Palast der Lügen 2: Ewig ist nicht unendlich (eBook)
400 Seiten
Planet! in der Thienemann-Esslinger Verlag GmbH
978-3-522-65500-2 (ISBN)
Emily Bold, Jahrgang 1980, schreibt Romane für Jugendliche und Erwachsene. Ob historisch, zeitgenössisch oder fantastisch: In den Büchern der fränkischen Autorin ist Liebe das bestimmende Thema. Nach diversen englischen Übersetzungen sind Emily Bolds Romane mittlerweile auch ins Türkische, Ungarische und Tschechische übersetzt worden, etliche ihrer Bücher gibt es außerdem als Hörbuch. Wenn sie mal nicht am Schreibtisch an neuen Buchideen feilt, reist sie am liebsten mit ihrer Familie in der Welt umher, um neue Sehnsuchtsorte zu entdecken. Mehr Informationen gibt es unter: emilybold.de
Das Sterben des Feuerwerks
Versailles, 1688
Valentins leerer Blick ging in den nächtlichen Himmel. Die roten und goldenen Explosionen des Feuerwerks registrierte er kaum. Er war umgeben von Menschen. Von Höflingen und schönen Frauen. Und doch war er allein. Er ließ die Arme sinken, in denen er noch vor einem Augenblick Sophie Dubois gehalten hatte. Sie war fort. Einfach aus dieser Zeit gerissen – und niemand hatte es bemerkt. Die staunenden Ahs und Ohs um ihn herum galten nicht der Tatsache, dass seine Begleiterin sich inmitten eines rauschenden Festes in Luft aufgelöst hatte, sondern den sterbenden Farben am Himmel über Versailles.
Es war eine Minute nach Mitternacht. In einer Zeit, die nicht seine eigene war. Er hätte nach Hause in sein echtes Leben zurückkehren können. Hatte so lange darauf gewartet, endlich herauszufinden, ob … Er schüttelte den Kopf, denn sich darüber jetzt Gedanken zu machen, war absurd. Er war nicht zurückgekehrt. Er war noch immer hier. Vielleicht war es besser so.
Sich Mut machend atmete er durch und straffte die Schultern. Er fuhr sich durchs Haar und strich die Rüschen an seiner Brust glatt. Dann wandte er sich um, kehrte dem Feuerwerk den Rücken zu und verließ den Spiegelsaal. Der Blick zum Kopf des Saals zeigte, dass er nicht der Erste war, der das Fest verließ. Der König war ebenfalls gegangen.
Valentin zog nachdenklich die Augenbrauen zusammen. Vor fünf Minuten hatten er und Sophie herausgefunden, dass der König von Frankreich, Ludwig der XIV., der legendäre Sonnenkönig, ebenfalls eine Marionette des Teufels von Paris war. Sie hatten ihn ein Pergament unterzeichnen sehen, das sehr viel Ähnlichkeit mit dem Pergament der Schuld aufwies, das Valentin selbst zum Schuldner des Teufels machte. Und er hatte mit eigenen Augen den kupfernen Chronographen unter dem Umhang des Königs hervorspitzen sehen. Sophie hatte gesagt, dass eine Nachricht, die sie im einundzwanzigsten Jahrhundert auf dem Küchentisch ihrer Familie gefunden hatte, die Handschrift des Königs trug.
Valentins Schritte hallten auf dem Marmor, als er die breite Treppe hinab und aus dem Palast ging. Die Kronen der Bäume, die den Weg säumten, wurden mal rot, mal grün, dann wieder golden von den Farben des Feuerwerks beleuchtet. Doch die Schatten darunter blieben undurchdringlich. Valentin verließ den Weg und trat in einen dieser Schatten. Er verschmolz damit und wartete ab, bis das Feuerwerk erstarb. Ein letzter lauter Knall, ein letzter Funkenregen. Dann der Applaus. Valentin schloss die Augen. Er würde nicht in die Hände klatschen. Er wartete in aller Stille. Von seinem verborgenen Platz hinter dem Stamm einer Eiche aus hatte er freie Sicht auf alle, die aus dem Palast traten. Doch nicht jeder, der ging, interessierte ihn. Er wartete auf eine bestimmte Person. Und er musste nicht lange warten.
