Vega 2 - Der Sturm in meinem Herzen (eBook)
380 Seiten
Insel Verlag
978-3-458-77660-4 (ISBN)
Vegas Lage scheint hoffnungslos. Sie wurde entführt und ist in der Gewalt von Bioverse, einem mächtigen Wetterkonzern. Denn das Geheimnis, das sie ein Leben lang bewahrt hat, wurde verraten: Mit der Kraft ihrer Gedanken kann sie das Wetter beeinflussen, Regen beschwören und Wind rufen. In einer Welt, die von Dürre und Stürmen geprägt ist, hat diese Gabe einen unschätzbaren Wert.
Das weiß auch Bioverse' Chefin Nathalie. Sie nutzt Vegas Gabe gegen deren Willen, um damit ein Werkzeug herzustellen, das die Wetterverhältnisse für immer verändern soll. Vega muss Bioverse aufhalten, aber allein ist sie machtlos. Welche Ziele verfolgen ihre alten Verbündeten? Und soll sie Leo, der sich auf die Seite der Klimaaktivisten geschlagen hat, ein zweites Mal vertrauen? Die Zeit drängt, denn als die wahren Ausmaße von Nathalies Plänen deutlich werden, geht es um jede Minute ...
Empfohlen ab 12 Jahren
Marion Perko macht gern dort Urlaub, wo das Wetter rau ist und der Wind stürmisch. Wenn die Wolken über den Himmel jagen und immer neue Bilder aus Licht und Schatten auf die Landschaft malen, ist sie am liebsten draußen und lässt sich zu neuen Geschichten inspirieren. Marion Perko ist Autorin, Lektorin und Schreibcoach.
1
Das Auto hält und sie zerren mir die Kapuze vom Kopf. Meine Haare kleben mir im Gesicht, und als sie mir das Stück Stoff, mit dem sie mich in der letzten halben Stunde geknebelt haben, zwischen den Zähnen hervorziehen, hole ich pfeifend Luft. Mein Mund ist staubtrocken, aber niemand kommt auf die Idee, mir einen Schluck Wasser anzubieten.
Danach fragen kann ich nicht, ich bin zu sehr damit beschäftigt, bei Bewusstsein zu bleiben. Die stickige Luft im Auto, mein rasender Herzschlag, die Hitze unter der Kapuze – an den Rändern meines Blickfelds ploppen schwarze Flecken auf.
Hände ziehen mich vom Rücksitz des EUV. Draußen wird es besser, auch wenn es nicht so einfach ist, mit den gefesselten Händen das Gleichgewicht zu halten. Gierig sauge ich die Abendluft ein, und der Wind, der um die Ecke eines mehrstöckigen Gebäudes streicht, kühlt meine Stirn.
Jemand tritt an meine linke Seite und greift nach meinem Arm. »Hinter uns haben zwei Kollegen eine Waffe auf dich gerichtet. Wenn du irgendwas versuchst, schießen sie.«
Keiner der tausend Gedanken in meinem Kopf findet seinen Weg zu meinem Mund. Ich weiß natürlich, was die Frau mit »versuchen« meint, aber allein die Vorstellung ist dermaßen absurd, dass ich lachen möchte. Ich bin halb verdurstet und so müde, dass ich nur auf den Beinen bleibe, weil mich zwei Leute festhalten. Meine Gabe braucht ein Mindestmaß an Konzentration. Todesangst ist dabei nicht gerade förderlich.
Sie führen mich über einen gepflasterten Weg auf das Gebäude zu. Ein paar Schritte genügen, um mich wieder in meinem Körper zu verankern. Das Adrenalin lässt nach, ich denke klarer.
Gleichzeitig nehme ich meine Umgebung wahr. Neben mir gehen eine Frau und ein Mann, beide in schwarzer Kleidung und beide durchtrainiert. Keine PAO, sondern private Sicherheitsleute. Deren Aufgaben offenbar auch Entführungen umfassen.
Das Gebäude kommt mir bekannt vor, auch wenn ich sicher bin, dass ich noch nie hier war. Aber natürlich weiß ich, wo wir sind. Und wer dadrin auf mich wartet.
