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Das Ende von Social Media (eBook)

Warum wir digitale Netzwerke neu denken müssen. Wie künstliche Intelligenz Social Media verändert und wie künftig eine Kommunikationsstrategie entwickelt werden muss
eBook Download: EPUB
2024 | 1. Auflage
212 Seiten
Schäffer-Poeschel Verlag
978-3-7910-6265-5 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Das Ende von Social Media -  Dominik Ruisinger
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Derzeit zeichnen sich Veränderungen ab, die die gesamte digitale Kommunikation und speziell die Social-Media-Branche auf den Kopf stellen und die viele mit dem Begriff »Revolution« verbinden. Schon lässt sich vom »Ende von Social Media« sprechen - zumindest so, wie wir es gekannt haben. Künftig ziehen Algorithmen die Empfehlungen von künstlichen Intelligenzen den Inhalten der vernetzten Freunde vor. Dies hat zur Folge, dass technologische KI-geprägte Algorithmen und nicht unsere Freunde die Inhalte in unseren Social-Media-Feeds bestimmen, dass mühsam aufgebaute Seiten, Netzwerke und Gruppen an Relevanz und Sichtbarkeit einbüßen, und dass automatisiert erstellte Inhalte die Feeds fluten könnten.   Der Kommunikationsexperte Dominik Ruisinger zeigt in seinem Buch auf, was da auf die Branche zukommt, welche Einflüsse Algorithmen auf Inhalte haben, warum Empfehlungen wichtiger als Menschen sind, wie künstliche Intelligenz Social Media auf den Kopf stellt und wie eine Kommunikationsstrategie künftig aufgebaut werden muss.?  

Dominik Ruisinger (Dipl.-Pol.) ist gelernter Journalist, ausgebildeter PR-Berater und zertifizierter Stiftungsmanager. Seit den 1990er-Jahren beschäftigt er sich mit den Veränderungen in der Medien- und Kommunikationsbranche mit Fokus auf Digitale Kommunikation, Strategien und moderne Medienarbeit. Heute coacht er Unternehmen und Institutionen in Fragen strategischer Kommunikation und leitet Workshops an Hochschulen und privaten Ausbildungsinstitutionen. Zudem ist er Autor zahlreicher Buch-, Magazin-, Zeitungs- und Online-Beiträge.

Dominik Ruisinger Dominik Ruisinger (Dipl.-Pol.) ist gelernter Journalist, ausgebildeter PR-Berater und zertifizierter Stiftungsmanager. Seit den 1990er-Jahren beschäftigt er sich mit den Veränderungen in der Medien- und Kommunikationsbranche mit Fokus auf Digitale Kommunikation, Strategien und moderne Medienarbeit. Heute coacht er Unternehmen und Institutionen in Fragen strategischer Kommunikation und leitet Workshops an Hochschulen und privaten Ausbildungsinstitutionen. Zudem ist er Autor zahlreicher Buch-, Magazin-, Zeitungs- und Online-Beiträge.

2.1 Das Aufkommen des Social Web


»Many marketers get so focused on creating more content that they forget social media is a two-way medium.«15

Keith Quesenberry, Professor und Buchautor

»It’s the end of social media as we know it, an era that lasted from ›The Facebook‹ to ›The ’Gram‹«16, heißt es bei Adweek, einem US-amerikanischen Magazin für Werbung, Marketing und Medien. »An era that changed the world, for better and for worse. But a new era is upon us, and for brands, being ready for what’s next is critical

Richtig, Social Media haben wirklich die Welt verändert, im Guten wie im Schlechten. Doch um die Entwicklungen und die Richtung, in die wir uns aktuell bewegen, besser verstehen zu können, sollten wir die Uhr ein paar Jahrzehnte zurückdrehen und noch einmal nachspielen, wie wir in die heutige Situation gekommen sind. Dieser Rückblick hilft, nachzuvollziehen, was hinter dem Gedanken des Social Web, von Social Media, auch von sozialen Netzwerken eigentlich steht, welche Ziele ursprünglich verfolgt wurden und wie sich diese im Wandel der Zeit schrittweise verändert haben. Nur so lässt sich einfacher verstehen, warum wir heute de facto von einem Ende von Social Media sprechen können.

Ein Rückblick

Blicken wir also gut ein Jahrzehnt zurück, also weit vor den Moment, als insbesondere zuerst TikTok, dann Meta & Co. im Schlepptau und schließlich später ChatGPT & Co. die Kommunikations- und Marketingbranche und speziell die Social-Media-Branche revolutionierten.

