Genna ist sicher: Endlich ist der Albtraum vorüber. Schließlich hat sie gemeinsam mit Phoenix, ihrem Guardian und Begleiter durch die Jahrhunderte, den ruchlosen Anführer der Inkarnaten, Tanas, auf immer ins Reich des Todes geschickt. Aber dann fallen ihre Eltern einem Überfall zum Opfer und Genna ist überzeugt, die Inkarnaten sind wieder auf der Jagd. Außer ihr gibt es jedoch bloß einen einzigen Menschen, der die ganze Wahrheit über den skrupellosen Geheimbund der Inkarnaten und dessen Auftrag, Genna und ihre unsterbliche Seele zu vernichten, kennt: Phoenix. Und so bleibt ihr nur ein Ausweg: Sie muss ihn finden, ansonsten ist die Menschheit verloren ...
Leserliebling und Erfolgsgarant Chris Bradfords große Action-Fantasy-Serie
Die Bände der »Soul«-Trilogie:
Soul Hunters (Band 1)
Soul Prophecy (Band 2)
Soul Survivor (Band 3)
Chris Bradford praktiziert als Autor, was er selbst »Method Writing« nennt: Für seine Arbeit an der »Bodyguard«-Serie belegte er einen Kurs als Personenschützer und ließ sich als professioneller Bodyguard ausbilden. Seine Bücher wurden in über 25 Sprachen übersetzt und erhielten mehr als 35 Jugendbuchpreise und -nominierungen. Chris Bradford lebt mit seinen beiden Söhnen in England.
1
St. Petersburg, Russland, 1904
»UND NUN, MEINE DAMEN UND HERREN!«, brüllt der Zirkusdirektor. »Die Nummer, auf die Sie alle gewartet haben … die Vielgerühmte, die Fantastische, die Fabelhafte, die Phänomenale … Yelena, der fliegende Feuervogel!«
Unter donnerndem Applaus renne ich in die Manege hinaus. Meine feuerroten Haarspitzen und mein glitzerndes Kostüm ziehen alle Blicke auf sich. Dmitry in seinem silbernen Trikot ist an meiner Seite, während wir perfekt synchron ein Rad schlagen, emporspringen und einen Salto vollführen, um in der Mitte der Manege zu landen. Die Menge jubelt und pfeift, bis der Zirkusdirektor sie zur Ruhe bringt.
»Machen Sie sich nun auf einen waghalsigen Auftritt gefasst! Sie werden eine Sensation erleben!«, ruft er atemlos. »In dieser Manege sehen Sie eine Reihe tödlicher Hindernisse. Die Mauer der Messer! Die Grube voller Glas! Und die berüchtigten Flammenden Ringe der Hölle! Unser Feuervogel muss sie alle meistern!«
Dmitry ergreift eine brennende Fackel und entzündet eine Reihe von Reifen, die auf eiserne Ständern montiert sind. Der fünfte und letzte Ring ist so klein, dass mein Körper kaum hindurchpasst. Die sengende Hitze der Reifen bringt die erste Zuschauerreihe dazu, sich nach hinten zu lehnen, während das übrige Publikum gebannt zusieht, wie ich mich auf den tödlichen Spießrutenlauf vorbereite.
Ich beäuge die erste Hürde vor mir – eine Mauer, die komplett aus Messern besteht, deren Spitzen wie eine Reihe von Haifischzähnen aus dem oberen Rand herausragen. Ich atme tief durch und sprinte auf die mit Klingen bewehrte Wand zu, dann springe ich hoch in die Luft. Mit angezogenen Beinen vollführe ich einen eleganten Salto über die blitzenden Klingen hinweg und lande sicher auf der anderen Seite.
Das Publikum hat kaum Zeit zu applaudieren, da flitze ich bereits zum nächsten Hindernis – einem mit Glasscherben gefüllten Graben, über dem drei parallele Stangen hängen. Ich springe von einem hölzernen Sprungbrett ab, katapultiere mich in die Luft, umklammere die erste Stange und vollführe einen ganzen Überschlag, bevor ich zur zweiten Stange hechte. Hier führe ich einen Straddle Cut aus, schwinge mich dann zur dritten Stange und stemme mich mit Schwung in einen perfekten Handstand. Jetzt hat das Publikum Gelegenheit zu klatschen. Ich balanciere über dem Meer aus Glas unter mir, das bei einem Sturz meine schneeweiße Haut aufschlitzen würde. Nach ein paar Sekunden lasse ich mich aus dem Handstand fallen und mache einen doppelten Salto, um kurz hinter der Grube zu landen.
