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Das Geheimnis der Megalithkulturen. Stonehenge, Menhire, Großsteingräber (eBook)

Vollständig aktualisierte Sonderausgabe des Standardwerks

(Autor)

eBook Download: EPUB
2024
256 Seiten
Anaconda Verlag
978-3-641-31985-4 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Das Geheimnis der Megalithkulturen. Stonehenge, Menhire, Großsteingräber - Wolfgang Korn
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Ob Stonehenge, Carnac oder Malta - die geheimnisvollen Bauten der Megalith-Zeit zählen zu den größten Rätseln der Menschheitsgeschichte. Von Irland bis in die Türkei, von Rügen bis Sardinien sind die steinzeitlichen Dolmen, Menhire, Ringtempel und Hünengräber über ganz Europa verteilt. Doch warum türmten die Menschen des Neolithikums gewaltige Felsblöcke aufeinander, die bis heute die Landschaft prägen? Wie war es möglich, die tonnenschweren Massen zu bewegen? Und wer waren ihre Erbauer? Der renommierte Wissenschaftsjournalist und Historiker Wolfgang Korn erzählt auf der Grundlage neuester Forschungsergebnisse von Entstehung, Vielfalt und Bedeutung dieser faszinierenden Monumente.
  • Mega-Geschichtsthema! Von der Steinzeit bis zu Keltischen Kulturen
  • Mega geheimnisvoll: die Kultstätten geben der Wissenschaft immer noch Rätsel auf


Wolfgang Korn hat Geschichte und Politische Wissenschaften studiert und arbeitet als Wissenschaftsjournalist und Autor in Hannover. Er schreibt u. a. für GEO, Die Zeit und Spiegel GESCHICHTE und hat eine Reihe von Sachbüchern und Jugendsachbüchern zu archäologischen, historischen und gesellschaftlichen Themen veröffentlicht. Für »Das Rätsel der Varusschlacht« erhielt er 2009 den Deutschen Jugendliteraturpreis, »Die Weltreise einer Fleeceweste« wurde in Österreich als Wissenschaftsbuch des Jahres ausgezeichnet und in zehn Sprachen übersetzt.

Nur einige Hundert Meter westlich der berühmten Steinalleen von Carnac in der Bretagne. Zu den mitten im Wald liegenden »Alignements du Petit-Ménec« verirren sich nur wenige Besucher, denn die Menhire hier sind kleiner und ihre Reihen nicht mehr so vollständig wie die der großflächigen Nachbaralleen. Etliche Megalithsteine wurden in umliegende Hausfundamente und Umgrenzungsmauern verbaut. Doch die Suche nach den Übriggebliebenen wird zu einer Expedition in ein verwunschenes Areal. Als hätte die mächtige Hand der Natur den Schleier des Vergessens über die Menhire gelegt, werden die bisweilen schulterhohen Monolithe von Dornenbüschen und Brombeersträuchern überwuchert, von Efeu umrankt oder von Moos ummantelt.

Wiltshire in Südengland. Knapp drei Kilometer nord-westlich von Amesbury liegt an der Autobahn A 303 ein großer Parkplatz mit angeschlossenen Besucherzentrum, obwohl sich an dieser Stelle des Hochlandes nur endlose Wiesen zu erstrecken scheinen. Doch ab 9 Uhr 30 treffen dort in dichter Folge Busse und Pkw ein, deren Passagiere bis zum Sonnenuntergang einen endlosen Strom bilden, der sich zu Fuß oder per Shuttlebus entlang der Trasse einer zurückgebauten Landstraße auf ein gut zwei Kilometer entferntes, umzäuntes Areal ergießt. Aus aller Welt reisen Menschen hierher, um aus zehn- bis dreißig Metern Entfernung – näher lässt es die Bänderabsperrung nicht zu – eine Ansammlung aufgestellter, großer Steine zu betrachten, die berühmtesten Megalithsteine der Welt: Stonehenge.

Stonehenge und Carnac, die Hünenbetten und Dolmen in Norddeutschland und Südskandinavien sind nur die berühmtesten Beispiele der steinernen Zeugnisse längst vergangener Kulturen, deren imposante Überreste sich an vielen Orten in Europa finden. 35 000 größere und kleinere Megalithbauwerke soll es laut Schätzungen noch geben.

Bekannt unter ihnen sind auch die vielen Ganggräber und Steinkreise in Irland und die vorgeschichtlichen Steintempel und Grabanlagen auf Malta, etwas weniger beachtet hingegen die Menhire und Steinsetzungen auf den Balearen, auf Sardinien und Korsika. Auch in Südfrankreich, auf der Iberischen Halbinsel und in Thrakien finden sich viele Megalithbauwerke wie Menhire und Dolmengräber, die jedoch erst in den letzten Jahrzehnten stärker beachtet und erforscht werden.

