An Ocean Full of Secrets (Shattered Magic 1) (eBook)
364 Seiten
Impress (Verlag)
978-3-646-60908-0 (ISBN)
Hanna Frost wurde 2001 geboren und kann sich rückblickend an keine Nacht erinnern, in der sie nicht heimlich gelesen oder geschrieben hat. Mit 14 Jahren gründete sie ihren eigenen Literaturblog, fünf Jahre später schrieb sie ihr Debüt. Wenn sie nicht gerade an neuen Geschichten tüftelt oder in Tagträumen versinkt, verbringt sie gern Zeit mit ihrem Hund, plant ihre Reise ins All oder widmet sich ihrem Studium - übrigens in genau dieser Reihenfolge.
Hanna Frost wurde 2001 geboren und kann sich rückblickend an keine Nacht erinnern, in der sie nicht heimlich gelesen oder geschrieben hat. Mit 14 Jahren gründete sie ihren eigenen Literaturblog, fünf Jahre später schrieb sie ihr Debüt. Wenn sie nicht gerade an neuen Geschichten tüftelt oder in Tagträumen versinkt, verbringt sie gern Zeit mit ihrem Hund, plant ihre Reise ins All oder widmet sich ihrem Studium – übrigens in genau dieser Reihenfolge.
Kapitel 2
Schweigend starrte ich auf das Feuer in unserem Kamin. An einem normalen Abend hätte ich das leise Knistern des brennenden Holzes genossen. Hätte die prickelnde Wärme auf meiner Haut gespürt und an den fröhlichen Unterhaltungen meiner Familie teilgenommen, die neben mir am Esstisch Platz genommen hatte. Doch seit dem Vorfall am Strand war nichts mehr normal – gar nichts.
Das Knacken des Holzes ging in meinen schreienden Gedanken unter wie ein Stein im Meer. Ich konnte die Wärme des Feuers nicht spüren, weil sich eine eisige Kälte in meine Knochen gefressen hatte, und dem Gespräch meiner Familie lauschte ich schon lang nicht mehr. Stattdessen rührte ich nur stumpf in der Kartoffelsuppe, die mir meine Mutter vor einigen Minuten vor die Nase gestellt hatte. Nein, dieser Abend war ganz sicher nicht normal. Ehrlich gesagt fühlte er sich an wie der Anfang vom Ende.
»Bell, es ist vorbei.«
Mein Herzschlag setzte für einen Moment aus. Zeitgleich erstarrte meine Hand, mit der ich den Löffel führte. Langsam wanderte mein Blick über den gedeckten Tisch zu meiner Mutter, die am Kopfende neben meinem jüngeren Bruder saß und mich besorgt musterte.
»Nein, Mutter.« Meine Stimme klang ganz anders als noch vor wenigen Stunden, als ich mich in meinem Zimmer verschanzt und mir die Augen aus dem Kopf geheult hatte. Der heisere Unterton war zwar immer noch da, aber das weinerliche Beben war verschwunden. Stattdessen klang meine Stimme so kalt und fest wie die Felsen unserer Brandung. »Es ist nicht vorbei. Es hat gerade erst angefangen.«
Meine Mutter stieß einen frustrierten Seufzer aus und nahm Mino den Rest der Brotscheibe aus der Hand, die er zuvor in unzählige Krümel verarbeitet und auf dem Tisch verteilt hatte. »Bell, so geht das nicht«, rügte sie hörbar gereizt. »Du musst versuchen diese schreckliche Erinnerung gehen zu lassen!«
»Ach, so einfach ist das?«, erwiderte ich zynisch. »Denkst du, ich lasse das Erlebte freiwillig in Dauerschleife vor meinem inneren Auge abspielen? Dass ich es schön finde, ständig dem letzten Röcheln des Mannes zu lauschen? Dass ich es mag, seine starren Augen hinter jeder Ecke zu sehen?«
»Nicht so laut, Bell«, flüsterte Mary neben mir und griff unter der Tischplatte nach meiner Hand. Ich erwiderte den Händedruck, doch ihre dünnen Finger fühlten sich genauso kalt an wie meine eigenen. Sofort machte sich ein schlechtes Gewissen in mir breit. Ich wusste, dass sie und mein älterer Bruder Phil es im Moment nicht leicht hatten. Mary trug ein Kind unter ihrem Herzen, doch leider schien sie die Schwangerschaft mehr zu belasten, als es für eine junge Frau ihres Alters normal war. Sie sollte sich nicht auch noch meinetwegen sorgen.
