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Interne systemische Organisationsberatung (eBook)

Intern geht anders - gut beraten im Alltag der Organisation
eBook Download: EPUB
2024 | 1. Auflage
144 Seiten
Schäffer-Poeschel Verlag
978-3-7910-6274-7 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Interne systemische Organisationsberatung -  Hannah Weißner
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Im Gegensatz zur externen Beratung, bei der Berater:innen nach ihrem Auftrag das System verlassen können, müssen interne Berater:innen dauerhaft mit den Menschen und Strukturen ihrer Organisation zusammenarbeiten. Der Kontext der Organisationszugehörigkeit verändert Arbeitsweisen, Bedeutungen und Leitplanken der systemischen Beratung fundamental und erfordert besondere Fähigkeiten und Strategien. Interne Berater:innen müssen in komplexen Kontexten agieren, multiple Aufträge balancieren und können sich nicht einfach zurückziehen, wenn die Bedingungen im System nicht passen. Trotz aller Herausforderungen bietet die interne Beratung auch einzigartige Möglichkeiten. Der tiefe und kontinuierliche Zugang zu Kolleg:innen und Prozessen erlaubt es internen Berater:innen, nachhaltige Veränderungen zu bewirken. Zudem ermöglicht das Verständnis der spezifischen Funktionsweisen der eigenen Organisation eine präzisere und effektivere Beratung. Das Buch plädiert für ein Verständnis der internen Beratung als eigenständiges Anwendungs- und Professionsfeld. Interne und externe Beratung können und sollten sich ergänzen, wobei jede ihre spezifischen Stärken und Perspektiven einbringt. Mit einem pragmatischen und realitätsnahen Ansatz richtet sich dieses Buch an interne Berater:innen, die Unterstützung und Anregungen für ihre tägliche Arbeit suchen, sowie an alle, die das Anwendungsfeld der internen systemischen Beratung besser kennenlernen möchten.  

Über das Studium der deutschen Sprach- und Literaturwissenschaft kam Hannah Weißner bereits als Trainerin für deutsche Sprache und Kultur zur intensiven Arbeit mit Gruppen, bevor sie in die Industrie wechselte. Hier professionalisierte sie ihre Kompetenzen mit einem Masterstudium der systemischen Beratung. So hat die von der Systemischen Gesellschaft prämierte Beraterin mittlerweile über zehn Jahre Berufserfahrung als interne Beraterin in den Feldern der Organisationsentwicklung und des Changemanagements. Mit Herzblut und viel Leidenschaft vertritt sie einen theoretisch fundierten Pragmatismus.

Hannah Weißner Über das Studium der deutschen Sprach- und Literaturwissenschaft kam Hannah Weißner bereits als Trainerin für deutsche Sprache und Kultur zur intensiven Arbeit mit Gruppen, bevor sie in die Industrie wechselte. Hier professionalisierte sie ihre Kompetenzen mit einem Masterstudium der systemischen Beratung. So hat die von der Systemischen Gesellschaft prämierte Beraterin mittlerweile über zehn Jahre Berufserfahrung als interne Beraterin in den Feldern der Organisationsentwicklung und des Changemanagements. Mit Herzblut und viel Leidenschaft vertritt sie einen theoretisch fundierten Pragmatismus.

2.1 Rolle und Kontext als interne Berater:in


Beginnen möchte ich mit dem Thema »Rolle und Kontext als interne Berater:in«. Warum? Ich arbeite seit mehreren Jahren in einem Global Player, einem Konzern, der weltweit agiert, fest angestellt als Change Managerin in der Personal- und Organisationsentwicklung. Ich bin also schon qua Arbeitsvertrag in multiplen Rollen unterwegs, z. B. als interne Berater:in, Trainer:in, Coach und so weiter. Um nicht immer alle aufzählen zu müssen, beschränke ich mich auf die Bezeichnung Berater:in. Als interne Berater:in gehört es zu meinem Alltag, in unserem Unternehmen in komplexen Auftragsverhältnissen zu arbeiten und zu beraten. Genau zu reflektieren, in welchem Kontext und welcher Rolle ich mich gerade bewege, ist daher eine selbstverständliche, alltägliche Aufgabe und verschafft mir eine verlässliche, professionelle Grundlage für die Arbeit. Das mag übertrieben oder auch etwas theoretisch anmuten! Aber im Zweifelsfall – wenn ich unsicher oder ratlos bin, was meine Möglichkeiten oder Positionen in einer Beratung sein könnten – ist es genau diese Grundlage, die mir wieder Halt und Orientierung gibt. Starten wir also mit einem Blick auf dieses Fundament.

