Karwoche (eBook)
416 Seiten
Verlagsgruppe Droemer Knaur
978-3-426-41130-8 (ISBN)
Andreas Föhr, Jahrgang 1958, gelernter Jurist, arbeitete einige Jahre bei der Rundfunkaufsicht und als Anwalt. Seit 1991 verfasst er zusammen mit Thomas Letocha erfolgreich Drehbücher für das Fernsehen, u. a. für SOKO 5113, Ein Fall für zwei und Der Bulle von Tölz. Seine preisgekrönten Kriminalromane um das Ermittlerduo Wallner & Kreuthner stehen regelmäßig monatelang unter den Top 10 der Bestsellerlisten. Zuletzt war 'Herzschuss' Platz 1 der Spiegel-Bestsellerliste. Andreas Föhr lebt zusammen mit seiner Frau und einem Kater in einem alten Bauernhaus in der Nähe von Wasserburg. Wenn er nicht gerade schreibt, geht er am liebsten zum Wandern und Skifahren in die Berge, kocht Lasagne oder genießt das Leben in Italien und dem Burgund.
Andreas Föhr, Jahrgang 1958, gelernter Jurist, arbeitete einige Jahre bei der Rundfunkaufsicht und als Anwalt. Seit 1991 verfasst er zusammen mit Thomas Letocha erfolgreich Drehbücher für das Fernsehen, u. a. für SOKO 5113, Ein Fall für zwei und Der Bulle von Tölz. Seine preisgekrönten Kriminalromane um das Ermittlerduo Wallner & Kreuthner stehen regelmäßig monatelang unter den Top 10 der Bestsellerlisten. Zuletzt war "Herzschuss" Platz 1 der Spiegel-Bestsellerliste. Andreas Föhr lebt zusammen mit seiner Frau und einem Kater in einem alten Bauernhaus in der Nähe von Wasserburg. Wenn er nicht gerade schreibt, geht er am liebsten zum Wandern und Skifahren in die Berge, kocht Lasagne oder genießt das Leben in Italien und dem Burgund.
Kapitel 2
Mach die Tür auf!«, sagte Kreuthner mit um Festigkeit bemühter Stimme. »Sonst mach ich sie selber auf.«
Statt einer Antwort schnappte und ratschte es. Der gedrungene Mann in grauer Skihose vor dem Heck des Lieferwagens hatte mit einem Mal ein Messer in der Hand. »Versuch’s!«, sagte der Mann mit versagender Stimme. Er zitterte, Schweiß stand ihm auf der Oberlippe, die dunkelblonden, talgigen Haare klebten an den Schläfen, unter den Achseln seines langärmligen Skiunterhemds hatten sich pizzagroße Schweißflecken gebildet. Er war untersetzt, halslos, bauchig. In den Augen: Angst und Wut.
»Kilian! Tu das Messer weg. Tickst jetzt aus oder was?«
Kilian Raubert starrte Kreuthner voller Hass an.
»Jetzt mach halt die Kist’n auf, verdammt! Was soll denn das?«
»Ich lass mich einfach nimmer verarschen von dir. So schaut’s aus.«
»Ich fordere dich ein letztes Mal auf, den Laderaum zu öffnen!«
»Sonst …?«
Kreuthner wischte sich den Schweiß von der Stirn. Er trug ebenfalls eine Skihose mit Hosenträgern, einen farbenprächtigen Fleecepullover und Adiletten. Kreuthner musste schnell entscheiden. Die Verhältnismäßigkeit abwägen, auch ein bisschen, dass er die Situation mitverursacht hatte. Ein Messer (scharf, wie es schien), ein aggressiver Mann, vollgepumpt mit Testosteron, Adrenalin und Empörung – unberechenbar. »Na gut.« Kreuthner hob beide Handflächen langsam in Richtung Raubert. »Ist ja net so wichtig. Zeigst mir halt das nächste Mal, was du im Wagen hast.«
»Das meinst du hoffentlich nicht im Ernst«, mischte sich Wallner ein. Der stand zwei Meter von Kreuthner entfernt mit Vera an seinem Wagen und trug trotz des milden Wetters wie gewohnt seine Daunenjacke. Noch war er nicht am Gardasee in der Wärme, nach der er sich so sehnte. Und selbst am Gardasee konnten die Abende um diese Zeit so kühl werden, dass einer, der wie Wallner an innerer Kälte litt, seine Daunenjacke brauchte. Kreuthner drehte sich verunsichert zum Kommissar.
»Du kannst doch bei einer Kontrolle nicht verhandeln. Wenn du sagst, er soll den Wagen aufmachen, dann macht er den Wagen auf.«
»Dann mach du doch weiter«, schlug Kreuthner vor.
»Ich denk ja gar nicht dran. Du hast den Mann angehalten. Jetzt zieh’s durch.«
»Komm, hör auf. Das schaukelt sich doch nur unnötig hoch.« Vera streichelte Wallner beschwichtigend über den Arm.