»Wie geht es dir heute, Mary?«, fragte ich leise zurück. Verwundert zog sie ihre schmalen Brauen zusammen und blickte kurz zu meinem älteren Bruder Phil hinüber, ehe sie sich wieder mir zuwandte. »Nun … den Umständen entsprechend.« Ihre Pupillen huschten nervös umher. Ich spürte, wie unser Händedruck feucht wurde. »Gibt es denn schon neue Nachrichten von Limea?«, fragte ich hoffnungsvoll, doch Mary schüttelte nur traurig den Kopf.
»Leider nein«, antwortete mein Bruder an ihrer Stelle und legte seufzend sein Besteck beiseite. »Seit sie unsere Insel vor drei Monaten das letzte Mal besucht hat, ist sie wie vom Meer verschluckt. Niemand hat sie oder ihr Schiff gesehen, niemand weiß, wo sie sich aufhält.«
»Hoffentlich geht es ihr gut«, murmelte ich mehr zu mir selbst als zu den anderen. Ich kannte Limea, die fröhliche Händlerin mit den lockigen grauen Haaren, schon beinahe mein ganzes Leben lang. Seit jeher versorgten sie und ihre Familie uns Inselbewohner mit Nahrung und Baumaterialien vom weit entfernten Festland. Im Gegenzug verkauften wir ihr selbst gemachten Schmuck aus Muscheln, den es so nirgendwo sonst zu kaufen gab. Die Menschen vom Festland waren gierig nach solchen Dingen und gewillt stattliche Preise dafür zu zahlen. Limea und ihr Schiff waren als einziger Handelsweg zum Festland unentbehrlich für uns. Zwar gab es auf unserer Insel ausreichend Palmenholz, Fisch in Überfluss und verschiedene Früchte wie Ananas, Kokosnüsse, Drachenfrüchte und Bananen, aber unser kleines Fleckchen Erde allein könnte niemals unseren gesamten Bedarf an Rohstoffen und Nahrungsmitteln decken, den wir zum Überleben brauchten.
»Das hoffe ich auch«, stimmte mir Mary leise zu.
»Solange sie nicht auftaucht und neue Baumaterialien liefert, kann ich unser Haus nicht fertigstellen«, fuhr Phil zerknirscht fort. »Heute Mittag habe ich die letzten Holzbretter und Nägel verarbeitet, die wir noch übrig hatten, aber sie haben nicht einmal ausgereicht, um ein einziges Zimmer bewohnbar zu machen. So langsam zweifle ich daran, dass es rechtzeitig fertig wird, ehe unser Nachwuchs das Licht der Welt erblickt.«
»Aber das ist doch nicht schlimm«, versuchte ihn meine Großmutter zu beruhigen. Der Klang ihrer einfühlsamen Stimme ließ den Gedankensturm in meinem Kopf gleich etwas leiser werden. Lächelnd tätschelte sie Phils Schulter und blickte zu ihm auf. »Ich freue mich, wenn ich dich und die liebe Mary noch eine Weile bei mir habe. Und wenn mein Urenkelchen endlich zur Welt gekommen ist, erkläre ich mich natürlich gern dazu bereit, auf es aufzupassen und ihm Geschichten vorzulesen, damit du und Mary eine Mütze Schlaf abbekommt.«
»Ich glaube nicht, dass das eine gute Idee ist«, erwiderte meine Mutter trocken und rümpfte die Nase. »Man sieht ja, was du mit deinen Schauermärchen bei Bell angerichtet hast.«
Mein Löffel rutschte mir aus der Hand und landete klirrend in meiner Suppenschüssel. Mit offenem Mund starrte ich meine Mutter an, die abwehrend die Hände hob. »Nimm es nicht persönlich Bell, aber es ist nicht zu übersehen, wie sehr dir ihre Geschichten zugesetzt haben. Du bist zu schreckhaft geworden, Kind.«
»Zu schreckhaft?«, kam mir Phil zu vor. »Dir ist aber schon bewusst, weshalb sie so aufgewühlt ist, oder? Jemand ist vor ihren Augen gestorben, Mutter!«
»Das weiß ich doch! Ich sage ja nicht, dass Bell gar nicht trauern darf, aber während Leah und Flynn nur den Anblick einer Leiche zu verarbeiten haben, fürchtet sich Bell zusätzlich vor irgendwelchen Hirngespinsten eurer Großmutter!«
»Gestaltwandler sind keine Hirngespinste, meine Liebe«, entgegnete diese streng und hob mahnend einen Zeigefinger. »Die Tatsache, dass du sie leugnest, macht sie nicht weniger real. Das weißt du genauso gut wie ich.«
Aus dem Augenwinkel sah ich, wie Mino seinen Teller beiseiteschob und ängstlich zwischen uns Erwachsenen hin und her sah. »Gibt es nun Monster oder nicht?«
»Ja!«, antworteten Großmutter und ich wie aus einem Mund.