Schließlich stehe ich vor meiner letzten Herausforderung, den Flammenden Ringen der Hölle – ein Zirkuskunststück, das kein anderer Akrobat der Welt wagt. Die Hitze ist so intensiv, dass sie mir fast die Haut versengt, als ich in einer geschickten Abfolge von Sprüngen und Rollen nacheinander durch die Reifen fliege. Der kleinste erfordert all mein Können, um nicht zu Asche zu verbrennen. Und noch bevor ich richtig zu Atem gekommen bin, wirft Dmitry einen letzten Feuerring hoch in die Luft. Mit einem eleganten Sprung fliege ich hindurch, um mit ausgebreiteten Armen wie ein Adler neben ihm zu landen.
Die Menge ist auf den Beinen, johlt und klatscht.
Während ich den Applaus entgegennehme, fällt mein Blick auf eine mürrisch dreinblickende Frau in der ersten Reihe. Sie sitzt bewegungslos da, die Hände im Schoß, starrt mich an und scheint die Einzige zu sein, die von meiner waghalsigen Darbietung nicht beeindruckt ist. Aber es ist nicht ihr Mangel an Wertschätzung, der mich beunruhigt.
Es sind ihre Augen.
Pechschwarz und furchterregend leblos.
»Hey, alles in Ordnung?«, flüstert Dmitry, der meinen alarmierten Blick bemerkt.
»Ich … glaube, ich sehe eine Seelenjägerin«, antworte ich halblaut.
»Wo?« Dmitry ist plötzlich hellwach, sein Körper spannt sich wie ein Tiger auf der Lauer.
Ich schaue wieder ins Publikum, aber die Frau klatscht jetzt und ihre Augen sind blassgrün. Ich blinzle heftig. War es nur das Licht der brennenden Reifen gewesen, das mich geblendet hatte? »Nein … Ich habe mich geirrt«, sage ich unsicher.
»Yelena, mach dir keine Sorgen«, beruhigt Dmitry mich sanft und legt seine Hand auf meinen Arm. »Wir waren in den letzten sechs Monaten ständig in Bewegung und haben uns immer getarnt. Wir haben Tanas und seine Jäger weit hinter uns gelassen –«
»MEINE DAMEN UND HERREN!«, dröhnt der Zirkusdirektor über den abklingenden Applaus hinweg. »Bereiten Sie sich nun auf eine noch größere Sensation vor! Sie werden verzaubert und fasziniert sein, wenn unser flammenhaariger Feuervogel sich jetzt auf das lebensgefährliche Trapez des Schreckens wagt!« Bei diesen Worten deutet er auf die beiden Schaukelstangen hoch über den Köpfen der Zuschauer.
Während das Publikum aufschaut, zieht mich Dmitry zu sich heran und flüstert mir ins Ohr: »Aber sicher ist sicher, wenn diese Vorstellung vorbei ist, werden wir eine Weile untertauchen. Wir können jederzeit einem anderen Zirkus beitreten.« Mit einem beruhigenden Zwinkern seiner funkelnden blauen Augen schreitet er hinüber zu einer der Strickleitern und klettert flink empor bis in die Kuppel des Zirkuszeltes.
»Beachten Sie bitte, meine Damen und Herren«, verkündet der Zirkusdirektor in dramatischem Tonfall, »dass es KEIN Sicherheitsnetz gibt! Der kleinste Fehler Yelenas wird ihren sicheren TOD bedeuten!«
Er blickt zu mir und fragt sich zweifellos, warum ich noch in der Manege stehe. Ich setze ein breites Lächeln für das Publikum auf, das mein anhaltendes Unbehagen darüber verdeckt, eine mögliche Seelenjägerin erspäht zu haben, dann renne ich zur anderen Leiter. Ich klettere hinauf zu einer kleinen Plattform, wo ich, nun hoch und sicher vor jedem Zugriff, meine Ängste abschüttele und mich auf unsere Darbietung konzentriere.
Dmitry hängt kopfüber an den Beinen von der Auffangstange und schwingt leicht. »Gotov!«, ruft er und signalisiert damit, dass er bereit für einen Fang ist.
Ich ergreife die Schaukelstange und springe von meinem Brett. Das Gefühl, frei und unberührbar durch die Luft zu segeln, ist berauschend, und schnell sind alle meine Sorgen verflogen. Ich vergesse Tanas und seinen Hunger nach meiner Seele. Ich vergesse die ständige Angst, von seinen Jägern aufgespürt zu werden. Ich vergesse die Panik, die diese Frau mit den pechschwarzen Augen in mir ausgelöst hat.
