Lakestone Campus of Seattle, Band 2: What We Lost (Band 2 der unwiderstehlichen New-Adult-Reihe von SPIEGEL-Bestsellerautorin Alexandra Flint) (eBook)
512 Seiten
Ravensburger Buchverlag
978-3-473-51228-7 (ISBN)
Alexandra Flint wurde 1996 geboren und lebt mit ihrer Familie in München. Nach ihrem Studium der Elektro- und Informationstechnik widmet sie sich heute ganz ihrer großen Leidenschaft für Geschichten, die berühren und die Welt vergessen lassen. Neben dem Schreiben ist sie oft in der Welt unterwegs, liebt Liebesromane jeder Art, Kaffee und lange Tage mit Freund:innen. Instagram: @alexandraflint.autorin Website: alexandraflint.de
Alexandra Flint wurde 1996 geboren und lebt mit ihrer Familie in München. Nach ihrem Studium der Elektro- und Informationstechnik widmet sie sich heute ganz ihrer großen Leidenschaft für Geschichten, die berühren und die Welt vergessen lassen. Neben dem Schreiben ist sie oft in der Welt unterwegs, liebt Liebesromane jeder Art, Kaffee und lange Tage mit Freund:innen. Instagram: @alexandraflint.autorin Website: alexandraflint.de
Kapitel 1
Way down We Go – Stripped – Kaleo
Kace
»He! Du hast da eine Stelle vergessen.«
Die höhnischen Worte trafen mich im Nacken. Genau dort, wo meine nach diesem Tag ohnehin überstrapazierten Nerven saßen und kurz davor waren zu reißen. Doch so gerne ich meinen Frust auch rausgelassen hätte, der klägliche Rest meiner Selbstbeherrschung hielt mich davon ab. Weil ich diesen Scheißjob brauchte und weil ich in den seltensten Fällen am längeren Hebel saß.
Eigentlich nie.
Also atmete ich nur tief durch, umfasste den Griff meines in die Jahre gekommenen Putzwagens fester und ging einfach weiter. Achtete nicht auf den nächsten Ruf oder das selbstgefällige Lachen der Studierenden, sondern stellte die Musik in meinen weißen Kabelkopfhörern lauter und setzte meine Runde durch das abendliche Trinity College in Dublin fort. Je schneller ich fertig wurde, desto eher konnte ich nach Hause zu den Menschen, die mir wirklich etwas bedeuteten. Wie so oft war der Gedanke an meine Mam und Trix das Einzige, was mich davon abhielt durchzudrehen. Alles hinzuschmeißen. Oder wahlweise dem Studenten hinter mir klarzumachen, wohin er sich seine abfälligen Bemerkungen stecken konnte.
Wer zum Teufel machte sich heute noch über Putzkräfte lustig? Das war armselig.
Kopfschüttelnd biss ich die Zähne zusammen und blickte von meinen schwarzen Converse auf, als ich das Ende des breiten Gangs erreicht hatte. Ich war niemand, der häufig gut gelaunt war. Für die wenigen Leute, die ich meine Freunde nannte, war ich der personifizierte Pessimismus und irgendwo hatten sie recht damit. Ich stritt es nicht mal ab, zynisch und misstrauisch zu sein, dafür war die Realität in den meisten Stunden meines Tages zu grau. Dafür hatte mir das Leben einfach schon einmal zu viel ans Bein gepisst.
Doch als ich nun vor der breiten Tür stand, hinter der sich der Probensaal M3 der Musikfakultät befand, spürte ich, wie sich meine Stimmung nach Stunden zum ersten Mal merklich hob. Nicht weil ich erpicht darauf war, weitere vierhundert Quadratmeter zu wischen, sondern wegen der … Musik.
Musik, die meine Familie so viel gekostet hatte und die ich dennoch nicht hassen konnte. Zum Überleben brauchte.
Die Musik war eine Narbe, die brannte und gleichzeitig die hässlichen Risse zusammenhielt.
Paradox, wie mein ganzes kleines Leben, und gerade so widersprüchlich, dass es noch funktionierte. Aber vielleicht war ich auch einfach nur bemerkenswert masochistisch veranlagt.
Anders konnte ich mir jedenfalls nicht erklären, warum ich mich jeden Donnerstag nicht nur dem Musiksaal und damit all den schlechten Erinnerungen freiwillig aussetzte, sondern auch dem mit Abstand talentfreiesten Musikstudenten, den das Trinity je gesehen hatte. Sehr zum Leidwesen meiner Ohren.
