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Hummeldumm (eBook)

Das Roman

****

(Autor)

eBook Download: EPUB
2010 | 1. Auflage
320 Seiten
S. Fischer Verlag GmbH
978-3-10-400646-8 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Hummeldumm -  Tommy Jaud
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»Sitzreihe 12 war die letzte, die zwischen Tortellini und Hühnchen wählen durfte. Ich saß in Reihe 13. Schon auf dem Hinflug hätte mir klar sein können, dass der Jahresurlaub zum Albtraum wird.« Wer an allem schuld ist, ist für Matze sowieso klar: seine Freundin Sina. Während er in endlosen Verhandlungen die neue Eigentumswohnung klargemacht hat, sollte sie einfach nur »irgendwas« buchen. Hat sie auch. Doch musste dieses »irgendwas« ausgerechnet eine zweiwöchige Gruppenreise durch Namibia sein, ein Land, in dem jede hüftkranke Schildkröte schneller ist als das Internet? Was hat er denn verbrochen, dass man ihn nun täglich in einen Kleinbus voller Bekloppter sperrt, um ihn dann zu österreichischen Schlagern über afrikanische Schotterpisten zu rütteln? Und warum stolpert er bei minus zwei Grad in einem albernen Wanderhut über die Dünen der Kalahari, statt auf Mallorca ein Bierchen zu schlürfen? Als Matze dann noch daran erinnert wird, dass die sicher geglaubte Wohnung an andere Käufer geht, wenn er nicht sofort die fünftausend Euro Reservierungsgebühr überweist, hat er gleich noch drei neue Probleme: Das nächste Internetcafé ist fünfhundert Kilometer entfernt, der Handyakku plattgedaddelt und das einzige Ladegerät fest in österreichischer Hand. »Ich drücke meine Nase ans Busfenster und blicke hinaus ins weite Land. Die Namibier winken uns und lachen. Klar lachen sie, sie sind ja frei. Wir nicht. Wir sind die in Blech gepackte Rache für die deutsche Kolonialzeit.«

Tommy Jaud ist ein deutscher Schriftsteller, Satiriker und Drehbuchautor. Bereits mit seinem ersten Roman »Vollidiot« landete Jaud 2004 auf Platz 1 der Bestsellerlisten. 2006 setzte sich »Resturlaub«, ein »Hammer von Gegenwartsroman« (DER SPIEGEL) an die Spitze der Liste. Die Kino-Adaptionen beider Bücher lockten fast zwei Millionen Zuschauer an. Jauds Drehbuch für die TV-Komödie »Zwei Weihnachtsmänner« wurde 2009 mit dem Deutschen Comedypreis ausgezeichnet. Es folgten das Vollidiot-Romansequel »Millionär« und die Reisekomödie »Hummeldumm«, der Jahresbestseller 2010. Zwei Jahre später veröffentlichte Jaud mit »Überman« den letzten Teil seiner Simon-Peters-Reihe, 2016 die Ratgeber-Parodie »Einen Scheiß muss ich: Das Manifest gegen das schlechte Gewissen«. 2019 wurde sein Bestseller »Der Löwe büllt« zur perfekten Ferienlektüre. Auch 2022 kam Jaud seinem Unterhaltungsauftrag nach mit Alltagsstorys für unsere Zeit, »Komm zu nix - Nix erledigt und trotzdem fertig«. Das kam so gut an, dass er 2023 mit Geschichten gegen die Planeritis nachlegte, »Man müsste mal - Nichts gemacht und trotzdem happy«, und 2024 auf deutschlandweite Gute-Laune-Tour ging. Derzeit tüftelt Tommy Jaud am Drehbuch von »Hummeldumm« und weiteren Projekten. Der gebürtige Franke pendelt je nach Laune zwischen den beiden Bierstädten Köln und Bamberg.