Die riesigen Fensterflächen des Gebäudes blitzen. Blumenbeete – unkrautfrei und in voller Blüte – säumen den Weg, ein drei Meter hoher künstlicher Wasserfall plätschert in einer Ecke der Grünfläche vor malerisch platzierten Felsblöcken. Und auf der Glastür, zu der mich die Sicherheitsleute führen, prangt eine Gravur, die einen Globus mit zwei Keimblättern zeigt. Wenn ich nicht schon sicher gewesen wäre, wohin sie mich gebracht haben, wäre hier der Beweis. Das Logo gehört Bioverse, einem der mächtigsten Wetterkonzerne Deutschlands. So mächtig, dass sie anscheinend glauben, über dem Gesetz zu stehen.
Das ganze Anwesen stinkt praktisch nach Geld. Ich will mir gar nicht vorstellen, wie viel Gewinn Bioverse jedes Jahr abwirft, damit so ein Luxus möglich ist. Galle sammelt sich in meinem Mund, als ich daran denke, wie Leo und ich uns auf der Straße durchgeschlagen haben. Und die ganze Zeit hat das hier auf ihn gewartet. Als wäre mein Leben ein Abenteuer, das er für eine Weile von der Außenlinie betrachtet. Ein Rummelplatz, den er hinter sich lassen kann, wenn ihn die Fahrgeschäfte langweilen.
Und da ist er: der Gedanke an Leo, den ich in den letzten Minuten mit aller Kraft unterdrückt habe. Zu spät, den Schmerz jetzt noch einzufangen.
Erinnerungen an die letzten Wochen flackern in meinem Kopf auf wie Blitzlichter – Leo, der mich aus PAO-Gewahrsam befreit, Leo, der mit mir über Dächer flieht, Leo, der mir das Schwimmen beibringt. Der mich küsst. Die ganze Zeit habe ich geglaubt, ich würde seine Motive kennen, wüsste, warum er mir hilft. Aber all sein Wissensdurst, unsere Freundschaft, die Gefühle, die er mir vorgegaukelt hat – sie waren nur dazu da, mich in Sicherheit zu wiegen, bis der Moment gekommen war, mich seiner Tante auszuliefern.
Scham überrollt mich, dass ich so dumm war. Er hat mich so leicht durchschaut. Ein kleines bisschen Geborgenheit, das war alles, was es brauchte, um mich rumzukriegen.
Ein Satz echot in meinem Kopf. Sie dürfen nie davon erfahren …
Wie wahr. Bei Leo konnte es mir gar nicht schnell genug gehen, mit meiner Gabe anzugeben. Und jetzt sitze ich in der Falle.
Hinter uns werden Schritte laut, jemand überholt uns. Anscheinend ist es einer der Kollegen, von denen die Frau gesprochen hat, denn der Mann richtet eine Pistole auf mich und zieht mit der anderen Hand die Glastür auf.
Wir gehen hindurch. Sie haben mich über den Hintereingang ins Gebäude gebracht, denn wir landen in einem schmucklosen Treppenhaus. Drei Stockwerke höher erreichen wir am Ende eines Flurs einen großzügigen Konferenzraum mit einer Fensterfront auf zwei Seiten. Meine Bewacher setzen mich auf einen Stuhl und postieren sich neben mir, die beiden mit der Waffe – der Mann und eine weitere Frau – stellen sich breitbeinig auf die andere Seite des Tischs.
Die haben ja ordentlich Respekt vor mir.
»Kann ich was trinken?«, krächze ich, als mein Blick auf das Tablett mit Wasserflaschen und Gläsern fällt, das neben der Bronzebüste eines Paars auf einer Anrichte steht. Ich verstehe meine Worte selbst kaum, so ausgedörrt ist meine Kehle.
Die Frau neben mir zögert, dann nickt sie dem Mann rechts von mir zu. Ein paar Sekunden später ist er mit einem vollen Glas zurück und hält es mir an die Lippen.
Ich zucke zurück. »Ich kann selber trinken.«
»So oder gar nicht«, bestimmt die Frau.
