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Das Buch des Wisperns (Die Gilead-Saga 1) (eBook)

eBook Download: EPUB
2021 | 1. Auflage
384 Seiten
Fischer Sauerländer Verlag
978-3-7336-0276-5 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Das Buch des Wisperns (Die Gilead-Saga 1) -  Peter Schwindt
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Der Auftakt zu einer großen Trilogie: Eine mittelalterliche Welt, voller magischer Wesen und unheilvoller Weissagungen Seit seiner Geburt weiß Hakim, dass sein Leben ein frühes Ende finden wird. Wenn es ihm nicht gelingt, einen tödlichen Familienfluch zu brechen, wird er an seinem 17. Geburtstag sterben. So durchkämmt er die halbe Welt auf der Suche nach einer mächtigen Handschrift: dem Buch des Wisperns, dessen Seiten die Geheimnisse um Leben und Tod enthüllen. Zur gleichen Zeit versucht Finn sich in einer Welt zurechtzufinden, die nicht die seine ist. Bei einem Sturz in einen Brunnen hat er scheinbar sein Gedächtnis verloren. Nur eine geheimnisvolle Glaskugel hat er aus dem Schacht mitgebracht. Sie verbindet ihn mit einem Leben, an das er sich nicht mehr erinnern kann. Und weit oben im Norden ist Berit mit den anderen Wikingermädchen und -frauen ihres Dorfes auf der Flucht vor einer unheimlichen Bedrohung, die ihrem Vater Jarl Thorulf und allen anderen Männern das Leben und die Seele gekostet hat. Alles, was Berit retten konnte, ist Traumsplitter, das Schwert ihrer Großmutter. Das Schicksal führt alle drei an der Küste Britanniens zusammen. Noch ahnen sie nicht, dass die Zukunft allen Seins von ihrem gemeinsamen Handeln abhängt. Denn eine uralte finstere Macht sucht ihren Weg in die Welt.

Der 1964 geborene deutsche Autor hat in Berlin und Bonn Germanistik, Komparatistik und Theaterwissenschaften studiert und anschließend als Redakteur und Lektor gerbeitet, bevor er schließlich Game Designer wurde. Seit 1997 arbeitet der Schriftsteller freiberuflich und verfasst neben Romanen und Radiohörspielen auch Drehbücher. Peter Schwindt lebt und arbeitet in der Nähe von Frankfurt am Main.

Der 1964 geborene deutsche Autor hat in Berlin und Bonn Germanistik, Komparatistik und Theaterwissenschaften studiert und anschließend als Redakteur und Lektor gerbeitet, bevor er schließlich Game Designer wurde. Seit 1997 arbeitet der Schriftsteller freiberuflich und verfasst neben Romanen und Radiohörspielen auch Drehbücher. Peter Schwindt lebt und arbeitet in der Nähe von Frankfurt am Main.

 Hakim 


Die Nacht, so sagt man, ist kurz vor der Dämmerung am dunkelsten. Dann sind die Gedanken wie ein einsamer Hund, der kurz vor einer unbehausten Stadt bellt, weil er nicht weiß, wie er sonst seinem Leiden Ausdruck verleihen kann. Schlechte Gedanken brauchen die Angst wie einen nährenden Boden, um im verzagten Herz Wurzeln zu schlagen und schwarze Blüten zu treiben.

Hakim tastete in der Dunkelheit nach einem Becher Wasser, stieß ihn aber mit seiner zittrigen Hand um. Stöhnend sank er zurück auf sein hartes Lager. Sein Mund war ausgetrocknet, der Kopf dröhnte pulsierend. Er kannte die Symptome der Austrocknung, Hakim war in der Wüste aufgewachsen. Er wusste, wie es war, kurz vor der Erschöpfung zu sein, die Orientierung zu verlieren und Ziegelsteine zu scheißen. Wenn man überhaupt noch scheißen konnte.

Dieses verdammte Miraa!

Hakim hatte gedacht, dass das Kraut ihm helfen würde, auf den Beinen zu bleiben. Zwölf Tage war er jetzt in Sanaa gewesen. Er hatte den Bazar aufgesucht. Hatte Tage in der Bibliothek verbracht. Hatte mit Schriftgelehrten gesprochen. Man hatte ihn freundlich aufgenommen, den ehrbaren Kaufmannssohn aus Damaskus, der sich trotz seiner jungen Jahre alleine auf den beschwerlichen Weg gemacht hatte, die Wunder der Welt zu erkunden und ihre Geheimnisse zu erforschen. Sie alle hatten ihm bereitwillig Auskunft gegeben. Wie diese Stadt von Noahs Sohn Sem gegründet worden war. Von den Kämpfen zwischen Abessinien und Persien berichtet, die die größte Stadt des Universums – neben Damaskus natürlich, verzeiht, Sayyid – stets erobern wollten. Vergebens, der Jemen blieb unter den Zaiditen frei. Das Land war reich, in jeder Hinsicht. Die Turmhäuser von Shibam und Sanaa, Ihr müsst sie gesehen haben! Hoch in den Himmel gebaut, stets zur Ehre Allahs!

