Eight Nights of Flirting (eBook)
416 Seiten
Carlsen Verlag Gmbh
978-3-646-93707-7 (ISBN)
Hannah Reynolds lebt in Cambridge, Massachusetts, wo sie auch aufgewachsen ist.?Unter dem Pseudonym Allison Parr?veröffentlichte?sie bereits?einige?Bücher?für Erwachsene.? »The Summer of Lost Letters« ist ihr erstes Buch, das in Deutschland erscheint. Neben der Literatur?hat?Hannah Reynolds?eine Schwäche für Desserts.
Hannah Reynolds lebt in Cambridge, Massachusetts, wo sie auch aufgewachsen ist. Unter dem Pseudonym Allison Parr veröffentlichte sie bereits einige Bücher für Erwachsene. »The Summer of Lost Letters« ist ihr erstes Buch, das in Deutschland erscheint. Neben der Literatur hat Hannah Reynolds eine Schwäche für Desserts. Fabienne Pfeiffer, geboren 1990, studierte Anglistik, Amerikanistik und Germanistik mit Schwerpunkt Kinder- und Jugendliteratur in Frankfurt am Main. Seit 2016 übersetzt sie mit viel Herzblut alles zwischen Bilderbuch und Jugendroman, lektoriert, korrigiert, rezensiert und schreibt selbst. Ihre Freizeit gehört ihrem Hund Hector, der immer an ihrer Seite ist, ob auf ausgedehnten Wandertouren, beim Stand-up-Paddling oder Trickdogging.
1.
ALS ICH TYLER NELSON im winzigen Flughafen von Nantucket sah, ignorierte ich ihn, denn Tyler Nelson war das absolut Allerletzte. Ich gab mich gleichgültig, wischte mir ein paar Schneeflocken vom Mantel, die beim Überqueren des Rollfelds auf dem Stoff gelandet waren, und beobachtete Tyler aus dem Augenwinkel. Er brachte sich ganz vorne am Kofferband in Position, also eilte ich ans andere Ende und drehte ihm den Rücken zu. Draußen tobte ein irres weißes Schneegestöber. Der Wind – der uns nervenzerfetzende Turbulenzen beschert hatte – heulte wie ein einsamer Wolf und verwirbelte die Schneeflocken zu grotesken Gestalten.
Mein Handy vibrierte, und ich zog es hervor. »Hi, Mom.«
»Shira?« Nur zwei Silben, aber vollgepackt mit Sorge und schlechten Neuigkeiten. »Wo bist du? Seid ihr schon gelandet?«
»Ich bin am Flughafen. Und ihr – seid ihr im Haus?«
»Wir sind noch in Boston. Unser Flug wurde gecancelt.«
»Was?« Ich war davon ausgegangen, dass sie längst in Golden Doors war, zusammen mit dem Rest der Familie, und das Haus meiner Großeltern mit Gelächter erhellte. Ihre Maschine hatte eine Stunde vor meiner landen sollen. »Habt ihr einen Ersatzflug?«
»Alle Flüge sind gestrichen – der Wind ist zu stark. Wir nehmen morgen die Hy-Line, sofern die Fähren fahren. Kommst du über Nacht allein zurecht?«
Ich hatte mich auf das Wiedersehen mit meiner Familie gefreut – darauf, mich in ihre Wärme zu vergraben. Bei dem Gedanken daran, einen weiteren Tag allein zu verbringen, beschlich mich ein hohles Gefühl im Bauch. Aber Mom das zu verraten und sie aufzuregen war die Sache nicht wert. »Ich werde es überleben.«
»Vergiss nicht, dir etwas zu essen zu holen, ja?«
Ich spähte wieder nach draußen. Bei diesem Sturm hatte ich Glück, wenn ich es heil zum Haus schaffte; an ein Abendessen zum Mitnehmen oder per Lieferdienst war überhaupt nicht zu denken. Aber die Vorratskammer in Golden Doors war sicher reichlich gefüllt. »Mach ich. Wie war Noahs Ehrung?«
»Gut – jede Menge Reden. Noah sah sehr erwachsen aus. Wie liefen deine Prüfungen?«
»Mit Bravour bestanden«, antwortete ich, denn wenn die Tochter sündhaft teure Privatlehrer bezahlt bekommt, ist alles andere keine Option. »Ist bei Grandma und Grandpa alles im Lot?«
»Ach, du kennst sie ja.« Mom seufzte. »Grandpa nörgelt herum, dass das Wetterchaos absehbar war, und Grandma schimpft ihn einen alten Dummkopf. Aber sie macht sich Sorgen wegen der Dekoration – sie hatte damit gerechnet, dass sie heute schon alles aufhängen kann, bevor morgen die Kleinen ankommen, aber jetzt trudeln wir alle gleichzeitig ein …«
Mom mangelte es an jeglichem taktischen Fingerspitzengefühl. »Womit du sagen willst: Ich soll schmücken.«
»Nur wenn du Zeit hast … aber ich meine, du bist immerhin vor Ort …«
Das wärst du normalerweise auch, hätte ich am liebsten gekontert, wenn ihr zu Hause geblieben und von JFK aus geflogen wärt, statt zu Noahs Feier in Boston zu gehen. Aber ich hatte schließlich erklärt, dass das in Ordnung für mich sei, also war es auch in Ordnung. »Klar doch.«
»Okay, wunderbar, Schatz. Wir sollten morgen gegen drei da sein. Und du bist sicher, dass du bis dahin zurechtkommst?«
»Keine Sorge«, sagte ich. »Wir sehen uns morgen!«
Kaum hatten wir aufgelegt, rutschte mir das falsche Lächeln aus dem Gesicht, und ich starrte blicklos hinaus ins Schneegestöber. Allein am ersten Ferienabend.
