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The Reappearance of Rachel Price (eBook)

Spiegel-Bestseller

(Autor)

eBook Download: EPUB
2024
576 Seiten
ONE (Verlag)
978-3-7517-6165-9 (ISBN)

Lese- und Medienproben

The Reappearance of Rachel Price - Holly Jackson
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Von der internationalen Bestseller-Autorin und Gewinnerin des TikToks-Awards 2023 als »Author of the Year«
Farbschnitt und Page-Overlay exklusiv in der ersten Auflage!
Vor 16 Jahren verschwand Bels Mutter Rachel auf mysteriöse Weise. Die damals 2-jährige Bel war die einzige Zeugin - und erinnert sich an nichts. Der Fall wird neu aufgerollt, als ihr Vater einer True-Crime-Doku zustimmt. Bel kann es kaum erwarten, dass die Dreharbeiten zu Ende gehen und ihr Leben zur Normalität zurückkehrt. Doch dann geschieht das Unmögliche: Rachel steht plötzlich vor der Tür. Und erzählt eine haarsträubende Geschichte. Kann es sein, dass sie lügt? Und wenn ja: Wo war sie all die Jahre wirklich? Während die Kameras laufen, macht sich Bel auf die Suche nach der Wahrheit - und findet Dinge über ihre Familie heraus, die alles für sie verändern ...

Holly Jackson hat sich schon als Kind gern Geschichten ausgedacht. Sie lebt in London, und wenn sie nicht gerade schreibt oder liest, spielt sie am liebsten Computerspiele oder sucht nach Rechtschreibfehlern auf Verkehrsschildern. Die preisgekrönte Autorin ist durch ihre NYT-Bestsellerreihe A GOOD GIRL'S GUIDE TO MURDER bekannt geworden. THE REAPPEARANCE OF RACHEL PRICE ist ihr neuester YA-Kriminalroman.

Eins


»Was, denkst du, ist mit deiner Mutter passiert?«

Das Wort hörte sich in Bels Ohren falsch an, als er es aussprach. Mutter. Unnatürlich. Aber nicht ganz so schlimm wie Mom. Mom drückte von innen gegen ihre Lippen, unförmig und wütend wie eine aufgequollene Schnecke, die schließlich hervorbrechen und auf den Boden fallen würde, wo sie jeder anstarren konnte. Denn das täte jeder; wie immer. Dieses Wort gehörte nicht in ihren Mund, also sprach Bel es nicht aus, wenn sie es vermeiden konnte. Mutter klang zumindest kalt, irgendwie distanziert.

»Ist schon okay. Lass dir Zeit«, sagte Ramsey, dessen Vokale abgehackt und entblößt klangen.

Bel blickte hinüber zu ihm, mied aber die Kamera. Sorgenfalten bildeten sich auf seiner dunklen Stirn und zurrten an seinen Augenwinkeln, als er Bel fixierte, denn sie ließ sich bereits Zeit, zu viel Zeit; mehr als bei den Probe-Interviews der letzten Tage. Er kratzte sich an der Schläfe, genau da, wo sein krauses dunkles Haar über den Ohren zu verblassen begann. Ramsey Lee: Filmemacher und Regisseur aus Südlondon – eine Welt entfernt von allem hier in Gorham, New Hampshire, wo er ihr gegenübersaß.

Ramsey räusperte sich.

»Ähm …«, begann Bel und verschluckte sich an der Schnecke. »Ich weiß nicht.«

Ramsey lehnte sich zurück, wobei sein Stuhl knarzte, und Bel erkannte an dem Aufschimmern von Enttäuschung in seinem Gesicht, dass sie es nicht gut machte. Schlimmer. Es musste die Kamera sein. Die Kamera veränderte alles, weil sie so beharrlich war. Eines Tages würden Tausende von Menschen dies hier sehen und wären nur durch das Glas des Fernsehbildschirms davon getrennt. Sie würden jedes Wort analysieren, das sie sprach, jede Pause, die sie machte, und etwas dazu zu sagen haben. Sie würden ihr Gesicht mustern: ihre warmweiße Haut; die roten Wangen; ihr scharfgeschnittenes Kinn, das noch spitzer wurde, wenn sie sprach, vor allem, wenn sie lächelte; ihr honigblondes Haar und die runden, graublauen Augen. Sieht sie nicht aus wie Rachel früher?, würden sie sagen, die Leute jenseits des Fernsehbildschirms. Bel fand, dass sie eigentlich eher ihrem Dad ähnelte, aber danke.

