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Hybrides Projektdesign (eBook)

Modernes Projektmanagement abseits von Königreichen
eBook Download: EPUB
2023 | 1. Auflage
304 Seiten
Haufe Verlag
978-3-648-16845-5 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Hybrides Projektdesign -  Karen Dittmann,  Mehrschad Zaeri Esfahani
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Die Zeit der Königreiche ist vorbei. Projektstandards wie Prince2, Scrum, IPMA, PMI - wer nur auf einen Standard setzt, bekommt die Komplexität in Projekten nicht mehr in den Griff. In ihrem Buch bieten Karin Dittmann und Mehrschad Zaeri Esfahan im ganzheitliche Modelle an, die klassisches und agiles Projektmanagement unterschiedlicher Schulen (Königkreiche) bewusst und gekonnt miteinander kombinieren. Die Autor:innen erklären Methoden, Werkzeuge und Anleitungen zur Gestaltung eines passenden Projektdesigns für unterschiedliche Projektarten. In inspirierenden Beispielen aus der Praxis zeigen sie, warum hybrides Projektdesign die Königsdisziplin im Projektmanagement darstellt. Inhalte: - Berichte aus hybriden Projekten - Komplexitätsreduktion durch systemisches Denken und passendes Projektdesign - Der Kompass als ganzheitlicher Ansatz für Unternehmen - PM-Wissen zum Nachschlagen

Dr. Karen Dittmann ist Autorisierte Trainingspartnerin der GPM, Lehrgangsanbieterin und Akkreditierte Trainerin. Sie leitet das Beratungsunternehmen PMDittmann und ist als Beraterin, Coach und Mediatorin in Projekten unterwegs. Unter 'Better Project Training' bildet sie zusammen mit Konstantin Dirbanis Projektleitende nach dem IPMA ® Standard aus.

Karen Dittmann Dr. Karen Dittmann ist Autorisierte Trainingspartnerin der GPM, Lehrgangsanbieterin und Akkreditierte Trainerin. Sie leitet das Beratungsunternehmen PMDittmann und ist als Beraterin, Coach und Mediatorin in Projekten unterwegs. Unter "Better Project Training" bildet sie zusammen mit Konstantin Dirbanis Projektleitende nach dem IPMA ® Standard aus. Mehrschad Zaeri Esfahani Mehrschad Zaeri Esfahani ist Perser und Deutscher, Agile Coach und Akkreditierter Projektmanagement-Trainer nach IPMA, Geschäftsführer der parsQube GmbH und Dienstleister, er ist Informatiker und Philosoph. Somit bleibt ihm nichts anderes übrig, als zwischen den Welten zu balancieren. Mit dem vorliegenden Werk fasst er das zusammen, was er auf seinen Reisen zwischen dem "Klassischen" und dem "Agilen" in den letzten 15 Jahren erfahren durfte und freut sich, Sie mitzunehmen.

2 Vom Vorteil, in Systemen zu denken


Bevor wir uns Modellen und Methoden zuwenden, wollen wir uns erst einmal mit der Hauptsache in Projekten beschäftigen: den Menschen und ihrem Verhalten. Da ihr Verhalten nicht immer logisch nachvollziehbar ist, und dieses Problem mit der Anzahl an beteiligten Personen tendenziell zunimmt, ist ein kleiner Ausflug in die Welt des systemischen Denkenss hilfreich.

2.1 Soziale Systeme


2.1.1 Vom Objekt …


In der westlichen wissenschaftsbasierten Kultur sind wir geprägt von der Descartes’-schen Denkweise. Diese besagt, dass es eine Wirklichkeit gibt, die von Gott geschaffen wurde. Diese Wirklichkeit ist festgelegt und entspricht der »Wahrheit«. Aufgabe der Wissenschaft ist es, diese Wahrheit mithilfe des Ursache-Wirkungs-Prinzips zu ergründen und festzuschreiben. Auf jede Frage gibt es nur zwei Arten von Antworten, richtige und falsche. Das Erkenntnisideal ist die »Objektivität«, die durch Sinneseinflüsse nicht verfälscht werden darf. Dieser auch »Reduktionismus« genannter Wissenschaftsansatz bildet die Grundlage der sehr erfolgreichen westlichen (Natur-) Wissenschaft. Ein Gott als Schöpfer der Wirklichkeit hat heute keine zumindest offizielle Rolle mehr in wissenschaftlichen Errungenschaften. Die Entwicklung eines hochwirksamen Impfstoffs in weniger als einem Jahr gegen den Erreger der Coronapandemie, kann durch göttliche Unterstützung erfolgt sein. Diese Unterstützung spielt in der öffentlichen Wahrnehmung, wenn überhaupt, eine untergeordnete Rolle. Was zählt, sind Daten, Zahlen, Fakten.