Doch wenn die Sprache auf die geheimnisvolle Stadt der Säulen gekommen war, verstummten sie. Alle. Und es machte in Sanaa die Runde, dass hier ein Fremder aus dem gottlosen Damaskus gekommen war und ungebührliche Fragen stellte. Türen, die sich Hakim geöffnet hatten, wurden nun wieder ängstlich geschlossen.

Iram. Untergegangen im Sand der Wüste, weil sich ihre Bewohner von Gott abgewandt hatten.

Viele haben diese Stadt in der Wüste namens Rub al-Chali gesucht. Die Schätze, die mit ihr untergingen, waren legendär. Die Aussicht auf Gold und Silber und Edelsteine lockte seit Jahrhunderten immer wieder unvorsichtige Seelen ins sichere Verderben. Denn Rub al-Chali war kein Ort, an dem das Leben willkommen war.

Nun, so hatte Hakim gedacht, wenn ihm schon die Gelehrten und Kaufleute, die angesehenen Stützen dieser ehrenwerten Gesellschaft, keine Hilfe waren, dann die Miraa-Kauer und Haschisch-Esser.

Es dauerte nicht lange, bis er die Orte gefunden hatte, an denen sich die Ausgestoßenen trafen. Die Gestrandeten.

Hakim fand sie in den engen Gassen der Altstadt. Und er war mittlerweile selbst so heruntergekommen, dass sie ihn als ihresgleichen aufnahmen.

»Komm her«, hatten sie gesagt. »Setz dich zu uns. Wir teilen unsere Träume, denn sie sind das Einzige, was uns geblieben ist.«

Und Hakim setzte sich zu ihnen. Aß mit ihnen, trank mit ihnen. Träumte mit ihnen. Die Tage wurden zu Nächten, die wieder zu Tagen wurden. Nichts war mehr von Wichtigkeit und alles hatte eine Bedeutung.

Iram.

In seinen Visionen näherte er sich dieser Stadt, die mit ihren hängenden Gärten und goldenen Säulen das irdische Eden war. Er trat durch das himmelhohe Tor, wurde mit Blumen umkränzt und willkommen geheißen. Wie, so fragte sich Hakim, konnte dieser Ort der Hölle näher sein als dem Paradies? Er durchstreifte die Gassen und Arkaden, trank aus Brunnen das erfrischendste Wasser, aß von Bäumen die süßesten Früchte. Die Menschen lachten und tanzten und sangen. Doch etwas fehlte. Hakim konnte es nicht benennen. Es war wie ein Wort, das auf seiner Zungenspitze tanzte, sich aber nicht enthüllte.

Die Sonne stieg hinauf in den Himmel und als sie ihren Zenit überschritten hatte, sank sie wieder herab. Die Schatten wurden länger, bis sie mit der Nacht verschmolzen. Lampen und Fackeln wurden auf den Plätzen entzündet, die Menschen luden ihn ein, das Brot mit ihnen zu brechen und den Wein mit ihnen zu trinken. Musik spielte auf, dumpfe Klänge zu treibenden Rhythmen. Die Luft war immer noch warm. Weihrauch und Sandelholz legten sich drückend auf den Atem, und die Stimmung wandelte sich. Und die Männer und Frauen taten das, was Männer und Frauen miteinander taten, wenn sie beieinanderlagen.

Kinder, fiel es Hakim auf. Es waren keine Kinder an diesem Ort. Man mochte alles hier finden, die Freuden des Fleisches und des Verlangens.

Aber keine Unschuld.

Hakim entzog sich den Händen, die erst zaghaft, dann immer wollüstiger nach ihm griffen. Er sprang erschrocken auf, dann rannte er um sein Leben hinaus in die Wüste.

In der Nacht war er nackt im Schmutz einer dunklen Hausecke erwacht. Seine neugefundenen Freunde, die noch am Abend ihre Träume mit ihm geteilt hatten, hatten ihn ausgeraubt und betäubt liegen lassen. Zu seinem Glück hatte er das Gold, das er für seine Reise benötigte, in seiner Herberge versteckt. Zusammen mit genügend Kleidung zum Wechseln.

Hakim wusste jetzt, wo Iram lag. Doch bevor er zu diesem unheiligen Ort aufbrechen konnte, musste er sich erholen und das Gift aus seinem Körper zwingen.

Er hatte vergessen, welchen Weg er durch das Gewirr dunkler Gassen nehmen musste, um zu seiner Herberge zu gelangen. Der zunehmende Mond stand hoch am Himmel und tauchte die Häuserschluchten in ein fahles, kaltes Licht. Es war still wie auf einem Friedhof. War Sanaa am Tag eine enge Stadt, in der sich die staubige Hitze zwischen den hochaufragenden Häusern staute, ließ ihn nun die Kälte der Nacht empfindlich frieren. Er hatte seit Tagen nichts gegessen, wenn er einmal von diesen unheilvollen grünen Blättern und dem Haschisch absah, die ihm eine Kraft vorgegaukelt hatten, die schon lange nicht mehr seinen ausgemergelten Körper beseelte.

