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Chaosköniginnen (eBook)

Weiter als die weite Welt
eBook Download: EPUB
2024
224 Seiten
Tulipan (Verlag)
978-3-641-32925-9 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Chaosköniginnen - Valentina Brüning
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Fritzis Noten sind unterirdisch und der Versuch, das Ganze zu vertuschen, ist so krachend fehlgeschlagen, dass ihre Eltern sie nun an die ganz kurze Leine nehmen. Den Longboard Downhill-Wettkampf kann sie jetzt natürlich vergessen. Trotzdem beginnt sie zu trainieren, wann immer sie sich davonschleichen kann. Und trifft dabei auf Kim, der genauso fürs Downhillen brennt wie sie selbst. Warum nur fällt es ihr so schwer, Jannik von ihm zu erzählen? Als dann auch noch die Nachricht wie eine Bombe einschlägt, dass Lou mit ihrem Vater ans andere Ende der Welt ziehen soll, geraten alle Gewissheiten ins Wanken. Was hält eine junge Liebe, aber auch eine Freundschaft wirklich zusammen, und wann drohen selbst tiefe Verbindungen zu reißen? Das große Staffelfinale der erfolgreichen Romanreihe! (Band 4)

Valentina Brüning wurde in Frankfurt am Main geboren. Sie studierte Produktion und Drehbuch an der Filmakademie Baden-Württemberg und arbeitet seither als Drehbuchautorin. Zuletzt erschien der erste Band ihrer neuen Buchreihe 'Bulettenbande'.

WAHRHEIT ODER LÜGE


Klatsch! Zwei Lateinhefte landen vor Fritzi auf dem Tisch, sie schreckt hoch. Herr Mollenhauer klopft ihr sachte, beinahe väterlich auf die Schulter. »Wir reden dann nach der Stunde«, murmelt er und verteilt die restlichen Arbeiten.

Fritzi ist irritiert, das hat er noch nie gemacht und so was hat er auch noch nie gesagt! Das war nicht streng, das war bedauernd, beinahe mitleidig. Fritzi blickt von ihrem Lehrer zu den Klassenarbeitsheften auf dem Tisch.

Chiara zieht das obere zu sich herüber. »Schon wieder nur ’ne Eins minus«, stellt sie enttäuscht fest.

Fritzi öffnet ihr Heft und schlägt es auf halbem Weg direkt wieder zu. Eine rote Sechs leuchtet wie ein Nachhallbild vor ihrem inneren Auge. Das kann nicht sein. So schlecht war sie nicht! Oder doch? Sie hatte extra unzählige Verabredungen mit Jannik abgesagt, nur um für diese Arbeit zu lernen! Vielleicht hat sie sich verguckt? Fritzi wirft einen zweiten Blick in ihr Heft. Der unordentliche rote Kringel steht genau da, wo die Note stehen soll – unter ihren letzten Sätzen, neben Herrn Mollenhauers Kürzel und der Punktzahl: drei von 66 Punkten. Ihr Mund wird schlagartig trocken und ihre Wangen unangenehm heiß, sie glühen förmlich. Fritzi versucht sich zusammenzureißen. Ein Kloß steigt in ihrem Hals auf. Jetzt nicht weinen! Jetzt bloß nicht weinen! Auch ihr Magen fühlt sich unangenehm leer an, dabei hat sie eigentlich ganz gut gefrühstückt. Während Herr Mollenhauer den Klassenspiegel an die Tafel schreibt, ringt Fritzi weiter um Fassung.

Keine Vier, keine Fünf, eine Sechs. Sie ist die einzige Dumme hier. Mit einem Mal wird Fritzi speiübel, sie muss aufstoßen und schmeckt Magensäure. Sie greift nach ihren Sachen und fängt einen besorgten Blick von Chiara auf. Auch Peti sieht sie fragend an. Fritzi läuft ohne ein weiteres Wort aus dem Klassenzimmer.

»Fräulein Winter?«, tönt Herr Mollenhauer und kommt mit großen Schritten hinter ihr her. »Fräulein Winter?«

Am Treppenabsatz dreht Fritzi sich zu ihm um, sie müht sich, all ihre Gefühle unter Verschluss zu halten. »Ich muss aufs Klo«, japst sie und stürmt die Treppe hinunter. Sie ist so schnell, dass sie jeden Augenblick die Kontrolle über ihre Füße zu verlieren droht. Ihre Vans berühren kaum noch die einzelnen Stufen. Sie zerrt die schwere Tür zum Hof auf und spuckt einen Mundvoll ihres Frühstücks in den Busch. Heiße Tränen rinnen über ihre Wangen. Fritzi saugt die kühle Morgenluft ein. Sie versucht sich zu beruhigen, doch es kommen immer mehr Tränen. Eine Sechs in Latein. So eine Scheiße!