Auch wenn man zulässt, dass es neben Zahlen, Daten und Fakten noch etwas Anderes gibt, so prägt die reduktionistische Denkweise auch noch heute die meisten westlichen Menschen. Diese wissenschaftliche Haltung ist vor allem in den technischen Branchen wie Maschinenbau, IT, Anlagenbau, Bauwirtschaft usw. vertreten. Und das mit hohem Erfolg. Denn ist es doch dieser Forschergeist gewesen, der nach der Ursache sucht, um eine bestimmte Wirkung zu erzielen, der die technische Entwicklung der letzten Jahrhunderte in der westlichen Welt ermöglicht hat.

Das Denken in Ursache-Wirkungs-Beziehungen ist in einer zunehmend komplexen Welt nur noch bedingt hilfreich.

Bei der Beschreibung sozialer und lebender Systeme stößt diese Denkweise jedoch an ihre Grenzen. Lebende Systeme folgen nicht einem festgelegten Ursache-Wirkungs-Prinzip. Und auch wenn wir uns noch so sehr Mühe geben, die Funktionsweisen sozialer Systeme bis ins Detail zu untersuchen und zu beschreiben, so werden uns die Verhaltensweisen von Menschen letztendlich immer wieder überraschen, verunsichern, vor Rätsel stellen, unergründlich bleiben.

Die Erkenntnisse der Hirnforschung, der Soziologie und der Psychologie werden vielleicht einzelne Handlungen erklärbar machen, aber nur bedingt das Verhalten ganzer Projektteams vorherbestimmen lassen. Es wird (zum Glück) nie den »Knopf« geben, den ich drücken kann, um mein Projektteam in die von mir als Projektleitung gewünschte Richtung gehen zu lassen.

Projektleitungsgespräche:

Kollegin A: Bei meinem Meeting hat mal wieder die Hälfte der Teilnehmenden gefehlt. Ich weiß wirklich nicht, wie wir so zu Entscheidungen kommen sollen.

Kollege B: Dann musst Du halt das Meeting auf einen anderen Zeitpunkt legen.

Kollegin A: Habe ich schon versucht. Funktioniert nicht.

Kollege B: Dann versende die Einladungen doch früher.

Kollegin A: Dann beschweren sie sich, dass ihre Kalender schon früh mit Terminen zugestellt werden.

Kollege B: Und wenn Du Kekse mitbringst?

Kollegin A: Ja, wer bin ich denn, dass ich jetzt auch noch Kekse spendiere! Die sollen zu meinem Meeting kommen und Basta!

Diese Diskussion könnte noch lange so weiterlaufen. Mit der Suche nach dem »Schalter« (Ursache), den man betätigen muss, damit die Teammitglieder wieder am Meeting teilnehmen (Wirkung), wird die Kollegin nicht weiterkommen.

Menschen sind selbstbestimmte Wesen mit einer eigenen ganz individuellen Prägung und einer speziellen genetischen Disposition. Sie sind zutiefst an sozialer Integration interessiert. Diese Vielfalt ist das Kapital unserer Arbeit als Projektleitung. Sie ist die ideale Voraussetzung dafür, Projekte erfolgreich zu managen. Wir brauchen sie, um mit Kreativität Lösungen finden zu können.

»An die Stelle gradlinig-kausaler treten zirkuläre Erklärungen, und statt isolierter Objekte werden die Relationen zwischen ihnen betrachtet.« Fritz B. Simon

Auf der anderen Seite scheitern Projekte selten am Einsatz der falschen Projektmanagement-Methoden, aber sehr häufig an genau dem vielfältigen Verhalten derjenigen Menschen, die wir gerade gepriesen haben. Ein Widerspruch?

Nein, wir sollten nur verstehen, dass Menschen sich nicht nach dem Ursache-Wirkungs-Prinzip verhalten, sondern zusammen eher wie ein System funktionieren.

Versuchen wir, die oben beschriebene Meeting-Situation zu erklären, indem wir uns analytisch dem Problem nähern. Ursache-Wirkungs-Beziehungen folgen dem mathematischen Funktionsmodell (Wirkungsfunktion):

Abb. 3: Triviale Maschine

Diese Art der Wirkungsfunktion wird auch »Typ triviale Maschine« genannt, weil man davon ausgeht, dass durch Reparieren der »Maschine« (Beseitigung der Ursache »kaputt«) das gewünschte Ergebnis erzielt wird (Maschine funktioniert wieder).