Als ich zum zweiten Mal den Scheitelpunkt meiner Flugbahn erreiche, lasse ich die Stange los und vollführe einen dreifachen Salto, bevor Dmitry mich an den Armen auffängt. Wir schwingen weiter, dann wieder zurück zu meiner Stange, wobei ich bei der Rückkehr eine zweieinhalbfache Pirouette ausführe. Unten bricht das Publikum in tosenden Applaus aus. Als ich auf meinem Podest lande, blicke ich hinab und winke dankbar – dann erstarre ich. Selbst aus dieser schwindelerregenden Höhe kann ich einige weitere Zuschauer ausmachen, die statuenhaft still dasitzen und mit ihren eiskalten schwarzen Augen zu mir hochstarren.
Doch bevor ich den Schock richtig verarbeiten kann, beginnt das Publikum zu lachen.
»Was ist denn jetzt los?«, schreit der Zirkusdirektor.
Ein wilder Clown mit orangefarbenen Haaren kommt in die Manege gestürzt. Er watschelt zur Messerwand und testet mit einer großen, weiß behandschuhten Hand die Spitze einer Klinge. Brüllend vor Schmerz schüttelt der Clown seine scheinbar verletzte Hand. Noch mehr Gelächter ertönt aus der Menge.
Während Dmitry auf mich zuschwingt, höre ich ihn rufen: »Was macht Gretto, warum mischt er sich in unsere Nummer ein?«, aber auch ich habe keine Erklärung dafür.
Dann starrt Gretto zu mir hoch. Sein Gesicht ist knochenweiß geschminkt, die falsche Nase so rot und knollig wie ein Furunkel, die Lippen zu einem grotesken Lächeln verzogen. Aber es sind seine Augen – kohlschwarze Augen –, die mir einen Schauer über den Rücken jagen.
»Das ist nicht Gretto«, rufe ich. »Es ist Tanas!«
Der dämonische Anführer der Inkarnaten spielt weiter seine Rolle als Zirkusclown. Er zieht mehrere Messer aus der Wand und beginnt mit ihnen zu jonglieren, während er auf meine Strickleiter zusteuert. Das Publikum johlt, klatscht und lacht bei jedem Messer, mit dem er hantiert, und bei jedem Finger, den er zu verlieren vorgibt.
Aber Dmitry und ich wissen beide, dass es keine Show ist. Die Absichten des Clowns sind klar. Mit dem verbliebenen Messer zwischen den Zähnen klettert Tanas wie eine heimtückische Spinne meine Strickleiter hinauf.
»Zu mir!«, schreit Dmitry und schwingt kraftvoll in meine Richtung.
Mehrere Sekunden lang kann ich nur dastehen und in purer Panik auf den schwarzäugigen Clown starren, der auf mich zuklettert. Wie hat er uns gefunden? Wir haben unser Leben bei der Durchquerung Sibiriens riskiert, nur um seinen Fängen zu entkommen. Wir haben seit Monaten kein Zeichen von Wächtern oder Jägern bemerkt. Wir haben fast jede Woche unsere Namen, unser Aussehen und unseren Aufenthaltsort geändert …
»YELENA!«, schreit Dmitry verzweifelt.
Seine Stimme bricht den Bann. Ich drehe mich um und stürze mich von der Plattform. Aber der erste Schwung reicht nicht aus, um mich für einen Fang vorzubereiten. Die Stange pendelt schon wieder zurück, als Tanas die Plattform besteigt. Er greift nach meinem Bein, aber ich trete ihn weg und schwinge mich über die Leere zurück. Einen Moment lang taumelt Tanas mit den Armen rudernd am Rand der Plattform und versucht, sein...
Erscheint lt. Verlag | 15.11.2021 |
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Reihe/Serie | Die Soul-Reihe | Die Soul-Reihe |
Übersetzer | Alexander Wagner |
Sprache | deutsch |
Original-Titel | Soul Prophecy #2 |
Themenwelt | Kinder- / Jugendbuch ► Jugendbücher ab 12 Jahre |
Schlagworte | ab 12 • Abenteuer für Jungs • action • Alex Rider • Bestsellerautor • Bodyguard • Dan Brown • eBooks • Fantasy • Jugendbuch • Jugendbücher • Jugendthriller • Jungen • Kampfsport • Kinderkrimi • Martial Arts • Muchamore • Percy Jackson • Rick Riordan • Robert Muchamore • Spannung • Spannung für Jungs • Top Secret • Young Adult • Young Samurai |
ISBN-10 | 3-641-22584-1 / 3641225841 |
ISBN-13 | 978-3-641-22584-1 / 9783641225841 |
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