Disney. Twisted Tales: Spieglein, Spieglein (eBook)
368 Seiten
Carlsen Verlag Gmbh
978-3-646-93627-8 (ISBN)
Walt Disney (1901-1966) war einer der einflussreichsten und meistgeehrten Filmproduzenten und Trickfilmzeichner des 20. Jahrhunderts. Dafür sorgten Figuren wie Micky Maus oder Donald Duck. 1937 erschien mit »Schneewittchen und die sieben Zwerge« ein Meilenstein der Filmgeschichte: der erste abendfüllende Zeichentrickfilm. Viele weitere folgten und begeistern noch heute ein Milliardenpublikum jeder Altersklasse. Disneys Name entwickelte sich zu einer internationalen Marke, die für ein umfassendes Spektrum an Produkten der Unterhaltungsindustrie steht.
Walt Disney (1901-1966) war einer der einflussreichsten und meistgeehrten Filmproduzenten und Trickfilmzeichner des 20. Jahrhunderts. Dafür sorgten Figuren wie Micky Maus oder Donald Duck. 1937 erschien mit »Schneewittchen und die sieben Zwerge« ein Meilenstein der Filmgeschichte: der erste abendfüllende Zeichentrickfilm. Viele weitere folgten und begeistern noch heute ein Milliardenpublikum jeder Altersklasse. Disneys Name entwickelte sich zu einer internationalen Marke, die für ein umfassendes Spektrum an Produkten der Unterhaltungsindustrie steht.
Prolog
Das Schloss sah von außen ganz anders aus.
Das war der erste Gedanke der Prinzessin, als sie es wiedersah. Ihr kam es vor, als hätte sie es vor vielen Jahren zum letzten Mal gesehen, aber tatsächlich waren seitdem nur einige Wochen vergangen. Und als sie nun dieses riesige Gebäude da oben auf dem Berggipfel anstarrte, stockte ihr der Atem. Diese Mauern beherbergten zahlreiche Geister und traurige Erinnerungen an das Leben, das hinter ihr lag.
Aber das musste nicht so bleiben.
Wenn sie das taten, was sie sich vorgenommen hatten, würde sich alles ändern. Das Schloss und vor allem die Person, die dort herrschte, beeinflusste das Leben im gesamten Königreich. Darum durfte sie jetzt nicht verzagen vor dem, was sie dort drinnen vorfinden würde, auch wenn sie am liebsten davongelaufen wäre.
„Wir sollten uns beeilen“, sagte Anne und schlug eine Bresche ins Brombeergestrüpp, um sich einen Pfad zu bahnen, der sie in die Stadt zu Füßen des Schlosses führte. Sie mussten darauf achten, nicht bemerkt zu werden. „Es ist nicht mehr viel Zeit bis zu den Feierlichkeiten.“
Die Prinzessin beschleunigte ihre Schritte und folgte ihrer Freundin. Sie gingen nach Hause.
Nur fühlte es sich nicht so an. Schon lange nicht mehr. Ursprünglich war das Schloss ihr Zuhause gewesen. Aber das war lange her.
Wenn sie sich konzentrierte, konnte sie sich das Schloss so vergegenwärtigen, wie es in ihrer Kindheit gewesen war. In ihrer Erinnerung war das Königreich etwas Schönes und Liebenswertes. Damals war das Schloss der Stolz des ganzen Volkes gewesen. In jenen Tagen waren die grauen Steinmauern nicht mit Efeu überwuchert gewesen. Jeder Strauch, jeder Baum, jedes Blumenbeet wurde sorgfältig gepflegt. In den Volieren hatten Vögel gezwitschert. Die Fenster glänzten sauber. Der Meeresarm am Fuße des Berges hatte im Sonnenlicht geglitzert, und Besucher aus fernen Ländern hatten regelmäßig ihre Aufwartung gemacht. Die Tore hatten fast immer offen gestanden, und oft wurden ganz spontan aus einer Laune heraus Feste gefeiert.
Aber nun war alles anders. Die Fenster waren dunkel, die Vorhänge zugezogen, das ganze Schloss wirkte wie verlassen. Das Wasser in der Bucht war glatt wie Glas, denn kein Schiff wagte es mehr, die Gewässer des Königreichs anzusteuern. Die rostigen, schief hängenden Flügel des schmiedeeisernen Schlosstors waren verschlossen, der Garten verlassen bis auf einige patrouillierende Wachmänner. Die glorreichen Zeiten des Reiches waren lange vorbei.
