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Imperien (eBook)

Die Logik der Weltherrschaft - vom Alten Rom bis zu den Vereinigten Staaten
eBook Download: EPUB
2014 | 1. Auflage
336 Seiten
Rowohlt Verlag GmbH
978-3-644-11821-8 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Imperien -  Herfried Münkler
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Imperien, glaubte man in Europa bis vor kurzem, seien Relikte der Vergangenheit. Umso bestürzter waren die Europäer, als die USA ihre Vormachtstellung offen demonstrierten - ratlos nahm man die Wiederkehr des tot geglaubten «Imperialismus» zur Kenntnis. Plötzlich stellen sich drängende Fragen: Wodurch zeichnen sich Imperien aus? Welche Risiken birgt eine imperiale Ordnung? Und welche Chancen bietet sie? Herfried Münkler zeigt, wie Imperien für Stabilität sorgen und welche Gefahren ihnen drohen, wenn sie ihre Kräfte überdehnen. Er beschreibt, was es heißt, im Machtbereich eines Imperiums zu leben, und macht die Logik deutlich, nach der es funktioniert. Im alten China und im Römischen Imperium, im Reich der Mongolen und der russischen Zaren, im portugiesischen, spanischen oder britischen Weltreich - überall herrschten andere Bedingungen. Die grundlegenden Prinzipien der Machtentfaltung und -erhaltung aber gelten heute noch. Herfried Münkler unternimmt nicht nur einen souveränen Gang durch die Geschichte, er liefert auch die brillante Analyse eines hochaktuellen Themas.

Herfried Münkler, geboren 1951, ist emeritierter Professor für Politikwissenschaft an der Berliner Humboldt-Universität. Viele seiner Bücher gelten als Standardwerke, etwa «Die Deutschen und ihre Mythen» (2009), das mit dem Preis der Leipziger Buchmesse ausgezeichnet wurde, sowie «Der Große Krieg» (2013), «Die neuen Deutschen» (2016), «Der Dreißigjährige Krieg» (2017) oder «Marx, Wagner, Nietzsche» (2021), die alle monatelang auf der «Spiegel»-Bestsellerliste standen. Zuletzt erschien «Welt in Aufruhr. Die Ordnung der Mächte im 21. Jahrhundert», ebenfalls ein «Spiegel»-Bestseller. Herfried Münkler wurde vielfach ausgezeichnet, u.a. mit dem Wissenschaftspreis der Aby-Warburg-Stiftung und dem Carl Friedrich von Siemens Fellowship.

Herfried Münkler, geboren 1951, ist emeritierter Professor für Politikwissenschaft an der Berliner Humboldt-Universität. Viele seiner Bücher gelten als Standardwerke, etwa «Die Deutschen und ihre Mythen» (2009), das mit dem Preis der Leipziger Buchmesse ausgezeichnet wurde, sowie «Der Große Krieg» (2013), «Die neuen Deutschen» (2016), «Der Dreißigjährige Krieg» (2017) oder «Marx, Wagner, Nietzsche» (2021), die alle monatelang auf der «Spiegel»-Bestsellerliste standen. Zuletzt erschien «Welt in Aufruhr. Die Ordnung der Mächte im 21. Jahrhundert», ebenfalls ein «Spiegel»-Bestseller. Herfried Münkler wurde vielfach ausgezeichnet, u.a. mit dem Wissenschaftspreis der Aby-Warburg-Stiftung und dem Carl Friedrich von Siemens Fellowship.

1. WAS IST EIN IMPERIUM?


Die Debatten über den letzten Irakkrieg, die möglichen Hintergründe und verborgenen Ziele des erneuten militärischen Eingreifens der USA in der ölreichen Golfregion, überhaupt die Rolle der USA am Golf und in Zentralasien, dazu die tiefen Zerwürfnisse in den transatlantischen Beziehungen haben in Europa den Blick für die Entstehung einer neuen Weltordnung nach dem Ende des Ost-West-Konflikts geschärft. Mit der notorischen Weigerung der USA, internationalen Vereinbarungen beizutreten, vom Kyoto-Protokoll bis zum Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag, zeichnete sich eine Neudefinition der amerikanischen Position in der politischen Ordnung der Welt ab. Es kommt hinzu, dass die Beziehungen zwischen den USA und der UNO, die in den letzten Jahrzehnten nie ohne Probleme gewesen sind, grundsätzlich zur Disposition stehen, nachdem US-Präsident George W. Bush in einem denkwürdigen Auftritt vor der Generalversammlung der Vereinten Nationen am 12. September 2002 damit gedroht hat, die USA würden einige der drängenden sicherheitspolitischen Probleme im Alleingang lösen, wenn die Weltorganisation sich dazu als unfähig erweise.

