Die Schule der Mitternachtswelt 1 (eBook)
320 Seiten
Insel Verlag
978-3-458-78149-3 (ISBN)
Der fesselnde Auftakt eines Fantasyabenteuers rund um eine Schule für magische Wesen
Der Halbvampir Simeon kennt bislang nur die Welt der Tagaktiven, der Menschen - und dort hatte er es mit seiner Sonnenallergie nicht leicht. Endlich besucht er die berühmte Schule der Mitternachtswelt, in der alle magischen Wesen gemeinsam unterrichtet werden. Doch schon am ersten Schultag erwartet Simeon ein echter Schock: Ausgerechnet in seine Klasse geht Eir, die einzige Werwölfin der Schule. Er ist misstrauisch, denn Vampire und Werwölfe sind schon seit Jahrhunderten verfeindet. Als sich rätselhafte Ereignisse häufen und immer mehr Schüler spurlos verschwinden, fällt der Verdacht auf Eir. Aber hat sie wirklich etwas damit zu tun? Und warum bleiben die Lehrer vollkommen untätig?
Um die Vermissten zu finden, ermitteln Simeon und seine Freunde auf eigene Faust. Dabei erfahren sie nicht nur ein überraschendes Geheimnis der Werwölfe. Sie kommen auch einer Intrige auf die Spur, die die Existenz der gesamten Mitternachtswelt gefährdet. Nur wenn sie alte Feindschaften überwinden und neue Verbündete finden, können sie die Schule und die magische Welt retten.
Maëlle Desard lässt sich gerne von Büchern in fantastische Welten entführen. Im Elsass geboren und aufgewachsen, lebt sie heute in der Schweiz, in der Nähe des Genfer Sees. Sie spielt leidenschaftlich gerne Videospiele - in Wahrheit zwar nur ein einziges, aber das spielt sie schon seit vierzehn Jahren.
1
Ich hasse es, zu spät zu kommen.
Aber jetzt würde ich ein Dutzend Panikattacken in Kauf nehmen, wenn ich DOCH NUR die Zeit zurückdrehen und mich daran hindern könnte, meine Familie zu einem früheren Aufbruch zu drängen.
Seit fünfundvierzig Minuten sind wir jetzt schon hier und warten im Auto. Fünfundvierzig Minuten, in denen ich meinen Eltern dabei zuhören muss, wie sie sich in die Wolle kriegen, während ich die ganze Zeit fürchte, zu laut zu atmen und ihnen dadurch einen weiteren Anlass zur Kritik zu geben.
Und das alles nur, weil ich ein Pünktlichkeitsfanatiker bin. Man könnte auch Idiot sagen.
Um ehrlich zu sein, bin ich an der schlechten Stimmung nicht ganz unschuldig. Die dicke Luft, die im Auto herrscht, ist nur die Quintessenz dessen, wie es seit zwei Wochen bei uns zuhause zugeht.
Ich seufze auf, halte jedoch sofort inne, als mir bewusst wird, welches Risiko ich damit eingehe. Aber alles ist nochmal gut gegangen: Mein Vater und meine Mutter sind zu sehr damit beschäftigt, sich über den Rückspiegel mit den Blicken zu töten. Er, vorne auf dem Fahrersitz, das dunkle Haar lichtet sich bereits, seine Augen sind braun und seine Haut hat die Farbe von weißem Sand. Sie sitzt neben mir auf der Rückbank, ihre Zöpfe reichen bis zur Hüfte, ihre Augen schimmern rötlich violett, ihr Teint erinnert an Bernstein.
Wie Tag und Nacht.
Das meine ich tatsächlich wörtlich. Denn meine Mutter ist ein Vampir aus dem Mitternachtsreich, aus dem all jene Gestalten stammen, die die Geschichten und Alpträume eurer Kindheit bevölkern. Und mein Vater ist ein Mensch der Mittagswelt, eurer Welt also, mit ihrer blöden Sonne und dem Fehlen jeglicher Form von Magie.