Und selbst an abgelegenen Orten wie den Orkney-Inseln finden sich Steinkreise aus der Jungsteinzeit. Der berühmteste, der Ring von Brodgar, entging Ende des 19. Jahrhunderts nur knapp der Zerstörung.

Glück gehabt, denn an etlichen Orten, besonders in den dicht besiedelten Gebieten Europas, ist nur noch ein Bruchteil der alten Steinmale übrig. So gehen die Archäologen beispielsweise davon aus, dass in Schleswig-Holstein nur noch fünf Prozent der einstigen Megalithen stehen. Die Gründe dafür sind: Der christianisierten Urbevölkerung wurde befohlen, die heidnischen Kultplätze zu zerstören, häufig wurden die Steine auch fortgenommen für den Bau von Hausfundamenten oder steinernen Einfriedungen. Bauern rissen die Dolmen ein, wenn diese die Vergrößerung ihrer Ackerflächen behinderte. Und besonders im 19. Jahrhundert wurde der massive Steinbedarf im gebirgsarmen Norddeutschland mit Findlingen und Megalithsteinen gedeckt – beispielsweise für Kopfsteinpflaster und Grabsteine.

Dort, wo die Megalithen die Zeiten jedoch überdauert haben, markieren sie bis heute eindrucksvoll die Landschaft – wie es Eugene Guillevic ausdrückte: »In der Mitte der Menhire wirkt es so, als ob die Welt hier geboren wurde und hierher zurückkehrt.« Denn meistens sind sie an topografisch auffallenden Stellen wie Hügeln oder Landzungen errichtet. Oder sie strukturieren die Landschaft durch ihre Wuchtigkeit selbst – in Norddeutschland entstanden viele kleine Wälder rund um die Megalithen.

Obwohl ihre eigentliche kultische Funktion bald in Vergessenheit geriet, wurden sie von der Nachwelt stets bewundert. Sowohl die Germanen als auch die mittelalterliche Bevölkerung sahen in den Megalithbauten Norddeutschlands die Hinterlassenschaft von Riesen, die hier einst lebten. Die Anwohner nutzten diese Plätze für kultische Handlungen, auch nach der Christianisierung. Zahlreiche Sagen ranken sich im Laufe der Zeit um die einzelne Megalithplätze.

Diese Mystifizierung hat die Menschen aber nicht davon abgehalten, die Steingräber und -kreise als Materiallager zu missbrauchen.

Erst seit rund 200 Jahren ziehen die Steine anreisende Besucher an; im 19. Jahrhundert wurden Sonntagsausflüge zu Megalithstätten wie Stonehenge populär. Dabei war es durchaus üblich, ein kleines Souvenir aus den Steinen herauszuschlagen. Einheimische verdienten sich ein Zubrot, indem sie Schlaghämmer dafür zur Verfügung stellten. Später wurde diese zerstörerische Beutejagd durch eine mildere ersetzt, die bis heute praktiziert wird: das Ablichten. Auf Fotografien posieren die Besucher souverän neben den Menhiren oder thronen stolz auf ihnen. Auch heute noch kommen viele Besucher nur als Touristen zu den berühmten Stätten. Und ein Bild »Ich und die Megalithen« gilt als Beweis dafür, dass man auch wirklich dort war.

Orte der Sinnsuche

Kein Wunder, dass diese Anlagen auch Künstler ganz unterschiedlicher Couleurs inspirierten. So reimte Edward G. Aldridge:

»Als stumme Vision von vergangenen Tagen

Steht ein Tempel aus Steinen so ernst und still

Der von uralten Wundern berichten will

Die von vielen Äonen sich zugetragen.«

Dagegen meißelte der französische Dichter Paul Celan in seinem Gedicht »Le Menhir« die bretonischen Steingeheimnisse in Worten nach:

»Wachsendes

Steingrau

Graugestalt, augen-

loser du, Steinblick, mit dem uns

die Erde hervortrat, menschlich,

auf Dunkel-, auf Weißheidewegen,

abends, vor

dir, Himmelsschlucht.

Verkerbtes, hierhergekarrt, sank

über den Herzrücken weg. Meer-

mühle mahlte ...«

Doch vor allem Zeichner und Maler trugen einen nicht unerheblichen Teil zur Mystifizierung der Steine in der Fantasie der Massen bei, indem sie den Stätten eine geheimnisvolle Aura verliehen. John Constable stellte 1836 in seinem berühmten Gemälde Stonehenge als Ruine vor einem doppelten Regenbogen dar – die einzelnen Steine geometrisch klar, als Ganzes jedoch chaotisch-geheimnisvoll wirkend. Bei Turner verschwimmt der Ringtempel und mit ihm seine Bedeutung in der Landschaft. Caspar David Friedrich schließlich verklärte Dolmen vor idyllischer Landschaft oder unter Schnee vollends zu romantischen Fantasieplätzen.

