Finanzberatung heute (eBook)
230 Seiten
Books on Demand (Verlag)
978-3-7583-4991-1 (ISBN)
Prof. Dr. Argjent Demiri ist seit 2016 Studiengangsleiter und Professor im Studiengang BWL-Dienstleistungsmanagement, Consulting & Sales an der Dualen Hochschule Baden-Württemberg (DHBW) in Heilbronn. Sein akademisches Engagement spiegelt sich in seinen Lehr- und Forschungsschwerpunkten wider, die Dienstleistungsstrategien, innovative Geschäftsmodelle, Digital Business Transformation (digitale Transformation), Service Design, Automatisierung und Digitalisierung, Dienstleistungsmarketing sowie Beratung und Vertrieb umfassen. Prof. Dr. Argjent Demiri bringt akademisches Wissen und umfangreiche Praxiserfahrung ein. Mit mehr als 26 Jahre Berufserfahrung und Managementverantwortung in der Finanzdienstleistungsbranche war er zuletzt verantwortlicher Partner für die Kompetenzfelder "Strategisches Marketing" und "F&E- und Innovationsmanagement" bei einem Tochterunternehmen eines großen Beratungsunternehmen in Deutschland.
TEIL I: EINLEITUNG
1. Einleitung – Die Finanzbranche im Umbruch
1.1 Ein kurzer Rückblick
Der Finanzsektor befindet sich seit langem im Umbruch. In den letzten Jahren waren die Zeiten für diesen Sektor noch nie so dynamisch wie heute. In einem Zeitraum von 14 Jahren wurden erhebliche Veränderungen und Herausforderungen verzeichnet, die in mehrere entscheidenden Phasen gegliedert werden können:
- Die Dotcom-Blase (2000), geprägt von überbewerteten Technologieaktien, die zu einem spekulativen Boom und schließlich zu einem Crash führten. Diese Ereignisse hatten weitreichende Auswirkungen auf Investoren und die Finanzmärkte.
- Die Finanzkrise (2007/2008), ausgelöst durch Immobilienblassen und riskante Finanzprodukte, führte zu einer globalen Wirtschaftskrise. Einige Finanz- und Versicherungsinstitute kollabierten, was Regierungen dazu zwang, intervenierende Maßnahmen zur Stabilisierung des Finanzsystems zu ergreifen.
- Die Europäische Staatsschuldenkrise (2011/2012) brachte einige europäische Länder aufgrund hoher Staatsverschuldung in eine Krise. Die Europäische Union (EU) musste Maßnahmen ergreifen, um die finanzielle Stabilität in der Eurozone sicherzustellen.
- Die langanhaltende Null-Zinspolitik der EZB (2016-2022) als Folge der kontinuierlichen Senkung der Leitzinsen seit 2008, um den hohen Staatsverschuldungen vieler Volkswirtschaften entgegenzuwirken.
- Der Anstieg der Staatsverschuldung (2019/2020) löste Bedenken hinsichtlich der langfristigen wirtschaftlichen Stabilität aus, da viele Länder ihre Verschuldungen erhöhten.
- Die COVID-19-Pandemie (2020/2022) führte zu umfassenden wirtschaftlichen Beeinträchtigungen, Lockdowns und einen deutlichen Rückgang der wirtschaftlichen und sozialen Aktivitäten. Als Reaktion auf diese Herausforderung führten mehrere Regierungen massive Konjunkturprogramme ein, die wiederum langfristige Auswirkungen auf die Staatsverschuldungen haben.
- Der offene russische Angriffskrieg auf die Ukraine (2022 / offen) hat zu weitreichenden politischen, wirtschaftlichen und sozialen Auswirkungen sowie erheblichen Sicherheitsproblemen geführt. Die Unsicherheiten und die Instabilität, die durch diese geopolitische Krise entstanden sind, stellen Unternehmen vor immensen Herausforderungen und beeinflussen den globalen Handel erheblich. Infolgedessen waren Anpassungen von Strategien und die Entwicklung neuer Bewältigungsmechanismen in der Geschäftswelt erforderlich.
