Finale (eBook)
480 Seiten
Piper Verlag
978-3-492-99768-3 (ISBN)
Stephanie Garber ist SPIEGEL- und New-York-Times-Bestsellerautorin. Sie wuchs in Kalifornien auf, wo sie oft mit Anne Shirley, Jo March und anderen Romanfiguren mit ungezügelter Vorstellungskraft verglichen wurde. Neben ihrer Arbeit als Autorin ist sie Lehrkraft für Kreatives Schreiben und träumt von ihren nächsten großen Abenteuern. Sie wartet sehnsüchtig auf den Tag, an dem Legend ihr eine Eintrittskarte für Caraval schickt.
Stephanie Garber ist New-York-Times-Bestsellerautorin. Sie wuchs in Kalifornien auf, wo sie oft mit Anne Shirley, Jo March und anderen Romanfiguren mit ungezügelter Vorstellungskraft verglichen wurde. Neben ihrer Arbeit als Autorin ist sie Lehrkraft für Kreatives Schreiben und träumt von ihren nächsten großen Abenteuern. Sie wartet sehnsüchtig auf den Tag, an dem Legend ihr eine Eintrittskarte für Caraval schickt.
5
Donatella
Der verführerische Duft nach Honigwabenschlössern, Zimtbaumrinde, Carmelitas und Pfirsichglanz kam durch Tellas offenes Fenster hereingeschwebt, als sie erwachte, und füllte ihr winziges Schlafzimmer mit Zucker und Träumen. Doch sie schmeckte nichts anderes als ihren Albtraum. Er überzog ihre Zunge mit Feuer und Asche, genau wie am Tag zuvor.
Irgendetwas stimmte nicht mit Legend. Erst hatte Tella es nicht glauben wollen. Als ihr letzter gemeinsamer Traum in Flammen aufgegangen war, hatte sie das für ein weiteres seiner Spielchen gehalten. Aber als sie in der vergangenen Nacht in ihren Träumen nach ihm gesucht hatte, da hatte sie nichts als Rauch und Ruß gefunden.
Tella setzte sich auf, warf die dünne Decke zurück und zog sich rasch an. Es verstieß zwar gegen die Regeln, irgendetwas zu tun, das den Anschein von Zuneigung erweckte, doch sie würde nur zum Palast gehen, um dort ein wenig zu spionieren. Sie würde nicht einmal mit ihm sprechen, und er würde nie davon erfahren. Und wenn er wirklich in Schwierigkeiten steckte, dann scherte sie sich nicht mehr sonderlich um gebrochene Regeln.
»Tella, warum ziehst du dich denn so schnell an?«
Sie zuckte zusammen, und das Herz pochte ihr bis zum Hals, als sie ihre Mutter in den Raum treten sah. Aber es war nur Scarlett. Abgesehen von der Silbersträhne in Scarletts dunkelbraunen Locken glich sie ihrer Mutter Paloma fast bis aufs Haar. Die gleiche hochgewachsene Statur, die gleichen großen Haselnussaugen und die gleiche Olivenhaut, nur ein wenig dunkler als Tellas.
Über Scarletts Schulter warf Tella einen Blick ins Nebenzimmer. Natürlich war ihre Mutter noch immer in einem Zauberschlaf gefangen. Reglos wie eine Puppe lag sie auf der sonnengebleichten Decke eines angelaufenen Messingbetts.
Paloma rührte sich nicht. Sie sprach nicht. Sie öffnete nicht die Augen. Sie war etwas weniger blass als bei ihrer Ankunft. Ihre Haut wies nun einen leichten Schimmer auf, doch ihre Lippen waren weiterhin verstörend märchenrot.
Jeden Tag verbrachte Tella mindestens eine Stunde damit, sie sorgsam zu mustern und auf ein Flattern der Augenlider zu hoffen oder auf eine andere Bewegung als das stetige Auf und Ab ihrer Brust, während sie amtete. Sobald Paloma erwachte, würden natürlich auch die unsterblichen Schicksalsmächte erwachen, die Legend aus einem Schicksalsdeck befreit hatte. Davor hatte Jacks, der Prinz der Herzen, sie gewarnt.
Es gab zweiunddreißig Schicksalsmächte. Acht Schicksalsorte, acht Schicksalsgegenstände und sechzehn schicksalhafte Unsterbliche. Wie die meisten Menschen im Meridianreich hatte Tella diese uralten Geschöpfe einmal für nichts weiter als einen Mythos gehalten, doch während ihrer Zeit mit Jacks hatte sie erfahren, dass sie eher boshaften Göttern glichen. Manchmal war sie so selbstsüchtig, dass es sie nicht kümmerte, wenn sie erwachten, solange nur auch ihre Mutter wieder zurückkehrte.