Tommy Jaud ist ein deutscher Schriftsteller, Satiriker und Drehbuchautor. Bereits mit seinem ersten Roman »Vollidiot« landete Jaud 2004 auf Platz 1 der Bestsellerlisten. 2006 setzte sich »Resturlaub«, ein »Hammer von Gegenwartsroman« (DER SPIEGEL) an die Spitze der Liste. Die Kino-Adaptionen beider Bücher lockten fast zwei Millionen Zuschauer an. Jauds Drehbuch für die TV-Komödie »Zwei Weihnachtsmänner« wurde 2009 mit dem Deutschen Comedypreis ausgezeichnet. Es folgten das Vollidiot-Romansequel »Millionär« und die Reisekomödie »Hummeldumm«, der Jahresbestseller 2010. Zwei Jahre später veröffentlichte Jaud mit »Überman« den letzten Teil seiner Simon-Peters-Reihe, 2016 die Ratgeber-Parodie »Einen Scheiß muss ich: Das Manifest gegen das schlechte Gewissen«. 2019 wurde sein Bestseller »Der Löwe büllt« zur perfekten Ferienlektüre. Auch 2022 kam Jaud seinem Unterhaltungsauftrag nach mit Alltagsstorys für unsere Zeit, »Komm zu nix – Nix erledigt und trotzdem fertig«. Das kam so gut an, dass er 2023 mit Geschichten gegen die Planeritis nachlegte, »Man müsste mal – Nichts gemacht und trotzdem happy«, und 2024 auf deutschlandweite Gute-Laune-Tour ging. Derzeit tüftelt Tommy Jaud am Drehbuch von »Hummeldumm« und weiteren Projekten. Der gebürtige Franke pendelt je nach Laune zwischen den beiden Bierstädten Köln und Bamberg.

2


Die Einwanderungsprozedur der namibischen Behörden war weit weniger paranoid als die der USA: Sina und ich mussten lediglich unsere Namen auf ein Formular schreiben, was wir in Namibia so vorhatten und wie lange wir bleiben wollten, das war’s. Es gab keine Fingerabdrücke und keine Nachfragen, ob wir nicht vielleicht doch zufällig Mitglieder einer terroristischen Vereinigung waren oder irgendwie am Holocaust beteiligt.

Als wir mit unseren frisch gestempelten Visa auf das Kofferband zusteuerten, strahlte Sina wie ein Eichhörnchen: »Hey! Wir sind in Afrika!« Und auch ich lächelte. Immer mehr Touristen fluteten die Halle, die meisten trugen Freizeit- oder Wanderkleidung, fast alle waren alt. Vorsichtig räusperte ich mich.

»Sina?«

»Ja?«

»Gab’s denn irgendeine Info, wer noch so in unserer Gruppe ist?«

Sina machte ein recht unschuldiges Gesicht. »Die haben nur die Namen geschickt, sonst nix.«

Ich nickte, und dann rumpelte auch schon das Kofferband los, und die ersten Taschen und Rucksäcke tauchten auf. So richtig zufriedenstellend fand ich Sinas Antwort ja noch nicht. »Hast du nicht noch den ein oder anderen Namen im Kopf von dieser Liste?«, fragte ich vorsichtig.

»Kevin Schnabel!«, antwortete Sina wie aus der Pistole geschossen.

»Kevin Schnabel?«, fragte ich amüsiert. »Kein Mensch heißt Kevin Schnabel.«

»Na, Kevin Schnabel schon. Ach ja, und … ein Herr Seppelpeter, Vornamen hab ich vergessen.«

»Seppelpeter? Das klingt ja jetzt superalt!«

»Findest du?«, zweifelte meine Freundin, »ich finde, Seppelpeter is ein ganz normaler Name. Das kann auch ein Webdesigner sein, ein Beachvolleyballer oder DJ

»MC Seppelpeter, oder was?«, schmunzelte ich.

»In zehn Minuten wissen wir’s.«

»Stimmt. Und vielleicht bringt MC Seppelpeter ja ein paar freshe Tracks mit für den Bus.«

»Ja, ja …«, sagte Sina, dann rüttelte das Gepäckband auch schon meinen rosa Wanderrucksack durch die schwarzen Gummilamellen.

»Du, Matze, ich glaub, ich hab deinen Rucksack entdeckt!«, rief Sina.

»Jeder hat ihn entdeckt«, antwortete ich leise und blickte verschämt auf die umstehenden Wartenden.

Sofort zog Sina die Stirn kraus. »Matze, bitte! Wie oft noch? Ich hab auf ›schwarz‹ geklickt bei der Bestellung!«

»Ich hab ja gar nix gesagt.«

»Aber entsprechend geguckt. Wanderrucksäcke haben nun mal komische Farben!«

»Rosa ist aber keine komische Farbe. Rosa ist entweder Mädchen oder schwul.«

»Ich nehm ihn auch gerne runter, wenn’s dir peinlich ist.«

»Danke, geht schon«, sagte ich und versuchte, meinen Rucksack so unauffällig wie möglich vom Band zu hieven.