»Nein!«, erwiderten Mary, Phil und Mutter zur selben Zeit. Verwirrt runzelte Mino seine kleine Stirn.
»Die Verletzungen des Mannes können nicht menschlichen Ursprungs gewesen sein«, erklärte ich und verschränkte trotzig die Arme vor der Brust. »Der Wahnsinn stand ihm ins Gesicht geschrieben und die Wunde an seinem Hals sah aus, als würden Seepocken daraus hervorwuchern!«
»Du standest unter Schock, Bell«, widersprach Phil.
Seine Stimme klang sanft, doch in meinem Herzen glichen seine Worte einer Kriegserklärung. Es fühlte sich an, als würde jemand einen Glassplitter hineinbohren. Dass meine Mutter nicht auf meiner Seite war, überraschte mich nicht. Doch dass mir mein geliebter Bruder ebenfalls misstraute, schnürte mir den Atem ab. Wie konnte er mir nur so in den Rücken fallen? Ausgerechnet er, mein Fels in der Brandung … Obwohl ich es nicht wollte, stiegen mir Tränen in die Augen. »Du glaubst mir also nicht, Phil?«
Er schwieg, doch die Art, wie er meinen Blick mied, reichte mir als Antwort. Hitze stieg in meinem Körper auf und ließ ihn glühen wie das Feuer im Kamin. Ehe ich der plötzlichen Wut Herr werden konnte, schlug ich bereits mit der flachen Hand auf den Tisch und sprang so schnell auf, dass mein Stuhl krachend zu Boden fiel.
»Bell!«, rief meine Mutter erstaunt und starrte mich mit offenem Mund an.
Ich war genauso überrascht wie sie, schließlich schaffte ich es normalerweise nicht einmal, meine Stimme zu erheben. Die widersprüchlichen Gefühle in mir bereiteten mir Sorgen. Ehe ich wieder etwas tat, das ich später bereuen könnte, lief ich ohne eine weitere Erklärung auf unsere schmale Wendeltreppe zu und eilte ins Dachgeschoss. Oben angekommen huschte ich sofort in das kleine Zimmer, das ich mir mit Mino teilte, und knallte schwungvoll die Tür hinter mir zu.
Meine Verzweiflung ließ mein Herz rasen, doch ich wusste...
Erscheint lt. Verlag | 21.7.2022 |
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Reihe/Serie | Shattered Magic | Shattered Magic |
Verlagsort | Hamburg |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Kinder- / Jugendbuch ► Jugendbücher ab 12 Jahre |
Schlagworte | All Age Fantasy • Ein Kleid aus Seide und Sternen • Elizabeth Lim • Fantasy Abenteuer für junge Erwachsene • Fantasy Liebesromane • Fantasy Liebesromane Erwachsene • fantasy romance deutsch • götter liebesromane deutsch • High Fantasy Bücher • impress ebooks • Romantasy Bücher • romantische Fantasy Bücher |
ISBN-10 | 3-646-60908-7 / 3646609087 |
ISBN-13 | 978-3-646-60908-0 / 9783646609080 |
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Größe: 839 KB
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