Sunkissed (eBook)
320 Seiten
Carlsen Verlag Gmbh
978-3-646-93597-4 (ISBN)
Kasie West lebt mit ihrer Familie in Kalifornien. Wenn sie keine Geschichten schreibt oder die Nächte durchliest, verbringt sie ihre Zeit auf dem Wakeboard oder hört schnulzige Alternative-Rock-Lieder. Mehr über die Autorin auf kasiewest.com.
Kasie West lebt mit ihrer Familie in Kalifornien. Wenn sie keine Geschichten schreibt oder die Nächte durchliest, verbringt sie ihre Zeit auf dem Wakeboard oder hört schnulzige Alternative-Rock-Lieder. Mehr über die Autorin auf kasiewest.com. In der Normandie geboren und in Franken aufgewachsen, lebt Ann Lecker seit 2007 in England. Sie studierte Literaturübersetzen und Theaterpädagogik und arbeitet schwerpunktmäßig für und mit Kindern und Jugendlichen.
Kapitel 1
ICH ATMETE TIEF EIN, lehnte mit geschlossenen Augen den Kopf gegen das Wagenfenster und ließ mich von der sonnendurchfluteten Glasscheibe wärmen. Das würde ein perfekter Sommer werden. Wenn ich es oft genug wiederholte, würde es auch in Erfüllung gehen. Nach allem, was in dieser Woche passiert war, hatte ich das dringend nötig. Den Sommer vor meinem letzten Schuljahr sollte ich ganz für mich beanspruchen, hatte Dad vor Monaten gesagt. Und genau das würde ich jetzt tun.
Vorne im Auto hatten meine Eltern das Radio auf kaum hörbar gedreht, aber ich konnte gerade noch einen Taylor-Swift-Song ausmachen. Der Akku meiner AirPods hatte vor zehn Minuten den Geist aufgegeben, was den Rest meiner sorgfältig zusammengestellten Roadtrip-Playlist – Mit dir auf dem Rücksitz gefangen – unbrauchbar machte. Als ich langsam eindöste, schrillte neben mir die Stimme meiner Schwester lauter als notwendig.
»Hey, Leute! Schöne Sommerferien! Wir sind jetzt seit vier Stunden im Auto unterwegs und können es kaum erwarten, endlich anzukommen. Sagt Hallo zu meiner älteren Schwester Avery!«
Lauren hatte die Ellbogen auf die Kissen zwischen uns gestützt und richtete ihre Handykamera auf mich. Dahinter flehte sie mich stumm an: Gib mir was, irgendwas, alles außer deinem üblichen langweiligen Gesicht. Da ich nun einmal mit einem langweiligen Gesicht zur Welt gekommen war, machte ich ein Peace-Zeichen, was sie offenbar zufriedenstellte, denn sie wechselte wieder auf Selfie-Modus. »Dieses Jahr haben die Eltern Ferien mitten im Wald gebucht. Kommt ihr mit?« Sie hielt die Kamera aus dem Wagenfenster, und die hohen Kiefern sausten verschwommen vorbei.
Das Vier-Sterne-Familiencamp, in dem wir den Sommer verbringen würden, hätte ich nicht unbedingt als mitten im Wald beschrieben, aber Übertreibung ist der Schlüssel zu jedem guten Social-Media-Video. Ich schüttelte das Ladecase meiner Airpods, als würden sie sich dann schneller aufladen. Ich brauchte dringend lärmunterdrückende, den Kopf frei machende Musik.
»Habt ihr eure Badeanzüge eingepackt?«, fragte Mom, obwohl wir vier Stunden von zu Hause entfernt nichts mehr daran ändern konnten, falls nicht.
Lauren nahm das Handy herunter. »Mom, ich habe gerade gefilmt.«
»Oh, entschuldige«, flüsterte Mom.
»Na, jetzt nicht mehr.«
»Ich habe gehört, dass es im Camp eine riesige Wasserrutsche gibt«, teilte Dad uns mit, als gäbe es für eine Siebzehn- und Fünfzehnjährige keine aufregendere Neuigkeit. »Supergroß für Superkids.« Er lachte über seinen eigenen Witz, und ich lachte unwillkürlich mit.
Lauren sah mich an, als wollte sie sagen Ernsthaft?, und fragte: »Echtes Wasser gibts aber auch, ja?«
»Echtes Wasser?«, fragte Mom.
