Neue Währungen in Sicht (eBook)
176 Seiten
Beobachter-Edition (Verlag)
978-3-03875-389-6 (ISBN)
Karl Reichmuth war inklusive Lehre über 65 Jahre Bankier, wovon ca. 50 in führenden Stellungen bei Gross- und Kantonalbanken, und davon 22 Jahre Privatbankier; stets Neuem zugewandt und gesellschaftspolitisch interessiert, hat er bisher 3 Publikationen herausgegeben: «Indexierung des Geldes», «Der RealUnit - Zur Quelle der Geldwertstabilität», «Weg aus der Finanzkrise - Entscheid und Haftung wieder zusammenführen», und nun «Neue Währungen in Sicht» mit Beiträgen u. a. von Beat Kappeler, Johannes Schweifer, Mathias Ruch, Daniel Stüssi.
Beat Kappeler
Geldgeschichte: von «Gold gleich Geld» zum Ruin der Fiat-Währungen
Staatsschulden durch Geldschöpfung aufzukaufen, ist das, was John Law, die Weimarer Republik, das Dritte Reich und seit 1971 fast alle Regierungen bzw. Notenbanken getan haben – doch dazu später. Seit 2008 sind nun aber alle Grundsätze bisheriger Fiskal- und Geldpolitik umgestossen worden.
Alle Akteure – von Staaten und Firmen bis zu Arbeitnehmenden und Hausbesitzenden – sind seither von eigenen Massnahmen befreit und erfreuen sich künstlicher Ruhe, müssen sich nicht bewegen, nicht innovieren. Es herrscht synthetisch hergestellter Wohl- und Stillstand. Der Geld- und Kapitalmarkt trägt keine Preisschilder mehr. Die unsichtbare Hand – oder die Faust – des Markts, des freien Zusammenspiels der Akteure ist wegbedungen.
Geldschöpfung seit der Finanzkrise 2008 – ohne jedes Mass
In der Finanzkrise boten die Notenbanken den schwankenden Banken Liquidität, weil alle Akteure das Geld abzogen. So wollten es Gesetz und Statuten. Doch die Notenbanken hörten 2009 damit nicht auf.
Die Staaten hatten Banken übernommen oder ausfinanziert, hatten selbst enorme neue Defizite auf die bereits grossen, alten Schulden gehäuft. Die Zinsen dafür wären unbezahlbar geworden – oder alle Schuldner, öffentliche wie private, hätten sparen und abzahlen müssen. Solches Abstottern, sprich Liquidieren – oder anders ausgedrückt: eine «balance sheet recession» – hätte die Schulden beheben können, erschien den überschuldeten Wohlfahrtsstaaten aber bereits damals unzumutbar. Die amerikanische, die europäische und die japanische Zentralbank kauften daher Staatspapiere in enormen Mengen auf, liessen damit neues Geld ins Bankensystem fliessen, welches die Papiere andiente. Die Schuldner – Staaten, Unternehmen, Hypothekenschuldner – bekamen Luft in Form neuer Liquidität.
Die Folge: Heute sind deren Schulden zusammen und weltweit doppelt so hoch wie vor zehn Jahren, als die Notenbanken das Problem mit Gelddrucken zu umgehen hofften.
Papiergeld – grenzenlos
Notenbanken können ihre Bilanz ohne Grenzen verlängern:
Unabhängig davon, wie viele Staatspapiere (und heute sogar Unternehmensschuldpapiere) die Notenbank aufkauft: Diese stehen immer im Aktiv und die dafür ausgegebene Geldmenge im Passiv. Das kann beliebig ausgedehnt werden, wie man seit der Finanzkrise 2008 sieht.
Alle anderen Wirtschaftsbürger haben eine «Budget-Restriktion» – sie können zwar auch Kredit aufnehmen (das ist ihre Art der Geldbeanspruchung) und damit reale Werte kaufen. Diese stehen auf der Aktivseite, die Kredite auf der Passivseite:
Doch haben sie – unter dem wachsamen Auge der Kreditgeber, der Banken – ein gewisses Verhältnis zum ursprünglich eingeschossenen Eigenkapital zu wahren, sonst wirds gefährlich. Die Kreditsause hört irgendwann auf.