Nachdem König Georg und Königin Katharina den Thron bestiegen hatten, hatten sie ihr Land gütig regiert. Die Bauern hatten den fruchtbaren Boden bestellt, und eine ergiebige Diamantenmine hatte für Reichtum gesorgt. Das Königspaar hatte den Wohlstand des Reichs mit regelmäßigen Festen im Schlosshof feiern lassen, und Menschen aus allen Gesellschaftsschichten waren willkommen gewesen. Wenn sie die Augen schloss, sah sie sich selbst, wie sie durch die Luft gewirbelt wurde, während eine Geige ertönte und die Menschen tanzten. Aber diese Erinnerung verging, als sie hörte, wie Anne weiter auf das Gestrüpp einschlug.
Viel zu lange war sie in dieser Festung eingesperrt gewesen und hatte darauf gehofft, dass jemand kommen und sie befreien würde. Es war eine trostlose Zeit gewesen, ohne Gesellschaft, die sie aufheitern konnte. Vielleicht hatte sie deshalb den Eindruck gehabt, dass das Schloss trotz seiner Pracht ein düsterer Ort gewesen war. Sie hatte sich damals in ihr Schicksal gefügt, um das Beste daraus zu machen, aber irgendwann konnte sie es nicht mehr ertragen.
Erst als sie ihr Gefängnis verlassen hatte, war ihr klar geworden, wie es um sie stand und dass sie sich ihre Freiheit selbst erkämpfen musste. Darum war sie zurückgekommen. Sie wollte das einfordern, was ihr zustand. Nicht nur das Schloss, sondern das ganze Reich und seinen Thron. Nicht allein für sich selbst, sondern auch für ihr Volk.
Die Zeit war reif, sie würde zurückschlagen. Auf dem weiten Weg, der hinter ihr lag, hatte sie eine Stärke in sich entdeckt, von der sie nichts geahnt hatte. Königin Ingrid war nie sehr beliebt gewesen, sie hatte ihr Volk vernachlässigt. Aber in den letzten Jahren hatte sich ihre Regentschaft zu einer regelrechten Schreckensherrschaft ausgewachsen. Das Volk ertrug diese Verhältnisse nicht länger. Es war an der Zeit, damit Schluss zu machen.
„Da!“ Anne schlug die letzten Zweige aus dem Weg, und das Sonnenlicht hellte die dunklen Schatten auf. „Wir haben die Straße erreicht. Nur noch ein kleines Stück, dann können wir unbemerkt das Tor zum Schloss neben dem Schlachterladen benutzen. Die Königin hat angeordnet, dass alle Untertanen ihrem Fest beiwohnen, also werden sich viele Menschen in der Nähe der Tore aufhalten.“
Sie zog den Umhang, den Anne ihr genäht hatte, enger. Er gehörte zu ihren wertvollsten Besitztümern, denn er hielt sie warm und das Jacquard-Muster erinnerte sie an den Reisemantel, den ihre Mutter immer getragen hatte. Auf diese Weise hatte sie das Gefühl, ihre Mutter wäre bei ihr. Zumindest konnte sie gewiss sein, dass sie die richtige Reisebegleitung hatte. Sie war dankbar für Annes Freundschaft und ihre selbstlose Unterstützung. Auch dass viele andere Menschen ihr zugetan waren, erfüllte sie mit Dankbarkeit und würde sie niemals vergessen.
Sie wandte sich an ihre Begleiterin. „Bedeutet das nicht, dass wir kaum unbemerkt dort durchgehen können?“
Anne ergriff ihre Hände. „Mach dir keine Sorgen, liebe Freundin. Dein Weg wird sehr viel einfacher sein als der, den Prinz Heinrich und ich heute Morgen zurücklegen mussten. Die Menschenmenge wird dir einen ausgezeichneten Schutz bieten.“
„Hast du etwas von Heinrich gehört?“, fragte die Prinzessin sorgenvoll.
Anne schüttelte den Kopf. „Ich bin sicher, es geht ihm gut. Andernfalls hätten wir davon erfahren.“ Sie zog die Prinzessin mit sich. „Um dich mache ich mir Sorgen. Wenn du durch das Tor gegangen bist, kann man dich erkennen. Wir müssen so schnell wie möglich ins Schloss gelangen und deinen Geliebten finden. Er wartet dort auf dich.“
Deinen Geliebten. Bei diesen Worten musste sie lächeln. Sie und Heinrich hatten in der letzten Woche vieles durchstehen müssen, aber auch schon vorher war das Leben für sie nicht leicht gewesen.
