Woodwalkers (2). Gefährliche Freundschaft (eBook)
280 Seiten
Arena Verlag
978-3-401-80629-7 (ISBN)
Katja Brandis, geb. 1970, studierte Amerikanistik, Anglistik und Germanistik und arbeitete als Journalistin. Sie schreibt seit ihrer Kindheit und hat inzwischen zahlreiche Romane für junge Leser*innen veröffentlicht. Sie lebt mit Mann, Sohn und zwei Katzen in der Nähe von München. www.katja-brandis.de
Katja Brandis, geb. 1970, studierte Amerikanistik, Anglistik und Germanistik und arbeitete als Journalistin. Sie schreibt seit ihrer Kindheit und hat inzwischen zahlreiche Romane für junge Leser*innen veröffentlicht. Sie lebt mit Mann, Sohn und zwei Katzen in der Nähe von München. www.katja-brandis.de
Meine Pfoten versanken im Schnee. Aufgeregt sog ich die eisige, klare Bergluft ein, als ich auf einer Anhöhe stehen blieb und auf die Stadt der Menschen hinunterschaute. Sie sieht so schön aus in der Nacht, flüsterte ich direkt in Mias Kopf. All diese Lichter …
Meine Schwester Mia warf einen kurzen Blick ins Tal und kratzte sich mit der Hinterpfote am Ohr.
Wenn wir rausgefunden haben, woher die bunten Sterne kommen – gehen wir danach noch in den Supermarkt?, fragte sie hoffnungsvoll.
Vergiss es! Weißt du nicht mehr, was das letzte Mal passiert ist? Mit weiten Sprüngen lief ich talabwärts. Wie konnte Mia jetzt ans Essen denken? Mein Magen war völlig verkrampft, ich hätte jetzt nicht mal einen halben Hasen herunterbekommen. In meinem ganzen Körper kribbelte es beim Gedanken, bald wieder bei den Menschen zu sein. Wenn wir Glück hatten, würden wir heute Nacht eins ihrer vielen Wunder enträtseln. Ich hatte die Stadt genau im Auge behalten und war sicher, dass ich die Vorbereitungen, die dort liefen, richtig gedeutet hatte. Heute war die Krachnacht!
Was meinst du, wozu soll das gut sein, dass sie diese bunten Sterne machen? Ich konnte kaum aufhören, daran zu denken.
Ich wette, sie scheuchen dadurch Beute auf. Mia witterte nach rechts und links, während sie lief. Im Winter hatten wir fast immer Hunger.
Zweifelnd zuckte ich mit den Tasthaaren. Also ich glaube, die Stadtleute markieren damit ihr Revier. Die bunten Sterne sieht man schon von Weitem, das ist total praktisch.
Wir waren im Tal angekommen und achteten nun darauf, uns verborgen zu halten. Lautlos glitten wir durch die Nacht, bis wir in der Ferne die ersten Häuser erkennen konnten. Aber näher ran gehen wir nicht, oder? Von hier aus sehen wir genug. Mia war jetzt genauso nervös wie ich.
Nein, eben nicht, ein bisschen näher noch. Ich knuffte sie gegen die pelzige Schulter, weil ihre Schritte immer langsamer wurden.
Es gab da etwas, was sie nicht wusste, was ich ihr lieber nicht gesagt hatte. Ich war vor einem Mond schon mal hier gewesen und hatte ein paar Dinge für heute vorbereitet.
Meine feine Nase verriet mir, wann wir an der richtigen Stelle angekommen waren, und ich begann, Schnee und Erde unter einem Felsen wegzuscharren.
Was machst du da, Carag? Mias Stimme klang schrill in meinem Kopf.
Hier habe ich ein Versteck mit Kleidung. Jetzt musste ich es verraten. Ab hier gehe ich als Mensch weiter.
Mia fauchte mich an. Beim hüpfenden Wildschwein! Das meinst du nicht ernst, oder?
Doch, wenn ich rauskriegen will, was genau die Menschen heute machen, muss ich mich verwandeln, versuchte ich, ihr zu erklären. Sie dürfen uns nicht in Pumagestalt sehen, sonst gibt’s nur ’ne Panik. Du hast es ja beim letzten Mal selbst erlebt, sie haben Angst vor uns.