»Hörst du uns überhaupt zu, Simeon?«
Ich richte mich auf. »Aber ja, Mama. Natürlich …«
»Ich weiß nicht, was in letzter Zeit mit dir los ist«, knurrt sie. »Aber ich erwarte von dir, dass du dich in der Schule tadellos benimmst, ist das klar?«
Ich nicke.
»Die Akademie ist bei der Beurteilung der Bewerbungsunterlagen sehr streng. Und ich dulde keine weiteren Fehltritte, habe ich mich deutlich genug ausgedrückt?«
Ich werde auf meinem Sitz immer kleiner.
»Er ist doch noch jung«, sagt mein Vater mit einem Seufzen. »Vielleicht könntest du …«
»Könnte ich was?«, schneidet meine Mutter ihm das Wort ab. »Ihm dabei zuschauen, wie er durch sein unüberlegtes Verhalten seine Zukunft ruiniert? Ihn glauben lassen, dass wir immer da sind, um die Scherben hinter ihm wieder aufzusammeln? Der Junge braucht kein Verständnis, er braucht Disziplin. Er ist nicht wie seine Schwester, für ihn wird alles viel schwerer sein.«
Es kostet mich all meine Kraft, ruhig zu bleiben. Sobald ich jedoch die geringste Schwäche zeige, würde das noch endlos so weitergehen. Und das will ich auf keinen Fall. Nicht so kurz vor dem Ziel.
Also lasse ich meinen Blick nach draußen wandern, zur Mitternachtsschule auf der gegenüberliegenden Straßenseite. Das Gebäude ist, man kann es nicht anders sagen, total hässlich. Aber nach zwei alptraumhaften Wochen kommt es mir so vor, als sei es von einem überirdischen Strahlen umgeben und würde mir liebevoll »Freeeeiiiheit« zuflüstern.
Laut meinem Vater war in dem Gebäude, bevor es zu einer Schule umfunktioniert wurde, ein Kloster untergebracht. Das erklärt sein strenges Aussehen. Und sicher auch, warum man seine Front, in dem missglückten Versuch, es etwas freundlicher aussehen zu lassen, bis zu den Dachluken mit Geranien geschmückt hat. Epic fail: Jetzt sieht es so aus, als habe das Gebäude starke Akne. Immerhin gibt ihm das einen nahbaren Touch, vielleicht werden wir beide ja T-Zonen-Kumpel.
»Wenn du in den gehobenen Staatsdienst aufgenommen werden willst«, wiederholt meine Mutter zum tausendsten Mal und reißt mich aus meinen Gedanken, »musst du auf die Akademie gehen. Und dass du dort angenommen wirst, Simeon, setzt tadelloses Verhalten in jeder Hinsicht voraus. Fleißig sein, keine Widerworte geben und nicht negativ auffallen.« Sie schlägt sich mit der Faust auf den Oberschenkel, um ihre Aussage zu unterstreichen.
›Keine Sorge, Mama‹, hätte ich am liebsten geantwortet, ›ich werde den Kopf einziehen, so sehr, dass ich den Gebeinen in der Gruft Hallo sagen kann.‹ Aber ich verkneife es mir. Meine Mutter hat so viel Humor wie ein Stuhlbein.
»Ich weiß, Mama«, versuche ich sie stattdessen zu beruhigen. »Meine Bewerbungsunterlagen werden makellos sein. Sogar glänzend.«
Meine Mutter runzelt die Stirn, als sie den Hauch von Genervtheit wahrnimmt, der sich in meine Stimme geschlichen hat.
»Ich finde dich ganz schön frech für jemanden, der sich vor nicht einmal zwei Wochen ohne seinen Schleier fast von der Sonne hat überraschen lassen.«
Ich zucke zusammen. Verdammt, ist sie flott. Eine echte Kritik-Akrobatin, auf Cirque-de-Soleil-Niveau. Wenn ich nicht auch noch das letzte bisschen Selbstachtung verlieren will, muss ich unbedingt weitere Vorwürfe verhindern. Also zwinge ich meine Stirn dazu, sich nicht in Falten zu legen, und meinen Mund, sich nicht zu verziehen, bloß keine Gefühle zeigen. Meine Mutter mustert mich scharf. Als sie merkt, dass von meiner Seite mit keiner Reaktion zu rechnen ist, fährt sie mit ihren Ratschlägen fort. Darunter einer ihrer Favoriten: Welche Sanguinade-Sorten ich, ihrer Erfahrung nach, lieber nicht oder auf jeden Fall zu mir nehmen sollte.
