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Sepia 1: Sepia und das Erwachen der Tintenmagie (eBook)

(Autor)

eBook Download: EPUB
2024 | 1., Auflage
384 Seiten
Thienemann in der Thienemann-Esslinger Verlag GmbH
978-3-522-61134-3 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Sepia 1: Sepia und das Erwachen der Tintenmagie - Theresa Bell
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»Ich könnte eine viel zu lange Liste mit Gründen nennen, weshalb du dieser Einladung folgen solltest. Aber ich möchte nur einen nennen: Flohall erwartet dich.« Dass in Flohall Tinte und Bücher wertvoller sind als Gold merkt die zwölfjährige Sepia schon bei ihrer Ankunft in der berühmten Hafenstadt mit ihrer duftenden Tinte und dem flüsternden Papier. Bei Silbersilbe, einem der drei großen Meister, soll sie das Handwerk des Buchdrucks lernen. Warum wurde gerade sie ausgewählt - ein tollpatschiges Waisenmädchen, das ständig Tintenflecken an den Fingern hat? Bald findet Sepia in Niki und Sanzio treue Freunde und erlebt ihr erstes Funkelfest. Doch es geschehen merkwürdige Dinge in Flohall. Tinte geht verloren, düstere Gestalten schleichen umher, und dann verschwinden die Meister. Sepia ahnt, dass das mit dem Tintenkrieg zu tun hat, und mit einem dunklen Alchemisten, den alle für längst besiegt gehalten haben. Auftakt einer Trilogie mit Suchtpotenzial

Theresa Bell wollte als Kind am liebsten Schauspielerin oder Piratin werden, studierte aber am Ende doch Japanologie und Germanistik. Sie liebt fantastische Geschichten, Kaffee und Zeichnen. Ihre Freizeit verbringt sie fast immer mit einem Stift in der Hand am Schreibtisch, irgendwo im Internet oder durch ihre Wahlheimat Hamburg streifend. Eva Schöffmann-Davidov, geboren 1973, hat schon als Kind alles gezeichnet, was ihr vor den Pinsel kam. Nach dem Abitur besuchte sie die Freie Kunstwerkstatt in München und studierte anschließend Gestaltung und Kommunikationsdesign an der Fachhochschule Augsburg. Seit ihrem Diplom 1998 illustriert sie mit großem Erfolg vorwiegend Kinder- und Jugendbücher und unterrichtet als Dozentin für Zeichnen an der Fachhochschule für Gestaltung in Augsburg.

PERLNACHT

Eismond 1, der erste Monat des neuen Jahres

Die klapprige Pferdekutsche passierte die Stadtgrenze von Flohall um Mitternacht, und dicke Nebelschwaden folgten ihr wie schüchterne Gespenster. Hoch oben am Himmel glänzte der Mond wie eine Silbermünze. Vorne auf der Kutsche saß ein grimmiger Mann und hinten ein Mädchen, das der Grund für seine schlechte Laune war.

Der kalte Wind riss an Sepias kurzem tiefschwarzem Haar, und sie zog sich ihren zerschlissenen Reiseumhang enger um die Schultern. Trotzig biss sie die Zähne zusammen und grub ihre Fingerspitzen in den Leinenbeutel, in dem alles steckte, was sie besaß: ein Wechselhemd, ein Paar dicke Stricksocken und der Brief.

Der Brief, der vor genau vier Wochen im Waisenhaus eingetroffen war. Ein schwarzer Umschlag aus festem, glattem Papier mit einem silbernen Wachssiegel darauf. Das Siegel zeigte ein Wappen: in der Mitte ein Buch, darüber der geschwungene Buchstabe S und darunter eine kleine Flamme. Auf der Rückseite stand nur ihr Name: Sepia. So war er von einem Boten im Waisenhaus in der Grauen Stadt abgegeben worden.

Allein das war schon mehr als seltsam. Jemand wusste, dass es sie gab und wie ihr Name war. Zumindest der Name, mit dem sie gerufen wurde, seit sie sich erinnern konnte. Den Text, der auf schwerem Büttenpapier gedruckt war, konnte sie mittlerweile im Schlaf aufsagen, so oft hatte sie ihn gelesen. Seinen Sinn begriff sie trotzdem nicht.

Sepia zog den mittlerweile völlig zerknitterten Brief hervor und faltete das Papier mit steifen Fingern auseinander. Worte in schwarzblauer Tinte schimmerten ihr entgegen, so klar und deutlich gedruckt wie die Inschrift auf einem Grabstein:

Flohall, Düstermond 1

An Sepia

Wenn du diesen Brief liest, bedeutet das, dass du bald zwölf Jahre alt bist und es dir erlaubt ist, das Graue Haus zu verlassen.