Falls die Notenbanken ihre Bilanz durch den Aufkauf von Staatsschulden masslos überdehnen, steht hinter ihnen nur ein immer stärker verschuldeter Staat, sonst nichts.
Deshalb sind heute die Einlagen, also die Reserven der Banken bei den Notenbanken, aufgebläht – diese brauchen das neue Geld gar nicht. Um den Franken zu drücken, kaufte die Schweizerische Nationalbank (SNB) den Banken nicht Anleihen, sondern US-Dollars und Euro ab. Auf den Girokonten der Banken bei der SNB liegen nun 505 Milliarden Franken – so viel, wie die Schweizer Bevölkerung im Jahr konsumiert. Auf den Konten der Zentralbanken des Euro-Systems liegen gut 2000 Milliarden Euro, ebenfalls unbenutzt. Mit negativen Zinsen versuchen die Zentralbanken, dieses Geld in die Volkswirtschaft zu scheuchen: Bei Negativzinsen bezahlt der Anleger (also der Gläubiger oder Kreditgeber) der Bank (also der Kreditnehmerin bzw. Schuldnerin) Zinsen für sein Bankguthaben, wodurch der Anreiz geschaffen wird, das Geld anderweitig zu verwenden oder auszugeben. Die SNB verlangt 0,75 Prozent, die Europäische Zentralbank (EZB) 0,5 Prozent negative Zinsen.
Der Europäische Stabilitäts-Mechanismus (ESM)
Um die seit 2009 schwebende Schuldenkrise vieler Mitgliedsländer der Eurozone zu stabilisieren, wurde 2012 der ESM gegründet, mit über 700 Milliarden Euro Kapital (einbezahlt oder abrufbar). Der Europäische Stabilitäts-Mechanismus ist eine durch Vertrag der Mitgliedsländer errichtete Bank – und als Institution eigenständig. Die Mitgliedstaaten haften dafür, und zwar z. B. die schwer verschuldeten Länder Frankreich, Italien, Spanien und Portugal zusammen für über die Hälfte. Bisher wurden Griechenland, Zypern, Portugal, Spanien und Irland Notkredite in hohen Summen gewährt.
Als Bank kann der ESM wie eine Geschäftsbank Kredite einräumen, die für Zahlungen verwendet werden können (also «Buchgeld» schöpfen).
Die Eurokrise 2009/2010
2009/2010 brach die Eurokrise aus – nur zehn Jahre nach der Einführung des Euro. Die Zinsen waren in vermeintlichem Vertrauen auf Stabilität in allen Mitgliedstaaten auf deutsches Niveau gefallen und die Lust bzw. Möglichkeit, sich zu verschulden, nahm dramatisch zu – anstelle von Reformen der Arbeitsmärkte, der Budgets, der Umverteilungen im Süden und Westen Europas. Zur Lösung der Krise – oder eher zur Überkleisterung derselben – wurden Irland, Griechenland, Zypern, spanischen Banken und Portugal Riesenkredite gewährt.
Die Corona-Krise 2020
Dieser Schuldenstand verschlimmerte sich dramatisch, als die Staaten in der Corona-Krise nach Februar 2020 die Einnahmeausfälle der Bürger, der Arbeitnehmer und der gewerblichen Firmen mit hohen Zuschüssen, Kreditgarantien etc. deckten. Denn die Gesundheitsbehörden vieler Staaten hatten Läden, Restaurants und Schulen strikte geschlossen, sportliche und kulturelle Veranstaltungen untersagt und nicht zuletzt mit Homeofficepflicht und Reiseverboten auch das Transportwesen weitgehend lahmgelegt. Deshalb forderten die Betroffenen öffentliche Mittel zur – teilweisen – Kompensierung der Verluste.
