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Gender - Medien - Screens (eBook)

(De)Konstruktionen aus wissenschaftlicher und künstlerischer Perspektive
eBook Download: EPUB
2015 | 1. Auflage
300 Seiten
Herbert von Halem Verlag
978-3-7445-0644-1 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Gender - Medien - Screens -
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'Gender - Medien - Screens' beschäftigt sich mit (De-)Konstruktionen von Geschlecht, die mittels Screens verbreitet werden. Der Begriff Screen wird dabei unterschiedlich verstanden. Im technischen Sinne sind damit alle derzeitigen Bildschirmmedien und ihre möglichen Weiterentwicklungen gemeint. Das können sowohl klassische Bildschirmmedien wie Kino und Fernsehen als auch neuere Formen wie Internet-Angebote, mobile Medien, Smartphone-Inhalte und Computerspiele sein. Screens sind aber auch kulturelle Bilderrepertoires, die zwischen der Welt und unserem Blick auf sie vermitteln. In diesem Sinne analysiert der vorliegende Band, wie verschiedene strukturierende Momente visueller (Re-)Präsentation an der Konstruktion von Geschlecht und gesellschaftlichen Normen beteiligt sind. In den Beiträgen des Bandes kommen Wissenschaftler(-innen) und Künstler(-innen) aus unterschiedlichen Disziplinen zu Wort. Inhaltsanalytisch wird die (Re-)Präsentation von Geschlechterbildern in Werbung, Reality-TV, Film und Online-Medien sowie deren Wandel untersucht. Der Blick auf mobile Onlinedienste und klassische Angebote des Fernsehens erfolgt aus der Rezeptionsperspektive. Weitere Beiträge nehmen digitale Medien reflexiv in den Blick. Zudem stellen sich Fragen nach Gemeinsamkeiten und Differenzen, nach den Spezifika bei Medienkarrieren unter den Prämissen des Gender-Mainstreaming. In einem abschließenden Kapitel Setzen sich Filmemacher(-innen) mit der (De-)montage von Gender durch Schnittsysteme und mit der künstlerischen Konstruktion von Identität auseinander.

Prof. Dr. Elizabeth Prommer lehrt Kommunikations- und Medienwissenschaft an der Universität RoStock. Sie leitet dort das Institut für Medienforschung. Martina Schuegraf, Dr. phil., Vertretung der Professur für 'Theorie und Empirie der Medienkonvergenz' im Studiengang 'Digitale Medienkultur' an der Filmuniversität Babelsberg Konrad Wolf, Lehrbeauftragte an der Universität Klagenfurt, Mitglied des Vorstandes der Gesellschaft für Medienpädagogik und Kommunikationskultur e.V. (GMK). Arbeitsschwerpunkte: Medienkonvergenz und digitale Medienkultur, Methoden der Medien- und Sozialforschung, Analyse und Ästhetik der Populärkultur. Prof. Dr. Claudia Wegener lehrt Medienwissenschaft und Digitale Medienkultur an der Filmuniversität Babelsberg Konrad Wolf in Potsdam.

Prof. Dr. Elizabeth Prommer lehrt Kommunikations- und Medienwissenschaft an der Universität RoStock. Sie leitet dort das Institut für Medienforschung. Martina Schuegraf, Dr. phil., Vertretung der Professur für 'Theorie und Empirie der Medienkonvergenz' im Studiengang 'Digitale Medienkultur' an der Filmuniversität Babelsberg Konrad Wolf, Lehrbeauftragte an der Universität Klagenfurt, Mitglied des Vorstandes der Gesellschaft für Medienpädagogik und Kommunikationskultur e.V. (GMK). Arbeitsschwerpunkte: Medienkonvergenz und digitale Medienkultur, Methoden der Medien- und Sozialforschung, Analyse und Ästhetik der Populärkultur. Prof. Dr. Claudia Wegener lehrt Medienwissenschaft und Digitale Medienkultur an der Filmuniversität Babelsberg Konrad Wolf in Potsdam.

