Gameshow - Das Versprechen von Glück (eBook)
432 Seiten
Fischer Sauerländer Verlag
978-3-7336-0506-3 (ISBN)
Franzi Kopka wurde 1990 im bergischen Land als Tochter einer Buchhändlerin geboren. Dank der zahlreichen Romane im Haus ist sie mit der Frage »Was wäre, wenn« aufgewachsen und hat schon früh damit angefangen, sich Geschichten für ihre drei jüngeren Geschwister auszudenken. Heute vergeht kaum ein Tag, an dem sie keine Zeilen zu Papier bringt. Wenn sie nicht gerade schreibt, tauscht sie sich auf Instagram unter franzikopka mit ihrer Community über Bücher aus oder sammelt neue Inspiration.
Franzi Kopka wurde 1990 im bergischen Land als Tochter einer Buchhändlerin geboren. Dank der zahlreichen Romane im Haus ist sie mit der Frage »Was wäre, wenn« aufgewachsen und hat schon früh damit angefangen, sich Geschichten für ihre drei jüngeren Geschwister auszudenken. Heute vergeht kaum ein Tag, an dem sie keine Zeilen zu Papier bringt. Wenn sie nicht gerade schreibt, tauscht sie sich auf Instagram unter franzikopka mit ihrer Community über Bücher aus oder sammelt neue Inspiration.
Kapitel 1
Etwas stimmt nicht. Mein ganzer Körper bebt, als würde mich jemand schütteln. Ein Teil von mir weiß, dass ich bei den NoClans bin. Unser Anführender Flannery hat mir versprochen, mir die Wahrheit über die Gameshow und das Ziel der NoClans zu zeigen. Mit Hilfe eines Geräts, das sich Mnestikop nennt. Ein Mnestikop kann Gedächtnisimplantate mit Erinnerungen anreichern. Mit fremden Erinnerungen. Meine Freundin Sierra meinte, es würde nur etwas kribbeln. In Wahrheit fühlt es sich an, als würde ich innerlich zerreißen!
Ein Schrei hängt in meiner Kehle fest. Sie ist zu trocken, um einen Laut von sich zu geben, und dann ist da immer noch dieses Zittern. Warum hört es nicht endlich auf? Ich spüre etwas Feuchtes über meine Wangen rinnen, will die Augen öffnen, aber es reicht nur für ein verschleiertes Blinzeln. Bin ich … auf einer Krankenstation? Jemand steht neben meinem Bett. Ein Typ, der mich so sehr an Jax erinnert, dass der Schmerz unerträglich wird.
Das Beben wird noch heftiger, meine Welt verschwimmt in Dunkelheit. Endlich schafft es der Schrei aus meiner Kehle – und dann werde ich einfach mitgerissen. In eine fremde Erinnerung, die ich wieder und wieder durchleben muss:
Mein Name ist Drey. Es ist wichtig, dass mir das bewusst ist. Drey ist nicht mein wirklicher Name, nur mein Gamertag. Ich war Favorit seit meinen ersten Spielminuten, stolzer Siegender der 79. Gameshow. Jetzt bin ich Gejagter, zum Tode Verurteilter, Opfer eines Systems, das perfide wie genial ist. Ich hätte es ahnen können, wir alle hätten es ahnen können. Aber wir waren nur die Bauern auf einem Schachfeld, das von Gamemastern regiert wird, Bauern, die sich ihren Weg zur Niederlage voller Ehrgeiz erkämpft haben. Weil wir dachten, man würde unsere blutgetränkten Hände dort haben wollen, wo alles blütenweiß ist.
Die Schüsse hallen noch immer in meinem Kopf wider. Busy Bee hat nicht geschrien. Dieser Wichser hat ihr seinen Gewehrlauf gegen den Kopf gehämmert, ihre Haut ist aufgeplatzt, sie ist zu Boden gesunken. Benommen und außer Stande, zu verstehen, was gleich mit ihr passieren wird.
Einzig Ricky G. konnte ich die Erkenntnis von den Augen ablesen, bevor sie das Licht ausschalteten. Bevor sie mit ihrem gehässigen Grinsen hinter dem Visier dachten, es würde wie immer laufen. Siegende unter Drogen setzen, abknallen, Leichen fortschaffen, draußen weiter das Märchen vom glorreichen Aufstieg zu den Neutrals erzählen.