Hakim taumelte frierend von einer Hauswand zur nächsten, blieb immer wieder keuchend stehen, weil er ruhen musste, bevor er den nächsten Schritt machen konnte. Er hatte sich hoffnungslos verlaufen. In seiner Verzweiflung wollte er an eine der Türen klopfen und um Hilfe bitten. Hakim hatte sich auch schon eine Geschichte zurechtgelegt: dass er unter Diebe und Haschisch-Esser gefallen sei (was ja auch stimmte, nur dass er freiwillig deren Gesellschaft gesucht hatte), die ihn ausgeraubt und nackt in den Straßengraben geworfen hatten.

Doch dann stand dieser Hund vor ihm.

Man hatte Hakim gewarnt. Am Tage, wenn das Leben durch die Straßen der Stadt pulsierte, hielten sich die Rudel herrenloser Tiere in dunklen Winkeln und Höhlen versteckt. Sie wussten, dass man Jagd auf sie machte. Als Wachhunde mochten sie Verwendung finden. Oder zum Hüten von Schafen oder Ziegen auf den Feldern leben. Aber sie waren unrein. Kein Engel des Herrn würde ein Haus betreten, das einen Hund beherbergte.

Doch in der Nacht gehörte die Stadt ihnen.

Es war ein gewaltiges Tier, das Hakim den Weg versperrte. Seine Augen glühten heiß und rot. Rauch stieg von ihnen auf. Wie bei einer erloschenen Kerze, deren Docht nur noch leise glomm.

Hakim sank auf die Knie. Er hatte keine Kraft mehr sich zu wehren. Mochte ihm das Tier in diesem Moment die Kehle zerfetzen und Fleisch aus seiner Seite reißen, es war Hakim einerlei.

Der Hund fletschte nicht die Zähne. Er legte auch nicht die Ohren an oder sträubte das Fell. Stattdessen gab das Tier nur ein verhaltenes Knurren von sich, das beinahe ein wenig mürrisch, gar ungeduldig klang. Es wandte sich zum Gehen ab und drehte sich noch einmal zu Hakim um, als wollte es ihn dazu auffordern, ihm zu folgen.

Hakim richtete sich auf und taumelte weiter. Und tatsächlich, der Höllenhund trottete zielstrebig vor ihm her, ging bald links, bald rechts durch die engen Straßen und Gassen, wartete geduldig, wenn Hakim keuchend nach Atem rang, und schlug am Ende den Weg in eine Straße ein, die Hakim kannte. Wenn er an ihrem Ende durch eine schmale Passage ging, stünde er vor seiner Herberge.

Als der Hund sah, dass Hakim wusste, wo er sich befand, verschwand er in der Schwärze der Nacht.

Jetzt spürte Hakim den brennenden Durst, den peinigenden Hunger. Er wankte zu der kleinen Zisterne, die im Hof der Herberge vergraben war, trank gierig, übergab sich, trank erneut und wusch sich. Zitternd brach er zusammen und lehnte sich erschöpft an die Umfriedung des Wasserbehälters.

»Junger Herr?«, flüsterte eine Stimme. Es war Dirar, der Eigentümer der Herberge, ein gedrungener Mann unbestimmbaren Alters. Und er hielt eine Laterne geradewegs in Hakims Gesicht, so dass er mürrisch die Augen schloss.

»Junger Herr, ist alles in Ordnung mit Euch?«

Hakim machte eine abwehrende Bewegung, und Dirar stellte die Laterne auf den Boden, um zurück ins Haus zu eilen. Einen kurzen Moment später kehrte er wieder und reichte Hakim ein Gewand. Nicht unbedingt frisch gewaschen, aber es bedeckte immerhin Hakims Blöße.

»Ihr jungen Leute«, sagte Dirar und schüttelte den Kopf wie ein Mann, der mit den Dummheiten des Lebens schon längst abgeschlossen hatte. Wahrscheinlich, weil er verheiratet war und seine Frau ihm sonst die Hölle heißgemacht hätte.

»Geht weg.« Hakims Stimme war so trocken wie der Staub des Straßengrabens, in dem er in dieser Nacht erwacht war.

Dirar ließ sich von den Worten nicht beeindrucken. »Ihr seht aus, als hätte Euch der Teufel ausgeschissen, Herr. Ihr solltet etwas essen. Der Morgen...

Erscheint lt. Verlag 24.3.2021
Reihe/Serie Die Gilead-Saga
Die Gilead-Saga
Zusatzinfo 2 s/w Abbildung
Verlagsort Frankfurt am Main
Sprache deutsch
Themenwelt Kinder- / Jugendbuch Jugendbücher ab 12 Jahre
Schlagworte altes Manuskript • Freundschaft • Geheimnis • Graf • gwydion • Historischer Roman • Merowinger • Normannen • schwarze Bruderschaft • Uhtred Saga • Unterwelt • Verrat • Verschwörung • Wikinger
ISBN-10 3-7336-0276-5 / 3733602765
ISBN-13 978-3-7336-0276-5 / 9783733602765
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