Dass dies keine leere Drohung war, hat sich im Frühjahr 2003 mit dem Dritten Golfkrieg gezeigt. Zwei Interpretationen des neuen Verhältnisses der USA zum UN-Sicherheitsrat waren möglich: Entweder die USA suchten ihn als amerikahörigen Legitimationsspender zu instrumentalisieren oder sie begannen damit, sich aus der notorischen Inanspruchnahme als militärischer Arm der Weltorganisation zu emanzipieren: Sie stellten ihren ebenso hoch entwickelten wie teuren Militärapparat nicht länger in den Dienst der Weltgemeinschaft, sondern setzten ihn gemäß eigener Interessen und Ziele ein. Die Konflikte im Vorfeld des Irakkriegs waren – auch – eine Kontroverse über die Frage, wer wen als Instrument benutzen konnte: die Vereinigten Staaten die Vereinten Nationen oder die Vereinten Nationen die Vereinigten Staaten.1

Die europäische Sicherheitsarchitektur, auf die man sich in Deutschland bis dahin verlassen hatte, schien ebenfalls brüchig geworden. Weitgehend unbemerkt hatte sich die Nato in den 1990er Jahren aus einem Bündnis auf konsultativer Grundlage in ein Instrument der USA zur Kontrolle Europas verwandelt. Und wo es sich für die amerikanische Politik als zu sperrig erwies, wurde es kurzerhand durch eine coalition of the willing ersetzt. Im Vergleich zu den Zeiten des Kalten Krieges ist die faktische Abhängigkeit der Europäer von den USA eher gewachsen als gesunken: Wer bei der Erfüllung der amerikanischen Vorgaben nicht mitmacht, muss mit politischem und wirtschaftlichem Druck rechnen oder wird mit höhnischen Bemerkungen überschüttet. Wer sich hingegen auf Seiten der Amerikaner engagieren will, kann das jederzeit tun – freilich zu amerikanischen Bedingungen und ohne Einfluss auf die politischen Grundentscheidungen, wie selbst Großbritannien, der Hauptverbündete der USA, ein ums andere Mal feststellen musste. Daran haben die Probleme, in die sich die USA im Irak verstrickt haben, im Prinzip nichts geändert. Die Ära wechselseitiger Konsultativverpflichtungen im Nordatlantischen Bündnis ist vorbei, und die Nato-Osterweiterung erweist sich im Nachhinein als ein Schritt, der den Einfluss der Verbündeten aus den Zeiten der Ost-West-Konfrontation deutlich gemindert hat.2

In dieser Situation mehrten sich die Appelle an die USA, sie sollten sich mit der Rolle eines wohlwollenden Hegemon begnügen, die sie bislang innegehabt hätten, und nicht die einer imperialen Macht anstreben. Um solchen Warnungen Nachdruck zu verleihen, wurde auf die unkontrollierbaren Risiken von Imperien, auf die Gefahr ihrer Überdehnung und schließlich auf den unvermeidlichen Zusammenbruch aller bisherigen Imperien hingewiesen. «Während in der Vergangenheit», so Michael Mann, ein in den USA lehrender Brite, «die Macht Amerikas hegemonial war, also in der Regel vom Ausland akzeptiert und häufig als legitim betrachtet wurde, kommt sie jetzt aus den Gewehrläufen. Das untergräbt die Hegemonie und den Anspruch, ein ‹wohlwollendes Empire› zu sein.»3 Wer versuche, die hegemoniale gegen eine imperiale Position auszutauschen, riskiere nicht bloß, mit diesem Projekt zu scheitern, sondern laufe Gefahr, auch die Hegemonie zu verlieren. Hegemonie und Imperium wurden in zahllosen Varianten gegeneinander ausgespielt, fast immer verbunden mit dem Hinweis, es sei besser, Hegemon zu bleiben als die imperiale Herrschaft anzustreben.