Auf unser Beispiel mit dem Meeting angewendet würde die Funktion idealerweise so aussehen:

Abb. 4: Wirkungsfunktion Meeting, Typ »triviale Maschine«

Da das Projektteam jedoch ein soziales System ist, wird die »Keks-Lösung« nicht funktionieren. Wahrscheinlicher ist, dass vielleicht bei verändertem Zeitpunkt, nur ein Teilnehmer oder Teilnehmerin kommt. Bei früherer Versendung der Einladungen kommt ebenfalls nur ein anderer Teilnehmer. Werden Kekse angeboten, sind es drei Teilnehmende, die erscheinen. Es wurde mit keiner Maßnahme erreicht, dass alle fünf Teammitglieder an dem Meeting teilnahmen. Warum, kann man nicht genau sagen. Es kann an den Keksen liegen (sind schon zwei Jahre über dem Verfallsdatum) oder an der Agenda oder ...

Weiterhin kann man die eine Maßnahme suchen, die alle Teammitglieder in das Meeting bringt, oder unsere Projektleitung versucht, die Situation systemisch zu betrachten.

2.1.2 … zum System


Von einem System spricht man dann, wenn die Systemelemente nicht nur monokausal miteinander verknüpft sind (triviale Maschine), sondern sich zirkulär aufeinander beziehen (nicht-triviale Maschine).

Betrachtet man unsere Meeting-Situation als System, dann könnte sie so aussehen:

Abb. 5: Wirkungsfunktion Meeting, Typ »nicht-triviale Maschine«

Bei z. B. dem Anbieten von Keksen, kommt entweder keiner oder zwei Personen oder Personen, die nicht eingeladen waren.

Warum tun wir uns so schwer damit, das Problem »nicht alle kommen zu unserem Meeting« zu lösen?

Weil soziale Systeme zu komplex sind, als dass sie dem Ursache-Wirkungs-Modell bzw. dem Modell der trivialen Maschine folgen. Wir können nicht einfach Kekse auf den Tisch stellen und damit Menschen motivieren, an einem Meeting teilzunehmen. Auch jede andere Intervention würde wahrscheinlich ins Leere laufen, weil das Projektteam als soziales System nicht einem linearen Verlauf von Ursache (z. B. Keks) zur Wirkung (z. B. ich komme) folgt. Durch die Konflikthistorie, Ablehnung des Projektes, welche vielleicht in der Historie begründet liegt, der unpassenden Uhrzeit, Überlastung der Projektmitglieder, welche durch zu viele parallele Projekte und andere Meetings hervorgerufen wird, der Marketingabteilung, die sowieso nie an Meetings teilnimmt usw. – es gibt so viele Ursachen, die sich gegenseitig verstärken, hervorrufen, beeinflussen, dass eine einzige Intervention der Projektleitung keine Lösung des Problems liefern wird.

In Projekten bewegen wir uns in sozialen Systemen. Auch, wenn wir sie IT-Projekt, Bauprojekt oder Forschungsprojekt nennen. Denn Projekte, auch wenn die Technik vermeintlich im Vordergrund steht, werden immer von Menschen, mit Menschen, für Menschen durchgeführt. Also lassen Sie uns in Richtung soziale Systeme weiterdenken.

2.2 Begriffsklärungen in und um Systeme


Ist es nur kompliziert oder schon komplex?

Naturwissenschaften und Technik befassen sich mit Zahlen, Daten und Fakten. Sie ermöglichen Fortschritt in den Bereichen Medizin, Technik, Kommunikations- und Transportwesen, Baustoffen und vielen mehr. Dieser Bereich der Wissenschaft wird auch als »Physical Technology« bezeichnet. Wir betrachten erhobene Kennzahlen, Daten oder Fakten als vorhersehbar, wiederholbar und dem...

Erscheint lt. Verlag 25.1.2023
Reihe/Serie Haufe Fachbuch
Haufe Fachbuch
Verlagsort Freiburg
Sprache deutsch
Themenwelt Wirtschaft Betriebswirtschaft / Management Unternehmensführung / Management
Schlagworte Agiles Projektmanagement • hybrid • Klassisches Projektmanagement • Königreich • Methode • Mindset • Modern • Organisation • Projekt • Projektdesign • Projektmanagement • Projektrolle • Unternehmenskultur
ISBN-10 3-648-16845-2 / 3648168452
ISBN-13 978-3-648-16845-5 / 9783648168455
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