Gute Arbeit! (eBook)
293 Seiten
Verlag Franz Vahlen
978-3-8006-7036-9 (ISBN)
Unsere Arbeitswelt leider nicht.
Selbst in wilden Zeiten wie diesen versuchen wir unsere Zusammenarbeit nach einer Idee zu managen, die über 100 Jahre alt ist. Das ist ziemlich verrückt. Noch viel verrückter ist, dass wir alle diese »alte Arbeit« einfach mitmachen - obwohl sie uns nicht wirklich glücklich oder zufrieden macht. Wenn wir wollen, dass Arbeit besser wird - gemeinsamer, leichter, sinnvoller, gesünder, gerechter, angemessener, nachhaltiger und vielleicht sogar freudvoller, müssen wir uns auf den Weg machen. Und zwar wir alle. Weil WIR ALLE (zusammen) die Arbeit sind - nicht »die Anderen« oder »die da oben«. Wie ein neues, ein gutes Arbeiten und Verändern gehen könnte, dafür gibt es in diesem Buch jede Menge Ideen und Anregung, Konzepte und Methoden, ganz konkrete Lösungen, Erfahrungen und Erprobtes aus der Praxis.
In diesem Buch gibt es vor allem eins: Ermutigung. Fürs Selberdenken und Selbermachen. Man nennt es Selbstwirksamkeit.
11das vorwort
wer hat hier die macht?
Eine philosophische Einleitung
von Natalie Knapp
Gute Arbeit beginnt mit dem Gefühl, etwas bewirken zu können. Dieses Gefühl setzt dann die Energie frei, die wir brauchen, um Impulse zu geben, die schließlich Ergebnisse hervorbringen, die uns freuen und dadurch neue Ideen anstoßen, die wiederum zu Impulsen werden und immer so weiter. Gute Arbeit etabliert einen Energiekreislauf und ist eine Form von Kreislaufwirtschaft.
Um so einen Kreislauf aufbauen zu können, muss man zuallererst daran glauben, selbst wirksam sein zu können. Denn nur wer sich selbst als wirksam erlebt, weiß, dass er die Macht hat, etwas zu verändern.
Wie viele andere habe ich während des ersten Lockdowns der Pandemie zu backen begonnen. Ein instinktiver Impuls hat mich dazu gebracht, Rezepte zu wälzen, Teig zu kneten und den Backofen einzuschalten. Erst viel später habe ich begriffen, dass mich dieser Impuls mit dem essenziellen Wissen verbunden hat, dass ich die Macht habe, mein Leben zu gestalten. Jeder von uns hat dieses Wissen, man muss es nicht erwerben, denn es ist angeboren. Aber schon nach wenigen Berufsjahren liegt es oft unter vielen Enttäuschungen verborgen und unter vielen Schichten von falschen Annahmen über die Welt, die zu weiteren Enttäuschungen führen, die uns schließlich lähmen.
So glauben wir etwa, die Macht für große Veränderungen liege in den Händen weniger, die am oberen Ende des Organigramms sitzen und fragen uns, was wir als kleine Rädchen im Getriebe ausrichten können.
Die Wahrheit ist allerdings: niemand hat die Macht für große Veränderungen. Kein Konzern, kein CEO, keine Präsidentin, keine Partei und auch keine Führungskraft. Aber alle haben ein bisschen davon, weil Macht immer ein Stück mit verteilten Rollen ist. Das gilt übrigens für alle Lebensbereiche. Und zwar auch dann, wenn uns die Organigramme glauben lassen, die wahre Macht für Veränderungen liege an der Spitze der Verantwortungspyramide.