- Der abrupte Zinsanstieg (2022/2023), um den starken Anstieg der Verbraucherpreise und der Inflation entgegenzuwirken sowie die Preisstabilität zu gewähren. Hierdurch sind Auswirkungen auf die steigenden Kosten für Kapital, Kreditvergabe, Immobilienfinanzierungen und Investitionen zu erwarten.
Die Herausforderungen nehmen infolge der Verlangsamung des Wirtschaftswachstums und der zu erwartenden negativen wirtschaftlichen Auswirkungen auf traditionelle Geschäftsmodelle weiter zu. Insbesondere die Finanzbranche ist unmittelbar von diesen Entwicklungen betroffen. Die daraus resultierenden Konsequenzen könnten möglicherweise eine neue Wirtschafts-, Finanz- und Immobilienkrise auslösen.
1.2 Herausforderungen im Vertrieb
Die deutschen Finanzinstitute sahen sich mit einer anhaltenden Niedrigzinsphase konfrontiert, die zu sinkenden Erträgen aus dem Zinsgeschäft führte. Seit Mitte des Jahres 2022 hat die Europäische Zentralbank (EZB) den Leitzins in kurzen Zinsschritten sprunghaft angehoben, um der anhaltend hohen Inflation zu bekämpfen. Dieser plötzliche und deutliche Zinsanstieg infolge der geldpolitischen Maßnahmen der EZB könnte sich weiterhin negativ auf das Zinsgeschäft der Finanzinstitute auswirken und zu Problemen in der Fristentransformation führen. In einem solchen Fall könnten die Zinskosten der Finanzinstitute stärker absteigen als die Zinserträge, was zu weiteren wirtschaftlichen Belastungen führen könnte.
Zusätzlich zu den Herausforderungen, die sich aus der aktuellen Zinspolitik ergeben, sehen sich die Finanzinstitute mit verschärften Regularien infolge der Finanzkrisen, gestiegenen Anforderungen im Verbraucherschutz und sich wandelten Kundenbedürfnissen konfrontiert. Der bestehende Konsolidierungsdruck innerhalb der Branche sowie die Auswirkungen der fortschreitenden Digitalisierung tragen dazu bei, die Komplexität der Rahmenbedingungen für Finanzinstitute weiter zu erhöhen.
Traditionelle Finanzdienstleister sehen sich zunehmend einer intensiveren Wettbewerbslage ausgesetzt. Die herkömmlichen Marktstrukturen und Wettbewerbsregeln im Finanzsektor unterliegen vermehrt Veränderungen durch das Auftreten neuer Akteure aus dem Technologiebereich und völlig neuen Branchen, die bereits innovative Banking-Lösungen anbieten oder solche in naher Zukunft planen. Mit der Einführung der neuen Zahlungsverkehrsdienstrichtlinie PSD II sind Kreditinstitute gezwungen, ihre Kundenschnittstelle für Dritte zu öffnen und somit auch Kundendaten weiterzugeben. Dadurch fällt auch eine wichtige Hürde für den Eintritt in den Markt für Finanzdienstleistungen weg. Diese Entwicklung hat zur Folge, dass die Geschäftsmodelle der traditionellen Finanzinstitute größeren wettbewerbsinduzierten Herausforderungen gegenüberstehen.
Die Entwicklungen im Bereich der Informations- und Kommunikationstechnologien (IuK-Technologien) haben unmittelbaren Einfluss auf das Kundenverhalten. Diese Technologien prägen zunehmend auch die Beziehung zwischen Kunde und Bank. Mit der fortschreitenden Digitalisierung der Gesellschaft steigen auch die Erwartungen der Bankkunden an das Technologieangebot ihrer Hausbank. Die Vision von Bill Gates aus der 90er Jahren „Banking is essential, banks are not“ wird immer mehr zur Realität. Diese Aussage hat sich heute als Leitgedanke von Technologieunternehmen und FinTechs für das Banking etabliert. Dadurch wird die Existenz traditioneller Banken zunehmend in Frage gestellt.