Wenn Mama und Papa das rauskriegen! Mia kauerte sich zusammen und verbarg den Kopf zwischen den Pranken. So verpasste sie glatt, wie ich mich verwandelte. Die Winterluft war so eisig, dass sie auf meiner nackten Haut brannte.
Wie sollen die das denn rauskriegen? Wir sind auf der Jagd, und basta. Schnell streifte ich mir Hose, T-Shirt und Schuhe über. Danach war mir immer noch kalt. Wie hielten Menschen es nur ohne Fell aus?
Ungeschickt stapfte ich mit meinen Menschenschuhen durch den Schnee und hatte nach zehn Atemzügen kalte Füße. Aber ich ließ mir nichts anmerken, weil Mia mit gesträubtem Nackenfell neben mir herlief und sie das alles sowieso schon für eine schlechte Idee hielt.
Inzwischen waren wir bei den Häusern angelangt, die ordentlich nebeneinander und von ein paar Bäumen bewacht an einer Straße standen. Ihre Fenster leuchteten hell in die Dunkelheit hinaus.
Wie heißt das hier eigentlich?, fragte Mia. Sie schlich dicht über dem Boden dahin, ihre Schwanzspitze zuckte.
Endlich konnte ich mit dem prahlen, was ich schon herausgefunden hatte. Die Gegend heißt Jackson Hole, damit ist das Tal gemeint. Und die Stadt nennen sie Jackson.
Unsere Ohren fingen das Brummen eines Autos auf, und rasch versteckten wir uns hinter einer Garage, damit die Scheinwerfer uns nicht erfassten. Noch waren keine Menschen in Sicht, aber nachdem wir eine Zeit lang gewartet hatten, hörten wir eine Haustür klappern und lachende, schwatzende Leute erschienen im Freien. Vor lauter Stoff sah man sie kaum noch, sie hatten sich hineingewickelt und trugen ihn außerdem an den Händen, auf dem Kopf und am Hals. Als ich an mir hinunterschaute, wurde mir klar, warum mir kalt war und ihnen wahrscheinlich nicht.
Vorsichtig spähten wir hinter der Garage hervor – ein Junge und ein Berglöwen-Weibchen.
Was für durchsichtige Dinger haben die da in den Händen?, hauchte Mia eingeschüchtert.
Die nennt man Gläser. Ich war praktisch Experte, schließlich war ich einmal öfter in der Stadt gewesen als sie. Heimlich natürlich.
Aber die Menschen trugen noch mehr bei sich, irgendwelche kleinen Pakete und länglichen Stäbe mit einer Verdickung daran. War das das Geheimnis der bunten Sterne? Noch wagte ich kaum, mich zu nähern. Was, wenn sie merkten, dass ich nicht zu ihnen gehörte?
Jetzt umarmten sich die Menschen, stießen mit den Gläsern an und lächelten. Wie Götter, die zufrieden sind mit ihren Taten. Über der Stadt blühten die ersten bunten Sterne auf, glitzernd und flimmernd in allen Farben des Regenbogens. Oh! Wie nah die sind! Mia starrte halb erschrocken, halb fasziniert zum Himmel hoch.
Ich gab mir einen Ruck und stand auf. Bis gleich, sagte ich zu Mia und ging los.
Carag, nicht!, gellte ihr Schrei in meinem Kopf.
So locker, wie ich es schaffte, schlenderte ich zu den gut gelaunten Leuten, blieb ein oder zwei Körperlängen von ihnen entfernt stehen und beobachtete, was sie taten. Jetzt sah ich endlich, wie sie die bunten Sterne hervorbrachten. Sie zündeten die Stock-Dinger an und die sausten in den Himmel, wo sie sich knallend in bunten Lichtschauern auflösten.
»Hey, Junge, ist dir nicht kalt? Hast du deine Jacke drinnen vergessen?«
Ich zuckte zusammen, als ich merkte, dass ich gemeint war. Ein Mann blickte mich neugierig an.
Ja, sie merkten, dass ich nicht dazugehörte. Mein ganzer Körper verkrampfte sich. »Mir ist nicht kalt«, log ich und starrte nach oben, so wie die anderen. Bloß nicht auffallen – sie durften nicht merken, dass ich kein Mensch war! Sonst holten sie ihre Gewehre.