Elian Dubois war einer der Ersten, die das Lichterfest nach dem Ende des Feuerwerks verließen. Er war in Begleitung einer jungen Frau, von der Valentin wusste, dass sie noch keinem hier am Hofe je vorgestellt worden war. Ein Schmunzeln stahl sich auf seine Lippen, als er sich ausmalte, wie die Leute wohl reagieren würden, wüssten sie, dass die rothaarige Schönheit an Elians Arm in Wahrheit eine einfache Zofe war und im Dienste des Comte Dubois stand. Sie wären schockiert. Ebenso wie die Frau, die Elian und seiner Begleiterin in kurzem Abstand folgte. Estelle Dubois, Elians Tante – zumindest war sie das für den Rest der Welt. Denn niemand, abgesehen von Valentin, würde verstehen, dass Estelle in Wahrheit eine Vorfahrin von Elian war.
Gerade wirkte Estelle überfordert. Zu sehen, dass ihre Zofe ein Fest des Königs von Frankreich aufsuchte, war für sie erschütternder, als dass ihre Nichte verschwunden war, weil ein Chronograph sie aus dieser Zeit gerissen und in die Zukunft befördert hatte.
Zumindest nahm er das an, denn als er Estelle zuhörte, wurde ihm klar, dass sie das ja noch gar nicht mitbekommen hatte.
»Elian? Wo ist eigentlich Sophie? Ich habe sie aus den Augen verloren«, hakte sie nach und machte einige schnelle Trippelschritte, um zu Elian aufzuschließen.
Valentin straffte die Schultern und trat hinter der Eiche hervor. Mit einer angedeuteten Verbeugung gesellte er sich zu den dreien und vergewisserte sich mit einem knappen Blick über die Schulter, dass sie von niemandem beobachtet wurden.
»Was machst du denn noch hier?«, wunderte sich Elian und sein Blick verfinsterte sich. »Der Teufel von Paris hat dir doch gegeben, was du so dringend wolltest. Dein Ticket nach Hause. Mitternacht ist vorüber. Solltest du nicht …?«
Valentin erwartete nicht, dass Elian mit dem Verlauf des Abends zufrieden sein würde. Doch immerhin hatte er dafür gesorgt, dass Sophies Bruder nicht aufgeflogen war. Ein klein bisschen Dankbarkeit wäre das Mindeste.
»Ich weiß, dass es nicht so gelaufen ist, wie geplant«, gab er zu. »Aber wichtig ist nur, dass Sophie vorerst sicher ist. Sie ist zu Hause. Und der Teufel von Paris hat nicht bemerkt, dass wir gemeinsam gegen ihn gearbeitet haben. Es ist also auch nicht schlecht gelaufen.«
»Wie ist sie denn nach Haus gekommen?«, hakte Estelle verwundert nach. »Hat Rémi sie etwa gefahren?«
Valentin räusperte sich. Er hatte sich wohl unklar ausgedrückt. »Zu Hause in ihrer Zeit«, räumte er das Missverständnis aus.
»Wie das?« Elian ließ Lucilles Arm los und kam auf ihn zu. »Der Teufel hat unseren Chronographen der Zeit. Also, wie …?«
»Sie war so in Sorge, dass euer Vater nicht weiß, was aus euch geworden ist, dass ich ihr meinen Chronographen überlassen habe.« Valentin nahm das filigrane Bauteil in Form eines Tigers aus seiner Brusttasche. »Wir haben es durch Sophies Schlangenzeiger ersetzt und …«
»Ihr habt was?!« Elian versetzte ihm einen Stoß gegen die Brust. »Habt ihr den Verstand verloren?«, brüllte er und kniff die Augen gefährlich zu Schlitzen. »Weißt du, wie ein Chronograph funktioniert? Weißt du etwa, wie er zusammengebaut sein muss, um jemanden sicher durch die Zeit zu bringen? Oder gar in die richtige Zeit?« Elian rieb sich über den Kopf, sodass sich das Samtband, das seine schulterlangen Haare zusammenhielt, löste und auf den Boden fiel. »Merde!«, fluchte Elian und boxte Valentin erneut gegen die Schulter. »Ich dachte, du passt auf sie auf!«, schimpfte er. »Ich schwöre, ich bringe dich um, wenn ihr etwas zugestoßen ist!«
»Elian«, flüsterte Lucille und blickte scheu zurück zum Palast. »Da kommen Leute. Sollten wir nicht besser …«
»Das Mädchen hat recht«, stimmte Estelle energisch zu und reckte ihr Kinn in die Höhe. »Dies ist kein Gespräch für fremde Ohren. Besser, wir setzen es bei uns zu Hause fort. Ich denke, Albert wird hören wollen, was geschehen ist«, erklärte sie bestimmt.