Wir befanden uns – insbesondere aus digitaler Sicht – in einem etwas anderen Leben. Man könnte auch sagen am Beginn eines enormen Medienwandels. Unsere digitale Kommunikation steuerten wir via E-Mail, via Newsletter, via Webseite und teilweise via Social Media. Chatbots? Influencer? Markenbotschafter? Künstliche Intelligenz? All diese Begriffe lagen noch in weiter Ferne. WhatsApp hatte gerade begonnen, seinen Siegeszug anzutreten – wenn auch rein auf privater Ebene. Immerhin konnte jeder damit seine Kosten reduzieren. Denn eine SMS kostete schließlich damals noch satte 19 Cents.

Alle hatten wir unsere Facebook-, Instagram-, Twitter-, LinkedIn-, YouTube- oder sogar XING-Accounts, öffneten (fast) täglich unsere Timelines und ließen uns von den Beiträgen unserer Freundinnen und Freunde zum Lachen oder Weinen bringen, zum Fluchen oder Amüsieren oder einfach schlicht informieren und weiterbilden.

Dieses Verhalten ordnete Brian Merchant, Tech-Autor bei der Los Angeles Times, als eine tägliche, sortierende Routine gut ein:

»Seit über einem Jahrzehnt gehört das Einloggen in die sozialen Medien, insbesondere in Twitter, für unzählige Berufstätige, Studenten und Onliner zu den ersten Schritten des Tages – eine Möglichkeit, sich sofort wieder ins Getümmel zu stürzen und sich über die neuesten Nachrichten, Trends und Memes auf dem Laufenden zu halten. Im Laufe der Jahre wurde sie trotz des Chaos, das in ihrem Feed herrschte, zu einer orientierenden Kraft, zu einer Möglichkeit, Informationen für den kommenden Tag oder die kommende Woche zu analysieren und zu organisieren.«17

Tägliche Social-Media-Aktivitäten

Damals bestimmten unser persönliches Netzwerk, die eigenen Freunde, Bekannten, Familienmitglieder, auch die mit uns vernetzten Organisationen die Inhalte in den Newsfeeds. Wir nutzten folglich Facebook, Twitter und YouTube, um Inhalte von unseren Freunden und Netzwerkpartnern zu sehen. Wir verwendeten die »Gefällt mir«-Schaltfläche, um der Welt zu zeigen, was uns am Herzen liegt: unsere Musik, unsere Reiseziele, unsere Lieblingsmarken und unsere – teils neuen – Familienmitglieder. Wir fügten neue Bekannte hinzu und bildeten kleine Communitys zu diversen Themen, über die wir uns austauschten: vom lokalen Engagement bis zum veganen Leben, vom Wellensurfen zu TV-Lieblingssendungen, von den exotischen Hunderassen zu den zuckersüßen Katzenbabys, von privaten Hobbys bis zu beruflichen Konglomeraten. Wir teilten Momente und Geschehnisse des persönlichen Lebens – privat wie beruflich – und brachten so Teile unseres persönlichen Lebens in die Feeds anderer ein.

Zudem scrollten wir durch die Kommentarspalten, um zu lesen, was die mit uns vernetzten Menschen empfanden, dachten, äußerten, sich wünschten. Denn schon damals waren die Kommentare oft spannender und aufschlussreicher als die Beiträge selbst. Wenn wir einen Beitrag für unsere eigenen Kreise als relevant empfanden, dann teilten wir ihn über unsere Kanäle. Die mit uns vernetzten Kontakte sorgten wiederum dafür, dass sich unsere Inhalte schnell weiterverbreiteten. Auf diese Weise hatten wir das Gefühl, über unsere Freunde, unsere Bekannten oder die mit uns vernetzten Personen gut informiert zu sein. Dieses »soziale« Verhalten nannten wir Social Media.

Was vor 20 Jahren entstand

Posten, Liken, Kommentieren, Teilen: Diese neue Form der Kommunikation wäre nicht ohne technologische Entwicklungen möglich gewesen. Blicken wir auch auf diese etwas zurück. Kaum ein anderer Bereich war vom Internet-Zeitalter so stark verändert worden wie der Kommunikationssektor. Schließlich entstanden durch das Internet und die damit verbundenen Mediendienste beständig neue Instrumente. Genau diese nutzten die Menschen verstärkt für ihre eigenen Inhalte, ihre Begegnungen, ihre eigenen Interessen und Ideen, die sie nach außen zeigen wollten.

Sie begriffen das Internet als sozialen Raum und Medienwirklichkeit, in der sie sich frei bewegen und sich mit anderen Personen – bekannt oder unbekannt, einmalig oder regelmäßig, beruflich und/oder privat, unabhängig von Alter, von Herkunft oder von sozialer Stellung – austauschen konnten.