»Eben!«, sagte Kreuthner. »Ich tu und mach, dass ich hier eine Deeskalation hinkrieg. Und er macht einen auf Rambo.«
»Wenn kontrolliert wird, wird kontrolliert. Sonst machen wir uns unglaubwürdig. Das hat überhaupt nichts mit Hardliner zu tun.«
»Der Mann is nimmer bei sich. Der hat a Messer in der Hand!«
»Seh ich selber. Schon mal was von unmittelbarem Zwang gehört?«
»Ja wie denn? Ich hab doch net amal a Pistole dabei.«
»Das muss man sich halt überlegen, bevor man die Maßnahme einleitet.«
Vera zog an Wallners Arm. »Clemens, komm! Lass uns weiterfahren.«
»Abgesehen davon«, ignorierte Wallner die Bitte seiner Freundin, »fragt sich doch, warum der Mann partout nicht seinen Wagen öffnen will.«
Kreuthner wandte sich an den Mann mit dem Messer. »Kilian – da hat er recht.« Kilian Raubert schnaubte, schluckte, war den Tränen nahe. »Mann! Mach einfach den Wagen auf und gut is.«
Der Angesprochene wischte sich mit der messerbewehrten Hand den Schweiß von der Oberlippe, schlitzte sich dabei um ein Haar den linken Nasenflügel auf und schüttelte den Kopf.
»Irgendwann is mal Schluss. Ich lass mir net alles gefallen.« Geräuschvoll zog er den Rotz hoch.
»Übertreib halt net so! Ich mach a Straßenkontrolle, und?«
»Und?! Wer war denn das mit der Glasscheibe? Das war doch deine Idee.«
Kreuthner wollte sich gegen den Vorwurf verwahren, aber Raubert schnitt ihm das Wort ab. »Ja freilich warst es! Ich bin doch net blöd!!«
»Was meint er mit Glasscheibe?«, wollte Wallner wissen.
»Das tät jetzt zu weit führen.«
Wallner wartete, doch mehr kam nicht.
»Das tut wirklich nix zur Sache. Es war a kleiner Spaß.«
»Gut. Wenden wir uns der aktuellen Frage zu. Warum dürfen wir nicht sehen, was im Laderaum Ihres Wagens ist?«
Kilian Raubert atmete schwer, seine Rechte hielt das Messer so fest, dass die Knöchel sich weiß färbten, seine Stimme klang gepresst. »Is a prinzipielle G’schicht.«
»Aha«, sagte Wallner. »Für uns auch.«
»Für mich nicht«, wandte Kreuthner ein. »Und du stirbst auch nicht, wennst net erfährst, was in dem Wagen ist.«
»Das glaubt er aber«, mischte sich Vera ein. »Komm, Clemens. Sei einmal im Leben kein Kontrollfreak. Lass uns zum Gardasee fahren.«
»Gleich. Ich muss grad noch dem Kollegen Kreuthner beim Vollzug seiner Maßnahme helfen.«
»Ich glaube, der Kollege möchte gar nichts vollziehen.«
»Das sieht nur so aus. Und vielleicht glaubt er es in diesem Moment. Aber wenn er auch nur einen Meter weiterdenkt, wird ihm klarwerden, dass er hier im Landkreis ausgeschissen hat, wenn er seinem Spezl das jetzt durchgehen lässt.«
»Der Kollege Kreuthner ist erwachsen und weiß, was er tut. Hier geht es offenbar darum, dass sich der Herr mit dem Lastwagen privat über Herrn Kreuthner ärgert und sich gerade ziemlich aufregt. Herr Kreuthner wird das schon regeln. Und jetzt komm endlich.« Vera ging zur Beifahrertür zurück.
»Macht euch der Föhn zu schaffen, oder was ist los?« Wallner wurde eine Idee lauter, was selten vorkam. »Der Mann fährt hundertfünfzig auf der Landstraße, wird gestoppt, weigert sich, seinen Laderaum zu öffnen, und bedroht einen Polizisten mit einem Messer. Und ihr sagt: Vergessen wir die Sache?«
Vera war stehen geblieben und hatte sich umgedreht. »Ich sage nur, es geht dich nichts an. Und dass wir Urlaub haben.«
»Es geht mich aber was an!« Wallner ging an Kreuthner vorbei zum Lastwagen und baute sich unmittelbar vor Kilian Raubert auf. »Sie öffnen jetzt den Laderaum. Ich gebe Ihnen fünf Sekunden.«
Raubert schüttelte den Kopf und versuchte verzweifelt, entschlossen auszusehen. Wallner schubste ihn mit einer Hand zur Seite und betätigte den Hebel der Laderaumtür.
»Vorsicht! Der hat a Messer!«
»Das wird er nicht benützen.«
»Na ja, bei dir vielleicht nicht«, konzedierte Kreuthner.