»Einen See oder so was?«
»Ja, es gibt dort einen See und einen Swimmingpool«, antwortete Dad, während er eine Kurve zu schnell nahm und ich gegen die Tür gedrückt wurde.
»Ich verstehe immer noch nicht, warum wir nicht einfach in das Camp fahren konnten, in dem wir vor ein paar Jahren waren«, beschwerte sich Lauren. »Das war nicht so weit weg, und die Straßen waren nicht so kurvenreich.«
»Weil wir dieses Jahr ein episches Abenteuer erleben wollen«, erklärte Dad. »Nächsten Sommer ist Avery so mit ihren Vorbereitungen fürs College beschäftigt, dass sie einen Familienurlaub boykottieren wird.«
»Stimmt genau«, sagte ich und lächelte, als Mom sich nach hinten drehte, um sich zu vergewissern, dass sie das nicht als Beleidigung auffassen sollte. Als sie mein Gesicht sah, gab sie mir einen Klaps aufs Knie.
Meine Eltern hatten beide den Sommer über frei. Mom war Dozentin an der UCLA, der Universität von Kalifornien, und Dad unterrichtete Sechstklässler und trainierte die Middleschool-Basketballmannschaften. Und solange ich zurückdenken konnte, zogen wir fast jeden Sommer auf »Abenteuer« aus. Manchmal war es eine Hütte am See oder ein Campingplatz in Strandnähe. Und meistens war es tatsächlich ein Abenteuer. Manchmal sogar ein richtig gutes.
Auf dem Sitz neben mir vibrierte mein Handy gegen meinen Oberschenkel, und ich spannte mich sofort an. Ich wollte nicht sehen, wer es war. Ich wollte nicht noch mehr Ausreden lesen. Ich wollte mit meinem perfekten Sommer loslegen. Es vibrierte noch einmal. Ich holte tief Luft und warf einen Blick auf den Bildschirm. Wie erwartet war es meine beste Freundin Shay.
Es tut mir leid. Ich halte den Sommer nicht durch, wenn ich weiß, dass du wütend auf mich bist. Es war ein Versehen.
Wie, bitte schön, küsste man aus Versehen den Ex-Freund der besten Freundin? Trent und ich waren erst seit ein paar Wochen kein Paar mehr! Und ich hatte gedacht, dass wir vielleicht wieder zusammenkommen könnten. Jetzt fragte ich mich, ob Shay der wahre Grund war, warum wir überhaupt erst Schluss gemacht hatten. Offensichtlich mochten sie sich. Ich kam mir bescheuert vor, weil ich davon ausgegangen war, Trent und ich hätten nur eine schlechte Phase und würden uns wieder zusammenraufen.
Eine weitere Nachricht leuchtete auf.
Es war ein Riesenfehler. Wir haben beide nur darüber geredet, wie sehr wir dich vermissen werden, wenn du den ganzen Sommer weg bist! Bitte verzeih mir.
Ich legte das Handy mit dem Bildschirm nach unten auf den Sitz, als würden die Nachrichten verschwinden, wenn ich sie nicht sehen konnte.
»Hallo, Leute!«, sagte Lauren wieder in die Kamera. »Zeit für unseren Sommerausflug in die tiefen Wälder. Bäume und Seen und aufregende Abenteuer. Ich hoffe, ihr seid alle mit dabei. Sag hi, Avery.«
Die Handykamera war wieder auf mich gerichtet. Von den Nachrichten stiegen mir Tränen in die Augen. Ich biss die Zähne zusammen und blinzelte sie weg. Schließlich wandte ich mich Lauren zu und blies die Backen auf wie ein Kugelfisch, ein Meereswesen, dessen Abwehrmechanismus ich zu schätzen wusste.
Sie nahm ihr Handy herunter und zog die Augenbrauen hoch. »Kann ich das posten?«
Ehrlich gesagt war es mir egal, was ihre fünfzig Follower von mir hielten. Na ja, eigentlich stimmte das nicht … und dafür hasste ich mich. Aber sie warf mir wieder einen flehentlichen Blick zu.
Ich seufzte. »Wenns sein muss.«
»Danke!« Sie sah auf ihr Handy und ließ den Clip laufen.
Ich wandte mich wieder den Nachrichten zu, die sich immer noch nicht in Luft aufgelöst hatten.