12Im familiären Umfeld mag es beispielsweise so aussehen, als hätten Eltern Macht über ihre Kinder, weil sie Entscheidungen treffen dürfen und die finanziellen Mittel kontrollieren. Aber in der Realität haben die Kinder schon als neugeborene Babys die Macht, ihre Eltern dazu zu bewegen nachts alle zwei Stunden aufzustehen, um sie zu füttern. So ähnlich sind die Machtverhältnisse auch in hierarchisch organisierten Unternehmen verteilt. Es mag so aussehen, als würden alle wichtigen Entscheidungen ganz oben getroffen. Doch in der Realität werden die meisten Entscheidungen vom mittleren Management vorbereitet, welches von der Arbeit der Teams abhängig ist, die sich auf andere Teams beziehen, die u. a. von der Leistung der Kantine abhängig sind und immer so weiter. Die reale Machtstruktur eines Unternehmens ist ein soziales Netzwerk, das in das größere soziale Netzwerk der Gesellschaft eingebunden ist, das von historischen Entwicklungen abhängig ist, die von politischen Entscheidungen gesteuert werden, die häufig auch von Zufällen abhängen und immer so weiter. »Selbst Kanzlerinnen oder Konzernlenker, die nach allgemeiner Ansicht die Zügel des Geschehens in der Hand haben, klagen häufig über Machtlosigkeit und allgegenwärtige Sachzwänge, die ihnen kaum Spielraum in ihren Entscheidungen ließen.«, schreibt daher Ulrich Schnabel in seinem wunderbaren Buch »Zusammen: wie wir mit Gemeinsinn globale Krisen bewältigen«. Einer der prägenden Begriffe von Angela Merkels Regierungszeit sei daher das Wort »alternativlos« gewesen. Ihrem Nachfolger sei es nicht anders ergangen und Umweltaktivist:innen verzweifelten immer noch regelmäßig daran, dass ihnen die mächtigsten Politiker:innen der Welt sagen, sie würden ja gerne, könnten aber nicht anders. Wegen der Wähler:innen, der Wirtschaft, der aufgeheizten Stimmung im Land, weil kein Geld da ist oder wegen anderer Sachzwänge. Auch die Mächtigsten fühlen sich also derzeit machtlos und genau das sollte uns hellhörig machen.
In der Zeit der Pandemie war es besonders schwer, sich selbst als wirksam und machtvoll zu erleben, weil man auf so viele äußere Umstände keinen Einfluss hatte. Aber viele wussten intuitiv, dass es darauf ankam, sich trotzdem als wirksam zu erleben. Sie haben ihre Wohnungen renoviert, den Keller aufgeräumt oder für andere eingekauft. Wir konnten die äußeren Umstände nicht ändern, aber wir konnten durch solche Tätigkeiten einen essenziellen Unterschied in unserer unmittelbaren Umgebung erzeugen. Die Freude über diesen sichtbaren und spürbaren Unterschied hat uns die Energie gegeben durchzuhalten. Weil uns gar 13nichts anderes übrigblieb, haben wir uns zu Hause einen kleinen Energiekreislauf guter Arbeit gebastelt. Aber je länger die Pandemie anhielt, desto schwerer wurde es, diesen Energiekreislauf aufrecht zu erhalten. Erstens, weil schließlich alles aufgeräumt war, zweitens, weil immer mehr Probleme dazu kamen, die mit Bordmitteln nicht gelöst werden konnten und drittens, weil wir alle von Natur aus soziale Wesen sind und daher darauf angewiesen, dass unsere Anstrengungen nicht nur durch Ergebnisse belohnt werden, sondern auch durch unvorhersehbare Impulse und positive Rückmeldungen von anderen sozialen Wesen. Dafür brauchen wir dann einen großen Energiekreislauf guter Arbeit. Wenn dann noch eine angemessene Bezahlung dazukommt, erscheint die Arbeit gut genug, um die Sache von Montag bis Freitag durchzustehen.
Führungskräfte und alle, die mitgestalten wollen, brauchen allerdings noch etwas mehr. Um sich relativ regelmäßig auf die Arbeit freuen zu können und auch am Ende ihres Lebens noch mit ihrem Lebenswerk zufrieden zu sein, brauchen sie noch drei weitere Zutaten, um ihren großen Energiekreislauf guter Arbeit komplett zu machen:
Erstens brauchen sie gute Gründe zu glauben, dass es einen Unterschied macht, ob sie ihre Arbeit ganz persönlich erledigen oder irgendein*e andere*r. Und zwar nicht nur für ihren Kontostand, sondern weil sie eigene Ideen und Impulse einbringen und ihren Job auf eine ganz persönliche Weise erledigen – mit ihren Werten, ihrem Engagement und ihrem Charakter.
Zweitens müssen sie erleben, dass ihre Impulse Resonanz erzeugen, so dass langfristig auch ihr Team in einen Energiekreislauf guter Arbeit hineinwächst.
