Facebook - Weltmacht am Abgrund (eBook)
688 Seiten
Verlagsgruppe Droemer Knaur
978-3-426-44407-8 (ISBN)
Steven Levy ist Amerikas führender Technologie-Journalist (The Washington Post) und begleitet die digitale Revolution seit 30 Jahren. Mit den besten Kontakten zu den Machern des Silicon Valley und seiner scharfen Analyse technischer und wirtschaftlicher Zusammenhänge des digitalen Wandels, gehört er heute zu den meistbeachteten Stimmen der Szene. Aktuell arbeitet er als Chefredakteur des Technologie-Hubs Medium, zuvor war er bei Wired und Newsweek tätig. Sein Buch Hackers wurde vom PC Magazine als 'bestes Sci-Tech-Buch der letzten 20 Jahre' gewürdigt, Crypto gewann 2001 den großen E-Book-Preis auf der Frankfurter Buchmesse. Levy schreibt u.a. auch für Harper's, Macworld, The New York Times Magazine, The New Yorker und Rolling Stone.
Steven Levy ist Amerikas führender Technologie-Journalist (The Washington Post) und begleitet die digitale Revolution seit 30 Jahren. Mit den besten Kontakten zu den Machern des Silicon Valley und seiner scharfen Analyse technischer und wirtschaftlicher Zusammenhänge des digitalen Wandels, gehört er heute zu den meistbeachteten Stimmen der Szene. Aktuell arbeitet er als Chefredakteur des Technologie-Hubs Medium, zuvor war er bei Wired und Newsweek tätig. Sein Buch Hackers wurde vom PC Magazine als "bestes Sci-Tech-Buch der letzten 20 Jahre" gewürdigt, Crypto gewann 2001 den großen E-Book-Preis auf der Frankfurter Buchmesse. Levy schreibt u.a. auch für Harper's, Macworld, The New York Times Magazine, The New Yorker und Rolling Stone. Gisela Fichtl studierte Germanistik, Philosophie und französische Literatur. Sie war in mehreren Verlagen tätig und arbeitet seit 1998 als freie Lektorin und Übersetzerin, Herausgeberin und Autorin sowie als Literaturredakteurin des Münchner Feuilleton. Stephan Kleiner, geboren 1975, lebt als literarischer Übersetzer in München. Er übertrug u. a. Nick Hornby, Michel Houellebecq und Hanya Yanagihara ins Deutsche. Sylvia Bieker ist Übersetzerin aus dem Englischen und Ghostwriterin für Politik, New Economy und Kultur. Sie gehörte u. a. zu den Übersetzerteams von Bob Woodward (»Furcht«), »Der Mueller Report« (hgg. v. The Washington Post) sowie »Facebook – Weltmacht am Abgrund« (Steven Levy; Droemer Knaur). Karsten Singelmann, wohnhaft in Hannover. Vor etwa 30 Jahren eher zufällig in die Übersetzerei hineingerutscht. Das erste Projekt entstand aus einem Anfall von Sendungsbewusstsein: nämlich dem Wunsch, die englische Komik der Monty-Python-Truppe adäquat (und jedenfalls ganz anders als in der berüchtigten "Ritter der Kokosnuß"-Verhunzung) ins Deutsche zu übertragen. Die positive Resonanz auf diese "Laienarbeit" inspirierte in der Folge den Entschluss, diese Tätigkeit zum Beruf zu machen.
1 ZuckNet
In einer kalten Januarnacht des Jahres 1997 sprach ein 28-jähriger Anwalt, der erst vor Kurzem ins Unternehmerwesen gewechselt war, im New Yorker Puck Building vor einer kleinen Gruppe von Investoren, Journalisten und Freunden. Er versuchte, ihnen zu erklären, was Online-Social-Networking war, warum das Produkt, das er gleich vorstellen würde, das erste Beispiel für ein derartiges Vorhaben war, und warum dies die Welt verändern würde.[5] Es war die Zeit, da sich die erste Generation von Internetunternehmen wie Yahoo!, Amazon und eBay etabliert hatte. Die Zeit, in der Start-up-Gründer versuchten, neue Geschäftsideen zu entwickeln, die durch das Internet erst möglich geworden waren. Das Ganze war starker Tobak.
