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Friedrich Schiller (eBook)

Eine kleine Werkschau
eBook Download: EPUB
2024 | 1. Auflage
192 Seiten
Ullstein (Verlag)
978-3-8437-3259-8 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Friedrich Schiller -  Dirk Oschmann
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Ein Überblick über Schillers gesamtes literarisches Schaffen Dieses kleine Buch bietet eine gleichermaßen kompakte wie umfassende Einführung in Schillers Werk und setzt dabei einen Akzent auf seine poetischen Texte. Es stellt Friedrich Schiller als Lyriker, Dramatiker und Epiker in den Mittelpunkt, zeigt ihn aber ebenso als Mediziner, Historiker und Theoretiker von Rang. Studierenden und anderen literarisch Interessierten wird ein schneller, am aktuellen Forschungsstand orientierter Überblick ermöglicht. Darüber hinaus gibt Dirk Oschmann eine Antwort auf die Frage, welche Relevanz die Werke Schillers heute noch beanspruchen können.

Dirk Oschmann, geboren 1967 in Gotha, ist Professor für Neuere deutsche Literatur an der Universität Leipzig. Sein Buch Der Osten: eine westdeutsche Erfindung stieß auf große bundesweite Resonanz und stand wochenlang auf Platz 1 der Spiegel-Bestseller-Liste.

Dirk Oschmann, geboren 1967 in Gotha, ist Professor für Neuere deutsche Literatur an der Universität Leipzig. Sein FAZ-Artikel zum Thema dieses Buches stieß auf große bundesweite Resonanz.

Schiller als Mediziner


Der Mensch musste Thier seyn, eh er wusste dass er
ein Geist war, er musste am Staube kriechen, eh er den
Newtonischen Flug durch Universum wagte.
Der Körper also der erste Sporn zur Thätigkeit;
Sinnlichkeit die erste Leiter zur Vollkommenheit.Schiller: Versuch über den Zusammenhang der thierischen Natur
des Menschen mit seiner geistigen (NA 20, 56)

Natur als Grenze der Freiheit


Schillers Bild vom Menschen ist nachhaltig durch seine Ausbildung als Mediziner geprägt worden. Auf dem Stand der damaligen Wissenschaft bietet ihm die Medizin spezifische Einblicke in die Natur allgemein, in ihr Wesen und ihr Funktionieren, sowie in die Natur des Menschen im Besonderen. Bevor Schiller nämlich den Menschen auf die Freiheit als Aufgabe zu verpflichten beginnt, macht ihn die Medizin zunächst mit der Naturseite des Menschen bekannt, das heißt mit dem völlig Unverfügbaren, mit seiner Determiniertheit und Begrenztheit. Denn seiner Natur, ob er will oder nicht, ist der Mensch ausgeliefert. Beständig erinnert speziell der eigene Körper den Menschen daran, dass er erstens verletzlich und zweitens endlich ist; in vielem, was dem Menschen möglich scheint, wird er durch seinen Körper bestimmt, nicht zuletzt durch Schmerz und Triebe. Dieser Aspekt steht Schiller von Beginn an lebhaft vor Augen: »Den Mathematiker, der in den Regionen des Unendlichen schweifte […], jagt der Hunger aus seinem intellektuellen Schlummer empor, den Physiker, der die Mechanik des Sonnensystems zergliedert […], reißt ein Nadelstich zu seiner mütterlichen Erde zurük, den Philosophen, der die Natur der Gottheit entfaltet […], kehrt ein kalter Nordwind, der durch seine baufällige Hütte streicht, zu sich selbst zurük, und lehrt ihn, dass er das unseelige Mittelding von Vieh und Engel ist.« (NA 20, 47) Indem der Körper den Menschen gleichsam »erdet« und ernüchtert, bildet er als Natur eine Schwelle, die auch die Freiheit nicht zu überschreiten vermag. Was traditionell als Dualismus von Leib und Seele, von Körper und Geist gefasst wird, entwickelt Schiller weiter zu einer grundsätzlichen Spannung zwischen Natur und Freiheit, zwischen Begrenzung und Unendlichkeit, die sein gesamtes literarisches und theoretisches Werk durchzieht.