Sieben Jahre war Paloma im Kartendeck der Schicksalsmächte gefangen gewesen, und Tella hatte nicht so hart für ihre Befreiung gekämpft, nur um ihr jetzt beim Schlafen zuzusehen.
»Tella, alles in Ordnung?«, fragte Scarlett. »Und wofür das schicke Kleid?«
»Das ist einfach das erstbeste Kleid, das ich erwischt habe.«
Ganz zufällig war es außerdem ihr neuestes. Sie hatte es in einem Schaufenster gesehen, in einem Geschäft ein Stück die Straße hinunter, und beinahe ihr ganzer Wochenlohn war dafür draufgegangen. Das Kleid war prunkwindenblau, ihre Lieblingsfarbe. Es hatte einen herzförmigen Ausschnitt, eine breite gelbe Schärpe und einen wadenlangen Rock aus Hunderten von Federn. Vielleicht waren es die Federn gewesen, die Tella an ein Traumkarussell erinnerten, das Legend vor zwei Monaten für sie erschaffen hatte, aber sie redete sich ein, dass sie das Kleid bloß deshalb gekauft hatte, weil sie darin aussah, als wäre sie gerade von den Wolken herabgeschwebt.
Tella schenkte ihrer Schwester ihr unschuldigstes Lächeln. »Ich wollte kurz zur Sonnenfeier gehen.«
Scarlett verzog den Mund, so als wüsste sie nicht, was sie darauf antworten sollte, aber die Sache gefiel ihr eindeutig nicht. Ihr Zauberkleid hatte ein hässliches Lila angenommen – die Farbe, die Scarlett am wenigsten mochte –, und es war nach einer Mode geschnitten, die sogar noch älter war als die meisten Möbelstücke in ihrer vollgestopften Wohnung. Allerdings gelang es Scarlett, freundlich zu klingen, als sie sagte: »Heute bist du damit an der Reihe, auf Paloma aufzupassen.«
»Ich bin zurück, bevor du losmusst«, sagte Tella. »Ich weiß doch, wie wichtig dir dieser Nachmittag ist. Aber ich muss gehen.«
Tella wollte es dabei belassen. Scarlett verstand ihre Beziehung zu Legend nicht, die zugegebenermaßen kompliziert war.
Manchmal fühlte sich Legend an wie ihr Feind, manchmal wie ihr Freund, manchmal wie jemand, den sie einmal geliebt hatte, und ab und zu auch wie jemand, den sie immer noch liebte. Für Scarlett hingegen war Legend ein Meister des Trugs, ein Lügner und ein junger Mann, der mit Menschen umging wie Spieler mit ihren Karten. Scarlett wusste nicht, dass Legend jede Nacht Tellas Träume besuchte, sie wusste nur davon, dass er ab und zu auftauchte. Und sie war der Meinung, dass die Version von ihm, mit der sich Tella traf, nicht der wahre Legend war, denn schließlich kam er nur in ihren Träumen zu ihr.
Tella glaubte nicht, dass Legend ihr immer noch etwas vormachte, aber sie wusste, dass es Dinge gab, die er ihr nicht erzählte. Obwohl er ihr jede Nacht dieselbe Frage stellte, fühlte es sich allmählich so an, als wäre diese Frage nur ein Vorwand, damit er kommen und sie sehen konnte – eine Ablenkung, um den wahren Grund zu verschleiern, warum er bloß in ihren Träumen erschien. Leider wusste Tella selbst nicht, ob er sie besuchte, weil sie ihm wirklich etwas bedeutete oder weil er sein nächstes Spiel mit ihr trieb.
Scarlett wäre empört, wenn sie erführe, dass er jede Nacht bei ihr war. Doch Tella schuldete ihrer Schwester die Wahrheit. Scarlett hatte wochenlang auf diesen Tag gewartet, sie musste erfahren, warum Tella so plötzlich wegmusste.
»Ich muss zum Palast«, sagte sie hastig. »Ich glaube, Legend ist etwas passiert.«
Scarletts Kleid wurde sogar noch dunkler. »Glaubst du nicht, wir hätten Gerüchte gehört, wenn dem zukünftigen Kaiser etwas zugestoßen wäre?«
»Ich weiß es nicht. Ich weiß lediglich, dass er mich letzte Nacht nicht in meinem Traum besucht hat.«
Scarlett schürzte die Lippen. »Das heißt nicht, dass er auch in Gefahr ist. Er ist unsterblich.«
»Irgendwas stimmt nicht«, beharrte Tella. »Er ist noch nie nicht aufgetaucht.«
»Aber ich dachte, er hat dich bloß …«
»Da habe ich vielleicht gelogen«, fiel Tella ihr ins Wort. Sie hatte jetzt keine Zeit für eine Standpauke. »Tut mir leid, Scar, aber ich wusste, dass es dir nicht gefallen würde. Bitte, versuch nicht, mich zurückzuhalten. Ich sage ja auch nichts dagegen, dass du dich heute mit Nicolas triffst.«
»Nicolas hat mir nie wehgetan. Im Gegensatz zu Legend ist er immer freundlich zu mir gewesen, und ich warte seit Monaten darauf, ihn endlich kennenzulernen.«
»Ich weiß, und ich verspreche, dass ich rechtzeitig wieder hier bin, um auf Mutter aufzupassen, bevor du um zwei Uhr losmusst.«
Genau in diesem Moment schlug die Uhr elf, womit ihr genau drei Stunden blieben. Sie musste sofort aufbrechen.
