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Gleanings - Storys aus dem Scythe-Universum (eBook)

Spin-off aus der Scythe-Welt für Fans und Neueinsteiger?Ein Muss für alle, die Science-Fiction lieben (All-Age Kurzgeschichten ab 14 Jahre)
eBook Download: EPUB
2023 | 1. Auflage
480 Seiten
Fischer Sauerländer Verlag
978-3-7336-0573-5 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Gleanings - Storys aus dem Scythe-Universum -  Neal Shusterman
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Ein Muss für alle Fans: Lieblingscharaktere, neue Helden und alte Feinde aus dem »Scythe«-Universum Stell dir eine Welt vor, in der Armut, Krankheit und Tod besiegt sind. Aber auch in dieser perfekten Welt müssen Menschen sterben. Und die Entscheidung über Leben und Tod treffen die Scythe: Sie allein entscheiden, wer sterben muss. Doch nicht alle Scythe halten sich an die Regeln ...  »Gleanings« erzählt Storys aus dieser erschreckenden und faszinierenden Welt, die vielleicht unsere Zukunft ist. Eine Reise zu den verborgenen Geheimnissen der mächtigsten Scythe und den bisher unerzählten Geschichten der Hüter des Todes. Wahrheiten bekommen Risse, dunkle Seiten der Helden gelangen ans Licht, vermeintlich besiegte Feinde erstehen wieder auf, und neue Scythe - ein Hund?! - betreten die Bühne ...

 Neal Shusterman, geboren 1962 in Brooklyn, ist in den USA ein Superstar unter den Jugendbuchautoren. Er studierte in Kalifornien Psychologie und Theaterwissenschaften. Alle seine Romane sind internationale Bestseller und wurden vielfach ausgezeichnet, u.a. mit dem National Book Award. 

 Neal Shusterman, geboren 1962 in Brooklyn, ist in den USA ein Superstar unter den Jugendbuchautoren. Er studierte in Kalifornien Psychologie und Theaterwissenschaften. Alle seine Romane sind internationale Bestseller und wurden vielfach ausgezeichnet, u.a. mit dem National Book Award.  Kristian Lutze studierte Anglistik/Amerikanistik und Germanistik in Düsseldorf, Buffalo, N.Y., und Hamburg. Er lebt in Köln und übersetzt neben Neal und Jarrod Shusterman u. a. Martin Cruz Smith, Walter Mosley, Michael Robotham und Robert Wilson aus dem Englischen. Pauline Kurbasik, geboren 1982 in Landau, studierte Romanistik, Anglistik und Linguistik sowie Literaturübersetzen. Sie übersetzt Bücher aus dem Englischen und Französischen und lebt in Köln.

Kapitel 2: Formidabel


»Es braucht Zeit, Susan«, hatte Michael ihr erklärt. »Bald wird das Mädchen, das du einmal warst, in der Erinnerung verblassen. Du wirst komplett und vollständig in deiner neuen Identität leben.«

Er hatte gut reden – Michael war schon seit fünf Jahren Scythe. Sie fragte sich, wie lange er gebraucht hatte, um in sich selbst »zu leben«. Er war so durch und durch Faraday, dass sie sich ihn nicht als jemand anderen vorstellen konnte.

Ich bin Marie. Ich bin nicht Susan, erinnerte sie sich immer wieder. Denn sie musste die Scythe Marie Curie nicht nur darstellen, sondern anfangen, sich selbst so zu sehen. Sie musste es real spüren. Die öffentliche Person war eine Sache, aber diese Person in die eigenen Gedanken zu integrieren war eine ganz andere. Es fühlte sich an, als würde man in einer fremden Sprache denken.

»Irgendwann ist es keine Rolle mehr, die du spielst, sondern die Person, die du bist«, hatte Faraday ihr versichert. »Und ich habe so ein Gefühl, dass du, wenn es so weit ist, formidabel sein wirst!«

Im Moment fühlte sie sich allerdings kein bisschen formidabel. In den ersten Monaten waren ihre Nachlesen eher unauffällig gewesen. Zweckmäßig. Nützlich. Sie erledigte ihren Job, suchte jedoch noch nach einem Stil, der sie definieren würde. Ohne fühlte sie sich nachlässig. Ziellos.

In dieser Geistesverfassung kam Susan – nein, Marie – zum Herbstkonklave im Jahr des Marlins, ihrem ersten Konklave als offiziell berufene Scythe. Sie hatte naiverweise angenommen, die große Versammlung der Scythe würde leichter durchzustehen sein, wenn sie kein Lehrling mehr war, aber weit gefehlt …

Während die meisten Scythe in führerlosen Fahrzeugen, Publicars oder – die pompöseren Vertreter der Zunft – in Scythe-Limousinen eintrafen, fuhr Marie in einem Porsche aus der Sterblichkeitsära vor, den ihr der Sohn eines Mannes geschenkt hatte, den sie nachgelesen hatte. Anstatt den Wagen beim Aussteigen einem Mitglied der Bladeguard zu überlassen, wandte sie sich an die versammelte Menge.