Das würde ich schon schaffen.
Aber ich fühlte mich so, so einsam.
Nope. Nope, alles war gut. Außerdem hatte ich überhaupt keine Zeit, einsam zu sein. Ich konnte an meinen Plänen für diese Ferien tüfteln. Immerhin hatte ich große Pläne. Pläne, in denen Isaac Lehrer eine entscheidende Rolle spielte.
Wäre mein Leben ein Filmtrailer gewesen, hätte die Stimme aus dem Off es folgendermaßen kommentiert: In diesen Winterferien ist Shira Barbanel fest entschlossen, Isaac Lehrer zu erobern, koste es, was es wolle. Zu sehen wäre dann eine Reihe von Momentaufnahmen: wie wir uns zufällig im Central Park treffen, einander in meiner Küche mit Latkes-Teig bespritzen und vor dem Rockefeller Center Schlittschuh laufen (wobei er mit offenem Mund meinen tadellos gelandeten dreifachen Axel bewundern würde).
Die Off-Stimme könnte noch Anmerkungen hinzufügen wie In Sachen Liebe ist Shira Barbanel ein hoffnungsloser Fall – die allgemeinverträgliche Version von Shira Barbanel ist eine verdammt heiße Braut, allerdings vollkommen kopflos und unfähig, sich einen Kerl zu angeln. Ein Zustand, den ich über die Winterferien ändern würde.
Isaac – dem neunzehnjährigen Praktikanten meines Großonkels – war ich im vergangenen Jahr hin und wieder begegnet, bei Familienfeiern und Firmenveranstaltungen. Er war mindestens eins neunzig groß, schlaksig und verträumt wie Morpheus. Sein Großvater und mein Großonkel waren zusammen auf dem College gewesen, daher hatte mein Großonkel angeboten, Isaac könne die Winterferien in Golden Doors verbringen, als Isaacs Eltern zu einer sechsmonatigen Reise durch Europa und Asien aufgebrochen waren. Und jetzt (in besagten Winterferien) würde ich unseren gelegentlichen Small Talk zur tieferen Verbindung ausbauen.
Schon möglich, dass ich keine allzu gute Bilanz aufzuweisen hatte, wenn es darum ging, Jungs für mich einzunehmen, aber das musste ja nicht so bleiben. Außerdem konnte es einfach nicht jedes Mal so katastrophal laufen wie damals mit Tyler.
Der – grausame Fügung des Schicksals – nun der Einzige war, der noch mit mir am Gepäckband stand. Und während ich ihn weiterhin unverhohlen ignorierte, fühlte ich mich zutiefst gekränkt davon, wie mühelos ihm das Gleiche gelang. Um dem Ganzen die Krone aufzusetzen, plumpsten unsere Gepäckstücke ineinander verkeilt auf das Band. Ich sah demonstrativ in die andere Richtung, als Tyler seine klobige Reisetasche befreite, und wartete dann, bis mein eigener Koffer im Zeitlupentempo bei mir angelangt war, statt hinzugehen und ihn mir zu holen.