»Na, umso besser«, sagte der Mann freundlich. »Frohes neues Jahr!«
»Papa, gib mir eine Rakete, ich bin dran!«, quengelte das dick vermummte Kind neben ihm und hüpfte auf und ab wie ein Schneeschuhkaninchen. Es bekam eine Rakete und durfte ihr Feuer unter dem Hintern machen.
Die Raketen fauchten beim Start, als würden sie mich in Pumasprache anmotzen. Trotzdem hätte ich gerne mal eine gezündet. Aber wie bekam man eine? Musste ich einfach warten, bis ich dran war?
Ich wartete und wartete. Hoffentlich hielt ich es hier lange genug aus, bis ich eine Rakete bekam. Der Krach war schrecklich und der Geruch nach Rauch und Schießpulver machte mich furchtbar nervös. Mein Körper verkrampfte immer mehr, ich spürte, wie Fell auf meinen Armen spross und meine Zähne zu wachsen begannen. Momente später waren sie so lang, dass sie in meine Lippen pikten. Verdammt, nein, nicht jetzt! Nicht hier!
Ich presste mir die Hand vor den Mund und stellte mir verzweifelt vor, wie ich als Junge aussah, sandfarbene Haare und grüngoldene Augen und – bitte, bitte! – winzige Menschenzähne. Viel half es nicht. Schritt für Schritt ging ich rückwärts zur Garage, hinter der Mia wartete. Wie viel Zeit hatte ich noch, bevor mein Körper sich zurückverwandelte, einfach so, ohne mich zu fragen?
Aus dem Augenwinkel sah ich, wie zwei Jugendliche ein dickes rotes Päckchen aufrissen. Sie hielten eine Flamme daran … etwas fiel direkt neben mir Funken sprühend auf den Boden … und dann gab es einen Knall, der mir fast die Ohren platzen ließ.
Vor Schreck wäre ich beinahe aus meinen Klamotten gesprungen. Bevor ich richtig zum Nachdenken kam, war ich schon halb den nächstbesten Baum hochgeklettert. Viele der Leute schauten neugierig zu mir herüber und fragten sich wahrscheinlich, aus welchem Grund ich wohl dort oben in einer Astgabel klebte. Wie viel konnten sie im Halbdunkel sehen? Konnten sie meine Fangzähne erkennen? Meine Finger, aus denen sich Krallen in die Rinde gruben? Ich kniff die Augen zu und fühlte meinen Körper beben. Hätte ich doch nie diese bescheuerte Idee gehabt hierherzukommen!
Carag, komm da runter! Eine vertraute Stimme. Mias Stimme, ein bisschen zittrig. Du bist hochgeflitzt wie ein Eichhörnchen, so was machen Menschen nicht, glaube ich. Wenn du runterkommst, glotzen sie dich nicht mehr an. Also Augen auf und los!
Ich sah ein vertrautes pelziges Ohr hinter der Garage hervorlugen und meine Angst schrumpfte ein wenig. Unglaublich, Mia war nicht vor all dem Krach geflohen, sie war geblieben und wartete auf mich! Mia. Meine wunderbare große Schwester Mia.
Während ich vom Baum kletterte, sang sie mir die Worte Ruhig,...
Erscheint lt. Verlag | 5.1.2017 |
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Reihe/Serie | Woodwalkers |
Illustrationen | Claudia Carls |
Verlagsort | Würzburg |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Literatur |
Kinder- / Jugendbuch ► Kinderbücher bis 11 Jahre | |
Schlagworte | Abenteuer • Bestseller-Autorin • Bison • Carag • Fantasy • Freundschaft • Gestaltwandler • https://c.wgr.de/f/shopbilder/1600/978-3-401-80629-7.jpg • Internat • Jungen • Katja Brandis • Khyona • Lesefutter • Mädchen • Puma • Tiere und Natur • Tierfantasy • Wildnis • witzig • Wölfin |
ISBN-10 | 3-401-80629-7 / 3401806297 |
ISBN-13 | 978-3-401-80629-7 / 9783401806297 |
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Größe: 13,6 MB
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