»Kann irgendjemand einen nicht autonomen unregistrierten Schaltwagen fahren?«

Ein paar Hände reckten sich in die Höhe. Sie entschied sich für einen jungen Mann in ihrem Alter. Um die neunzehn. Als ihm klar wurde, dass er ausgewählt worden war, trat er eifrig wie ein junges Hündchen vor.

»Vorsicht«, warnte sie ihn. »Der Wagen hat es in sich.«

»Ja, Euer Ehren. Danke, Euer Ehren. Ich werde vorsichtig sein, Euer Ehren.«

Sie gab ihm die Schlüssel und hielt ihm ihre andere Hand hin. Er kniete nieder, um ihren Ring zu küssen; der Anblick ließ ein kleines Mädchen im Publikum entzückt aufjuchzen.

»Geben Sie die Schlüssel bei einem Mitglied der Bladeguard ab, dann landen sie schon wieder bei mir«, wies sie ihn an.

Er verbeugte sich vor ihr. Er verbeugte sich wirklich. In alter Zeit war die Verbeugung ein Zeichen der Lehenstreue gewesen – man bot einer königlichen Hoheit seinen Kopf zur Enthauptung an. Manche Scythe genossen diese kriecherische Unterwürfigkeit, doch Marie fand sie lächerlich und peinlich. Sie fragte sich, ob es Scythe gab, die Menschen, die sich vor ihnen verbeugten, wirklich enthaupteten.

»Es ist das Privileg eines Scythe, wahllos Menschen willkürliche Aufgaben aufzutragen«, hatte Michael ihr erklärt. »Genauso wie es das Privileg eines Scythe ist, sie für diese Dienste zu belohnen.«

Sie hatte gelernt, dass es nicht darum ging, sich überlegen zu fühlen – es war nur ein Weg, die Erteilung von Immunität zu rechtfertigen. So hatte Michael sie gelehrt, etwas, das man auch als Anspruch betrachten könnte, in eine freundliche Geste zu verwandeln.

Der junge Mann fuhr mit ihrem Wagen davon, und Marie schloss sich dem prunkvollen Umzug an – denn genau das war es: ein absichtsvolles Spektakel von Scythe, die in ihren bunten Roben die Marmortreppe zum Kapitol von Fulcrum City hinaufstiegen. Die festliche Ankunft war ebenso wichtig wie alle Angelegenheiten, die in dem Gebäude verhandelt wurden, denn es erinnerte die Öffentlichkeit daran, wie Ehrfurcht gebietend das Scythetum war.

Hinter einem Kordon der Bladeguard drängten sich auf beiden Seiten der Treppe jedes Mal Horden von Menschen, die hofften, einen Blick auf ihre Lieblingsscythe zu erhaschen. Einige Scythe produzierten sich für ihr Publikum, andere wahrten Distanz. Aber egal ob sie lächelten, winkten oder abschreckend finstere Mienen zogen, der Eindruck, den sie hinterließen, war wesentlich für das öffentliche Bild des Scythetums.

Als Marie die Stufen hinaufstieg, reagierte sie nicht auf die Menge. Sie wollte diesen Teil der Veranstaltung nur möglichst schnell hinter sich bringen und in das Gebäude gelangen. Und obwohl sie den Weg die Treppe hinauf zusammen mit anderen Scythe zurücklegte, fühlte sie sich mit einem Mal sehr allein. Sie hatte nicht geahnt, wie sehr ihr diese gefühlte Isolation zusetzen würde. Bei ihren vorherigen Konklaven war sie als Lehrling immer in Begleitung von Faraday gekommen. Aber heute zeigte sich kein einziger Scythe in ihrer Nähe gesellig oder umgänglich.

Beim Frühlingskonklave vor vier Monaten hatten fünf Lehrlinge die Abschlussprüfung absolviert. Marie war die Einzige, die bestanden hatte, die Einzige, die zur Scythe berufen worden war. Deshalb blieb ihr nicht einmal die Kameraderie mit anderen Debütanten. Und natürlich konnte sie sich nicht mit den Nachwuchslehrlingen zusammensetzen, weil das unter ihrer Würde als Scythe war und ein schlechtes Licht auf sie werfen würde.

Die übrigen Scythe waren entweder zu beschäftigt damit, die Verehrung der Menge entgegenzunehmen, oder zu ichbezogen, um Maries Einsamkeit zu bemerken. Oder sie bemerkten sie doch und ergötzten sich daran. Nicht weil sie Marie persönlich nicht mochten, sie mochten bloß das Prinzip nicht, das sie verkörperte. Sie waren empört, dass ein so junger Scythe wie Faraday nur wenige Jahre nach seiner Berufung überhaupt einen Lehrling angenommen hatte. Und den Großteil ihrer Missbilligung bekam Marie ab.