Die EZB kündigte im März 2020 an, für 750 Milliarden Euro neue Papiere aufzukaufen – auch von kleineren Unternehmen – sowie sogenannte Commercial Papers, also Schuldscheine von Firmen ohne Deckung. Damit sollten die erwähnten neuen Schulden der Staaten tragbar gemacht werden. Nur Tage nach der Ankündigung begannen die EU-Finanzminister, ein enormes Stützungspaket von 750 Milliarden Euro für die Mitgliedstaaten zu schnüren, das sie am 21. Juli 2020 beschlossen – zusätzlich zu 1000 Milliarden Mehrausgaben in den EU-Budgets der nächsten zehn Jahre. Tage zuvor hatte der Europäische Stabilitäts-Mechanismus (ESM), seit den Tagen der Staatsrettungen Griechenlands, Portugals, Irlands und Zyperns schlummernd, seine Banklizenz neu entdeckt und 240 Milliarden Euro Buchgeld geschöpft. Er schrieb den Mitgliedstaaten dieses Volumen an Krediten aus dem Nichts gut, das sie bis zur Höhe von 2 % ihrer Inlandproduktion abziehen können.
Mit dieser EZB-Aufkaufsgarantie und den seitherigen Entscheiden ist alles finanziert, was die EU-Politiker an Ausgaben aufwerfen – sie haben direkten Zugang zur Geldpresse.
Schon lange hatte die EZB auch Unternehmensanleihen aufgekauft – und damit erstens die solcherart begünstigten Firmen ausgelesen und zweitens die Zinsen für hochverzinsliche Schulden prekärer Firmen gedrückt. Bis zu 25 % der Firmen in Europa sollen nun solch insolvente «Zombies» sein, die sich nur dank verbilligter Kredite halten. Die «schöpferische Zerstörung» und Selektion durch den Markt hörte auf.
Corona-Krise und die EZB
Zeitgleich mit der EZB setzte auch die amerikanische Notenbank Fed in der Corona-Krise auf unbegrenzte Aufkäufe von Staatsanleihen und neu ebenfalls von Commercial Papers.
Und wie in Europa schnürten die Politiker des US-Kongresses nur Tage danach ein 2000-Milliarden-Dollar-Programm neuer staatlicher Stützungsausgaben (CARES-Act). Diese direkte Staatsfinanzierung aus Emission heisst schamhaft «coordination of fiscal and monetary policies» – und bedeutet, dass der Unterschied zwischen Staatskasse und Geldschöpfung dahinfällt. Einflussreiche Autoren und Experten empfehlen dieses Vorgehen. Die Differenz zwischen dem «Papier», welches das Publikum in Händen hält, und der vom Staat damit gekauften
Vergleich Gesetz des deutschen Kaisers von 1914 mit der Öffnung der Geldschleuse durch den Governing Council der EZB im März 2020 |
(Nr. 4435.) Gesetz, betreffend die Änderung des Bankgesetzes. Vom 4. August 1914.«Wir Wilhelm, von Gottes Gnaden Deutscher Kaiser, König von Preussen verordnen im Namen des Reichs, nach erfolgter Zustimmung des Bundesrats und des Reichstags, was folgt:§ 1.Die §§ 9 und 10 des Bankgesetzes treten für die Reichsbank ausser Kraft.§ 2.Den Vorschriften im § 13 Ziffer 2 und § 17 des Bankgesetzes genügen Wechsel, die das Reich verpflichten und eine Verfallzeit von höchstens drei Monaten haben, auch dann, wenn aus ihnen sonstige Verpflichtete nicht haften.§... |
Erscheint lt. Verlag | 1.6.2021 |
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Sprache | deutsch |
Themenwelt | Wirtschaft |
ISBN-10 | 3-03875-389-0 / 3038753890 |
ISBN-13 | 978-3-03875-389-6 / 9783038753896 |
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