Das Entgeltspiel (eBook)
147 Seiten
epubli (Verlag)
978-3-8187-1175-7 (ISBN)
Dr. Frank Plaßmeyer begleitet als beratender Betriebswirt seit 27 Jahren Jugendhilfeeinrichtungen, Eingliederungshilfeeinrichtungen, Öffentliche Träger und Ministerien. Seine Schwerpunkte sind die Interessenvertretung und Mediation im Rahmen von Leistungs-, Entgelt- und Qualitätsentwicklungsverhandlungen nach den §§ 78 a - f SGB VIII sowie Leistungs- und Vergütungsverhandlungen nach § 125 SGB IX. Darüber hinaus ist Frank Plaßmeyer anerkannter Gründungscoach und Organisationsentwicklungsberater mit den Schwerpunkten Kinder- und Jugendhilfe sowie Eingliederungshilfe. Er unterrichtet als Lehrbeauftragter im Bereich Sozialmanagement an zahlreichen Hochschulen in Deutschland. Frank Plaßmeyer ist Gesellschafter der IJOS GmbH.
Dr. Frank Plaßmeyer begleitet als beratender Betriebswirt seit 27 Jahren Jugendhilfeeinrichtungen, Eingliederungshilfeeinrichtungen, Öffentliche Träger und Ministerien. Seine Schwerpunkte sind die Interessenvertretung und Mediation im Rahmen von Leistungs-, Entgelt- und Qualitätsentwicklungsverhandlungen nach den §§ 78 a – f SGB VIII sowie Leistungs- und Vergütungsverhandlungen nach § 125 SGB IX. Darüber hinaus ist Frank Plaßmeyer anerkannter Gründungscoach und Organisationsentwicklungsberater mit den Schwerpunkten Kinder- und Jugendhilfe sowie Eingliederungshilfe. Er unterrichtet als Lehrbeauftragter im Bereich Sozialmanagement an zahlreichen Hochschulen in Deutschland. Frank Plaßmeyer ist Gesellschafter der IJOS GmbH.
Spiel [ist eine] Beschäftigung, die für sich selbst angenehm ist.
Immanuel Kant
Vorbemerkungen
Es gibt für jeden Menschen ganz unterschiedliche Möglichkeiten, ernsten beruflichen Herausforderungen zu begegnen. Das gilt insbesondere für den Prozess der Vereinbarung von Leistung und Vergütung gegenüber dem zuständigen öffentlichen Träger der Eingliederungshilfe.
Wenn Sie in der nächsten Zeit für Ihre Dienstleistungen Leistungs- und Vergütungsvereinbarungen durchführen möchten oder gar durchführen müssen, dann sollten Sie in jedem Fall daran denken, gesund zu bleiben. Das ist sehr wichtig. Warum? Weil ich in den zurückliegenden drei Jahrzehnten sehr viele Menschen in der Eingliederungshilfe getroffen habe, denen es insbesondere in der Zeit, in der sie Vergütungssätze gegenüber dem öffentlichen Träger verhandeln mussten, nicht besonders gut gegangen ist. Im Verlaufe einer Entgeltverhandlung können nämlich viele negative Effekte bei den Akteuren auftreten: psychische Belastung, Verantwortungs- und Zeitdruck, Existenzangst, Zukunftssorgen, Informationsungleichgewicht, Drohungen, Wutausbrüche, Ohnmachtsgefühle, Leistungs- und Erfolgsdruck, Hilflosigkeit, Scham, Fremdscham, Schweißausbrüche, Wut, Schadenfreude, Irritationen, Verunsicherung, Täuschung und Enttäuschung, hoher Puls und im schlimmsten Fall sogar Herzinfarkt.
All diese Dinge kann man schon mal im Rahmen einer Leistungs- und Vergütungsverhandlung erleben, auch wenn man das alles nicht wirklich möchte. Sie verstehen, was ich meine, oder?
Leistungsentgelte beziehungsweise Vergütungssätze gegenüber dem öffentlichen Träger zu verhandeln, das ist wohl eine der verantwortungsvollsten und auch schwierigsten Aufgaben für Menschen, die sich im sozialen Bereich engagieren.