Selbst durch meine Kopfhörer und die dicke Tür zum M3 konnte ich bereits die Disharmonien hören und fragte mich, warum ich mich überhaupt auf diesen verdrehten Bullshit eingelassen hatte. Aber ein Deal war nun einmal ein Deal und wenn ich ehrlich mit mir war, dann war Gavin gar nicht so verkehrt. Von seinem nicht vorhandenen Gespür für Musik einmal abgesehen.
Seufzend stopfte ich meine Kopfhörer in meine Hosentasche und stieß endlich die Tür zum Probensaal auf. Sofort verstummten die schiefen Klänge und ich machte mir erst gar nicht die Mühe, meine Erleichterung zu überspielen. In diesem Fall war die perfekte Akustik des Raums eher Fluch als Segen, besonders für jemanden wie mich.
»Yo, Kace, was geht? Ich dachte schon, du hättest dich auf deiner Route verlaufen.«
Ich schloss die Tür hinter mir, stellte den Putzwagen ab und wandte mich der leicht erhöhten Bühne zu, wo Gavin breitbeinig auf seinem Klavierhocker fläzte. Die Ellenbogen auf die Klaviatur gestützt und eine angebrochene Flasche Guiness auf dem glänzenden schwarzen Lack des Vordeckels – ohne Untersetzer, als wäre der Bechstein-Konzertflügel heruntergekommenes Pubinventar und kein Instrument im Wert von knapp zweihunderttausend Euro.
»Keine Sorge. Ich hätte dich nicht einmal überhören können, wenn ich es drauf angelegt hätte.«
»Du tust meiner Musik unrecht.«
»Ich könnte das Gleiche sagen.« Ich sprang zu ihm aufs Podium und verschränkte locker die Arme vor der Brust. »Welches Opfer hast du dir heute ausgesucht?«
Sein schiefes Grinsen wurde merklich breiter. »Habe ich den Song so sehr versaut, dass nicht einmal du ihn mit deinen Wunderohren erkannt hast?«
Ich verzog nur vielsagend das Gesicht und warf einen Blick auf die Noten, die mit unzähligen Bleistiftkritzeleien, Kommentaren und Markerspuren versehen worden waren. Inklusive einer beachtlichen Anzahl von nicht zu übersehenden Fragezeichen. Das, was Gavin gerade gespielt hatte, war also wirklich der erste Satz der Mondscheinsonate von Beethoven gewesen. Armer Ludwig.
»Mannaggia!« Gavin fuhr sich mit einem unterdrückten Fluchen durch die schwarzen Haare, die mittlerweile in alle Richtungen abstanden, sodass er ironischerweise eine gewisse Ähnlichkeit mit dem Komponisten besaß. »Du brauchst gar nicht so zu schauen. Das ist eine verfluchte Wissenschaft, die Normalsterbliche gar nicht verstehen können!« Worte auf Italienisch folgten, die ich wiederum nicht verstand. »Was mache ich falsch, Kace? Was bedeuten diese Schwünge und Zeichen und … merda, ich habe keine Ahnung, wie ich dieses dämliche Stück bis nächste Woche auf die Reihe bekommen soll.« Wieder ein italienischer Fluch, dann griff er nach dem Bier. »Warum zum Teufel musste es unbedingt Musik sein?«
In den Wochen, seit wir unseren Deal geschlossen hatten, hatte ich ein paar Dinge über Gavin erfahren: Erstens, seine Eltern schwammen im Geld und gewährten ihrem Sohn sein Rundum-sorglos-Studierendenleben, solange er gemäß der Familientradition Musik am Trinity studierte. Dass die Musik nicht unbedingt sein Steckenpferd war – von einem zugegeben beeindruckenden Talent fürs Rappen einmal abgesehen –, tat dabei nichts zur Sache. Und es war wirklich nicht an mir, die Dynamiken in seiner Familie zu hinterfragen. Zweitens, Gavin war unter seiner nervtötenden Machoschale wirklich verzweifelt und stand unter enormem Druck – Verzweiflung war etwas, womit ich mich gut auskannte. Und drittens, seine Gerissenheit kannte keine Grenzen.
