wasser, Ansammlungen von Häusern an den Berghängen. Er erinnerte sich an einen leicht moderigen Geruch, wie ein Teich mit Entengrütze ... dabei war es ein Fluss, ein aufgestauter ... das Geräusch von Booten und die große Hitze. Und jeden Tag hatten er und Friedrich Wein getrunken.

Tot? Friedrich tot? So eine Scheiße. Wieso erfahre ich das erst jetzt?, fragte er sich wütend, wieso sagt es mir keiner, auch wenn es der Bruder meines Vaters gewesen ist,...

Erscheint lt. Verlag 1.5.2009
Reihe/Serie Europäische-Weinkrimi-Reihe
Europäische-Weinkrimi-Reihe
Verlagsort München
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror Krimi / Thriller
Schlagworte Buch für den Urlaub • Buchgeschenk Männer • Buchgeschenk Weinliebhaber • Cosy Crime • Deutschsprachige Krimis • Dourotal • eBook • Feinschmecker-Krimi • Gourmet-Krimi • Großdruck • große Schriftsteller • Krimi • Krimi große Schrift • krimi portugal • Kulinarischer Krimi • Martin Walker • Pierre Martin • Portugal • Portugal-Krimi • Portwein • Reiselektüre • Rio Duoro • Urlaubslektüre • Wein • Weinanbau • Weinanbaugebiet • Weinbau • Weinbauer • Weinbaugebiet • weinernte • Weinfreund • Weingut • Weinhandel • Weinkrimi • Wein-Krimi • Weinkrimi Portugal • Weinprobe • Weinverkostung • Winzer
ISBN-10 3-423-40080-3 / 3423400803
ISBN-13 978-3-423-40080-0 / 9783423400800
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