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Agentin in der BND-Zentrale -  Klaus Eichner

Agentin in der BND-Zentrale (eBook)

Gabriele Gast im westdeutschen Spionagezentrum
eBook Download: EPUB
2015 | 1. Auflage
256 Seiten
edition ost (Verlag)
978-3-360-51034-1 (ISBN)
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Gabriele Gast arbeitete fast zwei Jahrzehnte in der Zentrale des BND. Doch sie war nicht nur für den westdeutschen, sondern auch für den ostdeutschen Nachrichtendienst tätig - als eine der wichtigsten Quellen der Auslandsaufklärung der DDR. Sie tat das effektiv und erfolgreich. Dies wurde auch im harten Urteil deutlich, das man über sie verhängte: sechs Jahre und neun Monate Haft. Im vergangenen Jahr veröffentlichte Klaus Eichner ein aufsehenerregendes Buch über die NSA und die Erkenntnisse, die man bereits lange vor Snowden in der DDR hatte: dass die US-Geheimdienste ihre Verbündeten ausspionierten. Nun schreibt Eichner über Gabriele Gast und ihre Arbeit während des Kalten Krieges.

Klaus Eichner, Jahrgang 1939, war Mitarbeiter des Ministeriums für Staatssicherheit von 1957 bis 1990. Zunächst in der Spionageabwehr tätig, war er in der Hauptverwaltung Aufklärung ab 1974 auf die Geheimdienste der USA spezialisiert. Gabriele Gast, geboren 1943, ist ehemalige Regierungsdirektorin des BND und war 17?Jahre deutsch-deutsche Doppelagentin für die Hauptverwaltung Aufklärung.

Klaus Eichner, Jahrgang 1939, war Mitarbeiter des Ministeriums für Staatssicherheit von 1957 bis 1990. Zunächst in der Spionageabwehr tätig, war er in der Hauptverwaltung Aufklärung ab 1974 auf die Geheimdienste der USA spezialisiert. Gabriele Gast, geboren 1943, ist ehemalige Regierungsdirektorin des BND und war 17 Jahre deutsch-deutsche Doppelagentin für die Hauptverwaltung Aufklärung.

Prolog

Der BND im Visier der Spionageabwehr der DDR

In der Spionageabwehr der DDR spielten von Anfang an offensive Maßnahmen gegen die Spionagetätigkeit der Organisation Gehlen (ORG) – ab 1956 offiziell Bundesnachrichtendienst – eine entscheidende Rolle.

Diese Nachfolgeeinrichtung der faschistischen deutschen Geheimdienste (vor allem Fremde Heere Ost; Amt Ausland/Abwehr, Reichssicherheitshauptamt) stellten von Anbeginn eine akute Bedrohung der Sowjetunion und der volksdemokratischen Entwicklungen in Osteuropa dar, vor allem jener in der damaligen Sowjetischen Besatzungszone, aus der 1949 die DDR hervorging. Nicht zuletzt jedoch war diese Institution mit den dort untergetauchten Nazis ein Hindernis für eine auch in den Westzonen notwendige und mögliche antifaschistisch-demokratische Erneuerung. Bereits in einem ersten Überprüfungsbericht der US-Geheimdienste vom 29. Mai 1947, dem sogenannten Bossard-Bericht, hieß es, die Organisation Gehlen habe »in der Gründungsperiode um die 3.000 Leute von antisowjetischen Bewegungen in Zentraleuropa rekrutiert, die während des Krieges Deutschland unterstützt hatten«.

Allerdings interessierte die Amerikaner im beginnenden Kalten Krieg die Herkunft ihrer potentiellen Verbündeten nicht. Alsbald lotete die CIA eine mögliche Kooperation mit der Organisationen Gehlen – vom amerikanischen Auslandsachrichtendienst unter dem Namen »Rusty« geführt – mit der Maßgabe aus, den Nazispionage- und Spitzelverein unter seine Fittiche zu nehmen. Am 17. Dezember 1947 berichtete der Verbindungsoffizier der CIA in Pullach, James Critchfield, über seine Kontaktaufnahme zur Organisation Gehlen. Dabei hob er hervor, dass »Rusty« gegenwärtig 600 Agenten in Ostdeutschland führe. Critchfield zeigte sich in seinem Bericht an die Vorgesetzten beeindruckt von Gehlen und dem Spionagepotential seiner Organisation, von deren Engagement für die USA und die westeuropäisch-atlantische Einheit. Ehemalige SS-Leute wollte er nicht gesehen haben.