Es dauert keine zwei Minuten, da fliegt die schwere Treppenhaustür hinter ihr auf. Peti und Chiara stürmen auf sie zu. »Fritzi!«

Sie wischt sich mit dem Ärmel ihrer Jeansjacke über die Wangen, versucht ihre Gefühle zu verbergen.

»Was ist los, was ist passiert?«, fragt Chiara besorgt.

Natürlich sehen ihre beiden besten Freundinnen sofort, dass sie geweint hat. Am liebsten würde Fritzi ihnen eine Ausrede auftischen, so peinlich ist ihr diese unterirdische Note, zum im-Erdboden-Versinken peinlich.

»Hast du ’ne blöde Nachricht bekommen?«, fragt Peti. Tja, das kann man wohl sagen.

»Ist was mit Jannik?«, will Chiara wissen.

»Oder mit deinen Eltern?«, hakt Peti nach.

»Ich hab die Arbeit in den Sand gesetzt«, murrt Fritzi zögerlich.

Peti atmet auf. »Och Mensch, du Arme, komm mal her.« Fritzi lässt sich von ihrer Freundin fest drücken. »Dabei hast du so tapfer gelernt, nächstes Mal schaffst du bestimmt ’ne Zwei!«, versucht Peti sie zu trösten.

Fritzi löst sich aus der Umarmung. Ihre Freundinnen sehen sie aufmunternd an. Und dann purzelt die Wahrheit einfach so aus ihrem Mund heraus: »Ich hab keine Drei minus, ich hab die Sechs!«

Peti und Chiara klappen die Münder auf. Damit haben sie nicht gerechnet.

»Scheiße«, stöhnt Peti total schockiert. »Aber hast du deinen Eltern nicht …?«

Fritzi nickt und ein erneutes Gefühl von Übelkeit überkommt sie. »Ich hab ihnen versprochen, mich jetzt endlich wieder so richtig auf die Schule zu konzentrieren.«

Chiara und Peti tauschen einen besorgten Blick.

Fritzi zuckt hilflos mit den Schultern. »Das wars dann wohl mit dem freien Leben. Unseren Campingausflug kann ich knicken und skaten darf ich bestimmt auch nicht mehr.« Leise schiebt sie hinterher: »Und Jannik darf ich bestimmt auch nicht mehr sehen.« Ihr Herz schrumpft auf die Größe einer Rosine und aus ihren Augen kullern wieder dicke, heiße Tränen. Fritzi lässt sie einfach laufen. Nun ist es Chiara, die sie so fest in den Arm nimmt, wie sie kann. Peti sucht währenddessen nach einem Taschentuch, findet aber keines und zieht in alter Chaosköniginnen-Manier eine ihrer Socken aus.

»Rotzesocke gefällig?«, fragt sie aufmunternd und schwingt den Strumpf vor Fritzis Gesicht hin und her.

Fritzi schmunzelt, schüttelt den Kopf und streicht sich entschieden die Tränen von den Wangen.

»Komm, wir müssen wieder hoch«, sagt Peti. »Wir haben dem Molli versprochen, dich zurückzuholen.«

»Sehe ich sehr verheult aus?«

Chiara zieht einen Lippenstift aus ihrer Hosentasche und ehe es sich Fritzi versieht, hat sie ihre Lippen schon in grelles Rot getaucht. »Wow, das steht dir gut!«

»Krass, du siehst gleich drei Jahre älter aus«, stellt Peti fest.

»Fühlt sich an, als hätte ich ’ne Schicht Kleister mit Erdbeergeschmack auf den Lippen.«

»Schmeckt gut, oder?«

Fritzi nickt halbherzig und Chiara hakt sich selbstzufrieden bei ihr unter.

Peti räuspert sich. »Wusstet ihr, dass eine Frau im Laufe ihres Lebens durchschnittlich dreieinhalb Kilogramm Lippenstift isst?«

Fritzi verzieht angewidert das Gesicht. »Das ist ganz schön viel.«

»Ich glaub, das will ich lieber gar nicht wissen«, murmelt Chiara.

»Vielleicht wäre das ein gutes Thema für mein nächstes ›Jugend forscht‹-Projekt«, überlegt Peti laut.

»Ich bin gern dein Testobjekt!«, verkündet Chiara.

»Ich – NICHT!«, murmelt Fritzi und bringt die anderen beiden mit ihrem trockenen Kommentar zum Lachen.