Bei Andrew Weinreichs Produkt ging es im Wesentlichen darum, den Leuten eine Plattform zu bieten, auf der sie alle möglichen Informationen über ihre Interessen, ihre Jobs und ihre Beziehungen bereitstellen konnten. Er wollte Nutzer dazu bringen, all diese Infos an einem Ort zu bündeln. Die Firma, die er dafür gegründet hatte, nannte er SixDegrees, in Anlehnung an die Hypothese, dass jeder Mensch auf diesem Planeten nur sechs Bekanntschaftsgrade von allen anderen Menschen entfernt sei.[6] Weinreich dachte, die Hypothese stamme von dem großen Physiker Guglielmo Marconi, in Wirklichkeit geht die zugrunde liegende Idee auf den ungarischen Dichter Frigyes Karinthy zurück.
In Karinthys Erzählung »Kettenglieder« heißt es:
Der Planet Erde war noch nie so klein wie heute. Er ist zusammengeschnurrt – natürlich relativ gesprochen –, weil sich sowohl physikalische als auch verbale Kommunikation so unendlich beschleunigt haben. Dieses Thema ist nicht vollkommen neu, aber in dieser Form hatten wir damit noch nie zu tun. Wir haben nie darüber verhandelt, was es heißt, dass jeder Mensch auf der Erde auf meinen oder eines Anderen Willen hin heute innerhalb weniger Minuten erfahren kann, was ich denke oder tue, was ich will oder was ich am liebsten anfangen würde.
Kaum zu glauben, dass diese Worte im Jahr 1929 niedergeschrieben wurden!
Die Figuren in Karinthys Kurzgeschichte machen ein Experiment: Sie wollen herausfinden, ob eine Beziehungskette sie mit jedem der (damals) 1,5 Milliarden Menschen auf der Erde verbinden könnte. Dabei waren nur insgesamt fünf »Stationen« erlaubt. Man begann mit dem eigenen Netzwerk von Freunden, der nächste Schritt führte zu deren Netzwerk und so weiter. In der Geschichte gelingt es einer der Figuren tatsächlich – ein ungarischer Intellektueller wie der Autor selbst –, nach nur fünf Stationen einen beliebigen Schraubendreher an der Fertigungsstraße der Ford Motor Company zu kontaktieren.
Karinthys Konzept geisterte weiter durch die Welt, bis einige Wissenschaftler in den 1960er- und 1970er-Jahren mit der damals noch eingeschränkten Rechenkraft von Computern versuchten, die »Fünf-Stationen-These« zu beweisen. 1967 veröffentlichte der Soziologe Stanley Milgram in Psychology Today einen Artikel über das, was er das »Kleine-Welt-Phänomen« nannte. Und zwei Jahre später versuchten er und sein Co-Autor im Rahmen einer Studie,[7] beliebige Menschen in Nebraska mit Leuten in Boston zu verbinden; dabei fanden sie heraus, dass »zwischen Start und Ziel durchschnittlich 5,2 Kontakte nötig sind«. 1990 wurde das Prinzip auch einem kulturell interessierten Publikum bekannt, denn der Bühnenautor John Guare schrieb ein Stück darüber: Six Degrees of Separation (Das Leben – ein Sechserpack), das 1993 auch verfilmt wurde.
Weinreichs Konzept war zwar davon inspiriert, arbeitete selbst aber nur mit zwei bis drei Verbindungsgraden. »Meist lerne ich neue Menschen über Leute kennen, die mit bereits bekannt sind«, erzählte er seinen Zuhörern im Puck Building. Seit Jahrhunderten stellten Menschen über ihre Freunde und Bekannten Verbindungen zu Unbekannten her, aber das sei immer ein Vabanquespiel gewesen. »Ich hoffe, dass sich das heute ändern wird«, versprach er, »und zwar mit einem kostenlosen, webbasierten Netzwerkdienst.« Es sei in etwa so, als würde man sein Adressverzeichnis online stellen und es mit den Adressverzeichnissen anderer verlinken. »Wenn nun jeder sein Rolodex hochlädt, dann sollten Sie die ganze Welt kontaktieren können«, sprudelte Weinreich heraus.