Mit einem Mal wurde die Debatte, die als eine über die Interessen und Absichten der USA in der Golfregion begonnen hatte, mit einer Fülle von historischen Argumenten und Vergleichen geführt, die allesamt dazu dienten, das irritierend Neue an der Politik der USA sowie den weltpolitischen Konstellationen durch Analogien mit früheren Entwicklungen ins Vertraute und Überschaubare zurückzuholen. Die Geschichte des Imperium Romanum wurde zur Folie, vor der die Chancen und Risiken der amerikanischen Politik beurteilt wurden; die Struktur des British Empire diente als Modell, an dem die imperialen Herausforderungen und die zu ihrer Bewältigung erforderlichen Fähigkeiten der USA gemessen wurden; und schließlich wurde der ein gutes Jahrzehnt zurückliegende Zusammenbruch der Sowjetunion als Beispiel für die Folgen imperialer Überdehnung bemüht, wie sie auch den USA drohe, wenn sie den eingeschlagenen Weg fortsetzten.4 Aber die historischen Verweise und Beispiele wurden eher assoziativ als systematisch bemüht, und fast durchweg sollten sie längst zuvor bezogene Positionen stützen. Sie dienten eher der historischen Illustration von Argumentationen als der empirisch gehaltvollen Vergewisserung dessen, was wir aus der Geschichte früherer Weltreichsbildungen lernen können.

Nun ist die Parallelisierung zwischen der amerikanischen und der römischen Geschichte schon darum nahe liegend, weil sich die USA von ihrer Gründung an auf die römische Republik berufen und sich selbst in deren Tradition gestellt haben.5 Es handelt sich hierbei also um die kritische Überprüfung einer Parallele, die im Selbstbewusstsein und Selbstverständnis der amerikanischen politischen Elite von jeher einen zentralen Platz eingenommen hat. Der Vergleich mit dem Britischen Weltreich wiederum liegt nahe, weil die USA überall dort, wo sich die Briten nach dem Zweiten Weltkrieg zurückzogen, deren Nachfolge angetreten und die vormals britischen Positionen übernommen haben – dazu gehört nicht zuletzt der Mittlere Osten, der in jüngster Zeit einen Großteil der politischen Aufmerksamkeit und des militärischen Potenzials der USA gebunden hat. Der Vergleich mit der Sowjetunion schließlich ist schon deshalb unvermeidlich, weil die USA und die Sowjetunion über gut vier Jahrzehnte Konkurrenten um die weltpolitische Vorherrschaft gewesen sind, bis die Russen unter Gorbatschow – erschöpft von den Rüstungswettläufen und entkräftet durch die Kosten, die für die Aufrechterhaltung des Imperiums angefallen waren – aus dem Wettstreit ausgeschieden sind.6

Für eine fundierte Analyse der Chancen und Risiken des amerikanischen Empire ist die Vergleichsbasis dieser drei Weltreichsbildungen jedoch zu schmal. Das Reich der russischen Zaren, das Osmanische und das Chinesische Reich – die imperiale Macht mit der bei weitem längsten Dauer – sind auf jeden Fall in eine vergleichende Betrachtung mit einzubeziehen. Die mongolische Reichsbildung des 13. Jahrhunderts sollte in einer Untersuchung über imperiale Handlungslogiken und -imperative ebenfalls nicht übersehen werden. Sie zerfiel zwar rasch wieder, aber ihre territoriale Ausdehnung machte sie zu einer der größten der Geschichte: Mit einer Fläche von 25 Millionen Quadratkilometern wurde das Mongolische Weltreich nur von dem der Briten übertroffen, das auf seinem Höhepunkt 38 Millionen Quadratkilometer umfasste, allerdings auf fünf Kontinente verteilt, während sich das Mongolenreich als territorial geschlossene Einheit über fast ganz Eurasien erstreckte. Auf dem Höhepunkt seiner Machtentfaltung reichte es vom Gelben Meer im Osten bis an die Ränder der Ostsee im Westen; lediglich Vorder- und Hinterindien sowie West-, Mittel- und Südeuropa blieben von der mongolischen Besetzung frei.7 Was die Antike anbetrifft, so sollten neben dem Römischen Reich auch die hellenistischen Großreiche im Osten ins Auge gefasst werden, und unter den seaborn empires ist außer dem britischen und dem...

Erscheint lt. Verlag 1.2.2014
Zusatzinfo Zahlr. s/w Karten
Verlagsort Hamburg
Sprache deutsch
Themenwelt Sachbuch/Ratgeber Geschichte / Politik Zeitgeschichte ab 1945
Sachbuch/Ratgeber Geschichte / Politik Politik / Gesellschaft
Geisteswissenschaften Geschichte
Sozialwissenschaften Politik / Verwaltung
Schlagworte Europa • Großmacht • Historische Staaten • Imperialismus • Politik und Staat • Stabilität • USA • Vormachtstellung • Weltherrschaft
ISBN-10 3-644-11821-3 / 3644118213
ISBN-13 978-3-644-11821-8 / 9783644118218
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