Valentin wartete, denn trotz der eindringlichen Ansprache der Comtesse, starrte Elian ihn noch immer unverhohlen feindselig an. Erst, als Lucille ihn am Ellbogen berührte, wurde sein Blick milder.
»Schön. Fahren wir in die Maison de Dubois.«
»Ich kann nicht«, widersprach Valentin und atmete tief durch. »Ich komme morgen zu euch, um alles zu besprechen, aber …«
Sofort wurde der Ausdruck in Elians Zügen wieder ernst. »Was soll das bedeuten?«, verlangte er zu erfahren. »Was hast du vor? Warum kommst du nicht gleich mit uns?«
»Das geht dich nichts an.«
»Und wie mich das was angeht!« Elian baute sich drohend vor ihm auf. »Du sagst mir auf der Stelle, was …«
»Ich sage dir überhaupt nichts. Was ich tue, geht nur mich etwas an.«
»Ich traue dir nicht!«, presste Elian wütend heraus. »Du hast dich an meine Schwester rangemacht und paktierst irgendwie mit dem Teufel von Paris.«
Valentin biss die Zähne zusammen. Seine Geduld war am Ende. »Ich paktiere nicht mit dem Teufel! Und ich habe mich nicht an deine Schwester rangemacht! Ich habe sie beschützt – nachdem du sie in Gefahr gebracht hast. Dass sie sich in mich verliebt, war nie geplant.« Valentin ballte die Fäuste. »Und glaub mir, es war alles leichter, als ich keine Gefühle für sie hatte!« Damit wandte Valentin sich um und ließ die Dubois stehen. Er konnte jetzt nicht mit ihnen gehen. Er musste allein sein. Brauchte etwas Zeit, um zu verstehen, welche Folgen die Entscheidungen des heutigen Abends für ihn haben würden.
Er drängte den Schmerz zurück, der bei dem Gedanken an seine Familie in seiner Brust aufwallte. Er wollte nicht an zu Hause denken. Nicht an seine eigene Zeit. Nicht an den Kummer, den seine Familie womöglich durchlebte, weil sie nicht wusste, wo er war, oder wie es ihm ging. Ob sie nach vier Jahren überhaupt noch mit seiner Rückkehr rechneten? Ob sie ihn nicht längst für tot erklärt hatten?
Mehrfach schluckte er, um die Enge in seiner Kehle zu lösen. Sich diese Fragen zu stellen war schmerzhaft. Und dabei konnte es durchaus noch viel schlimmer sein. Was, wenn seine schlimmsten Befürchtungen sich bei seiner...
Erscheint lt. Verlag | 27.4.2023 |
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Reihe/Serie | Palast der Lügen | Palast der Lügen |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Kinder- / Jugendbuch ► Jugendbücher ab 12 Jahre |
Schlagworte | Bookstagram • Fantasy Bücher • Große Liebe • Historische Liebesromane • Intrigen • Jugendbuch Fantasy • Liebesroman • Love Story • Magie • Paris • romance books • Selfpublisher • Teufel • Urban Fantasy • Verbotene Liebe • Versailles • Young Adult • Zeitreise |
ISBN-10 | 3-522-65500-1 / 3522655001 |
ISBN-13 | 978-3-522-65500-2 / 9783522655002 |
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