Schon auf den ersten Blick öffnet sich eine Art Dilemma. Klassischerweise wird in der Beratungsliteratur von zwei Systemen gesprochen: Dem beratenden oder Beratungssystem und dem zu beratenden bzw. Klientensystem. Dabei, so ist die quasi dogmatische Annahme, ist es für eine erfolgreiche Beratung äußerst hilfreich – wenn nicht gar Voraussetzung! –, wenn die Beraterin oder der Berater nicht Teil des zu beratenden Systems ist. Dahinter steht die systemische Kernaussage, dass es eine gedankliche Trennung bzw. Bewusstheit über den Unterschied zwischen mir und dem System, das ich berate, geben sollte.

Ich bin aber Angestellte unseres Unternehmens, also intern, und damit automatisch Teil des zu beratenden Systems. Kann ich also gar keine wirklich gute Beraterin sein?

Meine Hypothese: Es ist nicht so, dass die Beratungsliteratur hier im Kern unrecht hat. Aber meine Erfahrung ist, als Interne sollte man den Begriff »Systemzugehörigkeit« zwar ernst, aber nicht zu wörtlich nehmen. Natürlich muss ich mir immer wieder klar machen, dass ich in meiner Rolle als Beraterin während des Beratungsprozesses Beobachtungen mache und dass mir Phänomene auffallen, deren Bedeutung ich aus meiner ganz subjektiven Erfahrung heraus interpretiere. Natürlich muss ich mir selbst klar machen, weshalb ich meinen Wahrnehmungen jeweils bestimmte Bedeutungen beimesse. Warum ich etwas wie interpretiere. Die systemische Kernaussage zur größtmöglichen Distanz zum System bleibt natürlich wichtig. Das heißt für mich aber nicht, dass ich nur als jemand, der oder die nicht organisationszugehörig ist, professionell beraten könnte. Ich muss mir aber immer wieder Rechenschaft über die damit verbundenen Implikationen ablegen. Um die gedankliche Trennung und damit Bewusstheit dieser Implikationen zu erreichen, brauche ich gerade das Wissen um meine eigenen Zugehörigkeiten und Zuschreibungen.

Die Person

Fangen wir mit der internen Beraterin oder dem Berater als Person an. Es klingt vielleicht banal, soll aber trotzdem hier nicht unterschlagen werden: Eine interne Berater:in ist zuerst einmal eine Person mit einer subjektiven, in sich plausiblen Perspektive auf sich und andere. Dies bedeutet, auch sie kann – ganz menschlich – nicht so einfach aus der eigenen Haut heraus und reagiert in Sekundenbruchteilen auf die Impulse aus ihrem eigenen Inneren. Also vor allem auf die eigenen Wahrnehmungen und Gedanken, Muster, Routinen, Angewohnheiten und Erfahrungen. Das klingt vielleicht etwas beschränkend, ist aber auch zugleich das Wertvollste, das für die Arbeit als Beraterin oder Berater zur Verfügung steht.

Die Rolle und Funktion in der Organisation

Als Interne:r ist man Teil des Unternehmens oder der Organisation, in der man arbeitet. Man hat unterschrieben, die eigene Arbeitskraft und sein Schaffen in einem festgelegten Zeitrahmen zum Wohl dieser Organisation einzubringen und sich daran zu beteiligen, das Überleben dieses Systems zu sichern. Dafür erhält man in der Regel ein Gehalt und Urlaubstage zuzüglich dem, was man sonst noch aushandeln konnte. Im Gegenzug hat man ebenfalls unterschrieben, sich an Betriebsvereinbarungen und Regelungen in der Organisation zu halten.

Damit ist im Zweifelsfall mein erster Auftrag immer, das Überleben der Organisation zu sichern bzw. zu fördern. Und das ist auch der Auftrag aller anderen in dieser Organisation, mit denen ich möglicherweise in einer Beratung zu tun habe. Diese Verpflichtung und den daraus resultierenden Auftrag kann ich allen immer unterstellen und als Basis nutzen. Unterschiedlich ist jedoch, welche Bedeutung die Einzelnen diesem Auftrag geben und wie sie sich seine Erfüllung vorstellen.

Um es einmal stark vereinfacht und skizzenhaft zu beschreiben: Alle Organisationen müssen sich irgendwie organisieren, um gleichzeitig unterschiedliche Aufgaben erfüllen zu können und zu überleben. Klassischerweise tun Organisationen dies, indem sie unterschiedliche Bereiche, Abteilungen und Teams begründen, die jeweils unterschiedliche Aufgaben und Zwecke innerhalb der Organisation erfüllen – immer mit dem Auftrag, das Überleben der Gesamtorganisation zu sichern: Die Entwicklung entwickelt die Produkte, die Produktion produziert sie, die Logistik liefert sie, der Vertrieb unterhält den Kontakt zu den Kunden und holt die Aufträge, ­Finanzen kümmert sich darum, das Geld zu verwalten, der Einkauf kauft ein, was alle zum Arbeiten brauchen und das Personalwesen sorgt dafür, dass die Menschen in der Organisation gut angebunden sind. All diese Bereiche bilden für sich wieder eigene Subsysteme, die nach ihren eigenen Regeln funktionieren, ihre eigene Kultur haben, auf sich selbst reagieren – und das meist ohne es zu merken. Und vor allem folgen sie ihrer eigenen oder der vorgegebenen Idee zum Erfüllen ihres Auftrages zum Überleben der Organisation.