Für den Bereich der Eingliederungshilfe gilt das ganz besonders. In den 1990er Jahren hat sich der Gesetzgeber für die Einführung eines Leistungsvertragssystems im damaligen Sozialhilferecht entschieden. Er hat festgelegt, dass immer dann, wenn Einrichtungen und Dienste der Eingliederungshilfe in Anspruch genommen werden sollen, über die Höhe der Kosten der Inanspruchnahme zwischen dem öffentlichen Träger der Eingliederungshilfe und dem Leistungserbringer Vereinbarungen zu treffen sind. Mit anderen Worten erwartet der Gesetzgeber, dass alle Einrichtungen der Eingliederungshilfe gegenüber dem Träger der Eingliederungshilfe eine Verhandlung über die Höhe der Kosten führen. Es handelt sich um einen staatlich verordneten Aushandlungsprozess, in dem zahlreiche Zielkonflikte vorprogrammiert sind. Letztendlich geht es um nichts anderes als um Preisverhandlungen gegenüber dem Träger der Eingliederungshilfe.
Ich möchte Ihnen schon jetzt, gleich zu Beginn, einen Rat geben. Nur für den Fall, dass Sie selbst bald gegenüber dem Träger der Eingliederungshilfe eine Verhandlung führen werden. Sie sollten sich in jedem Fall klarmachen, dass nichts, aber auch rein gar nichts, was Ihnen im Rahmen einer Entgeltverhandlung seitens des Trägers der Eingliederungshilfe entgegenschlagen wird, irgendetwas mit Ihnen persönlich zu tun hat. Das gelingt leider nicht jedem.
Ich begleite als Unternehmensberater seit mehr als 25 Jahren Entgeltverhandlungen Leistungserbringer in der Eingliederungshilfe in der gesamten Bundesrepublik Deutschland. Mehrere tausend Entgeltverhandlungen im Mandantenauftrag liegen hinter mir. Dabei musste ich immer wieder miterleben, dass die oben dargestellten Nebenwirkungen keineswegs realitätsfremd sind. Auch einen echten Herzinfarkt bei einem Antragsteller musste ich leider miterleben. Ganz so weit sollten Sie es nicht kommen lassen. Hierbei soll Ihnen dieses Buch helfen, indem wir eine etwas außergewöhnliche Denkweise nutzen werden, die ich zu Beginn der 2010er Jahre entwickelt habe.
Lassen Sie uns in diesem Buch, das definitiv nicht als wissenschaftliche Veröffentlichung verstanden werden darf, gemeinsam das Entgeltspiel spielen.
Ich spreche mich ohne Wenn und Aber für einen leichten, kreativen und fantasievollen Umgang mit dem Thema Leistungs- und Vergütungsverhandlungen in der Eingliederungshilfe aus. Ich empfehle Ihnen, den Vereinbarungsprozess gegenüber dem Träger der Eingliederungshilfe konsequent spielerisch zu denken und auch anzugehen.
Bitte erlauben Sie mir in diesem Zusammenhang einen kleinen Verweis auf den Gamification-Ansatz, der aus der Videospielszene bzw. aus der Gamer-Szene stammt. Gamification oder auch Spielifizierung meint die Anwendung spieltypischer Elemente in einen spielfremden Kontext. Mit diesem Ansatz sollen Akteure motiviert und zu einem besseren Interaktionsverhalten sowie zu einem zielorientierten und psychisch weniger belastenden Verhalten bewegt werden. Gerade in Projekten, die eher als anstrengend, langweilig und uninteressant wahrgenommen werden, kann durch Gamification eine positive Beeinflussung entstehen. Ich mache Ihnen das mal an einem sehr kleinen Beispiel deutlich: Ein klassisches Element von Gamification ist der Fortschrittsbalken im Spielverlauf. Der Nutzer erhält über den Fortschrittsbalken Informationen zum Status seiner Arbeit. Er kann zu jedem Zeitpunkt erkennen, wie weit er in seinem Prozess vorangeschritten ist. Er weiß somit ganz genau, wie viel er von seiner Aufgabe noch bearbeiten muss und in welcher Phase des Prozesses er sich gerade befindet. Durch eine solche Statusdarstellung sollen die Nutzer motiviert werden, ihre Arbeit auch zu Ende zu führen. Der Spieltrieb des Nutzers wird zur Stärkung der Motivation aktiviert. Alles klar?
Wir spielen also jetzt gleich das Entgeltspiel.
In einem Spiel agieren immer spielende Personen. Es geht um die Spielerinnen und Spieler. Der Einfachheit halber werde ich nun fortan, was die spielende Person in unserem Entgeltspiel angeht, in der männlichen Form schreiben. Ich meine dann aber immer alle Geschlechter, auch wenn ich nicht ausdrücklich andere Formen verwende.
Ein Spiel ist übrigens nichts anderes als soziale Interaktion, womit ein wechselseitig aufeinander bezogenes Handeln bzw. Beeinflussen von Akteuren im Spielverlauf gemeint ist. In einem Spiel reagieren die Spieler aufeinander, sie gehen miteinander um. Sie beeinflussen sich gegenseitig und sie versuchen den Gegenspieler im Sinne ihrer Eigeninteressen zu steuern, woraus entsprechende Wechselwirkungen entstehen.