 

Die Ankunft gestaltete sich weiterhin farbenfroh, denn der Tourguide, der uns gleich hinter der elektrischen Schiebetür mit einem breiten Lächeln begrüßte, war unerwartet stark pigmentiert. Er trug eine kurze Hose mit dicken Wanderschuhen und ein dunkelgrünes, spack sitzendes Freizeithemd. In der Hand hielt er ein Pappschild, auf dem der offizielle Titel unserer Reise stand: Zwischen Sand und Seidenkissen. »Willkommen in Namibia! Ich bin euer Guide, der Bahee, ne.«

Schon jetzt war offensichtlich: Bahees Deutsch war ebenso breit wie sein Lächeln. Sina reichte ihm freundlich die Hand und wiederholte unsicher seinen Namen.

»Baheene?«

»Nee, nur Bahee, ne. Die ›ne‹ sag ich immer nur so, der is so eine Sprachdings von mir da immer, ne!«

»Oh … Entschuldigung! Ich bin die Sina.«

»Matze!«, stellte ich mich ebenfalls lächelnd vor. Bahee nickte freudig und strich unsere Namen auf einer Liste durch. »Ihr seid die Erste, ne. Am beste ihr latscht gleich mal hinter, um euch a bikkie Geld mal hier zu wechseln, der wird nämlich gleich ganz voll, der Halle, und da konnt ihr die Zeit schon mal nutzen, um euch einen Kaffee mal zu nehmen oder so. Rucksack konnt ihr hierlasse, die pinke da von Paris Hilton auch, ne, hehe.«

Glucksend vor Spaß, zog Bahee unsere beiden Rucksäcke an die Absperrung und Sina mich in Richtung des kleinen Bankschalters am Ende der Halle.

»Ähm, Sina, hast du vielleicht bei ›Guide‹ auf ›schwarz‹ geklickt statt beim Rucksack?«

»Nein, aber ich hab bei ›Freund‹ auf ›nett‹ geklickt.«

Sina und ich wechselten jeweils 250 Euro in namibische Dollar und setzten uns auf zwei Metallhocker eines Flughafenbistros. Von dort hatten wir die Schiebetür der Ankunftshalle gut im Blick. Ich schaltete mein Handy ein und bekam auch prompt eine englische Begrüßungsnachricht von einem Provider namens MTC. Besser noch: Das Wireless LAN des Cafés war unverschlüsselt, und ich hatte vollen Empfang. Stolz zeigte ich es Sina.

»Schau mal, ich bin im Netz! W-LAN auch!«

Wie von einem Menschen mit zwei X-Chromosomen nicht anders zu erwarten, hielt sich Sinas Begeisterung in Grenzen. Ich klickte auf die Wetterapplikation, und innerhalb weniger Sekunden strahlten unter ›Windhoek, Namibia‹ ein Sonnensymbol und ›13 Grad‹ auf dem Display. Damit wagte ich einen neuen Versuch.

»Dreizehn Grad nur, schau!«

»Ich weiß.«

»Woher?«

Ungerührt deutete Sina auf eine Temperaturanzeige vor dem Flughafen. Dort blinkte ›13 Grad‹ im Wechsel mit der Uhrzeit.

»Hast du nicht eigentlich versprochen, das Ding mal auszulassen im Urlaub?«, fragte sie mit einem Ursula-von-der-Leyen-Kindergartentonfall, »du sitzt doch sonst schon die ganze Zeit vorm Rechner.«

Verkniffen starrte ich auf mein Handy.

»Das gibt’s ja nicht: dreißig Prozent Rabatt auf alles bei Habitat!«

»Zeig!«

Pfeilschnell schoss Sinas Hand zu meinem Telefon, doch darauf war natürlich immer noch das Windhoeker Wetter. Ich beömmelte mich vor Lachen.

»Du bist echt blöd, Matze Klein!«

Immer noch giggelnd, steckte ich das Handy in die Hosentasche. Eine adrette schwarze Bedienung mit vorlauter Frisur dackelte herbei, und wir bestellten zwei große Milchkaffees. Neugierig blickte ich zu unserem Guide Bahee, neben dem inzwischen ein muskulöser Weißer in einem blauen Poloshirt stand. Auf dem rasierten Schädel klemmte eine riesige Sonnenbrille, die ihn wie einen italienischen Profikicker wirken ließ.