In irgendeinem Bereich ist man auch als interne Berater:in selbst verortet, hat also eine Chefin oder einen Chef mit Zielen, eine Abteilung, der man angehört und vielleicht auch ein Team mit einem spezifischen Auftrag, um das Überleben der Organisation zu sichern.

Das heißt: Als interne Berater:in ist man Angestellte:r einer Organisation mit Arbeitsvertrag und zudem zugeordnet bzw. eingeordnet in eine Hierarchie mit Vorgesetzten und einer Abteilung mit eigenen Zielen und Regeln. Eine der Aufgaben innerhalb der Organisation ist es, andere in der Organisation zu beraten. So steht es im Vertrag oder der Aufgabenbeschreibung.

Werfen wir zur besseren Abgrenzung einen kurzen Blick auf außerhalb des Unternehmens: Im Rahmen meiner Tätigkeit arbeite ich immer wieder mit Berater:innen zusammen, die wir zusätzlich für bestimmte Aufgabenstellungen verpflichten und die von außen kommen, also keine Unternehmensangehörige sind, sondern eben Externe. Wenn ich nun auf eine dieser externen Berater:innen blicke und ebenfalls eher skizzenhaft darstelle, dann treffe ich hier möglicherweise eine Person, die als Selbständige oder als Angestellte einer Beratungsfirma arbeitet, im besten Fall ebenfalls systemisch ausgebildet. Sie wird von uns beauftragt, in einem konkreten, zeitlich befristeten Kontext allein oder in Kooperation mit uns tätig zu werden. Natürlich geschieht ihre Beauftragung ebenfalls im Rahmen des Globalauftrags, für das erfolgreiche Weiterbestehen des Unternehmens zu arbeiten, nur wird dies stillschweigend vorausgesetzt, aber nicht expressis verbis kommuniziert. Als Externe erfüllt sie qua Rolle die oben beschriebene Kernvoraussetzung der möglichst weitgehenden Unabhängigkeit vom Auftraggeber. Sie muss sich – zumindest, wenn sie nur für einen einzigen Auftrag engagiert wurde – wenig Gedanken über Verflechtungen mit dem Unternehmen machen, kann sich möglicherweise stark auf Erfolgskriterien und Prozesssteuerung konzentrieren, muss dafür natürlich auf Anschlussfähigkeit achten, also gewährleisten, dass sie so weit in der Logik der Organisation agiert, dass sie angenommen wird – und sie geht im Regelfall nach der Beauftragung wieder.

Ich als Interne bleibe im Unternehmen. Für mich selbst beispielsweise heißt die kontinuierliche Aufgabe dabei »Change Management«. Das steht zum einen in meinem Arbeitsvertrag und dafür bekomme ich Geld. Zum anderen steht es nochmal genauer ausgeführt in meiner Aufgabenbeschreibung. Das sagt erstens aus, dass ich nicht einfach (aus welchen Gründen auch immer) aufhören könnte, Veränderungsprojekte zu beraten und zu begleiten, und zweitens, wie eben schon ausgeführt, dass ein Ziel dabei immer sein muss, das Überleben des Unternehmens zu sichern oder zumindest nicht zu gefährden. Egal welchen Beratungsauftrag ich in der Organisation annehme, diese Rahmensetzung, diesen Unternehmensauftrag habe ich immer mit im Gepäck – das ist mein Job. Genauso haben auch alle meine Gegenüber – um es noch einmal zu betonen – diesen Auftrag, der sich natürlich je nach Bereich und Abteilung unterschiedlich darstellen kann. Dadurch also, dass ich ein Teil der Organisation bin, habe ich bei jeder Beratung einen vorgegebenen Auftragsrahmen.

Ich denke, vielleicht führt unter anderem dieser Bedingungszusammenhang zu der Annahme, intern könne man nicht gut oder nur schlechter als Externe beraten.

Aber ich möchte hier darauf aufmerksam machen, dass ich dadurch lediglich EINEN Auftrag habe, jedoch nicht meinen einzigen. In jedem einzelnen Beratungsprozess habe ich, wie jede Berater:in, Aufträge für den spezifischen Beratungsprozess: Moderation, Coaching der Führungskräfte etc. Und, genauso...

Erscheint lt. Verlag 28.8.2024
Reihe/Serie Systemisches Management
Verlagsort Freiburg
Sprache deutsch
Themenwelt Wirtschaft Betriebswirtschaft / Management Unternehmensführung / Management
Schlagworte Berater werden • Beratung • Changemanagement • Hannah Weißner • Inhouse Consulting • Interne Beratung • Systemische Beratung • Systemisches Management
ISBN-10 3-7910-6274-3 / 3791062743
ISBN-13 978-3-7910-6274-7 / 9783791062747
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