Geschlecht, Feminismus und Bildschirmmedien im Wandel


Sigrid Kannengießer


Geschlechterkonstruktionen, Feminismen und Bildschirmmedien befinden sich in einem konstanten Wandel und beeinflussen sich auch gegenseitig: Durch die Aneignung verschiedener Bildschirmtechnologien beeinflussen Menschen (unterschiedlichen Geschlechts) die Entwicklungen dieser Medien, welche wiederum Geschlechterrollen und -verhältnisse verändern. Außerdem werden (Bildschirm-) Medien gezielt für die Veränderung von Geschlechterverhältnissen von Feminist(inn)en eingesetzt. Dieser Beitrag möchte das Forschungsfeld skizzieren, welches sich mit Geschlecht, Feminismus und Bildschirmmedien beschäftigt. Dabxsei wird deutlich, dass sich nicht nur die Bildschirmmedien und Geschlechterverhältnisse wandeln, sondern mit ihnen auch die Geschlechtertheorien und Feminismen, welche sich mit diesen Medien beschäftigen oder sich an ihnen abarbeiten. In der Skizzierung dieses Feldes werde ich sowohl die Inhaltsebene der Bildschirmmedien als auch die der Aneignung und Produktion betrachten. Denn durch die technologischen Neuerungen der Bildschirmmedien verändern sich auch die Produktionsund Aneignungsbedingungen, welche wiederum die technologische Verfasstheit der Medien und ihre Inhalte beeinflussen. Neben Film und Fernsehen als Bildschirmmedien werde ich einen Schwerpunkt auf Internetmedien als »neue« Bildschirmmedien (Webseiten, Blogs, Foren etc.) setzen und dabei skizzieren, wie Ge schlecht auf der Inhalts-, Produktions- und Aneignungsebene der Bildschirmmedien relevant und analysiert wird.

Der Beitrag kann das breite und diverse Forschungsfeld um Geschlecht, Feminismus und Bildschirmmedien nur umreißen, die Komplexität dieses Feldes macht es unmöglich, eine Vollständigkeit anzustreben. So kann hier nur eine Skizze dieses Feldes verfasst werden, durch die dessen Diversität und Komplexität angedeutet wird.1 Aus einer feministischen Perspektive wird dabei deutlich, dass das Verhältnis zwischen Geschlecht und Bildschirmmedien ein ambivalentes ist: So macht die Forschung zum einen Diskriminierungen von Frauen in Bildschirmmedien aus, z.B. durch die Konstruktion sexistischer Stereotype in Medieninhalten. Zum anderen werden aber auch Ermächtigungspotenziale durch Bildschirmmedien beobachtet, z.B. durch die Herstellung feministischer Teilöffentlichkeiten. Diese Widersprüchlichkeit wird im Folgenden wiederholt herausgearbeitet. Auffällig ist, dass Forschung zu Inter- bzw. Transsexualität eine marginalisierte Rolle in der Kommunikations- und Medienwissenschaft spielt. Wie die Skizzierung des Feldes zeigt, arbeitet sich die Forschung primär am binären Geschlechtersystem ab.

Geschlecht und Feminismus in Film und Fernsehen

Die Filmwissenschaft beschäftigt sich mit dem Bildschirmmedium Film, welches neben der Kinoleinwand über (Fernseh-)Apparate, Computermonitore und hier über Internetmedien wie z.B. YouTube rezipiert wird. Innerhalb der medienwissenschaftlichen Geschlechterforschung kommt der geschlechtertheoretischen Filmwissenschaft eine lange Tradition zu. So nimmt die Geschlechterkategorie »in der Filmwissenschaft nahezu von Anfang an einen zentralen Stellenwert ein. Dies liegt vor allem daran, daß die Filmwissenschaft ein relativ junges Fach ist« (Seier/Warth 2005: 81). Die feministische Filmwissenschaft ist ein heterogenes Forschungsfeld, das sowohl sozialwissenschaftliche als auch kulturwissenschaftliche Ansätze umfasst und verschiedenste theoretische Zugänge verfolgt (vgl. ebd.: 82, siehe für eine Skizzierung verschiedener Ansätze der feministischen Filmwissenschaft Braidt/ Jutz 2002). Gemein ist diesen verschiedenen Ansätzen, dass sie u.a. Filminhalte im Hinblick auf die (stereotype) Repräsentation von Geschlecht analysieren.