Und drittens brauchen sie zumindest eine Ahnung davon, dass ihre Arbeit auch die Ressourcen des Planeten nicht einfach nur aufzehrt, sondern langfristig mitwirkt an einem Wandel, der Zukunft stiftet. Denn ohne diese Zutat werden sie vielleicht mittelfristig gerne zur Arbeit gehen, sich aber langfristig und im Rückblick die Haare raufen.
Erst wenn das alles zusammenkommt, werden sie als Person mit Gestaltungswillen auch dauerhaft gerne zur Arbeit gehen. Denn zu spüren, dass man mit seiner Arbeit einen Unterschied macht, dass andere die eigenen Impulse wertschätzen, sie weitertragen und als Verbündete an einer gemeinsamen Sache arbeiten, ist nichts weniger als ein wichtiger Teil vom Sinn des Lebens. Denn Sinnerleben hat nichts mit zu erreichenden Zielen 14zu tun, sondern ist das erfüllende Gefühl, dass sich das eigene Leben in die richtige Richtung bewegt. Das war übrigens die ursprüngliche Bedeutung des Wortes Sinn und wir finden sie heute noch in dem Wort Uhrzeigersinn. Eine Uhr hat kein endgültiges Ziel, aber sie bewegt sich in Richtung Zukunft.
Gute Arbeit ist also nichts anderes als ein nachhaltiger Energiekreislauf, der Sinn stiftet. Sie erkennen ihn daran, dass Ihre Arbeit Ihre Lebensenergie nicht nur aufzehrt, sondern auch immer wieder neue erzeugt. Und nicht nur Sie selbst, sondern auch Ihr Team, Ihr Unternehmen und die Welt sind ein Teil davon.
Um in diesen Kreislauf nicht nur einzutreten, sondern ihn auch langfristig erhalten zu können, muss man eine Menge wissen – über sich selbst, die Welt und den derzeitigen Zustand der meisten Unternehmen. Vor allem aber muss man an sich glauben und sich auf den Weg machen in Richtung Zukunft. Und genau dabei wird Sie das Buch unterstützen, das Sie gerade zu lesen begonnen haben. Es wird Ihnen Mut machen, Tools an die Hand geben, Wissen vermitteln und sie auf angenehmste Weise begleiten.
Gute Reise!
Lese-Empfehlungen
- Die unfassbare Vielfalt des Seins. Jenseits menschlicher Intelligenz
James Bridle, C.H. Beck (2023)
- Zusammen: Wie wir mit Gemeinsinn globale Krisen meistern
Ulrich Schnabel, Aufbau Verlag (2022)
15Dr. Natalie Knapp ist Philosophin, Keynote Speakerin und Autorin populärer Sachbücher. Sie ist Dozentin der ZEIT Akademie, der Liechtenstein Academy und der Leuphana Universität Lüneburg. Als Mitglied verschiedener Expertengremien ist Dr. Natalie Knapp ebenso im Einsatz wie als Leiterin von Seminaren und Akademiewochen für Führungskräfte. Zu ihren wichtigsten Themen gehören Komplexität, der Umgang mit Unsicherheit, die Psychologie von Netzwerken, die Flexibilität des Denkens sowie die Frage, wie man in bewegten Zeiten angemessene Entscheidungen trifft.
16Um was es in diesem Kapitel geht …
- Unsere Arbeitswelt ist in großen Teilen weder effektiv noch nachhaltig und glücklich macht sie schon gar nicht. Dazu gibt es jede Menge offizielle Studien; man braucht für diese
Erkenntnis aber auch einfach nur mit ein
paar Menschen sprechen – oder in sein
eigenes Herz schauen. - Trotz all dem verharren wir brav im gewohnten »System Arbeit«, glauben, das muss alles so sein, machen einfach...
Erscheint lt. Verlag | 18.12.2024 |
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Sprache | deutsch |
Themenwelt | Wirtschaft ► Betriebswirtschaft / Management |
Schlagworte | Agilität • Emotionale Intelligenz • Empathie • new work |
ISBN-10 | 3-8006-7036-4 / 3800670364 |
ISBN-13 | 978-3-8006-7036-9 / 9783800670369 |
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