Aber sie haben die Rechnung nicht mit Ricky G. und mir gemacht. Wir haben heute nichts angerührt, nicht einmal ein Glas Wasser nach dem, was sie Sieg nennen. Wir waren bei vollem Verstand, und wir haben es kapiert. Kaum dass es dunkel war, stürzten wir nach vorn, entrissen unseren beiden Henkern die Gewehre. Wir konnten zu wenig sehen, um zu schießen, aber ich wusste, wonach ich suchen musste. Ich fand den kleinen Schlüssel am Gürtel der Wache, fand die Tür und das Schloss. Ich dachte nicht nach, ich rannte einfach.
Und ich renne immer noch. Einem Instinkt folgend sprinte ich zurück an die Stelle im Keller des Casinums, an der mich zum ersten Mal ein seltsames Gefühl beschlichen hat. Als würde am Ende der Reise nicht wirklich die Freiheit auf uns warten. Ich halte inne, mein Herz füllt jede Sekunde mit zu vielen Schlägen. Ricky G. ist nicht mehr hinter mir. Für Rücksichtnahme fehlt mir die Zeit.
Gehetzt sehe ich mich um. Der eine Weg führt zurück in die Hölle, aus der ich gerade geflohen bin, ein anderer zu der Party, auf der man so tut, als würde man uns feiern. Ich könnte dort oben erzählen, was gerade passiert ist, und hoffen, dass mir auch nur einer dieser reichen Gambler glaubt. Unwahrscheinlich. Denn das würde alles in Frage stellen, worauf sie ihr Leben lang vertraut haben.
Also bleibt mir nur Weg Nummer drei. Ich muss es nach draußen schaffen, raus aus dem Casinum, runter in die Stadt. Dort habe ich immer noch einflussreiche Freunde, die mir helfen werden, wenn sie die Wahrheit über die Gameshow erfahren. Helfen, diese ganze Scheiße auffliegen zu lassen.
Irgendwo hinter mir höre ich Stimmen. Weiter, Drey! Ich hetze durch die dunklen Gänge, als wäre ich wieder in einem Labyrinth, während in mir erste Ideen reifen. Fetzen eines Plans, der Potenzial hat.
Vor mir ist eine Tür. Ich sprinte darauf zu, drücke die Klinke und spüre, wie sie nachgibt. Lauwarme Sommerluft schlägt mir entgegen, Freiheit kitzelt in meinem Nacken. Ich weiß, wie trügerisch dieses Gefühl ist, denn noch bin ich nicht in Sicherheit. Ohne zurückzusehen, tauche ich in der Nacht unter.
Ich stehe am Fenster im Penthouse meiner alten Freundin Angelica. Es liegt im achtzehnten Stock eines Wolkenkratzers und wurde teuer eingerichtet. Unter mir pulsiert das Nachtleben New Londons. Schwer vorstellbar, dass ich erst vor zwei Stunden aus dem Casinum geflohen bin. Keine zwanzig Minuten später stand ich unter einer Luxusdusche mit Massagebrause, ein scharfer Kontrast zu meinen letzten Monaten als Gamer.
»Es ist gut, dass du zu uns gekommen bist«, höre ich Vincent hinter mir sagen. Er hat sich neben Robert auf die Couch gesetzt, bewaffnet mit Whiskey und Zweifeln. Letztere sind sogar in der Spiegelung des Panoramafensters zu erkennen.
»Dein Plan wird jedoch nicht funktionieren«, wirft Robert ein. Er hat die Arme über dem dicken Bauch verschränkt, die bleiche, ohnehin faltige Stirn tief gerunzelt. »Niemand würde sich auf eine solche Torheit einlassen.«
Ich rühre in meinem Martini. »Und wenn ich selbst gehe?« Ich muss sie nicht sehen, um zu wissen, dass mich meine Freunde belächeln. Vor meiner Degradierung war ich genau wie sie. Ein Gambler, der das Leben in der purpurnen Zone genießt, geschickte Wetten platziert und in Gamern unterhaltsame Spielfiguren sieht. Bis mich die Gier, immer noch mehr Coins anzusammeln, eingeholt hat.
Inzwischen weiß ich, wie es sich anfühlt, ein Gamer zu sein und ums Überleben kämpfen zu müssen – während meine Freunde noch immer auf ihrem purpurnen Thron sitzen.