Wenn Sie gleich das Entgeltspiel spielen möchten, dann müssen Sie noch einen ganz besonderen Sachverhalt gleich von Beginn an berücksichtigen. Es geht um versteckte Risiken im Entgeltspiel. In einer systembedingten Kontrahentenkonstruktion, wie sie zweifelsfrei auch in der Eingliederungshilfe vorliegt, gibt es offene und versteckte Risiken. In unserem Entgeltspiel geht es nicht nur um Zielkonflikte zwischen Leistungserbringern und den Trägern der Eingliederungshilfe. Oftmals treten im Rahmen von Entgeltverhandlungen auch harte und grundsätzliche Machtkonflikte zutage, die mit Risiken für den Leistungserbringer verbunden sind. Reine Zielkonflikte können im Rahmen des Entgeltspiels in der Regel gut bearbeitet und zu einem Kompromiss geführt werden. Anders sieht es bei den Machtkonflikten aus, die im Rahmen von Leistungs- und Vergütungsverhandlungen häufig in Erscheinung treten und in der Regel schwer zu erkennen sind. Bei oberflächlicher Betrachtung erscheinen Machtkonflikte zunächst oft wie sachliche Auseinandersetzungen. Häufig ist Angst die Ursache für einen Machtkonflikt. Zum Beispiel die Angst vor Autoritätsverlust oder die Angst vor einem Gesichtsverlust im Falle des „Unterliegens“ einer Partei am Ende des Aushandlungsprozesses. Werden Machtkonflikte im Entgeltspiel erkennbar, sind besondere Maßnahmen zu treffen, auf die wir noch an anderer Stelle in diesem Buch eingehen werden.
Bevor es jetzt mit dem Entgeltspiel losgeht, erlauben Sie mir bitte noch einen wichtigen Hinweis.
Dieses Buch habe ich nicht für die vielen Entgeltspieler auf der Seite des öffentlichen Trägers der Eingliederungshilfe geschrieben. Nur für den Fall, dass dieses Buch dann doch irgendwie im Amt, also beim öffentlichen Träger landen sollte, nehmen Sie bitte die eine oder andere Anmerkung in diesem Buch nicht persönlich.
Bevor wir ins Entgeltspiel eintauchen, lassen Sie mich noch kurz was loswerden. Ich habe dieses Buch nicht als Anleitung für die Entgeltstrategen unter den öffentlichen Trägern der Eingliederungshilfe verfasst. Aber falls es – sagen wir mal durch einen Zufall – doch auf dem Schreibtisch eines solchen landen sollte, seien Sie bitte nicht gleich eingeschnappt, wenn Sie über die eine oder andere spitze Bemerkung stolpern.
Es gab da mal diesen kuriosen Moment, wo mein Buch tatsächlich in einer Schiedsstellenverhandlung in Mecklenburg-Vorpommern auftauchte. Stellen Sie sich vor: Da versucht jemand, meine Zeilen und mich selbst schlechtzumachen, indem behauptet wird, ich würde den ganzen Verhandlungsprozess nicht ernst nehmen und nur als Spiel sehen. Ehrlich gesagt, musste ich darüber erst mal schmunzeln. Das war so gar nicht die Absicht hinter meinen Worten, aber hey, wer kann schon vorhersehen, wie die eigene Schöpfung in der Wildnis überlebt?
Diese kleine Episode hat mir klar gemacht, dass, egal wie locker oder ernst man etwas meint, es immer Raum für Interpretationen gibt – und für Missverständnisse. Also, wenn Sie durch mein Buch blättern und denken: „Moment mal, ist das nicht ein bisschen frech?", dann erinnern Sie sich bitte daran, dass es mit einem Augenzwinkern geschrieben wurde. Es soll anregen, nachdenken lassen und vielleicht auch ein wenig unterhalten, ohne dabei jemandem wirklich auf die Füße zu treten.
Also,...
Erscheint lt. Verlag | 5.11.2024 |
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Verlagsort | Berlin |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Sachbuch/Ratgeber ► Beruf / Finanzen / Recht / Wirtschaft |
Wirtschaft ► Betriebswirtschaft / Management ► Finanzierung | |
Schlagworte | Entgeltrecht • Entgeltspiel • Jugendamt • Jugendhilfe • Leistungsentgelte • SGB VIII • Verhandlung |
ISBN-10 | 3-8187-1175-5 / 3818711755 |
ISBN-13 | 978-3-8187-1175-7 / 9783818711757 |
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Größe: 9,9 MB
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