Endlich war er da; ich hievte ihn vom Band und zerrte ihn durch die nahezu leere Halle. Nantuckets kleiner Flughafen – kurz ACK – glich eher einem Bahnhof: Der gesamte Komplex hätte mühelos in der Grand Central Station Platz gefunden. Dank einer kaputten Rolle an meinem Koffer war ich dennoch verschwitzt und außer Puste, bis ich die Türen erreichte – und versehentlich Blickkontakt mit Tyler aufnahm.
Er grinste.
Während der Flug meine normalerweise absolut vorzeigbaren Locken ebenso kraus wie speckig hatte werden lassen und ich außerdem einen aufblühenden Pickel am Kinn spürte, sah Tyler aus, als käme er geradewegs von einem Filmcasting. Sein weiches goldenes Haar verlieh ihm die Aura eines Disney-Prinzen, und sogar die Belustigung in seinen blauen Augen tat dem engelsgleichen Look keinen Abbruch. »Hey, Shira.«
»Tyler.« Ich wuchtete meinen Koffer noch einige Meter weiter.
»Brauchst du Hilfe?«
»Nein.«
»Bitte, wie du meinst.« Er wandte sich ab, knöpfte seinen Wollmantel zu und warf sich ein Ende seines Schals über die Schulter. Draußen herrschten beinahe minus zehn Grad – er hätte eine dicke Steppjacke und gefütterte Stiefel tragen sollen, wie ich. Aber Gott bewahre, dass er damit das Risiko einginge, mal nicht wie eine zum Leben erwachte Anzeige für teures Eau de Cologne zu wirken.
Wie auch immer. Mir konnte es gleichgültig sein, ob er erfror oder sich seine schicken Lederschuhe ruinierte. Tyler Nelson belegte Platz eins auf der Liste mit dem glorreichen Titel Shira Barbanels katastrophale Liebesdesaster, und ich wollte nichts mehr mit ihm zu tun haben.
Hier besagte Liste, in willkürlicher Reihenfolge:
1.Jake Alvarez. Ich hatte ihn vergangenes Jahr gefragt, ob er mit mir zum Abschlussball gehen wolle, und er hatte geblinzelt, war rückwärts von mir weggestolpert und hatte dabei stotternd behauptet, er hätte bereits ein Date.
2.Dominic Hoffman aus dem Hebräisch-Camp. Über ihn hatte ich mich erbarmungslos lustig gemacht – als Flirtstrategie. Er war letztlich in Tränen ausgebrochen und verfrüht abgereist.
3.Siddharth Patel aus meinem Fahrschulkurs. Die gesamte Kursdauer lang hatte ich ihn stumm angeschmachtet, bis wir am letzten Tag endlich Handynummern ausgetauscht hatten. Keine Antwort auf meine eine, mutige Nachricht (Hey.)
4.Tyler Nelson. Vier Sommer war ich rettungslos in ihn verliebt gewesen, bis ich den ersten Schritt gewagt und eine absolut vernichtende Abfuhr kassiert hatte.
Isaac dagegen – der gut aussehende, clevere, gebildete Isaac – würde kein weiteres Fallbeispiel meiner Unfähigkeit in Sachen Jungs werden. Er war weitaus reifer als all meine früheren Schwärme, man konnte sich ganz gewiss besser mit ihm unterhalten und müheloser gemeinsam Zeit verbringen. Und diesmal würde ich die Kunst des Flirtens meistern. Oder zumindest der Schritt-für-Schritt-Anleitung folgen, die ich mir ergoogelt hatte und die hoffentlich hielt, was sie versprach. (Schritt drei: Verwickle ihn in ein Gespräch. Womöglich brauchte Google ebenso viel Hilfe beim Flirten wie ich.)
Jedenfalls würde ich mich davor hüten, auch nur einen Funken Energie auf Tyler Nelson zu verschwenden. Ich riss meine Aufmerksamkeit von ihm los, um Uber zu checken, und...
Erscheint lt. Verlag | 28.9.2023 |
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Übersetzer | Fabienne Pfeiffer |
Verlagsort | Hamburg |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Kinder- / Jugendbuch ► Jugendbücher ab 12 Jahre |
Schlagworte | all age bücher • enemy to lovers Bücher • Erste Liebesgeschichten • Jüdische Romane aus Amerika • Jugendbuch Weihnachten • liebesroman new adult • Romantische Bücher • romantische Komödien Bücher • romcom • Urlaubslektüre Frauen |
ISBN-10 | 3-646-93707-6 / 3646937076 |
ISBN-13 | 978-3-646-93707-7 / 9783646937077 |
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