»Du willst freiwillig zurück in die rote Zone?« In Vincents Frage schwingt Ungläubigkeit mit. »Bist du noch bei Sinnen, Drey?«
»Drey.« Robert lacht brüchig. »Wollen wir ihn wirklich weiter so nennen? Ich finde, er sollte sich einen Namen suchen, der zu einem Gambler passt. Denn du gehörst zu uns, mein alter Freund.«
Ich gehöre nicht mehr zu ihnen, denke ich, ich gehöre zu den Neutrals. Genau wie alle anderen Siegenden der Gameshows, die sich ihren verfluchten Platz in der weißen Zone erkämpft haben. Es fällt mir schwer, meine Wut runterzuschlucken, aber ich muss ruhig bleiben, wenn ich ihre Hilfe will.
»Das mag sein«, lenke ich ein, »allerdings kann ich nicht mit ansehen, wie sie Jahr für Jahr Menschen abschlachten, die sich einfach nur nach Freiheit sehnen.«
»Okay, mein Lieber.« Räuspernd beugt sich Vincent vor. »Lass mich noch einmal zusammenfassen: Du möchtest zurück in die rote Zone, mit einer neuen Identität und ohne diesen … wie heißt das Ding noch mal?«
»Tracker«, sage ich nüchtern, während ich zu meinem Handgelenk blinzle. Es ist nackt. Ein seltsames Gefühl, nachdem ich monatelang den Tracker tragen musste, der allen Gamern verpasst wird. Um unseren Standort zu überwachen, unseren Punktestand zu zeigen und uns mit unsanften Stromstößen daran zu erinnern, dass ein Game ansteht.
»Tracker, richtig«, sagt Vincent. »Und dann willst du einen geheimen Clan aufbauen –«
»Keinen Clan. Deshalb ja der Name. NoClans.« Ich weiß selbst, wie unsinnig es klingt, aber man gewöhnt sich an den Namen. Eine kleine Spitze gegen die ach so tollen Clans, die uns von den Gamemastern als Familien verkauft werden. Noch so eine Lüge der Regierung.
»Okay, du möchtest also im Untergrund diese NoClans aufbauen, eine Art Widerstand, der dir in einigen Jahren dabei helfen soll, New London zu revolutionieren. Angefangen mit –«
»Meine Güte, Vince, du lässt es ja klingen, als wäre das eine gute Idee!«, geht Robert polternd dazwischen. »Ohne lizensierte Unterkunft werdet ihr vollkommen schutzlos sein. Ihr werdet wie die Ratten auf der Straße leben, und die Nahrung, die wir euch schicken, wird verderben, weil ihr sie nicht lagern könnt.«
»Ihr seid also immer noch dieselben alten, engstirnigen Narren.« Angelicas glockenhelle Stimme lässt mich herumfahren. Die Herrin des Hauses steht im Türrahmen, dunkelbraunes Haar, das enge purpurne Kleid, mit dem sie vorhin noch auf einer Wettgala war. »Unser Freund wird sicherlich nicht wie eine Ratte hausen.«
»Ach, und wie genau stellst du dir sein Leben sonst vor?«, höhnt Robert.
»Es gibt einen alten, unterirdischen Komplex, den wir zwar erst mal auf Vordermann bringen müssten, aber der genug Platz für eine solche Widerstandsgruppe bietet. Mit allem nötigen Komfort. Und unser lieber Freund hier wird diese NoClans anführen und sie trainieren. So lange, so hart und so geduldig, bis es einige von ihnen in die Gameshow schaffen. Und während diese Auserwählten die Gameshow bestreiten, werden die restlichen NoClans die rote Zone verlassen und sich unter die Zuschauenden mischen. Sie werden der Parade bis zum Casinum folgen, und wenn die Siegenden anfangen, ihre eigene Hinrichtung live zu übertragen,...
Erscheint lt. Verlag | 11.10.2023 |
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Reihe/Serie | Gameshow | Gameshow |
Verlagsort | Frankfurt am Main |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Kinder- / Jugendbuch ► Jugendbücher ab 12 Jahre |
Schlagworte | Action Abenteuer Romance Young Adult Jugendbücher • All Age Roman Urban Fantasy Romance • Anna Benning • Battle Royale • Bücher für Jugendliche • Bücher für Teenager • Die Tribute von Panem • Dystopie • Erinnerungen • Game • Jugendbuch Bestseller • Jugendbücher Jugendbuch ab 14 vierzehn Jahre Jahren Jährige • must reads • Pageturner • Sarah J. Maas • spannendes Jugendbuch • Spielleiter • Umsturz • Widerstand • Zukunftsroman/Dystopie • Zunkunftsroman • Zweiter Band |
ISBN-10 | 3-7336-0506-3 / 3733605063 |
ISBN-13 | 978-3-7336-0506-3 / 9783733605063 |
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