»Tut mir leid«, ergänzte Bel und kniff die Augen zu. Grellorangefarbenes Licht leuchtete ihr aggressiv aus den drei Softboxen entgegen. Sie musste nur diesen Dokumentardreh durchstehen, so tun, als würde sie es nicht hassen, und über Rachel sprechen. Danach konnte sie wieder in ihr normales Leben zurückkehren, ein Leben, in dem nicht über Rachel geredet wurde.

Ramsey schüttelte den Kopf, und ein kleines Lächeln brach durch.

»Schon gut«, sagte er. »Es ist eine schwierige Frage.«

War es im Grunde nicht. Und die Antwort genauso wenig. Bel wusste wirklich nicht, was mit ihr passiert war. Das wusste niemand. Darum ging es ja gerade.

»Ich glaube, sie …«

Hinter der Kamera stolperte jemand über ein Kabel, das aus der Wand riss. Eine der Lampen schwankte flackernd auf dem wackligen Fuß und erlosch. Bevor sie umfiel, packte eine Hand die Lampe und richtete sie wieder auf.

»Oh, Mist. Sorry, Rams«, sagte der Mann, der gestolpert war, und folgte dem losen Kabel zurück zur Steckdose. Da das Licht jetzt aus war, sah Bel ihn zum ersten Mal richtig. Sie konnte nicht sagen, ob sie ihn vorher bemerkt hatte, als Ramsey ihr das Team vorgestellt hatte, weil sie zu sehr von den Lichtern und der Kamera geblendet gewesen war. Er müsste der Jüngste in der vierköpfigen Crew sein, nicht viel älter als sie. Und womöglich war er der lächerlichste Mensch, den Bel jemals gesehen hatte. Sein braunes Haar fiel ihm in dichten Locken bis auf die Schultern und war zu einer Seite seines blassen, kantigen Gesichts gestrichen, das voller Schatten war; er trug eine Hose mit Schottenkaro und Schlag zu einem hellvioletten Pulli mit kleinen grün-gelben Dinosauriern, die quer über seine Brust liefen.

»Sorry«, wiederholte er, und das O verriet ihn; er musste auch aus London sein. Mit einem Ächzen drückte er den Stecker zurück in die Dose, sodass das Licht aufschien und ihn vor Bel verbarg. Gott sei Dank, denn dieser hässliche Pullover lenkte sie ab.

»Ich hatte dir gesagt, du sollst die Kabel festkleben, Ash.« Ramsey lehnte sich zur Seite, um an der Lichtwanne vorbeizuschauen.

»Habe ich …«, war Ashs Stimme hinter dem Licht zu hören. Sie wirkte irgendwie kantig, so wie sein Gesicht. »Bis das Klebeband alle war.«

»Alter, wir haben an die fünfzigtausend Rollen oben!«, erwiderte Ramsey.

»Fünfzigtausend und eine«, sagte die Frau hinter dem Mikrofon, das an einem langen Stab auf einem Stativ befestigt und mit einer grauen Flauschhülle versehen über Bel und Ramsey direkt außerhalb des Bilds schwebte. Saba, so hatte Ramsey sie genannt und sie als die Tonfrau vorgestellt. Sie hatte riesige Kopfhörer auf, die ihr Gesicht klein wirken ließen und die dunkle Haut ihrer Wangen in unnatürliche Falten drückten.

»Sorry«, erklang Ashs Stimme. »Ich richte das nachher.«

»Ist okay«, sagte Ramsey, dessen Züge für einen Moment weicher wurden. Dann sah er zu dem Mann hinter der riesigen Kamera. »James, warum schwenkst du zu Ash?«

»Ich dachte, wir wollten einen Cinéma-vérité-Stil für die Doku und du könntest das drin haben wollen.«

»Nein, das will ich nicht drin haben. Machen wir die Aufnahme noch mal, und diesmal passen bitte alle auf, wo sie hintreten.«

Ramsey lächelte Bel entschuldigend zu, die auf dem Plüschsofa vor kunstvoll arrangierten Kissen allen gegenübersaß.

»Ash ist mein Schwager«, erklärte er. »Ich kenne ihn schon, seit er elf war. Es ist sein erster Job, stimmt’s nicht, Ash? Als Kameraassistent.«

Ash: Kameraassistent. Saba: Tonfrau. James: Kameramann. Und Ramsey: Filmemacher, Produzent, Regisseur. Es musste nett sein, solche Worte zu haben, die auf den eigenen Namen folgten. Worte, die man selbst gewählt hatte. Bei Bel war es anders: Dies ist Annabel. Die Tochter von Rachel Price. Der letzte Teil wurde stets in einem vielsagenden Flüstern ausgesprochen. Denn obwohl Rachel nicht mehr da war, existierte alles nur in Bezug auf sie. Gorham war kein eigener Ort mehr; es war der Ort, in dem Rachel Price gelebt hatte. Nummer 33 Milton Street war nicht Bels Zuhause, sondern das Haus, in dem Rachel Price gewohnt hatte. Bels Dad, Charlie Price, tja, er war Rachel Prices Ehemann, obwohl der Price-Teil von ihm kam.