Die Chaosköniginnen lehnen sich gegen die schwere Tür und gehen eingehakt die Treppe hoch Richtung Klassenzimmer.

»Wegen meiner Note …«, wendet sich Fritzi beklommen an ihre Freundinnen, »… redet da bitte mit niemandem drüber, ja?«

»Ehrensache«, verspricht Peti.

Chiara fügt hinzu: »Wenn du magst, können wir aber beim Gespräch mit deinen Eltern dabeisein! Und wir könnten beteuern, wie schwer die Arbeit war!«

»Und wenn sie fragen, welche Noten ihr habt, was dann?!«

»Hast recht. Blöde Idee«, lenkt Chiara ein.

»Ich muss das leider alleine schaffen«, sagt Fritzi niedergeschlagen.

Peti überlegt laut: »Und wie wäre es, wenn wir nachher am Camper auf dich warten? Dann sind wir in der Nähe, falls du uns brauchst, und wenn du es hinter dir hast, kommst du!«

Fritzi lächelt. »Das wäre toll!«

Die drei kehren gemeinsam ins Klassenzimmer zurück und setzen sich. Herr Mollenhauer nickt Fritzi aufmunternd zu, als wolle er sagen: »Wird schon, Winter.« Laut sagt er nichts und Fritzi ist sehr froh darüber.

Schritt für Schritt geht der Lehrer die Aufgaben durch. Eigentlich müsste vor allem Fritzi jetzt jedem seiner Worte lauschen, aber sie bemerkt kaum, dass er spricht. Fieberhaft überlegt sie, wie sie ihren Eltern das Zustandekommen dieser Note erklären könnte, ohne ihnen recht zu geben. »Fritzi, wir glauben, du hast die Dinge nicht mehr unter Kontrolle«, hat Sven bedeutungsschwanger gesagt, als sie mit ihrem Halbjahreszeugnis nach Hause gekommen war.

Kontrolle, so ein Mist. Sie war doch mit Jannik gerade erst dabei herauszufinden, wie es sich anfühlt, endlich mal keine Kontrolle zu haben. Den Kopf einfach auszumachen und nur den Moment zu spüren. Nicht, dass sie irgendwas total Verrücktes täten, nein. Sie küssen sich, so richtig, mit vollem Gefühl. Er küsst ihren Hals, sie spürt dann dieses Kribbeln im ganzen Körper und kann nicht genug davon kriegen. In diesen Augenblicken ist sie so weit weg von jeglicher Kontrolle. Einmal hat sie sogar einen kleinen Seufzer von sich gegeben. Im ersten Augenblick hat sie sich fürchterlich dafür geschämt, aber Jannik hat ihr geschworen, dass er es überhaupt nicht peinlich fand. Im Gegenteil, er fand es irgendwie gut.

Ihre Eltern waren besorgt, dass sie das Wesentliche, nämlich Schule und Gemeinschaftsaufgaben, aus den Augen verloren hatte. Ulla und Sven hatten sie mit Fragen darüber gelöchert, was sie für eine Schülerin sein wolle. Wie sie sich ihre Zukunft vorstelle und überhaupt. Schließlich hatten sie ihr Unterstützung angeboten, genau diese Schülerin wieder zu werden. Aber Fritzi hatte abgelehnt. Etwas in ihrem Inneren hatte sich lautstark dagegen aufgelehnt, anzuerkennen, dass sie ein ernsthaftes Problem hatte. Denn dann hätte sie sich auch eingestehen müssen, dass sie zu viel Zeit für Jannik und zu wenig Zeit für die Schule aufwandte. Aber wie sollte etwas, dass sich so gut anfühlte, falsch sein?

Zugegeben, seit den Herbstferien waren ihre Noten sprichwörtlich in den Keller gerutscht. Sie hatte Chiaras Plan, über schlechte Erinnerungen »drüberzuknutschen«, anfangs für ziemlichen Quatsch gehalten, es aber dennoch auf einen Versuch ankommen lassen. Und es funktionierte tatsächlich! Sie hatte Jannik zu jeder Gelegenheit geküsst. Anfangs noch angestrengt, denn die Erinnerung daran, wie Emma ihn abschlabberte, war noch allzu präsent gewesen. Dann fiel es ihr...

Erscheint lt. Verlag 1.8.2024
Illustrationen Maja Bohn
Sprache deutsch
Themenwelt Kinder- / Jugendbuch Jugendbücher ab 12 Jahre
Schlagworte 2024 • ab 12 • Band 4 • eBooks • Erste Liebe • Freundschaft • Liebe • Neuerscheinung
ISBN-10 3-641-32925-6 / 3641329256
ISBN-13 978-3-641-32925-9 / 9783641329259
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