Tella schlang die Arme um Scarlett und drückte sie an sich. »Danke, dass du das verstehst.«
»Ich habe nicht gesagt, dass ich es verstehe.« Sie erwiderte die Umarmung ihrer Schwester jedoch.
Sobald sich Scarlett von ihr löste, hob Tella ein Paar flache Schuhe auf, die man um die Knöchel schnürte, dann tappte sie über den verblichenen Teppich ins Zimmer ihrer Mutter.
Sie drückte einen Kuss auf Palomas kühle Stirn. Tella verließ ihre Mutter nicht sehr oft. Seit sie aus dem Palast ausgezogen waren, hatte Tella versucht, an ihrer Seite zu bleiben. Sie wollte da sein, wenn ihre Mutter erwachte. Sie wollte, dass ihr Gesicht das erste war, das Paloma erblickte. Sie hatte nicht vergessen, wie ihre Mutter sie im Sternentempel verraten hatte, aber anstatt weiter wütend zu sein, entschied sie sich dafür, daran zu glauben, dass es eine Erklärung dafür gab und dass sie sie hören würde, sobald ihre Mutter aus ihrem Zauberschlaf erwachte. »Ich liebe dich, und ich bin ganz bald zurück.«
Tella dachte darüber nach, ob sie sich festnehmen lassen sollte.
Sie wollte es nicht, aber vielleicht war das der schnellste Weg in den Palast. Zu viele Besucher aus dem ganzen Reich waren für die Sonnenfeier nach Valenda geströmt. Sie überfüllten die Himmelskutschenrouten und verstopften die Straßen und Bürgersteige, weshalb sich Tella gezwungen sah, einen längeren Weg zum Palast einzuschlagen, am Delta entlang, das hinaus auf den Ozean führte.
Die Sonnenfeier fand jedes Jahr am ersten Tag der Heißen Jahreszeit statt. In diesem Jahr war sie besonders ausufernd, da dieser Tag gleichzeitig das Ende der Trauerzeit um Kaiserin Elantine sowie den Beginn der Wartezeit auf Legends Krönung markierte. In zehn Tagen würde es so weit sein – allerdings kannten nur Scarlett, Tella und Legends Darsteller ihn unter diesem Namen. Im ganzen restlichen Reich war er als Dante Thiago Alejandro Marrero Santos bekannt.
Schon allein der Gedanke an den Namen Dante schmerzte noch ein wenig.
Mittlerweile kam ihr Dante bloß wie ein Protagonist aus einer Geschichte vor, mehr noch als Legend. Trotzdem pikte sie der Name wie ein Dorn, weil er ihr in Erinnerung rief, dass sie sich in ein Trugbild verliebt hatte. Wie dumm es doch wäre, ihm noch einmal zu vertrauen....
Erscheint lt. Verlag | 31.8.2020 |
---|---|
Reihe/Serie | Caraval |
Caraval | Caraval |
Übersetzer | Diana Bürgel |
Verlagsort | München |
Sprache | deutsch |
Original-Titel | Finale |
Themenwelt | Kinder- / Jugendbuch ► Jugendbücher ab 12 Jahre |
Kinder- / Jugendbuch ► Kinderbücher bis 11 Jahre | |
Schlagworte | Abschlussband • All Age • Buch • Bücher • Bücher für Jugendliche • Bücher für Mädchen • Caraval • Donatella • eBook • Es ist nur ein Spiel • fantasy ab 14 • Fantasy Bestseller • Fantasy Bücher • Fantasy Jugendbuch • Fantasy Reihe • Fantasy Serie • Illusion • Legend • legendary • letzter Band der Reihe • Magie • Romantasy • Romantik • Romantische Fantasy • Scarlett Dragna • Spiel • Trilogie • Triologie • Valenda • Young Adult • Zauber |
ISBN-10 | 3-492-99768-6 / 3492997686 |
ISBN-13 | 978-3-492-99768-3 / 9783492997683 |
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