»Pass bei der Rinder-Sanguinade auf«, warnt sie mit erhobenem Zeigefinger. »Du weißt, wie schwer dir die im Magen liegt.«
Über den Rückspiegel sehen mein Vater und ich uns ertappt an, und er schenkt mir eines dieser immergleichen Lächeln, die ein bisschen traurig sind und mir durch Mark und Bein gehen. Er ist enttäuscht darüber, dass ich so bin … nun, wie ich eben bin. Wir beide stehen uns nicht besonders nah. Das hängt natürlich auch damit zusammen, dass ich Sonnenlicht absolut nicht vertragen kann und sich deshalb nur wenige gemeinsame Aktivitäten ergeben. Ich glaube, es verstört ihn, dass sein Sohn so anders ist als er. Wohingegen meine große Schwester, die ach so tolle, einzigartige und fabelhafte Suzelle, die beiden Welten auf perfekte Art in sich vereint.
Von meiner Mutter aus dem Mitternachtsreich hat sie ihre beeindruckende Schönheit. Und dank meines Vaters kann sie problemlos in die Sonne gehen, alle Nahrung der Mittagswelt essen und ein ganz normales Leben unter Menschen führen.
Ich dagegen habe bei der genetischen Lotterie die Niete gezogen und nur die negativen Eigenschaften beider Welten mit auf den Weg bekommen. Ihr glaubt mir nicht? Wartet, bis ich euch das Ausmaß des Desasters geschildert habe.
Von meiner Mutter habe ich:
-
meine Sonnenallergie;
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mein Verdauungssystem, das nichts als Blut, Blut und nochmals Blut verträgt;
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meinen aufbrausenden Charakter, der mir, laut meinen Eltern, später noch einmal Ärger bereiten wird.
Und von Seiten meines Erzeugers wird es nicht besser. Hier habe ich Folgendes zu bieten:
-
einen ziemlich ausgeprägten Körperumfang, mein Hintern erinnert an ein Milchbrötchen, und an den Oberschenkeln habe ich Dehnungsstreifen;
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Pickel, weil die Pubertät ja ohne blinde Passagiere, die sich plötzlich mitten auf deinem Gesicht niederlassen, langweilig wäre;
-
außerdem bin ich kurzsichtig wie ein Maulwurf.
Ich bin eine ziemlich glamouröse Inkarnation von Mensch und Vampir, oder?
Meine Mutter wird nicht müde, an all meinen Mängeln herumzunörgeln und mit viel Mühe zu retten, was zu retten ist. Doch ich höre nicht auf ihre Verbote und Anweisungen. Das ist übrigens das einzige Geheimnis, das ich mit meinem Vater teile: Er ist mittlerweile Profi im Schmuggeln meiner Lieblings-Sanguinade und kümmert sich darum, dass ich immer mit den größten Leckerbissen versorgt werde.
»Ich bleibe bei den Light-Varianten«, verspreche ich meiner Mutter.
...Erscheint lt. Verlag | 13.10.2024 |
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Reihe/Serie | Die Schule der Mitternachtswelt |
Übersetzer | Anne Gabler |
Sprache | deutsch |
Original-Titel | École de Minuit |
Themenwelt | Kinder- / Jugendbuch ► Jugendbücher ab 12 Jahre |
Schlagworte | Addam's Family • aktuelles Buch • Bücher Neuererscheinung • École de Minuit deutsch • Gänsehaut • Gruseln • Halloween • Harry Potter • Jugendbuch Vampir • Jugendbuch Werwolf • Kürbis • magische Schule • magisches Internat • Neuererscheinung • neues Buch • Schauergeschichten • wednesday |
ISBN-10 | 3-458-78149-8 / 3458781498 |
ISBN-13 | 978-3-458-78149-3 / 9783458781493 |
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