Halloween Huntress (eBook)
287 Seiten
Impress (Verlag)
978-3-646-60939-4 (ISBN)
Lumen D. Light ist Lehramtsstudentin und liebt alles, was seltsam und irgendwie anders ist. Deshalb schreibt die Sauerländerin Geschichten über Außenseiter*innen und Antiheld*innen, die ihren Platz in der Welt noch finden müssen. Eine große Portion Sarkasmus darf dabei nicht fehlen und im besten Fall auch etwas Gothrock und schwarzer Nagellack.
Lumen D. Light ist Lehramtsstudentin und liebt alles, was seltsam und irgendwie anders ist. Deshalb schreibt die Sauerländerin Geschichten über Außenseiter*innen und Antiheld*innen, die ihren Platz in der Welt noch finden müssen. Eine große Portion Sarkasmus darf dabei nicht fehlen und im besten Fall auch etwas Gothrock und schwarzer Nagellack.
Kapitel 2
Als Autumn am nächsten Morgen in den Briefkasten lugte, befanden sich dort zwei Briefe. Sie fischte beide heraus, bevor das Blechding unter all dem Rost zusammenbrach. Im Treppenhaus achtete sie penibel darauf, nicht auf eine der morschen Stufen zu treten, was gar nicht so einfach war, denn in der Treppe lebten mehr Holzwürmer als Mieter im Haus.
Oben angekommen, brauchte es diesmal nur zwei Anläufe, bis der Schlüssel endlich die Wohnungstür aufschloss und selbst die Türklinke blieb da, wo sie hingehörte. Heute war ein guter Tag.
Nicht nur, dass Autumn jeden Tag, an dem ihre Wohnung nicht über ihrem Kopf zusammenbrach, als gut bezeichnete, auch die Bezahlung, die sich in einem der Umschläge befinden musste, stimmte sie fröhlich.
Sie nahm auf einem mit Zeitungen gestopften Sofa Platz und warf die Beine lässig über einen umgestülpten Pappkarton. Der Brief enthielt wenige grüne Scheine, die immerhin für den nächsten Monat ihren Hintern vor der kalten Straße bewahren würden. Sie lehnte sich zurück und blickte dem grauen Himmel durch eine mit braunem Klebeband verzierte Scheibe entgegen. Wahrscheinlich würde nicht mal ein Obdachloser freiwillig hier einziehen. Dummerweise war man als Geisterjägerin nicht unbedingt wohlhabend, es sei denn, man stammte aus einer berühmten Familie oder arbeitete fürs Dritte Auge. Autumn konnte weder eine Familie noch einen schicken Lebenslauf vorweisen und so blieben ihr nur die kleinen Aufträge, die dreckigen, die sonst niemand machen wollte. Darunter fielen Poltergeister, Gespenster und ab und zu mal ein betrunkener Junkie, der fälschlicherweise für einen Untoten gehalten wurde.
Während Poltergeister nur Lampen zum Flackern und Vorhänge zum Wehen brachten, besaßen Geister die Fähigkeit, aktiv mit der irdischen Welt zu interagieren. Das war zwar nervig, aber wenig spektakulär. Ein Dämon oder ein Sensenmann waren ganz andere Hausnummern. Aber mit schlappen fünf Jahren Erfahrung und als Lehrling eines ehemaligen Wahrsagers konnte Autumn keine Referenzen vorweisen, die sie auch nur in die Nähe eines solchen Wesens bringen würden. Sie war diejenige, die hinterher die übernatürlichen Überreste wegfegen durfte. Und das war quasi bereits eine Ehre.
Seufzend wandte die Geisterjägerin sich dem zweiten Umschlag zu. Hoffentlich keine Rechnung oder noch schlimmer: Ein Rückruf ihrer liebsten Törtchen, weil wieder jemand in Red Graves örtlicher Bäckerei den Kammerjäger nicht bezahlt hatte.
Als hinter dem weißen Papier ein leuchtend grüner Flyer zum Vorschein kam, beschleunigte sich ihr Herzschlag augenblicklich. Sie rupfte das Ding aus dem Umschlag und überflog hektisch die wenigen Zeilen.