Aus diesem Grund möchte ich dich einladen, das überaus edle und ehrbare Handwerk der Buchdruckkunst zu erlernen. Die Druckerei Silbersilbe freut sich, dich als ihren neuen Lehrling willkommen zu heißen. Ohne falsche Bescheidenheit kann ich behaupten, dass ein Platz in meiner Werkstatt als großes Privileg angesehen wird, und ich könnte eine viel zu lange Liste mit Gründen nennen, weshalb du dieser Einladung folgen solltest.

Aber ich möchte nur einen nennen:

Flohall erwartet dich!

Hochachtungsvoll,

Aelius Atramento

Druckerei Silbersilbe

Sepia betrachtete den Brief. Seit einem Monat schwirrten ihr immer die gleichen Fragen durch den Kopf. Woher wusste dieser Aelius Atramento, wie alt sie war? Sepias eigene Erinnerung an ihr Leben war verschwommen. Für sie gab es keine Zeit vor dem Grauen Haus, keine Familie und keinen Geburtstag. Wie bei allen Kindern, deren Geburtstag unbekannt war, wurde der erste Tag des neuen Jahres zu diesem erklärt. Warum hatte dieser Meister Silbersilbe ausgerechnet sie eingeladen, bei ihm in die Lehre zu gehen? Sie, die handwerklich so geschickt war wie ein Elefant im Porzellanladen? Sie, die im Waisenhaus den Spitznamen Tintenfisch bekommen hatte, weil sie ständig Tintenflecken an den Fingerspitzen hatte, egal wie oft sie ihre Hände wusch. Ihre kränklichen Augenringe und ihr Geister-Teint trugen auch nicht dazu bei, dass sie als weniger sonderbar galt. Wenn Sepia eines früh gelernt hatte, dann das: Es war am besten, sich so unauffällig zu verhalten, dass sie sich fast unsichtbar fühlte.

Die allergrößte Frage war aber nur ein Wort.

»Flohall«, flüsterte Sepia.

Die berühmte Stadt, in der Tinte und Bücher angeblich wertvoller waren als Gold. Und ausgerechnet hier sollte sie nun in einer Druckerei lernen dürfen?

Immer tiefer fuhr der Wagen durch die verschlängelten Straßen in die Stadt hinein. Der Hafen lag längst hinter ihnen, und nun reihten sich schmale Fachwerkhäuser wie Bücher in einem Regal aneinander. Spitze Dächer drückten sich auf jedes Haus. Sepia hatte noch nie so viele Läden, Werkstätten und Geschäfte gesehen. Es duftete nach Kaminfeuer und Schnee. Im schwachen Licht der Öllaternen schimmerten hölzerne Fensterläden, und metallene Ladenschilder mit geschwungenen Buchstaben quietschten leise im Wind. Überall hingen tiefblaue Vorhänge und Stoffbahnen. Sie bauschten sich auf den Dächern, an Masten und flatterten vor Türen wie Fetzen aus Nachthimmel.

»Was sollen all die Fahnen und Vorhänge?«, fragte Sepia, mehr sich selbst als den schlecht gelaunten Kutscher.

Der schwieg eine gefühlte Ewigkeit, aber dann antwortete er ihr doch. »Es ist Perlnacht, Klapperkind. Die erste Nacht des neuen Jahres. Man hängt Stoffe vor die Tür’n und Fenster, damit die Geister draußen bleiben. Wenn’s stimmt, was die Leute hier glauben, bringt’s Unglück, an Perlnacht draußen zu sein. Die Tür’n zwischen den Welten stehen offen.«

Seine Worte jagten Sepia einen Schauer über den Rücken, was nicht nur an der fiesen Beleidigung lag. Klapperkind war ein gemeines Wort für Waisenkinder. Es sollte bedeuten, dass man ihre Knochen vor Kälte klappern hören konnte. Was absoluter Blödsinn war. Das Graue Haus war zwar kein schöner Ort, weil alles zu eng und zu klein war, aber sie hatte wenigstens nie frieren müssen.

»Was für Geister?«, fragte Sepia.