Shay war meine beste Freundin, seit sie mich im Sommer vor der dritten Klasse durch einen Zaun offiziell dazu erklärt hatte. Sie war damals in das Haus hinter uns eingezogen, und wir hatten uns kennengelernt, als ihr Ball über den Zaun geflogen und mir an den Kopf geprallt war. Ich hatte ihr den Ball zurückgegeben, und danach quatschten wir wochenlang jeden Tag durch einen Spalt, bis wir irgendwann dann richtig miteinander abhingen. Und genau so hatte es sich angefühlt, als sie mir erzählte, was mit Trent passiert war: wie ein Ball, der mir gegen den Kopf knallt – unerwartet und peinlich –, nur ohne Happy End.
Dad ging ein weiteres Mal zu schnell in die Kurve.
»Äks«, beschwerte sich Lauren und hielt sich den Bauch. »Mir wird schlecht.«
Ich rutschte näher an mein Fenster heran. Das Letzte, was ich brauchte, war ein Schoß voll Kotze.
Mom schlug Dad auf den Arm. »Fahr langsamer.« Dann drehte sie sich nach hinten um. »Brauchst du eine Plastiktüte?«
»Hast du keine Reisetablette genommen?«, fragte ich.
»Doch, Avery, hab ich. Aber die hat offensichtlich nicht geholfen.«
»Hab doch nur gefragt«, gab ich zurück.
»Du hast nicht nur gefragt. Du wolltest damit sagen, dass ich was falsch gemacht habe.«
Da meine Schwester und ich nicht gerade beste Freundinnen waren, hatte ich ihr nichts von meiner grottigen Woche oder den unbeantworteten Nachrichten auf meinem Handy erzählt. Niemand wusste davon. »Sorry. So war das nicht gemeint.«
Ich erhaschte Dads Blick im Rückspiegel, und er sagte lautlos: »Feuer und Eis.«
Seit ein paar Jahren nannte Dad meine Schwester und mich Feuer und Eis. Auf fast jede erdenkliche Art und Weise waren wir das genaue Gegenteil voneinander. Lauren machte aus allem ein Drama und musste immer übertreiben. Ich war gelassen und schwamm mit dem Strom. Lauren war ein echter Blickfang. Sie war groß und stark und hatte hellblondes Haar und große blaue Augen. Sie wirkte immer glücklich, auch wenn sie schlechte Laune hatte. Ich hingegen gehörte zu den Menschen, die in der Menge untergingen. Ich hatte glattes braunes Haar und einen normalen Körperbau. Auch wenn mein Lächeln hübsch war, zog es keine Blicke auf sich. Mir gefielen meine Augen. Sie waren haselnussbraun, und ich konnte eine Menge mit ihnen ausdrücken. Obwohl wir so gegensätzlich waren, mochte ich den Spitznamen gar nicht (wer möchte schon mit Eis verglichen werden?), aber ich liebte meinen Dad und wusste, dass er es für niedlich und witzig hielt. Deshalb tat ich, was jeder gelassene Mensch tun würde – ich ignorierte es.
»Halt an! Halt an!«, kreischte Lauren und schnallte sich los.
Mom kramte um ihre Füße herum, und Dad schwenkte nach rechts und kam auf dem Seitenstreifen zum Stehen. Mom hielt eine Plastiktüte in die Luft, während meine Schwester die Tür aufwarf, hinaussprang und sich laut und heftig würgend auf die Straße übergab. Alles, was sie tat, wurde zum Drama, sogar kotzen. Sie stöhnte, stützte die Hände auf die Knie und wartete auf die nächste...
Erscheint lt. Verlag | 27.4.2023 |
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Übersetzer | Ann Lecker |
Verlagsort | Hamburg |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Kinder- / Jugendbuch ► Jugendbücher ab 12 Jahre |
Schlagworte | Band-Romantik • beach romance • Buch Sommerferien • Familie • Geschwister • Jugendbuch ab 14 • Jugendbuch Romantik Musik • Liebe-Liebesgeschichte-Romantik • Liebesgeschichte ab 14 • liebesroman urlaubsroman sommerroman • musiker liebesromane • Selbstbewusstsein stärken Jugendliche |
ISBN-10 | 3-646-93597-9 / 3646935979 |
ISBN-13 | 978-3-646-93597-4 / 9783646935974 |
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