Wie Anne es vorhergesagt hatte, war die Straße, die zur Stadt führte, an diesem Morgen verlassen. Nicht eine Kutsche kam ihnen entgegen. Niemand war zu Fuß unterwegs, auch wenn sie im Matsch zahlreiche Spuren bemerkte. Sie war davon ausgegangen, dass der Eingang zum Ort von Posten bewacht wurde, aber es war niemand da, als sie mit ihrer Begleiterin durch das geöffnete Tor trat. An einem schmiedeeisernen Pfosten war eine Bekanntmachung befestigt. Sie las im Vorbeigehen, was darauf geschrieben stand:
Königin Ingrid erwartet heute Mittag alle loyalen Dorfbewohner zu ihrer Feier im Schlossgarten. Damit alle notwendigen Vorbereitungen für dieses Ereignis getroffen werden können, bleiben sämtliche Geschäfte in der Stadt geschlossen. Wer nicht an den Feierlichkeiten teilnimmt, wird registriert.
Sie erschauerte. Anne hatte recht gehabt, die Teilnahme an den Feierlichkeiten war obligatorisch. Aber die Anordnung fand sie merkwürdig. Nicht wegen der Drohung am Schluss, sondern weil es im Königreich schon seit langer Zeit keine Feste oder offizielle Feiern mehr gegeben hatte. Die Menschen hatten so viel Angst vor ihrer Königin, dass sie auf keinen Fall ihre Aufmerksamkeit auf sich ziehen wollten. Sie gingen geduckt ihren alltäglichen Geschäften nach und hielten sich im Schatten. Dass sie nun für eine überraschend angesetzte Feierlichkeit verpflichtet wurden – falls es sich überhaupt um ein Fest handelte –, war ihnen mit Sicherheit lästig. Was bezweckte die Königin damit?
Schweigend gingen sie die staubige Straße entlang auf das Schloss zu. Die Türen und Fenster der kleinen Holzhäuser mit den Strohdächern waren fest verschlossen. Die Glocke des Klosters läutete zur Mittagszeit. Es klang traurig, weil niemand da war. Offenbar hatten die Bürger die Drohung der Königin ernst genommen und sich auf den Weg zum Schloss gemacht. Sie seufzte schwermütig, und Anne schaute sie an.
„Du musst das nicht allein durchstehen. Das weißt du doch, oder?“, fragte sie freundlich. „Ich kann dir und Prinz Heinrich im Kampf zur Seite stehen.“
„Nein.“ Sie schüttelte den Kopf. „Ich weiß sehr zu schätzen, was du für uns getan hast, aber die letzte große Aufgabe muss ich selbst bewältigen.“
Anne blickte sie an, als wollte sie noch etwas sagen, aber dann wurden sie von lauten Rufen unterbrochen. Ein Mann rannte auf sie zu, das Gesicht verzerrt, als hätte er etwas Grauenerregendes gesehen.
„Die Königin ist eine Hexe!“, schrie er. „Haltet euch vom großen Platz fern! Lauft! Versteckt euch! Sonst wird Königin Ingrid euch verhexen.“
Die Prinzessin war so erschrocken, dass sie gar nicht richtig verstand, was der Mann ihnen zurief. Was hatte die Königin ihrem Volk nun schon wieder angetan? Sie beschleunigte ihre Schritte, voller Neugier, was auf dem großen Platz wohl vor sich ging.
Anne hielt sie zurück. „Warte! Du hast doch gehört, was er gesagt hat. Das könnte eine Falle sein!“
Wenn die Königin herausgefunden hatte, dass sie hier war, wäre das gut möglich. Sie spürte, dass etwas nicht stimmte. Und sie wollte unbedingt wissen, was.
Als sie das Schloss erreichten, sah es so aus, als hätten sich alle Bürger der Stadt davor versammelt. Die Menschenmenge...
Erscheint lt. Verlag | 26.8.2021 |
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Reihe/Serie | Disney – Twisted Tales |
Disney. Twisted Tales | Disney. Twisted Tales |
Übersetzer | Ronald Gutberlet |
Verlagsort | Hamburg |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Kinder- / Jugendbuch ► Jugendbücher ab 12 Jahre |
Schlagworte | coming of age bücher • dark fantasy bücher jugendliche ab 12 • Disney Bücher Erwachsene • disney twisted tales • Disney Villains • Märchen mal anders • Märchen psychologisch • Märchen Schneewittchen • Mirror • Moderne märchen neu erzählt • Schneewittchen mal anders • Schneewittchen Mirror • schneewittchen und die sieben zwerge disney • twisted tales • Twisted Tales Schneewittchen • was wäre wenn disney roman • young adult bücher fantasy |
ISBN-10 | 3-646-93627-4 / 3646936274 |
ISBN-13 | 978-3-646-93627-8 / 9783646936278 |
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