»Ash, die Klappe«, erinnerte Ramsey ihn.

»Oh.« Ash kam hinter dem Licht hervor und hielt eine schwarz-weiße Klappe mit beiden Händen. Auf dem Brett stand Das Verschwinden der Rachel Price. So hieß der Dokumentarfilm. Darunter war von Hand geschrieben: Interview mit Bel. Und sie war ehrlich überrascht, dass dort nicht einfach Rachel Prices Tochter stand.

Ash trat vor die Kamera, wobei die weiten Säume seiner Hosenbeine geräuschvoll aneinander entlangwischten.

»Take sechs«, sagte er und ließ die Klappe laut knallen, bevor er aus dem Bild huschte.

»Fangen wir noch einmal an.« Ramsey atmete langsam aus. Sie waren schon seit Stunden hier, und allmählich sah man es ihm an. »Deine Mum wird seit über sechzehn Jahren vermisst. In der ganzen Zeit hat es nirgends eine Spur von ihr gegeben. Keine Aktivitäten auf ihren Bankkonten, keinen Kontakt zur Familie, keinen Leichenfund, trotz großangelegter Suche. Natürlich gab es Sichtungen«, sagte er, wobei er sich zu sehr in das Wort hineinlehnte, sodass es schief herauskam. »Leute im Internet, die behaupten, Rachel gesehen zu haben. In Paris, in Brasilien. Vor wenigen Monaten sogar unweit von hier, in North Conway. Aber selbstverständlich sind das alles unbelegte Behauptungen. Deine Mum verschwand am dreizehnten Februar 2008. Was, denkst du, ist mit ihr passiert?«

Bel konnte nicht schon wieder Ich weiß nicht sagen, sonst dürfte sie nie gehen.

»Das ist mir genauso ein Rätsel wie dem Rest der Welt«, antwortete sie, und an dem Blitzen in Ramseys Augen erkannte sie, dass es eine bessere Antwort war. Okay, weitermachen. »Ich kenne alle Theorien, die Leute dazu aufgestellt haben. Und müsste ich eine aussuchen …«

Ramsey spornte sie mit einem Kopfnicken an.

»Ich denke, sie hatte versucht zu gehen. Sie ist gegangen. Und vielleicht wurde sie dann von einem opportunistischen Täter ermordet – den Ausdruck benutzen die Medien. Oder sie hat sich in den White Mountains verirrt, ist im Schnee gestorben, und ihre Überreste wurden von einem Tier gefressen. Deshalb haben wir sie nie gefunden.«

Ramsey beugte sich vor und stützte nachdenklich das Kinn in die Hand.

»Also hältst du es für das wahrscheinlichste Szenario, dass deine Mutter tot ist, Bel?«

Bel nickte halb und starrte zu dem Couchtisch vor ihr. Die volle Wasserflasche war nur eine Requisite; sie durfte nicht daraus trinken. Auf dem Tisch stand auch ein Marmorschachbrett, alle Figuren für die Schlacht aufgestellt, und Bels Knie zeigten auf das Niemandsland in der Mitte. Dieser umgestaltete Konferenzraum im Royal Inn in der Main Street war eine Bühne. Die Wasserflasche, das Schachbrett und die Kissen waren Staffage. Nichts hiervon war für irgendjemanden real. Alles nur Show.

»Ja, ich glaube, dass sie tot ist. Ich denke, sie starb an jenem Tag oder kurz danach.«

Dachte sie das? Spielte es eine Rolle? Weg war weg.

Ramsey blickte jetzt auch zu dem...

Erscheint lt. Verlag 20.8.2024
Übersetzer Sabine Schilasky
Sprache deutsch
Original-Titel The Reappearance of Rachel Price
Themenwelt Kinder- / Jugendbuch Jugendbücher ab 12 Jahre
Schlagworte a good girl's guide to murder • BBC • Booktok • Clear my name • Cold Case • Deutsche Ausgabe • Doku • Dokumentation • Ermittlung • Farbschnitt • Film • Fitz-Amobi • Germany • Jugendkrimi • Junge Erwachsene • Krimi für Jugendliche • missing person • Mord • overlay • Pippa • Spannung • Thriller • TikTok • True Crime • Unreliable Narrator • verschwunden • YA Crime • Young Adult
ISBN-10 3-7517-6165-9 / 3751761659
ISBN-13 978-3-7517-6165-9 / 9783751761659
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