»Bla bla bla …«, begann sie, ein leichtes Zittern in der Stimme. »… laden wir Sie herzlich zur diesjährigen Halloweenjagd ein, mit der Chance auf zehntausend Dollar und einem Job im höheren Dienst der Geisterjägervereinigung Drittes Auge. Teilnehmer melden sich bei Amanda Goodwin.«
Ihre schwarzlackierten Fingernägel krallten sich in das Papier. Mein Ticket raus aus dieser Hölle. Letztes Jahr war sie noch zu jung gewesen, doch nun, mit einundzwanzig Jahren, war sie offiziell zur Halloweenjagd zugelassen. Ein Wettbewerb, bei dem es die meisten Geister zu fangen galt, organisiert vom Dritten Auge selbst. Sie wusste, dass das ganze Event den Sinn und Zweck hatte, kostenlose Dienste zahlreicher Geisterjäger abzustauben, schließlich war Halloween die Hochsaison der Untoten. Dann, wenn das Band zur Anderswelt, dem Reich der Toten, besonders anfällig war, standen gruselige Geistergestalten an der Tagesordnung. Gleich mehrere Dutzend von ihnen machten im Oktober die Straßen Red Graves unsicher, was im ersten Moment gar nicht auffiel. Die Stadt war für seinen Halloween-Tourismus bekannt. Immer mehr begeisterte Gruselfreunde buchten für Oktober einen Trip in die Halloweenstadt Amerikas. Mit seinen brüchigen Gebäuden, dreckigen Straßen und verwilderten Parkanlagen glich Red Grave der Szenerie eines Alfred-Hitchcocks-Films. Die hohe Niederschlagsquote und grade mal sechzig Tage Sonne im Jahr machten es perfekt für alle Halloweenfanatiker, aber eben auch für sämtliche Untote.
Geisterjäger wie Autumn hatten dann alle Hände voll zu tun, was gut für den Geldbeutel war, aber auch Nerven kostete. Man musste sich schon sehr zusammenreißen, wenn der zehnte betrunkene Teenager durch die falsche Benutzung eines Ouija-Bretts ein Tor in die Anderswelt öffnete und jeder Bewohner der Anderswelt dort hindurchspazieren konnte. Oder jedes Mal, wenn jemand dreimal »Bloody Mary« vor einem Spiegel sagte und dann schulterzuckend das Bad verließ. Nichtwissend, dass er grade die rachsüchtige Seele eines achtköpfigen Frauengeistes zu sich nach Hause eingeladen hatte. Halloween war anstrengend.
Und trotzdem tippte Autumn aufgeregt die Nummer auf dem Flyer in ihr Handy. Die Leitung knackte und sie hielt den Atem an.
»Goodwin?« In Amandas Stimme schwang die Motivation eines schlecht bezahlten Lokführers mit.
»Ich nehme an der Halloweenjagd teil.« Autumns Stimme hingegen bebte und drohte vor Aufregung abzubrechen.
»Großartig, Schätzchen, und mit wem spreche ich bitte?« Danach folgte ein langer Seufzer, im Hintergrund hörte man ein weiteres Telefon klingeln. »Arbeite ich hier alleine, oder was?«, blaffte Amanda kurz, dann klang ihre Stimme wieder monoton. »Welchen Namen kann ich notieren?«
»Autumn Foxglove.«
»Registrierungsnummer?«
Die Geisterjägerin stutzte.
»Keine«, stammelte sie und lächelte entschuldigend, auch wenn das über Telefon sinnlos war.
»Sie gehören keiner Vereinigung an? Nicht mal einer Gruppe oder …?«
»Ich jage allein.« Das klang härter, als sie beabsichtigt hatte.
»Na dann«, entgegnete Amanda höhnisch und tippte etwas. »Und Sie trauen sich das ganz allein zu? Sie wissen, dass Sie in Teams …«, weiter kam sie nicht, denn Autumn schnitt ihr das Wort ab.
»Ich brauche kein Team.«
Das Tippen im Hintergrund erstarb.