In jener kalten Januarnacht entfaltete Weinreich eine Vision, die seine Zuhörer in Erstaunen versetzte: die ganze Welt, eingebunden in ein einziges Netzwerk. »Stellen Sie sich nur mal vor, wir hätten Informationen von jedem einzelnen Internet-User auf der Welt«, forderte er sein Publikum auf. (Natürlich gab es damals seiner Schätzung zufolge nur etwa vierzig bis sechzig Millionen Menschen, die überhaupt Zugang zum Internet hatten.) Weinreich nahm ganz selbstverständlich an, dass die Vernetzung der Welt ein Segen für die Menschheit wäre. Warum sollte es auch anders sein?
SixDegrees führte einige Features ein, die später zum festen Inventar aller sozialen Netzwerke gehören sollten. Da war zum Beispiel das »going viral«, bevor es diesen Begriff überhaupt gab, denn man benutzte Einladungen via E-Mail, um das Netzwerk aufzubauen. Schon beim Launch-Event von SixDegrees verteilte Weinreich gedruckte Einladungen in verschlossenen Kuverts – Kopien der Einladungen, die im selben Augenblick in den Mailboxen der Gäste landeten. Dann bat er die Anwesenden, auf Computern im Nebenraum den Browser zu öffnen, die E-Mails an Freunde weiterzuleiten und Verbindungen »bis ins sechste Glied« zu aktivieren. Sobald diese neuen Empfänger ihre Einladung erhalten hatten, bat man sie zu bestätigen, dass sie wussten, wer sie vorgeschlagen hatte. Es war das erste Mal, dass ein Online-Dienst diese Form der Verifizierung verwendete.
SixDegrees war etwas völlig Neues, und hätte es Erfolg gehabt, wäre es wohl Gegenstand unzähliger Untersuchungen geworden. Aber dem Unternehmen war kein Erfolg beschieden, Weinreichs große Idee kam einfach zu früh. Zu jener Zeit hatten die meisten Menschen noch keinen E-Mail-Account, geschweige denn gingen sie regelmäßig ins Internet. Außerdem konnten sie auf der SixDegrees-Seite wenig mehr tun, als ihr Adressverzeichnis in die gigantische Datenbank einzuspeisen. Ihre Langeweile konnten sie dort nicht abladen. Auch Ex-Lover ließen sich so nicht stalken. Und alberne kleine Katzenvideos gab es auch nicht. Wenn Sie jemanden kontaktieren oder um eine Empfehlung bitten wollten, konnten Sie die Adressdatenbank durchstöbern. Und die Seite anschließend wieder verlassen.
Wer immer sich bei SixDegrees anmeldete, stellte schnell fest, dass der Service weit besser wäre, wenn man auch Fotos der Leute sehen könnte. 1997 aber war das noch ein echtes Hindernis, denn kaum jemand besaß eine Digitalkamera. Weinreich überlegte schon, ob er einen Haufen Praktikanten oder andere billige Arbeitskräfte in einen großen Raum setzen und Fotos scannen lassen sollte. Er entschied sich dagegen, hauptsächlich, weil er sich zu jener Zeit bereits mit dem Gedanken trug, das Unternehmen zu verkaufen.
Während SixDegrees zwar bewies, dass das Konzept des sozialen Networkings funktionierte – immerhin hatte das Unternehmen in der Spitze 3,5 Millionen Nutzer, was für den damaligen Entwicklungsstand des Internets eine ganze Menge war –, so fehlten in Sachen Technologie doch noch einige Entwicklungsjahre, bis die für ein florierendes soziales Netzwerk notwendige Connectivity bereitgestellt werden konnte. Weinreich scheute den finanziellen Aufwand, den ihn diese Wartezeit gekostet hätte. Und so verkaufte er SixDegrees im Dezember 1999 für 125 Millionen Dollar an ein Unternehmen namens YouthStream Media Networks – gerade rechtzeitig vor dem gewaltigen Dotcom-Crash, der die Technologiewerte in die Knie zwang. Im Preis eingeschlossen war ein noch ausstehendes Patent über »Verfahren und Vorrichtungen, um Netzwerk-Datenbanken und -Systeme zu schaffen«.[8] Heute kennt man es unter der Bezeichnung »Social Networking Patent«.