So lösen die Steine heute bei ihren Betrachtern ganz unterschied­liche Reaktionen hervor: Die meisten Menschen kommen her, betrachten die Steine und entwickeln bestenfalls ihre eigenen Theorien, wozu diese Stätten dienten. Doch gleichzeitig herrscht heute zunehmend das, was der englische Kulturhistoriker John Michell »Megalithomania« nennt. Die Steine werden zu Orten der Sinnsuche, sie stehen für kultische Zwecke, die heute verloren scheinen. Immer mehr Besucher glauben, etwas in ihrem durchtechnisierten, konsumorientierten Leben verloren zu haben, das sie an diesen frühgeschichtlichen Plätzen wiederzufinden hoffen. Eine wachsende Esoterikgemeinde knüpft an alte Kulte an oder erfinden neue; sie übt sich in Meditationen und Sonnengebeten an diesen »Kraftorten«, während neuzeitliche Geheimbünde hier ihre Initiationsrituale praktizieren.

Einzelne medizinische Studien zeigen, dass der menschliche Organismus tatsächlich auf diese Orte reagiert. Doch die Reaktionen sind zu unterschiedlich, um als wissenschaftliches Faktum anerkannt zu werden. Wünschelruten-Gänger glauben, die körperlichen Reaktionen weisen auf Erdstrahlen und Wasserläufe hin.

Hobbyarchäologen vermessen die Anlagen immer wieder aufs Neue, und viele von ihnen meinen, komplexe versteckte Muster aus sich überschneidenden Kreisen, Karos und sternförmigen Sechsecken zu erkennen. Andere glauben in den Steinsetzungen einen Code zu entdecken, mit dem beispielsweise Märchen interpretiert werden können.

Tatkräftige und praxisorientierte Zeitgenossen dagegen wollen genau wissen, wie es diese frühgeschichtlichen Menschen angestellt haben, die schweren Steine zu transportieren, aufzurichten oder gar anzuheben. Sie versuchen, Megalithsteine auf Schlitten zu ziehen und nur mithilfe von Holzhebeln und primitiven Seilen aufzurichten. Die sogenannte experimentelle Archäologie findet immer mehr Anhänger und ihre Ergebnisse werden zunehmend stärker von den historischen Wissenschaften genutzt.

Dagegen fällt das Geschäft der professionellen Steinkundler, der vor- und frühgeschichtlichen Archäologie, höchst nüchtern aus. Ganz selten stoßen sie auf ein noch versiegeltes Areal: eine ungeöffnete Grabkammer. Auch Siedlungen oder Benutzungsspuren, die sich eindeutig in die Zeit der Errichtung der Megalithbauten einordnen lassen, fehlen fast immer. Meistens bleibt den Archäologen nur übrig, die Steinsetzungen genau zu vermessen und sie anschließend zu kategorisieren.

Die wissenschaftliche Arbeit ähnelt bekanntlich dem Bohren dicker Bretter – es ist mühselig und im Fall der Megalithen ist nicht klar, wie dick diese »Bretter« überhaupt sind. »Wir wissen praktisch nichts über die gewaltigen Steingräber, die sich entlang der Atlantikküste ziehen, sieht man von ihrem Alter und – in einigen Fällen – von ihrer zeremoniellen Funktion ab«, klagte der schwedische Frühgeschichtler Göran Burenhult noch Ende des 20. Jahrhunderts.

Eine erste Typisierung

Menhire – von Menschen aufrecht gesetzte Steinpfeiler, häufig mit bearbeiteter Oberfläche, wie hier...

Erscheint lt. Verlag 12.6.2024
Zusatzinfo mit zahlreichen SW-Abbildungen und Fotos
Sprache deutsch
Themenwelt Geschichte Teilgebiete der Geschichte Kulturgeschichte
Schlagworte 2024 • alignements von carnac • Archäologie • bougon • Bronzezeit • Carnac • Dolmen • eBooks • Ethnografie • Gallier • Germanen • Geschichte • Göbekli Tepe • henge-monumente • Hinkelsteine • Hünengrab • Jungsteinzeit • Kelten • keltisch • kerlescan • kermario • Knowth • le menec • le petit menec • Megalithen • Megalithgräber • Menhire • neolithische Revolution • Neuerscheinung • Steinkreis • Steinzeit • Stonehenge • Totenkult
ISBN-10 3-641-31985-4 / 3641319854
ISBN-13 978-3-641-31985-4 / 9783641319854
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