»Inhaltsanalytische Untersuchungen von Geschlechterstereotypen stehen in der Tradition ideologiekritischer Analysen und variieren mit den zugrunde liegenden Vorstellungen des Verhältnisses von Medien und Wirklichkeit. Während Ansätze in der Tradition des liberalen Feminismus häufig von einer Verzerrung der Wirklichkeit durch die Medien ausgehen, die der Realität von Frauen nicht gerecht wird, betonen konstruktivistische und dekonstruktivistische Argumentationen, dass die mediale Inszenierung der Geschlechter je eigene kommunikative Wirklichkeiten herstellt« (Moser 2003: 241).2

Ob Film Wirklichkeit herstellt oder verzerrt – die verschiedenen Ansätze fragen und untersuchen, wie die unterschiedlichen Geschlechter im Film konstruiert werden. Analysiert werden z.B. Frauenbilder in bestimmten Filmgenres (siehe z.B. die Fallstudien bei Liebrand/Steiner 2003)3 oder in Filmen aus bestimmten Produktionsländern (zu Frauenbildern im US-amerikanischen Spielfilm z.B. Burger 1995 und Friedrich 2008, zu Frauen im deutschen Film Strauß 1996, zu Frauen im polnischen Film Mazierska et al. 2006).

Dass sich nicht nur das Bildmedium Film wandelt (z.B. vom Stumm- zum Tonfilm, vom analogen zum digitalen Film), sondern auch die Geschlechterbilder in ihm, zeigen u.a. Analysen historischen Filmmaterials. So werden z.B. Frauen in Filmen bestimmter Dekaden betrachtet (für die 1940er-, 1960er- und 1990er-Jahre siehe Potsdamer Studien zur Frauen- und Geschlechterforschung 1997), Frauen im Stummfilm (u.a. Jatho/Rother 2007) oder in Filmen der NS-Zeit (Bechdolf 1992, Vaupel 2005). Auch die Repräsentation von Männlichkeit im Film wandelt sich: Vom Macho (dessen Männlichkeit nicht ohne Brüche inszeniert wird, siehe z.B. die Analysen des James Bond von Brauerhoch 2013 und Bilkau 2012) über (vermeintlich) neue Männerrollen (Mennenga 2011) bis hin zum »Mann in der Krise« (Kappert 2008) erstreckt sich das Portfolio der Männlichkeit im Film. Inwiefern Drag bzw. Geschlechtermaskerade im Film ein subversives Potenzial hat und das binäre Geschlechtersystem in Frage stellen kann oder eben dieses stützt, analysiert u.a. Nadja Sennewald (2008).