Die 95 Cluetrain-Thesen

Damit wurde schrittweise die Losung wahr, die David Weinberger, Redner, Philosoph und Forscher an der Harvard-Universität, mit anderen Vordenkern der Netzgemeinde in den 95 Thesen des Cluetrain Manifests18 formuliert hatte. Gemeinsam mit Doc Searls, Rick Levine und Chris Locke definierte Weinberger schon im Jahre 1999 das Internet als einen Ort, an dem Menschen mit ihren eigenen Stimmen sprechen könnten, und zwar über alle Themen, die für sie persönlich von Bedeutung seien. Ihre Hauptlosung »Märkte sind Gespräche« betonte die Emanzipation des Verbrauchers im Zeitalter des Internets und den Kontrollverlust auf Organisationsseite.

In diesem Kontext forderten sie Unternehmen auf, sich den veränderten Bedingungen anzupassen und mit ihren Stakeholdern »echte« Gespräche zu führen – abseits einer monologischen, gesichtslosen Marketingkommunikation. Ihre dringende Empfehlung bereits vor gut 25 Jahren: Es sei wichtig, sich von der herkömmlichen Marketing- und PR-Denkweise zu verabschieden, die Internetnutzer besser zu verstehen und ihnen intensiver zuzuhören, wenn man als Organisation die großen Chancen in einer veränderten Kommunikationslandschaft nutzen wolle.

Abgesang an die Kontrolle von Informationen

Echte Gespräche, aktives Zuhören, intensiver Dialog sowie Offenheit und Transparenz – die Verwendung dieser Begriffe verdeutlicht, dass das Cluetrain Manifest bis heute kaum an Relevanz verloren hat, sondern noch immer eine der zentralen Basen für eine Kommunikation im digitalen Zeitalter und damit auch für eine Social-Media-Kommunikation darstellt.

Das Cluetrain Manifest war schon damals ein klarer Abgesang an die Kontrolle von Informationen, an das Ende einer Einwegkommunikation und ein Aufruf zu einer verstärkten Dialogkommunikation unter gleichberechtigten Partnern auf Augenhöhe. Damit sprachen die Initiatoren schon das Kernthema an, das das Social Web prägen würde: emanzipierte Nutzer, deren eigene Stimmen immer stärker sichtbar wurden.

Grundlegender Wandel

Gerade das Social Web, das seit dem Jahre 2006 verstärkt aufgekommen war, symbolisierte die rasante Weiterentwicklung. Schrittweise dehnte sich die vorwiegend passive Nutzung auf interaktive Plattformen aus, für die der amerikanische Verleger Tim O’Reilly 2004 den Begriff »Web 2.0«19 miterfunden hatte – als Titel einer Konferenz über Veränderungen im Internet. Die Plattformen eröffneten den Nutzer die Möglichkeit, sich kostenlos, ohne größeres Wissen oder technische Kenntnisse eine eigene Stimme im Netz zu verleihen und mit anderen auszutauschen. Dazu stand eine ständig wachsende Zahl an Instrumenten zur Verfügung.

Vor allem stellte es viel Gewohntes infrage. Die entscheidende Neuerung dieser Evolution im Netz: Selbst wenn bereits zuvor eine Vielzahl an Kommunikationsinstrumenten existierte, vereinte alle dieselbe Richtung bei der Ansprache: vom Medium zu den Zielgruppen. Das heißt, bisher war eine klare Trennung von Sender und Rezipienten gegeben – mit Ausnahme von Foren und Newsgroups. Mit den Social-Media-Plattformen hatte sich das Internet jedoch zu einem globalen, sozialen Netzwerk entwickelt, in dem sich eine wachsende Zahl an Akteuren als souveräne Informationsproduzenten wie -rezipienten bewegte.

Der Aufstieg der Prosumer

Dieser partizipative Ansatz im Social Web brachte einen entscheidenden Wandel mit sich: Waren Mediennutzer zuvor als Leser, Zuhörer, Zuseher reine Konsumenten von Informationen,...

Erscheint lt. Verlag 26.4.2024
Verlagsort Freiburg
Sprache deutsch
Themenwelt Wirtschaft Betriebswirtschaft / Management Unternehmensführung / Management
Schlagworte Algorithmen • Chancen und Risiken sozialer Netzwerke • Digitale Kommunikation • digitale Kommunikationsstrategie • Dominik Ruisinger • Erfolgsfaktoren Social Media Marketing • Integrierte Kommunikation • KI • Kommunikationsstrategie • Kommunikationsstrategie entwickeln • Künstliche Intelligenz Social Media • Marketing in sozialen Netzwerken • Sichtbarkeit Social Media • Social Media Konzept • Social-Media-Strategie • Soziale Netzwerke
ISBN-10 3-7910-6265-4 / 3791062654
ISBN-13 978-3-7910-6265-5 / 9783791062655
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