Viele Scythe zelebrierten diese Missbilligung regelrecht. Sie behandelten Marie mit Verachtung und musterten sie mit geringschätzigen Seitenblicken, die erkennen ließen, dass ihnen die Farbe von Maries leuchtend violetter Robe missfiel. Für eine so knallige Farbe hatte Marie sich nur aus Trotz gegen ihre Tonisten-Eltern entschieden, die alle Farben außer gedeckten Erdtönen verabscheuten. Aber nun bereute sie ihre Wahl, weil sie unerwünschte Aufmerksamkeit auf ihre Person lenkte.

Sie hatte sogar mit dem Gedanken gespielt, auch ihr Haar in demselben Ton zu färben – doch ihr Friseur hatte das Gesicht verzogen und erklärt, dass ihr wunderschöner geflochtener Zopf vor dem Hintergrund des Stoffes verblassen würde. »Silber!«, hatte er vorgeschlagen. »Oh, das wäre wirklich markant.«

Marie hatte seinen Rat angenommen. Ihr silberner, geflochtener Zopf fiel bis zur Taille auf den Rücken ihrer Robe. Sie hatte gedacht, diese Aufmachung würde ihr helfen, sich neu zu definieren und sich von einem Schützling Faradays zu einer eigenständigen Scythe zu emanzipieren, doch nun erkannte sie, dass der Plan nach hinten losgegangen war. Sie hörte Feixen und Kichern und wurde rot – was sie noch verlegener machte, weil sie den anderen damit zeigte, dass sie ihr zugesetzt hatten.

In dem Vorraum, wo für die Blicke und den Appetit aller Anwesenden das traditionelle üppige Frühstücksbuffet aufgebaut war, sprach sie endlich jemand an. Scythe Vonnegut kam auf sie zu, in seiner säuregebleichten Jeansrobe, die aussah wie die Mondoberfläche und an eine Zeit erinnerte, an die sich niemand recht erinnern konnte.

»Nun, wenn das nicht unsere ›Kleine Miss Tunichtgut‹ ist«, begrüßte er sie grinsend. Er hatte die Art Lächeln, bei dem sie sich immer unsicher war, ob es falsch oder aufrichtig war. Was den Spitznamen betraf, hatte Marie keine Ahnung, wer ihn geprägt hatte, doch er hatte sich durchgesetzt und noch vor ihrer Berufung im midMerikanischen Scythetum verbreitet. Die kleine Miss Tunichtgut. Es war bloß eine weitere Unfreundlichkeit, schließlich war sie weder klein noch besonders mutwillig. Sie war eine hochgewachsene junge Frau, schlank und schlaksig und kein bisschen schelmisch oder übermütig, eher mürrisch und immer viel zu ernst, um irgendwelchen Unfug auszuhecken.

»Es wäre mir lieber, wenn Sie mich nicht so nennen würden, Scythe Vonnegut.«

Er lächelte wieder zweideutig. »Es ist nur ein Kosename«, sagte er und wechselte das Thema. »Wirklich toll, was Sie mit Ihrem Haar gemacht haben!«

Wieder wusste Marie nicht, ob er sie verspottete oder ob er es ernst meinte. Sie würde lernen müssen, diese Leute besser zu durchschauen, auch wenn Scythe überaus versiert darin waren, unergründlich zu bleiben.

Sie entdeckte Faraday auf der anderen Seite des Raumes. Er hatte sie noch nicht gesehen. Oder vielleicht tat er nur so. Nun, was kümmerte es sie? Sie war jetzt selbst eine Scythe und keine unterwürfige Schülerin mehr – Herzensangelegenheiten hatten in ihrem Leben keinen Platz.

»Sie müssen lernen, weniger offensichtlich zu sein«, flüsterte Scythe Vonnegut ihr zu. »Man könnte Ihre Schwärmerei genauso gut an die Wände projizieren.«

»Was spielt das für eine Rolle? Scythe Faraday hegt keine Gefühle für mich.«

Wieder dieses Grinsen. »Wenn Sie das sagen.«

Ein Gong kündigte an, dass sie noch eine Viertelstunde Zeit hatten, sich den Bauch vollzuschlagen.

»Ich wünsche Ihnen ein gutes Konklave«, sagte Vonnegut...

Erscheint lt. Verlag 27.9.2023
Reihe/Serie Scythe
Scythe
Übersetzer Kristian Lutze, Pauline Kurbasik
Verlagsort Frankfurt am Main
Sprache deutsch
Themenwelt Kinder- / Jugendbuch Jugendbücher ab 12 Jahre
Schlagworte A.I. • All Age Science Fiction • Auslese • Bücher wie Hunger Games • David Yoon • Die Hüter des Todes • Fantasy Kurzgeschichten • KI • Künstliche Intelligenz • Numbers - Den Tod im Blick • perfekte Welt • Schicksal • Sensenmann • Sterben • thunderhead • Tod • tribute von panem • Überwachungsstaat • Ursula Poznanski • Zukunftsvision
ISBN-10 3-7336-0573-X / 373360573X
ISBN-13 978-3-7336-0573-5 / 9783733605735
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