»Selbstüberschätzung ist die häufigste Todesursache unter Geisterjägern, wussten Sie das? Es schadet nicht, einer Organisation beizutreten und von anderen zu lernen.«
Autumn ignorierte ihren Vortrag, sie hatte ihre Antwort bereits gegeben. Wieder erklang ein Seufzen. »Also gut, Miss Foxglove. Sie kennen die Regeln?« Amanda machte eine andächtige Sprechpause, dann redete sie in doppelter Geschwindigkeit weiter, als hinge ihr Leben davon ab, sämtliche Teilnahmeregeln in dreißig Sekunden runterzurattern. »Keine Hilfsmittel, keine spirituellen Rituale, kein Einbeziehen Normalsterblicher. Wenn Sie tot sind, werden Sie disqualifiziert, wenn Sie von einem Geist besessen werden, gelten Sie als tot …«
Hastig notierte Autumn die wichtigsten Infos. »Ach ja, denken Sie daran, dass Sie im Fall einer Geisterbesetzung als Risiko für die Geisterjägergesellschaft gelten, alle Ihre Rechte verlieren und unverzüglich ausgeschaltet werden.«
Von einem Geist in Besitz genommen zu werden, war schlimmer, als einfach getötet zu werden. Sie kannte viele Schauermärchen über besessene Jäger, deren Körper so vergiftet wurden, dass kein Stück Lebensqualität mehr übrigblieb. Die Untoten drangen in das Bewusstsein ein, kontrollierten Gedanken und Sinne, verschafften sich Zugang zu Erinnerungen und trieben Betroffene in den Selbstmord. Besonders clevere Geister nutzten die lebendigen Körper, um unentdeckt zu bleiben. Sie nahmen die Identität des Menschen an und wandelten als tickende Zeitbomben in den Straßen Red Graves.
Eine kitzelnde Gänsehaut legte sich auf Autumns Arme. Sie presste die Lippen aufeinander und glücklicherweise wechselte Amanda das Thema.
»Ich denke, ich muss nicht erwähnen, dass Sie nur Geister fangen dürfen, die eigenständig auf die Erde gekommen sind. Wenn Sie einen aufspüren, schauen Sie mithilfe des Scanners, den Sie noch erhalten, ob Ihr Geist registriert ist.«
»Sie haben ein Totenbuch?«, platzte Autumn heraus.
»Schätzchen, wir haben schon einigen korrupten Sensenmännern das Handwerk gelegt. Natürlich haben wir Totenbücher.« Sie schien genervt, aber den Stolz konnte man unzweifelhaft raushören. »Wenn der Geist identifiziert wurde, können Sie machen, was Sie wollen. Je mehr Ektoplasma Sie sammeln, desto höher steigen Sie auf.«
Das war schlau gelöst. Anstatt nur die bloße Anzahl getöteter Geister zu zählen, wurde so auch ihr Level bewertet. Dumme Poltergeister gaben nicht viel Plasma her, einen rachsüchtigen älteren Geist konnte man hingegen bis zum letzten Tropfen...
Erscheint lt. Verlag | 20.10.2022 |
---|---|
Verlagsort | Hamburg |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Kinder- / Jugendbuch ► Jugendbücher ab 12 Jahre |
Schlagworte | dämonen buch • Fantasy Liebesromane • Fantasy Liebesromane Erwachsene • fantasy romance deutsch • forced proximity • Geister Buch • Halloween Buch • horror buch • impress ebooks • Romantasy Bücher für Erwachsene • romantische Fantasy Bücher • Urban Fantasy Romance • Zeitgenössische Liebesromane |
ISBN-10 | 3-646-60939-7 / 3646609397 |
ISBN-13 | 978-3-646-60939-4 / 9783646609394 |
Haben Sie eine Frage zum Produkt? |
Größe: 1,1 MB
DRM: Digitales Wasserzeichen
Dieses eBook enthält ein digitales Wasserzeichen und ist damit für Sie personalisiert. Bei einer missbräuchlichen Weitergabe des eBooks an Dritte ist eine Rückverfolgung an die Quelle möglich.
Dateiformat: EPUB (Electronic Publication)
EPUB ist ein offener Standard für eBooks und eignet sich besonders zur Darstellung von Belletristik und Sachbüchern. Der Fließtext wird dynamisch an die Display- und Schriftgröße angepasst. Auch für mobile Lesegeräte ist EPUB daher gut geeignet.
Systemvoraussetzungen:
PC/Mac: Mit einem PC oder Mac können Sie dieses eBook lesen. Sie benötigen dafür die kostenlose Software Adobe Digital Editions.
eReader: Dieses eBook kann mit (fast) allen eBook-Readern gelesen werden. Mit dem amazon-Kindle ist es aber nicht kompatibel.
Smartphone/Tablet: Egal ob Apple oder Android, dieses eBook können Sie lesen. Sie benötigen dafür eine kostenlose App.
Geräteliste und zusätzliche Hinweise
Buying eBooks from abroad
For tax law reasons we can sell eBooks just within Germany and Switzerland. Regrettably we cannot fulfill eBook-orders from other countries.
aus dem Bereich