»Gehört der schon zu uns?«, fragte ich fast ein wenig ängstlich.

»Ich hätte nichts dagegen«, schmunzelte Sina.

»War ja klar!«

Fast im Sekundentakt spuckte die Schiebetür nun neue Wanderfreunde ins Land, und so war es nur eine Frage der Zeit, bis auch unsere Reisegefährten auftauchen würden. Ich wurde ein wenig nervös. Die meisten Leute, die durch die Tür stolperten, erinnerten mich an das Personal von Senioren-Kaffeefahrten in der Eifel: dickbäuchige Männer mit dürren Stachelbeerbeinen und energische Frauen mit bunten Westen und komischen Hüten. Ich schickte Stoßgebete zum Himmel, auf dass der liebe Gott diese unförmigen Subjekte weiterlaufen ließ. Gerne konnte er sie auch in eine tiefe Schlucht schubsen, sollte er Gefallen an so etwas finden.

Ich kann dem lieben Gott keinen Vorwurf machen, denn er ließ ziemlich viele Kaffeefahrt-Senioren an Bahee vorbeilaufen. Und doch wusste ich ja, dass wohl oder übel irgendwann sieben Touristen an ihm klebenbleiben würden, mit denen wir dann die nächsten zwei Wochen verbringen würden.

Ein kompakter, wirklich sehr alter Rentner mit rot-weißem Wanderhemd und Videokamera vor dem Auge schnaufte durch die Tür wie eine Dampflok. Ungebremst krachte er in das nur hüfthohe Geländer, verlor das Gleichgewicht und klatschte mit einem lauten »Naaaaaaa!« auf den Steinboden der anderen Seite, wo er regungslos verharrte wie ein Marienkäfer nach einem Stromschlag. Wir hielten die Luft an vor Schreck und beobachteten, wie Bahee und der Typ mit dem blauen Polo dem alten Mann aufhalfen, woraufhin sich dieser schüttelte wie ein Hund nach einem Wannenbad und den Zustand seiner Kamera kontrollierte.

»Mein Gott, was wollte der denn filmen?«, fragte Sina entsetzt.

»Seinen Tod, nehme ich mal an.«

»Wir werden auch mal alt!«

»Nein, Sina, sooo alt werden wir nicht!«

Dass dem alten Mann nichts passiert war, freute uns freilich. Dass er seinen Rucksack bei Bahee ablegte, weniger.

»Och nee …«, stöhnte ich, »das gibt’s doch nicht! Warum geht der nicht weiter?«

»Bleiben ja noch fünf«, tröstete mich Sina, aber allzu begeistert wirkte sie auch nicht.

Der Milchkaffee kam, mit ihm keimte stille Hoffnung auf.

»Da!«, rief ich und deutete auf Bahee. Ein überaus sympathisches Pärchen in unserem Alter stand nun bei unseren Rucksäcken, sie scherzten mit Bahee und umarmten sich sogar kurz.

»Da siehste mal!«, lächelte Sina.

Als das Pärchen nach kurzem Plausch zum Schalter einer Autovermietung weiterzog, schmolz unser Lächeln dahin.

»Schade«, seufzte ich, »die sahen echt nett aus.«

Dafür taumelte nun eine füllige Endvierzigerin mit riesigem Rucksack auf Bahee zu. Ihr Gesicht war so unfassbar weiß, als habe sie es eben auf dem Klo noch schnell aus frischem Quark geformt. Es kam umso mehr zur Geltung, als darüber eine erdbeerblonde Igelfrisur abstand.

»Meine Güte«, stöhnte ich, »die sieht aus wie Beaker aus der Muppet Show

»Welcher Beaker?«

»Mimimimi!«

»Ach der! Unsinn!«

Die offenbar elastische Wanderhose fast bis zu den Brüsten gezogen, trug der Erdbeerigel ebenfalls ein Pappschild mit der Aufschrift Zwischen Sand und...

Erscheint lt. Verlag 10.3.2010
Verlagsort Frankfurt am Main
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Comic / Humor / Manga
Literatur Romane / Erzählungen
Schlagworte Afrika • Beziehung • Bücher für Männner • Comedy • Dialekt • Gruppenreise • Humor • Immobilien • Internetcafé • Ladegerät • Namibia • Reise • Urlaub • Wüste
ISBN-10 3-10-400646-6 / 3104006466
ISBN-13 978-3-10-400646-8 / 9783104006468
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