Wallner hatte recht. Raubert benutzte sein Messer nicht, sondern warf es weg und sprang Wallner auf den Rücken, als der ansetzte, die Laderaumtür aufzuziehen. Rauberts kurze Arme würgten Wallners Hals wie ein Schraubstock, die Beine umklammerten seine Hüften. Der kleine Mann klebte wie ein Pickel auf Wallners Rücken, der einen gewundenen Tanz aufführte, mit den Händen Rauberts Unterarme packte und versuchte, sie von seinem Hals zu lösen. Freilich ohne Wirkung. Kreuthner kam von hinten, steckte seine Arme zwischen Rauberts Brust und Wallners Rücken, zerrte an dem Zwerg, der nicht losließ, brachte beide Männer zu Fall, bekam jedoch, als sie zu Boden gingen, Rauberts Hinterkopf an die rechte Schläfe und torkelte über den Parkplatz. Am Boden ließ Raubert von Wallner ab. Der kleine Mann war behende und schon wieder auf den Beinen, als Wallner noch auf den Knien nach seiner Brille suchte. Raubert nutzte seinen Vorsprung für einen Tritt gegen die linke Kommissarsniere, Wallner stöhnte auf und sank vor Schmerz benommen auf die Seite. Raubert huschte den Wagen entlang zur Fahrerkabine. Dort trat ihm Vera in den Weg, das linke Bein vorgestellt, die linke Handfläche abwehrend nach vorn gestreckt. Raubert ignorierte das Signal und setzte seinen Weg zum Führerhaus fort, bereit, die Frau nötigenfalls mit Gewalt aus dem Weg zu schaffen. Veras rechte Hand, bis jetzt hinten in Reserve gehalten, schnellte vor, rasanter, als Raubert schauen konnte, ein Knacksen, und ihr Handballen hatte sein Nasenbein gebrochen. Raubert rumpelte gegen seinen Lastwagen. Wallner und Kreuthner eilten, leidlich erholt, herbei, warfen sich auf den wankenden Mann und drückten ihn zu Boden. Der wehrte sich und zappelte trotz blutender Nase. Sie mussten ihn zu zweit bändigen und sich mit ihrem ganzen Gewicht auf den Gnom werfen, um seine Hände auf den Rücken zu biegen.
»Holst du bitte das Ladekabel aus dem Kofferraum?«, sagte Wallner vor Anstrengung ächzend zu Vera.
»Kommt ihr immer noch nicht alleine klar?«
»Vielen Dank, Schatz, dass du uns geholfen hast. Aber es wäre super, wenn du das Maß der Güte übervoll machen und uns das verdammte Ladekabel bringen könntest.«
Zwei Minuten später lag Kilian Raubert auf dem Bauch neben seinem Lkw. Die Hände waren auf dem Rücken mit einem roten Starthilfekabel zusammengebunden und solchermaßen daran gehindert, Wallner und Kreuthner weiteren Schaden zuzufügen. Die beiden klopften sich den Dreck von Händen und Kleidung. Kreuthner hatte ein blaues Auge, das er mit schmutzigem Schnee kühlte.
»Ich hab dir gesagt, der macht Ärger«, sagte Kreuthner und trat Raubert unauffällig in die Rippen. »Das ist so ein nachtragender, kleiner Dreckhammel, der Bursche.« Kreuthner stellte seinen rechten Fuß auf Rauberts Rücken. »Glasscheibe! Du spinnst doch wohl. Das ist ewig her. Außerdem ist da nichts Unrechtes geschehen. Das war Brauchtum.«
Raubert war offensichtlich nicht mit Kreuthners Ausführungen einverstanden, konnte das aber nur mit an menschliche Sprache nicht heranreichenden Mumpf-Lauten zum Ausdruck bringen. Kreuthner hatte im Kofferraum noch eine Rolle Gaffer-Tape gefunden.
»Entschuldige, aber du stehst auf Herrn Rauberts Rücken.« Wallners Miene drückte keine übermäßige Missbilligung aus. Er hatte den Hinweis eher nebenbei fallenlassen,...
Erscheint lt. Verlag | 2.11.2011 |
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Reihe/Serie | Ein Wallner & Kreuthner Krimi | Ein Wallner & Kreuthner Krimi |
Verlagsort | München |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Literatur ► Krimi / Thriller / Horror ► Krimi / Thriller |
Schlagworte | Affäre • Andreas Föhr Karwoche • Andreas Föhr Krimis • April • Borderline • Brandopfer • Buch Empfehlungen Krimi • deutsche Krimiautoren • Engelsgesicht • Familiengeheimnis • Familiengeheimnis Lügen • Gabriel von Seidl • Gottesanbeterin • Grabriel von Seidl • humorvolle Krimis • Karwoche Kriminalroman • Kommissar Wallner • Kreuthner • Kriminalromane Bayern • Krimi Taschenbuch • Lügen • Manfred • Missbrauch • Mord • Oberpolizeimeister • Ostern • Regio • Regionalkrimi • Regionalkrimi Oberbayern • Schauspieler • Schliersee • spannende Kriminalromane • Teegernsee • Tegernsee • Unfall • Verbrennung • Wallner |
ISBN-10 | 3-426-41130-X / 342641130X |
ISBN-13 | 978-3-426-41130-8 / 9783426411308 |
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