Der Erfolg eines Finanzinstituts hängt maßgeblich vom Erfolg des Vertriebs ab. Der Vertrieb wird auch künftig als wesentlicher Erfolgsfaktor im Geschäftsmodell der Kreditinstitute gelten. Allerdings hat sich der Vertrieb in Kreditinstituten in den letzten Jahren stark verändert. In einer sich wandelnden Welt ergeben sich neue Herausforderungen für den Vertrieb. Aus diesem Grund ist eine sorgfältige und systematische Analyse der Rahmenbedingungen für den Vertrieb von zentraler Bedeutung. Diese Analyse berücksichtigen externe Einflussfaktoren und umfassen eine Vielzahl von Aspekten wie politische, wirtschaftliche, soziale, technologische, rechtliche und ökologische Faktoren. In ihrer Gesamtheit prägen diese Faktoren das Umfeld der Finanzbranche und können den Erfolg eines Finanzinstituts maßgeblich beeinflussen.
Der Wandel in der Finanzbranche wird sich auch in den nächsten Jahren fortsetzen. Dabei ist der Kunde das wichtigste Gut des Vertriebs. Um die Kundenbeziehung nicht zu gefährden, ist eine Neuausrichtung des Vertriebs auf die veränderten Rahmenbedingungen erforderlich. Dies macht eine kritische Überprüfung bestehender Geschäftsmodelle notwendig und erfordert eine grundlegende Neubewertung der klassischen Logik des Geldverdienens für Finanzinstitute. Es wird zunehmend klar, dass traditionelle Strukturen und Strategien angesichts der sich wandelnden Marktdynamiken überdacht werden müssen, um den zukünftigen Anforderungen gerecht zu werden.
Eine fundierte Analyse der Rahmenbedingungen bildet die Grundlage für eine erfolgreiche Strategieentwicklung. Durch diese Analyse können wertvolle Erkenntnisse gewonnen werden, um die hieraus resultierenden Chancen und Risiken für den Finanzsektor frühzeitig zu erkennen. Die Untersuchung der Rahmenbedingungen ermöglicht ein umfassendes Verständnis des Umfelds, in dem ein Finanzinstitut agiert. Auf dieser soliden Grundlade können strategische Entscheidungen getroffen werden, um das Geschäftsmodell weiterzuentwickeln. Angesichts der komplexen Rahmenbedingungen sind Vertriebskonzepte erforderlich, die sowohl nachhaltige Erträge für das Geschäftsmodell generieren als auch Vertriebsexzellenz für einzelne Finanzinstitute sicherstellen.
1.3 Aufbau des Buches
Wenn in diesem Buch von „Finanzberatung heute“ die Rede ist, dann sind damit die Rahmenbedingungen der Finanzbranche und mögliche Einflussfaktoren auf die Finanzberatung und den Bankvertrieb gemeint, die unmittelbare Auswirkungen auf die Branche haben können. Diese Faktoren können den Finanzvertrieb maßgeblich beeinflussen. Das Hauptziel des Buches besteht darin, einen umfassenden Einblick in die komplexen Rahmenbedingungen der Finanzbranche zu geben. Denn daraus ergeben sich die Einflussfaktoren, die das Potenzial haben, die gesamte Finanzbranche zu prägen und den Bankvertrieb maßgeblich zu beeinflussen.
Die Identifikation und das Verständnis der branchenprägenden Faktoren sind für Finanzinstitute entscheidend, um den dynamischen Herausforderungen in der Branche erfolgreich zu begegnen und...
Erscheint lt. Verlag | 14.3.2024 |
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Sprache | deutsch |
Themenwelt | Wirtschaft ► Betriebswirtschaft / Management ► Finanzierung |
ISBN-10 | 3-7583-4991-5 / 3758349915 |
ISBN-13 | 978-3-7583-4991-1 / 9783758349911 |
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