Weinreich berichtete später, er habe durch den frühen Verkauf zwei Dinge nicht mehr weiterentwickeln können, die er für SixDegrees geplant hatte. Eines sei eine Funktion gewesen, die es den Nutzern erlaubt hätte, Kommentare und mediale Inhalte auf der Seite zu posten. Damit hätte er den Schritt in die Domäne anderer früher Internet-Außenposten gewagt, die ebenfalls mit »nutzererstelltem Content« arbeiteten. Das andere sei das Vorhaben gewesen, aus SixDegrees eine Art Betriebssystem zu machen, eine Plattform, auf der Drittanbieter Applikationen anbieten konnten – eine kleine Zugabe zu dem, was sich Weinreich als soziales Netzwerk für die ganze Welt erträumte.
Was Weinreich indes nicht ahnte, war, dass der Mensch, der seiner Vision Gestalt verleihen, ja sie noch überflügeln würde, sich damals nur 25 Meilen vom Puck Building entfernt befand. Und gerade einmal zwölf Jahre alt war.
Mark Elliott Zuckerberg kam 1984 als Kind von Karen und Ed Zuckerberg zur Welt.[9] Am 14. Mai, fast genau vier Monate nachdem der Apple Macintosh vorgestellt worden war, der jedem Menschen das zur Verfügung stellen sollte, was bislang nur ausgebildete Experten und verrückte Hobby-Geeks nutzten. Damals nannten nur wenige einen Personal Computer ihr Eigen, und noch weniger besaßen ein Modem, diese reichlich lärmigen Peripheriegeräte, die den PC mit dem Telefon verbanden. ARPAnet, der Vorläufer des Internets, war zwar bereits geboren, aber genutzt wurde es nur von Regierungsstellen und einigen Informatikstudenten.
Ed...
Erscheint lt. Verlag | 2.3.2020 |
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Übersetzer | Gisela Fichtl, Elisabeth Liebl, Stephan Kleiner, Sylvia Bieker, Karsten Singelmann, Barbara Steckhan |
Verlagsort | München |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Sachbuch/Ratgeber ► Beruf / Finanzen / Recht / Wirtschaft ► Wirtschaft |
Geschichte ► Teilgebiete der Geschichte ► Wirtschaftsgeschichte | |
Wirtschaft | |
Schlagworte | Anhörung • App • Cambridge Analytica • Daten • Datenschutz • Deep learning • Deutschland Politik Kultur Gesellschaft • Digitale Revolution • Digitales Leben • digitale Transformation • Digitalisierung • Digitalisierung Ethik • Digitalisierung und Demokratie • Digitalisierung und Globalisierung • Facebook • Facebook Kritik • Fake Facts • Fake News • Filterblase • filter bubble • Firma • Geschichte • Gesellschaft • Gesellschaft Digitalisierung • Gesellschaftskritik • Gesellschaftskritische Bücher • Google • Handy • Inside Facebook • Instagram • Internet • Like • Manipulation • Marketing • Mark Zuckerberg • Messenger • Netflix • Netzwerk • Neuronale Netze • news feed • Nutzer-Daten • oculus • Politik • Politik und Gesellschaft • Post • Privatsphäre • Risiken der Digitalisierung • Sachbuch Gesellschaft • Senat • Sheryl Sandberg • Silicon Valley • Skandal • Smartphone • Social Media • The Circle • Timeline • Transhumanismus • Überwachung • Unternehmensgeschichte • Unternehmen Verantwortung • Unternehmen Verantwortung Gesellschaft • USA • Virtual Reality • Wahlkampf • Whatsapp • Whistleblower • Zukunft |
ISBN-10 | 3-426-44407-0 / 3426444070 |
ISBN-13 | 978-3-426-44407-8 / 9783426444078 |
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