Am 1. Juli 1949 nahm die CIA offiziell die Organisation Gehlen in ihre Obhut. In der größten Villa des weiträumigen Pullacher Komplexes (vormals »Reichssiedlung Rudolf Heß«), dem »Bormann-Haus«, richtete sich ein CIA-Stab ein. Er sollte jahrelang alles beaufsichtigen – was nur bedingt gelang. Gehlen ließ sich nicht immer in die Karten schauen. Das war der Beginn einer spannungsreichen Geschichte zweier Partnerdienste, der, wie wir erst jüngst wieder erfuhren, bis in die Gegenwart reicht: Der BND spioniert gemeinsam mit US-Diensten seine deutschen Landsleute, Politiker und Wirtschaftsunternehmen aus.

Inzwischen zugängliche CIA-Akten aus den 40er Jahren zwangen dazu, die Schätzungen, wie viele ehemalige aktive und belastete Nazis in der Organisation Gehlen arbeiteten, deutlich nach oben zu korrigieren. Es waren erheblich mehr, als bis dahin angenommen: Im Sommer 1949 kamen etwa 400 (der 4.000 Mitarbeiter) in der Organisation Gehlen aus der SS, dem SD oder der Gestapo. Die Schutzbehauptung, die Amerikaner hätten darauf geachtet, dass keine belasteten Nazis von der Organisation Gehlen beschäftigt worden wären, ist also nachweislich eine Lüge. Diese Leute machten somit dort bruchlos weiter, wo sie 1945 mit der Zerschlagung des Nazireiches durch die Antihitlerkoalition kurzzeitig hatten aufhören müssen. Es ging wie gewohnt weiter gegen die traditionellen Feinde: Kommunisten, Sozialisten, radikale Demokraten und Antifaschisten. Die Anstrengungen nahmen zu, als sich – als Reaktion auf die Gründung einer separaten westdeutschen Bundesrepublik – in der sowjetischen Besatzungszone die Deutsche Demokratische Republik konstituierte. Nicht nur, dass Terror- und Sabotageorganisationen aktiv wurden. In den neuen Strukturen wurde auch Personal eingeschleust oder angeworben, um die antifaschistisch-demokratische, später sozialistische Entwicklung auszuspionieren und zu verhindern.

Das zwang zu Reaktionen.

Aus der Deutschen Verwaltung des Innern (DVdI) war das Ministerium des Innern (MdI) geworden, dessen Leitung Carl Steinhoff, bis dahin Ministerpräsident des Landes Brandenburg, übernahm. In diesem MdI existierte eine Hauptverwaltung zum Schutz der Volkswirtschaft. Aufgrund der Zunahme der Attacken wurde entschieden, aus dieser Hauptverwaltung ein eigenständiges Schutz- und Sicherheitsorgan zu formieren. Auf der 10. Sitzung der Provisorischen Volkskammer – die DDR glaubte noch nicht an die Endgültigkeit der deutschen Teilung – erklärte Minister Steinhoff: »Die hauptsächlichsten Aufgaben dieses Ministeriums werden sein, die volkseigenen Betriebe und Werke, das Verkehrswesen und die volkseigenen Güter vor Anschlägen verbrecherischer Elemente sowie gegen alle Angriffe zu schützen, einen entschiedenen Kampf gegen die Tätigkeit feindlicher Agenturen, Diversanten, Saboteure und Spione zu führen, unsere demokratische Entwicklung zu schützen und unserer demokratischen Friedenswirtschaft eine ungestörte Erfüllung der Wirtschaftspläne zu sichern. Zur Durchführung dieser Aufgaben bildet das Ministerium in den Ländern Verwaltungen für Staatssicherheit, die dem Ministerium unmittelbar unterstellt sein werden.«

Das von Steinhoff, dem ehemaligen Sozialdemokraten eingebrachte und von ihm begründete Gesetz wurde am 8. Februar 1950 vom Parlament verabschiedet, Wilhelm Zaisser zum Minister für Staatssicherheit berufen.

Vierzehn Tage zuvor, am 26. Januar 1950, hatten der Vorsitzende der Zentralen Kommission für Staatliche Kontrolle und die Chefs der Hauptverwaltungen »Kriminalpolizei« und »Schutz der Volkswirtschaft« im Innenministerium über die »Tätigkeit feindlicher Elemente auf dem Gebiet der DDR« dem Ministerrat berichtet. Die DDR-Regierung schloss daraus, dass sich »die Tätigkeit der Agenten, Spione und Saboteure verschärft« habe. Es gab organisierte Brandstiftungen und andere Sabotagehandlungen, Sprengstoffanschläge in volkseigenen Betrieben und Werken, auf volkseigenen Gütern und auf Neubauernhöfen sowie im Bereich des Verkehrs. »In dem Maße, wie der Feind feststellt, dass er die demokratischen Errungenschaften nicht mehr rückgängig machen kann, konzentriert er seine ganze Kraft, um durch Sabotage, Brandstiftung usw. die Durchführung des Wirtschaftsplanes und der sonstigen demokratischen Maßnahmen zu stören«, hieß es von Regierungsseite.