Neben solchen Inhaltsanalysen beobachtet die geschlechtertheoretische Filmwissenschaft das Zusammenspiel der Bildebene mit der Rezeptionsebene. Laura Mulvey hat in ihrem viel zitierten Aufsatz »Visuelle Lust und narratives Kino« (1994 [1975]) den männlichen Blick auf das weibliche Objekt im Film dekonstruiert: Sie beobachtet, dass »[i]n einer Welt, die von sexueller Ungleichheit bestimmt ist, […] die Lust am Schauen in aktiv/männlich und passiv/weiblich geteilt [wird]« (Mulvey 1994: 55). Die Frau ist das Bild, der Mann der Träger des Blicks auf das Bild (ebd.). Aber nicht nur Männer schauen Frauen im Film an, auch »Frauen betrachten Frauenbilder im Film« (Henschel/Schlottau 1989). Mulvey beobachtet den Wandel des Bildschirmmediums Film und weist drei Dekaden nach der Publikation ihres »Klassikers« darauf hin, dass sich unter neuen Produktionsbedingungen auch neue Arten der Filmwahrnehmung entwickeln (Mulvey 2004: 24). So verändert sich der (männliche) Blick auf das (weibliche) Objekt durch das Aufbrechen der linearen Rezeptionsweisen, da der (männliche) Zuschauer Film nicht mehr (nur) im Dispositiv des Kinos rezipiert, sondern das Fernsehen, DVD und schließlich auch das Internet (und hier verschiedene Internetmedien) neue und interaktive Aneignungsmöglichkeiten bieten (siehe unten).

Ein dritter Bereich der geschlechtertheoretischen Filmwissenschaft untersucht die Relevanz des Geschlechts in den filmischen Produktionsprozessen. Betrachtet werden z.B. die Rolle von Filmemacherinnen für bestimmte Genres (siehe z.B. zum Experimentalfilm Brauerhoch et al. 2013 oder zum Animationsfilm Wagner/ Grausgruber 2011) und in unterschiedlichen Ländern (z.B. Regisseurinnen in Hollywood, siehe Rall 2006). Frauen sind jedoch nicht nur als Regisseurinnen an Filmproduktionen beteiligt, sondern auch als Cutterinnen, Kamerafrauen etc. und hier oftmals benachteiligt (zu Erfahrungen von Frauen in Filmberufen siehe Haardt 2002). Der Wandel der Rolle von Filmemacherinnen wird vor allem wieder deutlich, wenn ein Blick zurück in die Vergangenheit geworfen wird und die ersten oder frühe Regisseurinnen der Filmgeschichte in den Fokus rücken (siehe z.B. Slide 1982, Sannwald/Tilmann 2012).

Neben der Filmwissenschaft analysiert die geschlechtertheoretische Fernsehwissenschaft die Herstellung von Geschlechterbildern und -verhältnissen. Wie werden die unterschiedlichen Geschlechter in verschiedenen Fernsehsendungen dargestellt? Wie werden diese Darstellungen von unterschiedlichen Geschlechtern rezipiert und angeeignet? Und wie sind die unterschiedlichen Geschlechter an der Herstellung von Fernsehinhalten beteiligt? Dies sind zentrale Forschungsfragen dieses Feldes. In einer Vielzahl von Studien wird die Repräsentation der unterschiedlichen Geschlechter in verschiedensten Fernsehsendungen analysiert (siehe z.B. Bechdolf 1999 zum Musikfernsehen, Fallstudien in Hackl/Prommer/Scherer 1996, Sennewald 2007 zu Science-Fiction-Serien, Maier 2007 zur »Lindenstraße«).

Neue Fernsehformate bringen neue Möglichkeiten für die Konstruktion von Geschlecht, gleichzeitig werden jedoch auch hier traditionelle Geschlechterverhältnisse hergestellt. So zeigen Analysen des Reality-Fernsehens, welches »seinen Blick in die von der Öffentlichkeit abgeschlossenen Räume des Privatlebens [richtet]« (Bleicher 2013: 49), dass in diesem neuen Fernsehformat traditionelle Geschlechterrollen konstruiert...

Erscheint lt. Verlag 11.3.2015
Reihe/Serie Alltag, Medien und Kultur
Alltag, Medien und Kultur
Verlagsort Köln
Sprache deutsch
Themenwelt Kunst / Musik / Theater Malerei / Plastik
Schlagworte Bild • Gender • Geschlecht • Norm • Screen
ISBN-10 3-7445-0644-4 / 3744506444
ISBN-13 978-3-7445-0644-1 / 9783744506441
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