»Du bist zu neugierig, Klapperkind!«, schnauzte der Kutscher missmutig. Aber dann sprach er doch weiter. Vielleicht war ihm das Schweigen nach drei Tagen langweilig geworden. »Ist nur Aberglaube. Die sind alle verrückt hier mit ihrer Tinte und ihren Büchern. Glauben, dass Geister in der Stadt wohnen. In den Kanälen und in den Mauerritzen. Und wenn das Jahr zu Ende geht, sind sie unterwegs, ihre Tintengespenster. Deswegen zünden alle Kerzen an und trau’n sich nicht raus. Aber nicht mit mir, mich kriegen sie nicht mit ihren Geschichten. Ich hab das hier!« Er zog eine Kette unter seinem Hemd hervor und hielt sie hoch. Daran baumelte eine alte Hasenpfote. Sepia verzog das Gesicht. Der Kutscher packte den Talisman wieder weg und warf ihr einen unfreundlichen Blick zu. »Versteh nich’, wieso der Meister ausgerechnet dich will«, grummelte er wieder vor sich hin. »Na ja, er wird seinen Fehler schon noch bemerken.«

Sepia schwieg. Sie wollte es nicht zugeben, aber sie fürchtete, dass er recht hatte. Bei dem Gedanken wurde ihr Herz ein wenig schwer.

Mit einem Schnaufen brachte der Kutscher das Pferd plötzlich zum Stehen. Sie waren so tief in die Stadt hineingefahren, dass Sepia schon längst die Orientierung verloren hatte. Sie entdeckte ein Straßenschild, auf dem in verschnörkelter Schrift Bleierne Gasse stand, und runzelte die Stirn. Das klang nicht gerade vielversprechend. Der Karren wackelte, als der Kutscher sich herunterhievte. Er streckte sich, und Sepia hörte, wie seine Knochen knackten. »He, willst du da oben Wurzeln schlagen? Komm runter, wir sind da!«, schimpfte er.

Steif kletterte Sepia von dem Karren und presste den kleinen Leinenbeutel mit ihren wenigen Habseligkeiten an sich. Verstohlen warf sie einen Blick auf ihre Fingerspitzen. Sie waren schon wieder fleckig. Sepia krallte sie in ihren Beutel, um sie zu verstecken.

Langsam folgte sie dem Kutscher, der wortlos die Straße überquerte und auf ein schönes Haus zustapfte. Sepia legte den Kopf in den Nacken und konnte drei Stockwerke erkennen. Die hölzernen Fensterläden waren alle geschlossen. In der Mitte der weißen Mauer glänzte eine pechschwarze Holztür im schwachen Licht der Laterne. Vor der Türschwelle lag ein flacher schwarzer Marmorstein, und über der Tür baumelte ein Schild auf dem in schnörkellosen Lettern stand:

DRUCKEREI SILBERSILBE

Buchdruckkunst für alle Anlässe,
Bekanntmachungen und Geheimnisse

Inhaber: Aelius Atramento

Darunter prangte das Wappen, das sie in den letzten Monaten so oft auf dem Brief bewundert hatte: das silberne S über einem Buch, darunter die lodernde Flamme, alles auf tintenschwarzem Grund.

Jetzt spürte Sepia zum ersten Mal echte Beklommenheit. Dieser Ort war zu besonders. Sie fühlte sich vollkommen fehl am Platz.

Der Kutscher schniefte missmutig und klopfte öfter als nötig an die Tür. »Mitten in Perlnacht …«, murmelte er wieder und warf Sepia einen bösen Blick zu, als könne sie irgendetwas für den Tag.

Sepia starrte auf ihre bläulich verfärbten Fingerspitzen. Eine Weile blieb es still, und nur das leise Flüstern des Windes erfüllte die Nacht. Als Sepia sich gerade fragte, ob sie hier wohl noch bis zum Morgen stehen würden, waren von drinnen endlich Schritte zu hören. Ein Schlüssel klapperte im Schloss, dann wurde ein Riegel beiseitegeschoben und die Tür öffnete sich mit einem leisen Quietschen.

Sepia wehte ein Duft entgegen, so stark, dass sie instinktiv zurückzuckte. So rochen die Morgenzeitung und die Bittermandelplätzchen, die es manchmal im Waisenhaus zu essen gab, warm und angenehm. Darunter lag ein etwas stechender Geruch nach Alkohol und Medizin. So roch die metallene Spitze ihres Füllers. Und nun rauschten all diese Gerüche durch die Luft wie ein Sturmwind: der Duft von Tinte.

»Oi! Träumst du schon wieder!?« Der...

Erscheint lt. Verlag 24.2.2024
Reihe/Serie Sepia
Sepia
Illustrationen Eva Schöffmann-Davidov
Sprache deutsch
Themenwelt Kinder- / Jugendbuch Kinderbücher bis 11 Jahre
Schlagworte Abenteuer • Alchemie • Alchemist • böser Zauberer • Buchdruck • Buchmagie • Fantasy • Fantasy Schmöker • fantasyswelt • Freundschaft • Geschenk • Gutenberg • Kinderbuch • Kinderbücher ab 10 • Magie • magisch • Magische Bücher • Papier • Schmöker • Spannung • Tinte
ISBN-10 3-522-61134-9 / 3522611349
ISBN-13 978-3-522-61134-3 / 9783522611343
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