Als er mich vor knapp zwei Monaten am Klavier in diesem Saal erwischt hatte, obwohl ich eigentlich den Boden hätte schrubben sollen, hatte er nicht gezögert und mir sofort einen Deal angeboten. Besser gesagt, mich erpresst, auf seine charmante, italienische Art. Ich half ihm, seinen Kurs in klassischer Musik zu bestehen, dafür verpfiff er mich nicht und überließ mir die Hälfte seiner Probenzeit im Saal.
Wäre es damals ein anderer Tag gewesen, hätte ich ihm vermutlich den Mittelfinger gezeigt, doch an diesem Abend war ich schlichtweg … müde gewesen. Vom konstanten Schlafmangel der letzten Monate, von den vielen unbeglichenen Rechnungen, von der Kündigung meiner ohnehin schlecht bezahlten Stelle im Supermarkt, die ich zu diesem Zeitpunkt kaum verdaut hatte. An diesem einen Abend war ich zu erschöpft gewesen, um noch einen Kampf auszutragen, und hatte dem Deal einfach zugestimmt.
Ich würde nicht so weit gehen und sagen, diese Vereinbarung hätte Gavin und mich zu Freunden gemacht – denn das waren wir nicht –, aber mittlerweile sah ich darin weniger einen Deal als eine Pause. Eine Stunde an einem perfekt gestimmten Flügel, in der die gesamte Welt da draußen keine Rolle spielte. Eine Stunde, in der ich es mir erlaubte, in der Musik abzutauchen, während ich es mir den restlichen Tag über verbot, auch nur daran zu denken. Wegen Trix. Und wegen Mam. Weil meine Mutter und ich uns zu ähnlich waren und ich gesehen hatte, was der Rausch der Musik mit einem machen konnte.
Das helle Klacken, mit dem Gavin seine Bierflasche wieder abstellte, holte mich zurück in die Gegenwart. Resolut schob ich meine schweren Gedanken zur Seite, noch ehe daraus ein dunkles Gewitter werden konnte. Zu oft schon hatten sie mich an Orte befördert, an die niemand jemals gehen sollte.
»Also, Wunderknabe, was ist?«
Ich strich mir die längeren dunkelblonden Strähnen aus den Augen und deutete auf den Hocker. »Rutsch zur Seite.«
»Die Bühne gehört ganz dir.« Wie immer überließ Gavin mir den Platz am Flügel und zog sich einen Klappstuhl heran, um neben mir Stellung zu beziehen. »Dann zeig mir mal, wie dieses Chaos aus Punkten und Linien da eigentlich klingen soll, wenn es fertig ist.«
»Das Stück ist abgeschlossen.«
»Ja, in einer Sprache, die ich nicht verstehe. Dein Bier, nicht meins, Kace.«
Belustigt hob ich einen Mundwinkel, während ich die Blätter ein zweites Mal überflog. Es waren die vereinfachten Noten des ersten Satzes der Mondscheinsonate und auch ohne dass ich jede Punktierung betrachtete, konnte ich die Musik bereits hören. Die gesamte Sonate, alle Sätze mit ihren Höhen und Tiefen und Klängen, breitete sich mühelos in meinem Kopf aus.
»Man kann jede Sprache lernen«, gab ich leise zurück und legte die Finger auf das kühle Elfenbein.
»Die Grammatik ja. Das Sprechen ist eine vollkommen andere Sache.« Gavin lehnte sich nach hinten. »Und wir wissen beide, dass es keine Übungsstunde auf der Welt mit deinem Talent aufnehmen kann.«
»Ansichtssache.«
»Tatsache.« Noch einen Moment länger sah er mich überraschend ernst an, dann...
Erscheint lt. Verlag | 1.9.2024 |
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Reihe/Serie | Lakestone Campus of Seattle |
Lakestone Campus of Seattle | RTB - Lakestone Campus of Seattle |
Mitarbeit |
Cover Design: Alexander Kopainski |
Verlagsort | Ravensburg |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Kinder- / Jugendbuch ► Jugendbücher ab 12 Jahre |
Schlagworte | ab 16 Jahren • Buch • Bücher • dramatisch • Geschenk • Geschenkidee • Lesen • Liebe • Liebesgeschichte • Literatur • Love-Story • Maple Creek • New Adult • Roman • Romance • romantisch • Sexy • Trilogie • Young Adult |
ISBN-10 | 3-473-51228-1 / 3473512281 |
ISBN-13 | 978-3-473-51228-7 / 9783473512287 |
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