In diesem Moment erkenne ich ihre Stimme. Sie war letzte Nacht auf dem Dach im Chemiewerk. Die Wut in meinem Bauch wandelt sich in warme Genugtuung. Sie hat am eigenen Leib erfahren, wozu ich in der Lage bin, und gerade wünsche ich mir, ich hätte sie ein bisschen härter erwischt. Wir starren uns noch ein paar Sekunden an, dann erlaube ich mir ein kleines Lächeln und drehe den Kopf.
Es ist besser, wenn sie mich fürchten.
Der Kerl, der mir das Glas hinhält, stellt sich dämlich an, oder vielleicht ist es Absicht, dass die Hälfte des Wassers auf meinem Shirt landet, trotzdem ist es eine Wohltat, meinen Mund anfeuchten zu können. Dieser verfluchte Knebel.
Gerade als ich genug getrunken habe, dass ich glaube, meine Stimme wieder einigermaßen gebrauchen zu können, geht die Tür auf, und ich schlucke die Fragen, die ich auf die Security-Frau abfeuern will, herunter. Eine blonde Frau betritt das Zimmer, Mitte vierzig vielleicht, und auch wenn ich wusste, dass sie früher oder später auftauchen würde, bringt sie mich aus dem Konzept. Sie lässt ihren Blick schweifen, über die Sicherheitsleute, ihre Waffen, das Glas auf dem Tisch, bis er schließlich auf mir verharrt.
Eine ganze Weile betrachtet sie mich, so als könnte sie mich, meine Gedanken lesen. Aber sie täuscht sich. Dieses verschwitzte, erschöpfte Bündel, das seit sechsunddreißig Stunden nicht geschlafen und einen Tag lang kaum etwas gegessen hat, das bin nicht ich. Nicht die Vega, die den Sturm herausfordert. Die den Wind bis in die Zehenspitzen fühlt.
Ihre zarte, fast durchscheinende Haut macht nicht den Eindruck, als würde sie sich oft dem Wetter aussetzen. Als hätte der eisige Nordwind ihre Wangen je rot gefärbt oder das Mittagslicht Sommersprossen auf ihre Nase getupft. Diese Frau bleibt drinnen, wo keine Gefahr besteht für perfekt geföhnte Frisuren und manikürte Nägel.
Trotzdem mache ich mir nichts vor: Das gepflegte Äußere, die edlen Klamotten, das gehört alles dazu. Es stellt einfach nur klar, dass Nathalie Cyprian eine der mächtigsten Frauen des Landes ist.
Zu welchem Schluss sie über mich kommt, weiß ich nicht, aber ich bezweifle, dass sie sich noch groß ein eigenes Bild machen muss. Ihr Neffe hat ihr sicher brav Bericht erstattet.
Mir dreht sich der Magen um, ich beiße die Zähne zusammen. Sie sieht es, und anscheinend ist das das Signal, das Gespräch zu eröffnen.
»Vega«, beginnt sie. »Wie schön, Sie endlich bei uns zu haben. Mein Name ist Nathalie Cyprian.«
»Sparen Sie sich das Geschwafel«, antworte ich. Es klingt wie ein Knurren, so eingerostet ist meine Stimme.
Sie legt den Kopf schräg. »Inwiefern?«
»Sie haben mich...
Erscheint lt. Verlag | 11.9.2023 |
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Reihe/Serie | Vega | Vega |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Kinder- / Jugendbuch ► Jugendbücher ab 12 Jahre |
Schlagworte | aktuelles Buch • All Age • Booktok • Bücher Neuererscheinung • bücher neuerscheinungen • Dreicksbeziehung • enemies to lovers • Fridays For Future • Greta Thunberg • Klima • Klimawandel • letzte Generation • Neuererscheinung • Neuerscheinungen • neues Buch • New Adult • Ursula Poznanski • vortex • Wetter • Wettermacher • Young Adult |
ISBN-10 | 3-458-77660-5 / 3458776605 |
ISBN-13 | 978-3-458-77660-4 / 9783458776604 |
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