In den Anfangsjahren erzielten die gegnerischen Dienste einige Einbrüche in der DDR.

So konnte die Organisation Gehlen die Sekretärin und spätere Referentin im Büro von Ministerpräsident Otto Grotewohl, Elli Barczatis (»Deckname »Gänseblümchen«) anwerben. Auf sie war ein »Romeo«, der Journalist und Dolmetscher Dr. Karl Laurenz, angesetzt worden. 1955 wurden Barczatis und Laurenz durch die Spionageabwehr der DDR enttarnt, vor Gericht gestellt und zum Tode verurteilt. Unter dem Decknamen »Helwig« führte die Organisation Gehlen auch den Stellvertreter des Ministerpräsidenten der DDR, Dr. Hermann Kastner, einige Jahre als Quelle. Kastner war zeitweilig auch Parteivorsitzender der LDPD. Ihm gelang 1956, gemeinsam mit seiner Frau, die aktiv in die Spionagetätigkeit einbezogen war, die Flucht in die Bundesrepublik. Kastner spielte in den deutschlandpolitischen Planungen des sowjetischen Innenministers Berija eine wichtige Rolle.

1953 begann die Spionageabwehr des MfS der DDR eine Serie sogenannter »konzentrierter Schläge« gegen die Agentennetze der Organisation Gehlen und der Dienststellen amerikanischer, englischer und französischer Geheimdienste auf dem Territorium der Bundesrepublik und Westberlins. Im Oktober/November 1953 erfolgte die Aktion »Feuerwerk« speziell gegen die Berliner Filiale X 9592 der Organisation Gehlen. Der stellvertretende Leiter dieser Filiale, Hans-Joachim Geyer, war seit Januar 1953 unter dem Decknamen »Grell« inoffiziell für das MfS tätig und konnte im Prinzip alle wichtigen Unterlagen über das Agentennetz dieser Filiale beschaffen. Es kam schlagartig zu 108 Verhaftungen.

Am 21. Dezember 1953 verurteilte das Oberste Gericht der DDR sieben Mitarbeiter und Agenten der Organisation Gehlen. Hauptangeklagter war der ehemalige Major der faschistischen Wehrmacht und spätere Leiter der Filiale 120a der Organisation Gehlen, Werner Haase. Dieser war in der Nacht vom 13. zum 14. November 1953 von einem Einsatzkommando des MfS in flagranti verhaftet worden.

Im Sommer 1954 folgte die Aktion »Pfeil«. In deren Verlauf kam es zu über 500 Verhaftungen, davon wurden 277 Personen als Agenten der Organisation Gehlen identifiziert, 176 als Agenten amerikanischer Geheimdienste und 94 als Agenten des französischen Nachrichtendienstes eingeordnet. Unter den Verhafteten befanden sich einige Agenten in verantwortlichen Positionen des Staatsapparates und der Wirtschaft der DDR, so ein Abteilungsleiter im Ministerium für Schwerindustrie, der Leiter der Kontrollabteilung des Ministeriums für Landwirtschaft, ein Direktor der Wasserstraßendirektion und mehrere leitende Angestellte der Reichsbahn.

Im November 1954 erfolgte die dritte Großaktion unter dem Operationsnamen »Blitz«, die sich gegen Agentenorganisationen wie die Kampfgruppe gegen Unmenschlichkeit (KgU), den Untersuchungsausschuss Freiheitlicher Juristen (UfJ), die Ostbüros der Parteien und des DGB, aber auch gegen Dienststellen der Organisation Gehlen und den Friedrich-Wilhelm-Heinz-Dienst des Amtes Blank richteten. Insgesamt kam es im Rahmen dieser Aktion und bei Folgeoperation unter der Deckbezeichnung »Frühling« zu 521 Festnahmen.

Bis Ende 1955 wurden insgesamt über tausend Agenten identifiziert und ausgeschaltet.

Gehlen bewertet diese Entwicklung in seinen Memoiren so: »Die ursprünglich bereits für die Jahre 1952/53 erwogene Übernahme der Organisation...

Erscheint lt. Verlag 17.8.2015
Sprache deutsch
Themenwelt Sachbuch/Ratgeber Geschichte / Politik Zeitgeschichte ab 1945
Geisteswissenschaften Geschichte
Sozialwissenschaften Politik / Verwaltung
Schlagworte Aufklärung • Doppelagent • Geheimdienst • Kalter Krieg • Nachrichtendienst
ISBN-10 3-360-51034-8 / 3360510348
ISBN-13 978-3-360-51034-1 / 9783360510341
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