Der ganze Mensch


Die Grundlagen für wesentliche ästhetische, vor allem aber anthropologische Überlegungen erwirbt Schiller in der Militär-Pflanzschule des Herzogs Carl Eugen, der sogenannten Karlsschule in Stuttgart, die er von 1773 bis 1780 auf Befehl des Herzogs besuchen muss. Dort beginnt er 1776 mit dem Studium der Medizin. Ein Medizinstudium zu dieser Zeit an diesem Ort aufzunehmen bedeutete nicht, sich einem wissenschaftlich streng definierten Fach zu widmen, sondern einen im Grunde noch ungeschiedenen Fächerzusammenhang von Medizin, Philosophie, Anthropologie und Psychologie zu wählen, aus dem bis heute ganz eigenständige wissenschaftliche Disziplinen hervorgegangen sind. Das Selbstverständnis der an der Karlsschule ausgebildeten künftigen Ärzte war dasjenige eines »philosophischen Arztes«, das sich vor allem an der 1772 erschienenen Schrift Anthropologie für Ärzte und Weltweise des Leipziger Mediziners Ernst Platner orientierte. Ihm kam es darauf an, die oft getrennten Einsichten von Medizinern und Philosophen im Blick auf den Menschen zusammenzuführen und damit der Anthropologie eine neue Grundlage zu schaffen. Er legte größten Wert auf die Betrachtung des ganzen Menschen in seinem leib-seelischen Zusammenhang. »Platners Idee einer psychophysischen Menschenlehre« (Wolfgang Riedel) wurde Schiller in erster Linie durch seinen Lehrer Jacob Friedrich Abel vermittelt, einen Professor für Philosophie und Psychologie.

Am Ende seines Studiums verfasst Schiller insgesamt drei Dissertationen. Zuerst die Philosophie der Physiologie im Jahr 1779, dann Über den Unterschied zwischen den entzündlichen und den fauligen Fiebern im Jahr 1780 und schließlich kurz darauf den Versuch über den Zusammenhang der thierischen Natur des Menschen mit seiner geistigen. Die ersten beiden Schriften waren abgelehnt worden – die erste schien zu spekulativ, die zweite nicht gründlich genug. Der dritte Text hingegen wurde angenommen. Die erste und die dritte Dissertation, das geben schon die Titel zu erkennen, weisen den skizzierten anthropologischen Grundzug auf, und insbesondere die wichtige dritte, der im Folgenden alle Aufmerksamkeit gelten soll, fragt nach dem Verhältnis von Körper und Geist, das heißt, sie fragt nach dem commercium mentis et corporis. Dabei reproduziert Schiller zwar im Wesentlichen das medizinische Wissen seiner Zeit, etwa dahingehend, den Körper in der Tradition des holländischen Arztes Hermann Boerhaave als reine »Maschine« aufzufassen, aber dies geschieht bereits in prägnanter sprachlicher Form, die von Zuspitzungen, Spekulationen und starken Bildern geprägt ist.

Diese dritte Dissertation hebt schon in der Zueignung an den Herzog die Überlegenheit des anthropologischen, das heißt des ganzheitlichen Blicks auf den ganzen Menschen hervor. Ein Arzt, so Schiller, der die »Maschine« gut kenne, könne »vielleicht vor dem Krankenbette Wunder thun und vom Pöbel vergöttert werden«, aber es komme eher darauf an, »die hippokratische Kunst aus der engen Sphäre einer mechanischen Brodwissenschaft in den höhern Rang einer philosophischen Lehre« zu erheben und »Philosophie und Arzneiwissenschaft […] in vollkommenster Harmonie« zu begreifen und zu betreiben (NA 20, 38).

Perfektibilität: Die Vervollkommnung des Menschen


Konkret betrifft die Leitfrage der Arbeit »den merkwürdigen Beitrag des Körpers zu den Aktionen der Seele, den grossen und reellen Einfluss des thierischen Empfindungssystemes auf das Geistige« (NA 20, 41). Das Einwirken des Körpers auf den Geist wird im Hinblick auf die menschliche »Vollkommenheit« betrachtet, unter Voraussetzung der zutiefst aufklärerischen Idee von der möglichen Verbesserung und Vervollkommnung des Menschen im Sinne seiner Perfektibilität. Denn der Mensch kommt im Unterschied zum Tier nicht »fertig« auf die Welt. Er ist ein »Mängelwesen« (Herder), das sich durch Erziehung und Selbsterziehung ausbilden und vervollkommnen kann und soll. Dieser Vorstellung, dass der Mensch verbesserungsfähig, also perfektibel ist, verdanken sich im 18. Jahrhundert nicht zuletzt die Entwicklungen im Rahmen der Volksaufklärung, etwa die Alphabetisierung breiter Bevölkerungsschichten sowie die speziell auf Kinder ausgerichtete Pädagogik. Schiller stellt dieses Moment der notwendigen Verbesserung, auf welches er dann immer wieder zurückkommen wird, gleich an den Beginn seiner Argumentation: »Alle Anstalten, die wir in der sittlichen und körperlichen Welt zur Vollkommenheit des Menschen gewahrnehmen, scheinen sich zulezt in den Elementarsaz zu vereinigen: Vollkommenheit des Menschen liegt in der Uebung seiner Kräfte durch Betrachtung des Weltplans […].« (NA 20, 41) Die Vervollkommnung müssen Körper und Seele gemeinsam leisten, vermittelt über die Sinne als Bindeglied zwischen Materie und Vorstellungen.

Der Mensch als Ganzes setzt sich zusammen aus der »Chemie des menschlichen Körpers« und dessen »Mechanik« (das Wort Biologie wird erst zwei Jahrzehnte später zur Verfügung stehen): »Vegetation also und thierische Mechanik auf das genaueste vermischt bilden eigentlich das physische Leben des menschlichen Körpers.« (NA 20, 43) Im Kontrast zum Tier, von dem er abgegrenzt werden soll, sucht der Mensch durch das tierische Leben hindurch ein geistiges, das dem Tier vorenthalten bleibt. »Dieß ist eine von den Grenzscheiden zwischen Mensch und Thier.« (NA 20, 44) Der vom Autor unternommene Vergleich von Mensch und Tier ist typisch für den anthropologischen Diskurs der Aufklärung, sofern dieser sich intensiv mit der Bestimmung des Menschen befasst. Denn die Frage nach dem, was der Mensch ist, ist immer auch die Frage danach, was er nicht ist, ein Gott, ein Engel oder ein Tier, um nur einige der historisch populären Vergleiche zu benennen, wobei die Grenzen fließend sind. Als »das unseelige Mittelding von Vieh und Engel« – eine Formulierung Albrecht von Hallers, die Schiller übernimmt (NA 20, 47) – ist der Mensch eingespannt zwischen Körperlichkeit und Geistigkeit. Dass der Mensch am Ende stets ans Physische zurückgebunden bleibt, im Unterschied zu den körperlosen Engeln, gilt aber keineswegs als Nachteil, weil der Körper den Geist zwingt und lehrt, »auf die Erscheinungen um ihn her zu achten, so machte er ihm die Welt interessant und wichtig, weil er sie ihm unentbehrlich machte« (NA 20, 54). Der Körper wird demnach von Schiller zwar auch negativ als Grenze und Schmerzfeld beschrieben, mehr aber noch als unverzichtbares Werkzeug und Instrument zur Erkenntnis der Welt. Aufgrund dieser Überzeugung kann er behaupten, dass selbst »die höheren moralischen Zweke« ohne »Beihülfe der thierischen Natur« nicht zu erreichen sind (NA 20, 41).

Die Vollkommenheit nun,...

Erscheint lt. Verlag 26.9.2024
Verlagsort Berlin
Sprache deutsch
Themenwelt Geisteswissenschaften Sprach- / Literaturwissenschaft Germanistik
Schlagworte Balladen • Dramatik • Dramatiker • Einführung • Friedrich Schiller • Gedichte • Lyrik • Lyriker • Poesie • Theater • Werke
ISBN-10 3-8437-3259-0 / 3843732590
ISBN-13 978-3-8437-3259-8 / 9783843732598
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